Shit Wars: An Ascobolus Story

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    Es war einmal vor langer Zeit in einem weit, weit entfernten Scheißhaufen.


    Das Reich der coprophilen Ascomyceten wurde von Unruhen erschüttert. Die ständige Beobachtung durch das "Licht" brachte die Gemüter der Bewohner von Exkrementa-546 buchstäblich zum Verzweifeln. A.s. trabte durch die Wildnis aus gegorenen Grashalmen, verdauten Insektenpanzern und Rindenstücken, ständig in Gefahr, mittels vom Himmel erscheinenden, spitzen Gegenständen aus seiner gewohnten Umgebung gerissen zu werden. Er hatte seinesgleichen die Hoffnung verbreitet, sie mögen doch mittels Vortäuschen von Unreife die ungünstige Angelegenheit beseitigen, doch in den letzten Tagen kam es immer häufiger zu Erdbeben, mysteriösen Lichtererscheinungen und vereinzelten Attacken auf vermeintliche mykologische Objekte. A. s. hoffte, dass er seine Sporen bis zur völligen Reife bringen und dann ausstoßen kann, damit seine Kinder in Freiheit leben können.


    Von den Geschehnissen auf Exkrementa-546 nichts bemerkend, schaute der Konstrukteur auch an diesem Tage durch die Stereolupe. Vielleicht gibt es ja heute endlich mal ein paar reife Exemplare der weißlichen "Knubbels", die er vor etwa 5 Tagen das erste Mal erblickte. Er nahm Fotos von insgesamt 3 prächtigen Exemplaren auf und mikroskopierte anschließend einen von ihnen. Die verzweifelten Rufe des Exkrementa-546-Bewohners, der heimlich 4 Sporenschläuche entleeren konnte, bevor es endgültig zu spät war, bemerkte der Konstrukteur nicht.







    ASCOBOLUS SACCHARIFERUS




    Sie schauten einander unverwandt an. A.a., seiner Meinung nach der prächtigste Einwohner von AA, einer kleinen Anscheißung in der Nähe eines Zaunpfahls, betrachtete seinen zu klein geratenen Nachbarn mit Argwohn. 3 Asci, mehr nicht. Das soll ein richtiger Ascobolus sein?, dachte A.a. und schaute voller Stolz auf seine riesenhaften Sporenschläuche, 34 an der Zahl, die er mit voller Energie in die Höhe hat schießen lassen, damit sie die Sporen bis zu den Sternen hinauf tragen.


    Der Konstrukteur war verwundert über die Vielzahl verschiedener Strukturen auf AA. Er hatte nun schon mindestens 10 Präparationen angefertigt, in der stillen Hoffnung, endlich den geheimnisvollen A.st. zu finden. Fortuna schien ihm nicht zur Seite zu stehen, denn in der nächsten Präparation war ein Ascobolus mit 34, zugegeben sehr langen Sporenschläuchen, doch das konnte den Konstrukteur in keinster Weise beeindrucken.






    ASCOBOLUS ALBIDUS



    A.st. war schon immer klein und schmächtig. Hoffnungsvoll schaute er gen Himmel, oder zumindest das, was er dafür hielt. Eines Tages werden seine Nachfahren die armselige Bescheißung AA verlassen und neue Reviere erkunden. Doch bis es soweit ist, wartete A.st. den besten Zeitpunkt ab. Noch war er nicht fertig. Er merkte die drückenden Blicke von A.a. neben ihm, der ihn um 3 Körperlängen überragte und mehr als 4 Mal soviel auf die Waage brachte. Dieser Fettsack, dachte A.st., auf seine schlanke, elegante Gestalt herunterschauend. Nur weil er mehr als 30 Asci hat, sind seine Chancen auf Vermehrung nicht größer als meine, dachte er und zupfte sich ein Haar einer Trichobolus aus dem rechten Ascus.


    Der Konstrukteur hatte genug von den A.a. und legte die Bescheißung AA auf die Seite. Währenddessen machte er sich Gedanken über den Fund eines A.d., den er schon immer haben wollte. A.d. war von geschmeidiger Statur, mit langen Asci und tollen Eigenschaften, wie sonst kaum ein Ascobolus sie hatte. Er nahm noch einmal einen Teil der Bescheißung heran und schaute durch seine Sterolupe. Im gleichen Moment entdeckte er einen winzigen Punkt.







