Weißer Pilz mit Ritterlingshabitus gibt Rätsel auf.

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 3.712 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Hella.

  • Hallo,


    hier um Jena sind die Wälder trotz leichter Trockenheit richtig voll; die Artenvielfalt ist wirklich enorm. Der Riesenrötling steht stellenweise als Massenpilz herum, flankiert vom Grüngelben Ritterlingen und Sprödblättlern ohne Ende. Soweit so schön Aber heute ist mir der folgende Pilz vor die Füße gesprungen der mich rätselnd zurück lässt.


    Beschreibung
    Der Hut ist creme-weiß, in der Mitte etwas dunkler. Der Hutrand ist bei jungen Exemplaren kräftig eingerollt, bei älteren Exemplaren immernoch deutlich. Die Hutoberfläche ist nicht schmierig (fühlt sich aber so an als könnte sie mal schmierig gewesen sein?). Die wie der Hut gefärbten Lamellen sind recht dick und flexibel und haben einen ganz leichten gelbl-rötlichen Schein. Die Lamellen sind breit angewachsen und laufen teils mit Zahn herab. Ein Burggraben ist nicht zu erkennen. Der nicht schleimige Stiel ist kräftig und fest und an der Basis auffällig zugespitzt (fast wurzelnd). Am Lamellenansatz fällt eine helle leicht abgesetzte Ringzone auf. Das Fleisch ist ebenso gefärbt wie der Stiel (also creme-weiß). Der Geruch des Pilzes ist sehr auffällig süßlich und erinnert stark an Blüten wie Jasmin, Orangenblüte oder ähnliches. Der Geschmack ist mild und unauffällig. Die Spp-Farbe ist rein weiß.


    Fundort
    ..ist der Jenaer Forst: ein Eichen-Hainbuchenwald mit Buchen und einigen wenigen eingestreuten Fichten bzw. Kiefern; das ganze auf Kalk. Andere Pilze am Fundort waren Schwärztäubling, Frauentäubling, verfärbender Schneckling, Queradriger Milchling, Eichenmilchling und diverse Korallenmilchlings-Arten. Der Pilz wuchs nicht büschelig aber in kleinen Gruppen, mitunter auch einzeln stehend. Ich konnte bei meinem Rundgang mehrere Standorte finden.


    Deutung:
    Nun zur Deutung meines Fundes. Die Größe und der Habitus haben mich zunächst in Richtung Ritterling denken lassen. Aber der Lamellenansatz und der zugespitzte Stiel lassen mich schon zweifeln. :/ Mit dem Schlüssel komme bin ich bei T. album oder T. lascivum heraus. Bei T. lascivum (den ich bereits mehrfach in der Hand gehabt zu haben glaubte) passt der Geruch nicht. Bei T. album passt der Standort und die Begleitbäume nicht. Andere Ritterlinge mit derart hellen Farben und diesem Geruch sind mir nicht bekannt.


    Die nächste Idee ließ mich an Lepista irina denken. Der duftet immerhin ebenso stark nach Blüten. Diesen Pilze hatte ich vor längerer Zeit schon mal in der Hand und meine dass der Geruch doch anders war. Außerdem passt der Lamellenansatz nicht - bei L. irina müssten sie ausgebuchtet angewachsen sein. Dazu die Spp-Farbe - Lepiste hätte cremfarbenes Spp. Damit sind im Grunde auch alle anderen Lepisten raus.


    Die nächste Hypothese: ein Schneckling. Zunächst hielt ich das für unwahrscheinlich da meine Funde auch im jungen Stadium keinen schleimigen Hut hatten. Außerdem erscheinen mir die Fruchtkörper für einen Schneckling viel zu kompakt und kräftig - aber es könnte ja dennoch solche Schnecklinge geben. Und dann fiel mir auch ein dass es da ja auch Schnecklinge ohne Schleim gibt :-/ Für Hygrophorus sprechen wiederum die auffällig angespitze Stielbasis und die sehr anschmiegsamen Lamellen bzw. der Lamellenansatz selbst. Und mit viel Phantasie könnte man auch die Stielspitze als punktiert erachten. Beim Bon käme nur H. penarius in Betracht, aber dort wird der auffällige Geruch nicht erwähnt. Leider fehlt mir für die Gattung Hygrophorus gute Literatur. 123-Pilze kennt noch H. penarioides, hier würde der Standort und die Bilder gut passen, aber auch hier wird der Geruch nicht erwähnt. Gleiches bei H. fagi. Also auch hier kein Kandidat - wobei ich das Gefühl habe mit gescheiter Literatur käme man vielleicht doch weiter?!


    Darüber hinaus gehen mir die Ideen aus. Der Habitus des Pilzes könnte auch noch in die (von mir bislang noch großräumig ignorierten) Gattungen Lyophyllum oder Calocybe gehen - aber auch hier komme ich nicht weiter.


    Bleibt also die Frage: was habe ich hier gefunden? :shy:





    P.S.: Ich freue mich auch über Literatur-Empfehlungen: Welche Bücher bieten einen guten Überblick über die Gattung Hygrophorus?

