Ein Samthäubchen im Blumentopf

Es gibt 11 Antworten in diesem Thema, welches 7.470 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Hukos.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Pilzversteher!


    Seit einiger Zeit bildet im Blumentopf bei meinem Zitronenbäumchen eine Conocybe fleißig Fruchtkörper. Sieht erstmal lustig aus und makroskopisch gar nicht so wie die meisten Conocyben, die man so kennt. Zudem habe ich von der Gattung bekanntlich null Ahnung und stelle sie mal hier vor mit der Bitte um spontane Ideen und / oder einen Schubs in die richtige Richtung.


    Sollte mehr Interesse bestehen: Ein Exsikkat ist angelegt.


    Die Blumento - Pferde sind nichts Besonderes, der Erdsack wurde in einem Supermarkt um die Ecke gekauft und schlummert schon seit zwei Jahren oder so in dem Topf. Versetzt mit irgendwelchem Kunstdünger.


    Die Bilder sind allesamt größer als es auf den ersten Blick scheinen mag. Einfach mal draufklicken und die öffnen sich in ihrer richtigen Größe.








    Ein kurzer (unkundiger) Schlüsselversuch mit "des Pilzalchemisten Almanach der mystischen Reagenzien und Zaubertränke" (= Gröger, man möge den süffisanten Titel verzeihen; die Schlüssel sind größtenteils wirklich super und hilfreich) führte zu Conocybe tuxlaensis, aber das halte ich angesichts der doch ziemlich dickwandigen Sporen eher für "vom Leser falsch interpretiert" bzw. "wegen verfehlter Merkmalseinschätzung irgendwo falsch abgebogen".



    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo,
    ein kurzer (halbkundiger) Schlüsselversuch mit dem dicken Hausknecht führte auch erst mal ins Nirvana. In der Mixtae gehts zu tuxlaensis, glaube ich aber nicht so recht. In der Conocybe sind microspora und dumetorum auch erst mal wunderlich. Wenn du möchtest, gucke ich noch mal schärfer drauf. Pflanzenpötte produzieren gern seltsame Arten, vielleicht auch Conocybe limonella.
    Beste Grüße,
    Andreas

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Andreas!


    Also immerhin ging dann der Schlüsselversuch gar nicht so daneben, wenn du via Hausknecht auch in der Ecke landest. :)
    Als wenn es nicht auch außerhalb der Wohnung schon wunderliche Pilze genug gäbe, die Blumentöpfe können anscheinend echte Überraschungseier sein.


    Wenn du es zeitlich dazwischen schieben kannst: Ich reiche dir den gerne weiter. :thumbup:
    Ich muss die Tage eh mal zur Post und Pilze durchs land schicken, ein Couvert mehr kann nicht schaden.


    Ähm...
    Coprinus mit hellen Sporen (hat was mit "Leuco-" im Gattungsnamen) geht allerdings total an deinem Gebiet vorbei, oder? Trotz gewissen Ähnlichkeiten zu den bekannteren dunkelsporigen Gattungen.
    Sag' bitte nein, wenn das nichts für dich wäre. Da bin ich mitnichten enttäuscht.



    LG; Pablo.

  • Hallo Pablo,
    meine Prognose von wundersamen Topf-Pilzen stimmte.
    Es ist Conocybe karinae Gubitz & Hauskn., also ein Verwandter des Milchweißen Samthäubchens.
    Wenn ich nichts verpasst habe, wurde diese Art bisher ausschließlich im Mangrovenhaus des Botanischen Gartens Bayreuth gefunden und 2008 neu beschrieben.
    Ich habe das Material als AM1900 archiviert.
    Beste Grüße,
    Andreas

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Andreas!


    Wow, das ist ja klasse. 8|
    Demnach könnte das ja beinahe ein weltweiter Zweitnachweis sein, der dir gelungen ist.
    Wobei ich bewusst "Nachweis" schreibe, denn man kann davon ausgehen, daß diese Art sicher noch anderswo ihr verborgenes Leben in irgendwelchen Blumentöpfen führt und einfach übersehen wurde.