    ASCOBOLUS STICTOIDEUS





    In einem weit entfernten Land dachte A.l. über seine Existenz nach. Das Leben ist ein Scheißhaufen. Und dazu ein mickriger. Wer sollte sich schon für ihn und seine scheiß Umgebung interessieren, fragte er sich. Fäkalia war ein winziger Scheißhaufen am Rande eines Stuhlgangs, nicht wert von irgendwem registriert zu werden. Eines Tages, kurz nach den ersten Sporenreifungen, gab es eine Bewegung, gefolgt von heftigen Erschütterungen. Fäkalia hatte den Stuhlgang verlassen und war nun auf dem Weg in die weite Finsternis.


    Der Konstrukteur schaute sich die Sendung genauer an. Dr. Hagen Gräbner. Der Finder des Erstfundes von A.l., dachte er. Jetzt hielt er ihn selbst in den Händen und war voller Vorfreude, den seltenen Ascobolus zu sehen. Mit seinem nahezu einzigartigen Ornament war A.l. einer der spektakulärsten Ascoboli, die er je zu Gesicht bekommen hat.









    ASCOBOLUS LINEOLATUS




    Der Konstrukteur wusste, dass es gut war. Seine Arbeit ist aber noch lange nicht zuende, denn schon sehr bald wird es weitere Ereignisse auf Exkrementa-546, von der Bescheißung AA und von Fäkalia geben. Er hatte nichts als Scheiße im Kopf.

    Projekt Fungi: 3277

    [FERTIG] Band 1a: 440 Pyrenomyceten mit 0-1fach sept. Sporen; Band 1b: 380 Pyrenomyceten mit 2-M.

    Band 2a: Pezizomycetes, Hypogäische Eurotiomycetes, Lecanoromycetes, Arthoniomycetes

    Band 2b: Leotiomycetes, Geoglossomycetes, Taphrinomycetes, Laboulbeniales, Orbiliomycetes

    Band 3: Rindenpilze, Heterobasidiomycetes, Cyphelloide Pilze
    Schwarzwälder Pilzlehrschau

  • Hallo Konstrukteur,
     
    ==Pilz25 was für eine tolle Scheißgeschichte! ==11Herrlich geschrieben und bebildert. Hab einen Lachanfall nach dem anderen bekommen. So lustig können Dungpilzgeschichten sein. Danke für die humorvolle Lehrstunde.


    Grüßle
    Heide

    Liebe Grüßle

    Heide



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    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Björn!


    Die wahren Dramen der Weltgeschichte sind ornamentiert! :thumbup:
    Und Glückwunsch nebenbei zu vier Ascoboli auf einen Scheiß. Phantastische Inszenierung der Ereignisse. :)



    LG; Pablo.

  • Hallo Björn,


    sehr amüsante Geschichte. Habe sie sogar vorgelesen. Alle haben herzlich gelacht.
    Tolle Fotos und auch intelligente Unterhaltung, Vielen Dank dafür :cool::D


    LG Brassella

  • Endlich mal jemand, der sich ernsthaft mit einem der spannendsten Gebiete der Mykologie auseinandersetzt! :D


    Danke, Björn!


    Seit zwei Jahrzehnten wühle ich in meiner Freizeit im wahrsten Sinne des Wortes in der Scheiße und kann mich ganz gut in die Rolle des "Konstrukteurs" versetzen. :cool:


    Feine Bilder zeigst Du und spannende Arten stellst Du vor. :thumbup:
    Ascobolus lineolatus ist ja wohl der Oberhammer!
    Ist mir natürlich noch nie über den Weg gelaufen.
    In Europa bisher wohl nur aus Spanien und Italien bekannt, oder?


    Der Unterschied zwischen Ascobolus degluptus und stictoideus ist mir immer noch nicht so richtig klar.
    Sporengröße?
    Ablösendes Perispor bei degluptus ausgeprägter, oder?
    Vielleicht doch nur eine Art?


    Optimistisch stimmt der Schlussakkord.


    "Der Konstrukteur wusste, dass es gut war. Seine Arbeit ist aber noch lange nicht zuende, denn schon sehr bald wird es weitere Ereignisse auf Exkrementa-546, von der Bescheißung AA und von Fäkalia geben. Er hatte nichts als Scheiße im Kopf."


    Das lässt auf eine Fortsetzung hoffen! :)


    Liebe Grüße vom Nobi


    PS. Schön, dass Du trotz FB und Hornberg wieder etwas Zeit fürs Pilzforum.eu findest.
    Gern weiter so!