  • Hallo Thomas,
    das sind für mich ohne Frage Schnecklinge.
    H. penarius sollte einen absolut trockenen Hut haben und fast weiß sein, also keinen Orangerosastich.
    H. fagi ist die größte der Arten in diesem Formenkreis mit bis zu 15 cm Hutdurchmesser und 3 cm Stieldicke. Auch dieser ist noch ziemlich weiß oder blassest orangerosa.
    H. poetarum/isabellinus ist die Art, die nicht ganz so groß wird wie die beiden vorgenannten, und bei denen der Orangerosastich vor allem in der Hutmitte deutlich zu sehen ist.
    H. pudorinus, der ganz ähnlich aussieht wie H. poetarum, gehört in den Weißtannenwald.
    H. unicolor ist sehr klein (Hutdurchmesser maximal 3 bis 4 cm) und hat eine kräftig orangebraune Hutmitte.
    Zur Beurteilung der Schleimigkeit einer Hutoberfläche empfiehlt es sich, diese kurz anzufeuchten.
    Eine gute Hygrophorus-Übersicht findest du in Großpilze Baden-Württembergs, Band 3.
    Edit: von Pilzkursen bei A. Gminder/T. Böhning weiß ich, dass zumindest H. fagi im Jenaer Forst vorkommt. Diese Art würde ich hier zuerst vermuten.
    FG
    Oehrling

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  • Hallo,


    ich danke Dir für Deine Einschätzung. Dieser Pilz hat mich doch ganz schön an der Nase herum geführt. Also doch vermutlich ein Schneckling. Die Größe meiner Funde hatte ich nicht erwähnt, aber einige Fruchtkörper hatten einen Hutdurchmesser um die 10cm und mehr. Also kann nur eine der größeren Arten in Frage kommen. Vermutlich ist auch das abtrocknen des Huts und des Stiels arttypisch da sämtliche Frunchtkörper in allen Stadien mehr oder weniger trocken waren?


    Von den von Dir genannten Arten kommt eigentlich nur H. fagi in Betracht. Ich erwähnte noch H. penarioides: das ist wohl eine recht neu beschriebene Art die von H. fagi abzutrennen ist und streng an Eiche gebunden, sonst aber sehr ähnlich. GP BaWü erwähnt die allerdings Art nicht; in der FN ist sie wohl aber zu finden. Letzten Endes fehlt mir die Erfahrung meinen Fund genauer einzusortieren. Aber offensichtlich ist der Pilz nun schon recht eng eingekreist.

  • Es gibt Neuigkeiten. :cool: Ich habe Andreas Gminder befragt (ich war erst vor 2 Wochen bei ihm im Kurs), er kennt außerdem den Jenaer Forst wie seine Westentasche. Seiner Einschätzung nach habe ich da Hygrophorus penarioides gefunden. Ein entscheidendes Merkmal zur Unterscheidung von H. fagi bzw. H. penarius ist der süßliche Geruch (der allerdings eher indifferent beschrieben wird). Die Art wurde erst 2007, nicht zuletzt dank DNA Analysen, neu beschrieben. Wieder was gelernt :)


    mycobank.org - Hygrophorus penarioides Jacobsson & E. Larss. sp. nov. Fig. 2

  • Hallo Thomas,


    den Trockner Schneckling habe ich auch auf dem Forst gefunden.
    Mich treibt ein anderer Schneckling um, den ich in der Nähe fand. Hast du ihn vielleicht auch gefunden?
    Die Huthaut war orange, leicht mehliger Geruch. Er war kräftiger als der Lärchen-oder Frostschneckling, aber
    nicht so stabil wie der Großer Kiefernschneckling oder dein Trockner Schneckling.
    Meine Bestimmung führte mich zum Waldschneckling/Hainschneckling (Hygrophorus Nemoreus)
    Kannst du, oder ein anderer aus dem Forum, diese Bestimmung mit mir teilen?





    Es stimmt, große Artenvielfalt, auch die Erdsterne stehen an gewohnter Stelle.
    Liebe Grüße Hella

  • Hallo Hella,
    dein Vorschlag mit dem Hainschneckling (H. nemorensis) passt sehr gut. Auch die Angabe mit dem Mehlgeruch.
    FG
    Oehrling

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  • Hey Stephan,


    danke, dass du dir den Schneckling angeschaut hast.
    Diese Pilzgattung gefällt mir besonders gut und ich freue mich über
    jede neue Schnecklingsart, die ich finde.


    Liebe Grüße
    Hella

  • Hallo Hella,
    so wie dir geht es mir in Bezug auf Schnecklinge auch. Am liebsten würde ich alle kennen, aber einige sind verdammt schwer zu finden. Und bei diesen ist man sich dann immer unsicher. Z. B. Hygrophorus arbustivus, der muss ungefähr so wie ein Hainschneckling aussehen, nur nicht so freundlich in der Farbe, mehr graubraun als orangebraun, und er muss auch da vorkommen, wo der Hainschneckling vorkommt.
    FG
    Oehrling

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