    Übersehen ist das Stichwort: Mauerzellen. Mist! Auf der zweiten Mikro-Collage sind sie sogar annäherungsweise zu sehen, wenn man weiß, daß sie da sein sollen. Da habe ich nicht drauf geachtet und das falsch eingeschätzt, denn wenn man "Mauerzellen vorhanden" schlüsselt, dann kommt man sogar mit Gröger zu der Art.
    Umso mehr Dank an dich für die Untersuchung, und es freut mich, die Bestimmung nachvollziehen zu können. Vielleicht werde ich mir auch noch ein Exemplar aus dem Topf zupfen (die schieben weiterhin fleißig nach) und mir das nochmal genauer angucken. Und auch die Sporen, ich dachte doch, zumindest evrienzelt einen kleinen Keimporus gesehen zu haben. Aber das mag ja auch reifeabhängig sein, und konstant oder deutlich ist es auf jeden Fall nicht.


    Auch hier gebe ich gelegentlich die Daten an Dagmar weiter zur Kartierung, mit Verweis auf Bestimmer und Herbar. :thumbup:


    Eine Frage noch an dich:
    Gröger schreibt zum makroskopischen Aussehen: "erinnert an einen Bolbitius" oder so ähnlich. Lustigerweise kam mir genau das beim ersten Anblick dieser Pilzchen in den Sinn. Bolbitius reticulatus zB sieht einigermaßen ähnlich aus (abgesehen von den Hutrunzeln). Insgesamt scheint das ganze makroskopische Aussehen völlig ohne orangene Farbtöne, mit weißem Stiel und braunem, zum Rand hin blasserem Hut doch recht ungewöhnlich für ein Samthäubchen zu sein.
    Wüsstest du eine Art aus der Gattung, die makroskopisch ähnlich aussieht?



    LG; Pablo.

  • Hallo Pablo,
    ich habe mir abgewöhnt, bei den meisten Conocyben lange nach den Makromerkmalen zu schauen. Man könnte karinae evtl. an den dunklen Hüten mit noch dunklerer Mitte und den frühzeitig am Rand gekräuselten Lamellen erkennen, und der Rand selber ist gekerbt. Wenn älter, mit Buckel verflachend.
    Ältere zeylanica sehen ähnlich aus. In gewisser Weise auch rostellata, nennt auch Hausknecht.
    Übrigens scheint es einen (Schreib?-) Fehler zu geben. Die Sporen sind in Wasser gelb, in KOH ockerlich braun. Sowohl in der Originaldiagnose als auch im Hausknecht steht nur –žin KOH gelb–œ.
    Beste Grüße,
    Andreas

    • Offizieller Beitrag

    Moin, Andreas!


    Danke. :thumbup:
    Das war mir wichtig zu wissen. Natürlich wird man soclhe Pilze immer auch mikroskopisch angucken müssen. Mehr und mehr denke ich eigentlich: Man müsste alle Pilze mikroskopieren. Aber eine gewisse Voreinschätzung kann man sich ja - Erfahrung vorausgesetzt - erlauben.
    Das mit den Sporen ist interessant, stimmt aber zumindest für diese Kollektion: in Wasser blasser, in KOH war's bei mir sogar schon ziemlich braun (also mehr braun als ocker). Ist halt die FRage, welche Merkmale wie variabel sind bei einer Art, von der es wenige dokumentierte (und auch +/- detailliert beschriebene / aabgebildete) Funde gibt.



    LG, Pablo.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Andreas!


    Sagen wir's mal so: Der Pilz wird seine "Gründe" haben, ausgerechnet in meinem Blumentopf Fruchtkörper zu bilden. Von da findet er halt den Weg zu jemandem, der ihn auch tatsächlich bestimmen kann. ;)
    Und die Bestimmung ist wichtig in so einem Fall, weil ohne die: Kein Nachweis.


    Danke für die Weiterleitung der Fundinformationen, ds ist die eigentliche Arbeit bei einer solchen Aufsammlung (meiner Ansicht nach) und ebben wichtig, um eine Art besser zu verstehen zu können.



    LG, Pablo.

  • Servus Pablo und Andreas,


    verspätete herzliche Glückwünsche zu "Eurer" absoluten Rarität!


    LG Marion von den Hukos

    liebe Grüße


    Marion und Marcus


    Pilze sind für uns wie Hunde: Sie treiben uns bei jedem Wetter raus in die Natur und bescheren uns das ein- oder andere Ungeziefer :worm: im Haus. Nur dass wir sie nicht füttern - sondern futtern!
    100 Pilz-Chips (die vom Anfang) warten auf's Setzen