In der Moosheide

Es gibt 6 Antworten in diesem Thema, welches 3.249 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Sennepilz.

  • Hallo zusammen,


    bevor die ersten Bodenfröste die Pilzsaison im Offenland vorerst beenden, habe ich mich am letzten Sonntag noch zu einem kleinen Ausflug in die nähere Umgebung aufgemacht. Ziel war die Pferdeweide im NSG Moosheide, wo ich 2015 auf dem Dung der Senner Pferde die Punktierte Porenscheibe (Poronia punctata) entdecken konnte.


    Umfangreiche Informationen zu dem dortigen Beweidungsprojekt finden sich auf den Seiten der Biologischen Station Paderborn-Senne.


    Mittlerweile mit einer Betretungserlaubnis ausgestattet, wollte ich die von mir erwartete Ausbreitung von Poronia punctata dokumentieren, musste aber feststellen, dass die Art sich hier seit 2015 nicht so recht vermehrt hat. Auf der großen Weide (ca. 20 ha) liegt zwar jede Menge Pferdedung unterschiedlichen Alters, Poronia war daran aber nur sehr vereinzelt zu entdecken.


    Blick über die Weide


    Poronia punctata


    Natürlich gab es noch andere Pilze wie z. B. den Frostschneckling (Hygrophorus hypothejus), der massenhaft bei den Kiefern zu finden ist, die am Rand der Fläche und in den zahlreichen Gehölzinseln innerhalb der Weide stehen.


    Hygrophorus hypothejus


    Ähnlich frisch wie die Frostschnecklinge sind auch noch die Erdzungen, die in großer Zahl auf der kurz gefressenen Weide zu entdecken sind. Es sind hier zwei Arten miteinander vergesellschaftet, zum einen die weit verbreitete und allgemein bekannte Schleimige Erdzunge (Glutinoglossum glutinosum) und zum anderen die in Deutschland lange Zeit verkannte Geoglossum elongatum, die mit ihrem geschuppten Stiel der Täuschenden Erdzunge (Geoglossum fallax) sehr ähnlich ist, aber wohl nur auf sehr basenarmen und sauren Sandböden siedelt, die wiederum von G. fallax gemieden werden.


    Erdzungen im Moos der Pferdeweide


    Geoglossum elongatum


    Im recht guten Zusand waren auch noch verschiedene Häublinge, hier der für trockene und nährstoffarme Gras- und Heidelandschaften typische Gestiefelte oder Glockige Häubling (Galerina pumila).


    Galerina pumila, junge Exemplare


    Mit zunehmenden Alter schirmt aber auch dieser Häubling so weit auf, dass sich die Glockenform der jungen Hüte kaum noch erahnen lässt.


    Galerina pumila, etwas älter


    Zu den Charakterarten der Senne zählt auch der Mennigrote Saftling (Hygrocybe miniata). Die jetzt noch auf der Pferdeweide zu entdeckenden Exemplare waren aber alle schon ziemlich verwässert und farblos, hier deshalb ein Foto mit Exemplaren, die sich im Oktober (unter optimalen Bedingungen) entwickeln konnten.


    Hygrocybe miniata


    Bei den Rötlingen gibt es dagegen Arten, die man Ende November noch im sehr frischen Zustand antreffen kann. Zu diesen zählt auch der recht seltene Weinrote Rötling (Entoloma vinaceum), ihn findet man nur auf sauren und sehr nährstoffarmen Sandböden. In Dänemark wird er aufgrund seines späten Erscheinens November-Rötling genannt.


    Entoloma vinaceum


    Bodenbewohnende Strauchflechten haben es auf einer Pferdeweide schwer und werden durch den Tritt der Tiere immer wieder stark geschädigt. Langfristig überstehen das nur wenige "robuste" Arten. Die besonders schönen, aber auch sehr zerbrechlichen Rentierflechten (eine kleine Artengruppe innerhalb der sehr vielgestaltigen und großen Gattung Cladonia) behaupten sich hier nicht. In einem kleinen Heiderest außerhalb des umzäunten Geländes standen aber einige Exemplare der in der Senne noch weit verbreiteten Ebenästigen Rentierflechte (Cladonia portentosa).


    Cladonia portentosa



    LG Ingo

  • Toller Beitrag, Ingo! :thumbup:


    Zur Geoglossum elongatum muss ich doch direkt einmal recherchieren. Sieht tatsächlich wie fallax aus. 8|



    Auf der großen Weide (ca. 20 ha) liegt zwar jede Menge Pferdedung unterschiedlichen Alters, Poronia war daran aber nur sehr vereinzelt zu entdecken.


    Schön, dass Du an der Poronia punctata dran geblieben bist. Wenige Fruchtkörper sind immer noch besser als keine. ;)
    Immerhin ist die Porenscheibe noch da, während wir sie in Sachsen nach wie vor vergeblich suchen.
    Und das Foto ist, salopp gesagt, allererste Sahne. :yumyum:


    Mit mir bekannten acht aktuellen Fundorten gehört der Pilz nach wie vor zu einem der seltesten in Deutschland.
    Nachdem er vor einigen Jahren nahezu ausgestorben war, scheint er sich in letzter Zeit langsam wieder auszubreiten.
    Ursache ist sicherlich die extensive Beweidung einiger sensibler und gefährdeter Landschaften (Heiden, Binnendünen etc.).
    Hier mal eine Verbreitungskarte mit den mir bekannten Fundorten. Kann man sich gern großklicken. Über Ergänzungen würde ich mich sehr freuen.



    Liebe Grüße vom Nobi

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    Einmal editiert, zuletzt von nobi_† ()

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Ingo!


    Das sieht wirklich extrem schön aus.
    Miniata - Hygrocyben fehlen zB noch in meiner Sammlung, Geoglossum elongatum auch. Noch eine weitere neben der und fallax mit zumindest leicht geschupptem Stiel ist übrigens noch Geoglossum peckianum. Heißt also, fallax ist doch nicht rein vom Äußeren her ansprechbar.
    Eher geht glutinosum, würde ich sagen.



    Lg; Pablo.

    • Offizieller Beitrag

    Guten Morgen Ingo,


    ein sehr schöner Beitrag mit tollen Arten und super Fotos! Danke für den Bericht, sowas macht Freude anzuschauen :)


    herzliche Grüße,
    Melanie

    Gnolmige Gnüße, Gnelmanie die Rote

    "In den Wäldern sind Dinge,
    über die nachzudenken,
    man jahrelang im Moos liegen könnte."

    -Franz Kafka-
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  • Vielen Dank für die lieben Beiträge und Kommentare!


    @ Nobi
    Die acht aktuellen Fundpunkte von Poronia punctata gab es ja alle schon 2015. Es sind also nicht mehr geworden und das trotz der Vielzahl an Beweidungsprojekten, die es mittlerweile gibt. Hätte ich nicht gedacht.


    @ Gerd
    Ja, das NSG "Moosheide" und auch andere Teile der Senne kann man schon mit dem Depot von Karl (das NSG "Brachter Wald") vergleichen, allerdings gibt es im Depot neben sauren Sandböden auch etwas bessere (basenreichere) Böden. Denn wenn man sich die Artenliste aus dem Depot oder die vielen Pilzarten anschaut, die Karl im Depot fotografiert und in diesem Forum gezeigt hat, dann sind da doch etliche anspruchsvollere Arten dabei, die man auf den durchweg sauren bis sehr sauren Sandböden der Senne vergeblich sucht.


    LG Ingo