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  • Hallo Björn!
    Die Geschichte muss ich mir morgen mal in Ruhe durchlesen. Aber wenn ich die Bilder so durchschaue, da sind ja echte Kracher dabei! Ich kann nur immer wieder für die Einblicke in die Winz-Welt danken!

  • Projekt Fungi: 3277

    [FERTIG] Band 1a: 440 Pyrenomyceten mit 0-1fach sept. Sporen; Band 1b: 380 Pyrenomyceten mit 2-M.

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    Band 2b: Leotiomycetes, Geoglossomycetes, Taphrinomycetes, Laboulbeniales, Orbiliomycetes

    Band 3: Rindenpilze, Heterobasidiomycetes, Cyphelloide Pilze
    Schwarzwälder Pilzlehrschau

  • Danke dass Du lineolatus auch hier gezeigt hast Björn. Das ist schon ein ganz besonderes Exemplar. Sozusagen ein Diamant auf der Krone der Kakapilzchen.


    Zu stictoideus.


    Den gibt es hier recht oft. Meist auf Schafdung oder dem der Kanadagans. 27mal hab ich den untersucht, die Sporen halten sich immer in der gleichen Größenordnung. Ob es degluptus wirklich gibt? Gibt es ein Leben nach dem Tod, fremde Zivilisationen im Weltall? Bis zum Beweis darf gezweifelt werden.

  • Hallo Björn!
    Jetzt habe ich in Ruhe alles gelesen und noch mal angeschaut - Deine Aufbereitung des Themas ist wirklich in der Lage, das Ganze auch den "Nichtkonstrukteuren" unter den Pilzlern näherzubringen. Und, wie schon gesagt, grandiose Fotos!

  • Wow, Björn,


    wann gibt es den Kinofilm dazu? :D So mit aus Asci hervorschnellenden Sporen in Zeitlupe, dazu "piu-piu"-Geräusche, und Explosionen im Hintergrund...?



    Und natürlich wunderschöne Bilder!

    Gnüße von Gelbhex-Gnarifa und Fani ausm Süüüüdn! Sonn' is! Gnihihihii! :sun: :sun: :sun:

    Meine Bilder dürfen unter Namensnennung frei verwendet werden (CC-BY Lizenz).

  • Hallo Björn, shit happens. Und was für eine! Dafür leg ich (fast) jeden Roman beiseite. Und die Fotos sind auch schwer beeindruckend. Alles andere als unappetitlich, was man bei diesem Thema ja durchaus vermuten könnte.

    Lieben Gruß


    Claudia


    ...leben und leben lassen... ;)


    Hier im Forum gibt es grundsätzlich keine Verzehrfreigaben.

    Pilzsachverständige findest du hier.

  • Schöne Geschichte :) Und wenn Du mich mit ae schreibst, dann darfst Du auch sehr gern den langen Namen weglassen :)
    [hr]
    Den gibt es hier recht oft. Meist auf Schafdung oder dem der Kanadagans. 27mal hab ich den untersucht, die Sporen halten sich immer in der gleichen Größenordnung. Ob es degluptus wirklich gibt? Gibt es ein Leben nach dem Tod, fremde Zivilisationen im Weltall? Bis zum Beweis darf gezweifelt werden.
    [/quote]


    An Gänsekacke hab ich mich noch nicht getraut. Hätte ich hier aber auch. Muss mir mal was holen, aber jetzt ist Hochwasser. Morgen geh ich erstmal alte Kacke angucken im Gebiet.
    Bisher nur Bambi oder Lasagne. Meerschwein und Karnickel gaben meist nur dicke Mucor-Wattebällchen.


  • An Gänsekacke hab ich mich noch nicht getraut.


    Solltest Du mal tun, Hagen!
    Auf einer von Torsten Richter geschickten Probe entdeckte ich Sporormiella antarctica, einen Erstfund für Deutschland!
    Siehe hier.



    Meerschwein und Karnickel gaben meist nur dicke Mucor-Wattebällchen.


    Auch das sind interessante Substrate!
    Meerschwein habe ich erst zweimal untersucht, konnte an den Köttelchen allerdings erstaunliche 12 Species nachweisen.
    U.a. die relativ seltenen Microascus schumacheri, Orbilia parietina, Preussia fleischhakii und Zygopleurage zygospora.


    Und Kaninchen-Köttel sind noch viel spannender.


    Also, dranbleiben lohnt sich! :thumbup:


    Liebe Grüße vom Nobi

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