Mein Täubling diese Woche: R. faginea

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  • Hallo liebe Pilzfreunde, mein Bestimmungsversuch Nummer 12



    ein weiterer Täublingsfund von 2017 den ich euch gerne zeigen möchte.


    Der heutige Kandidat... ein uralter riesiger Schlappen, unglaublich was man nach 4 Wochen Tauben-Flaute alles mitnimmt...


    Fund: 08.10.2017, Herbar: R17-016
    Arbeitsname: Russula faginea, Buchen Heringstäubling, Unter-Sektion Viridantinae (Rom.)


    Makrodaten


    FUNDORT: 455 müNN, MTB 5725, im alten lichten Buchenwald, ab und zu mal eine Eiche


    PILZZUSTAND: älter, nass, zerfressen und vermadet


    HUT: braun, rosa, creme-gelblich, gedrückt, vertieft, feucht, matt bis seidig, riesig 18,5cm DM
    MITTE: beige, creme
    RAND: 1 - 1,5cm leicht höckrig-gerieft


    PEELING: 1/3 - 1/2, unter der Huthaut creme-weisslich


    LAMELLEN: blass-ocker, ocker, splitternd, vereinzelt Lamelletten und Y-Gabeln
    LA-SCHNEIDE:


    STIEL: zylindrisch, creme-weiss, weich, leicht rillig, 11 x 5cm
    BASIS: Druckstellen ocker bis bräunlich
    SPITZE: Druckstellen ocker bis bräunlich
    SCHNITT: ocker-gelblich bis bräunlich, wattig-weich


    GERUCH: ganz schwach nach Hering
    GESCHMACK: mild, verzögert bitter nach 10sec


    SPP-FARBE: nach ROMAGNESI IV a


    CHEMIE: FeSo4 erst blass-rosa, dann leicht grün 20sec, Guajak pos. grün 3-5sec, Anilin ziegel-rot 30sec


    Mikrodaten


    HDS Pileozystiden: vorhanden, zylindrisch, spindelig, nicht septiert, nur 4,5 µm breit
    HDS inkr. Primordialhyphen: keine vorhanden
    HDS sonst: Haare vielseitig, zylindrisch, keulig, kopfig, blasig, spindelig, gabelig, wellig, bauchig, mit Divertikel, septiert


    SPOREN: Sporen[95% –• 80 –• SAP –• v –• H2O(nat) ] = 7,5 - 9,1 - 10,6(10,8) x 6,8 - 7,8 - 8,8(9,1) µm


    SPORENMITTEL SONST: Q 1,16, V 292, A 71, n 80, Sporenform rundlich-elliptisch
    ORNAMENT: grob, isoliert, kaum verbunden
    WARZEN: stumpf bis spitz-kegelig, bis 1,5 µm hoch


    Resultierender Kibby Code: F-I-K-M R-TU-V-W


    Die Bilder zum Fund...


    1) Im alten lichten Buchenwald, riesiges Exemplar mit 18cm Hutdurchmesser, Geruch leicht nach Hering, (Freihand und unscharf)


    2) Hutmitte ocker-gelb, Rand leicht rosa-farben


    3) Lamellen ockergelb, relativ dichtstehend, vereinzelt Zwischenlamellen


    4) Stiel zylindrisch, an Druckstellen typisch bräunend eben wie ein Heringstäubling


    5) Mit FeSo4 erst blass-rosa, dann leicht grün 20sec, also doch ein Heringstäubling, riecht ihr den?


    6) sonstige Chemische Reaktionen, klar FeSo4 hätte für die Sektion durchaus genügt, aber eine Kontrolle anderer Beschreibungen ist ja nicht verkehrt


    7) 400x, Sulfovanillin, Pileozystiden sehr schwach grau eingefärbt, nur vereinzelt auszumachen, nicht septiert


    8) 400x, Kongo NH3, Zystiden zylindrisch, spindelig, vereinzelt und schwer zu finden, immer rel. dünn, bis 4,5 µm breit


    9) 400x, Kongo NH3, Huthauthaare verzweigt, septiert, alle möglichen Formen, Endglied ab und zu gelblich gefärbt


    10) 400x, KOH 3%, und um die 7-8,5 µm breit, Epikutishyphen vereinzelt wie hier blasig und um 10-13 µm, darf er auch haben


    11) Sporen Vermessung in H2O(nat)


    12) Grafische Darstellung der Sporenmessreihe


    13) 1000x, Melzer, Ornament grob isoliert


    14) 1000x, Melzer, Ornament kaum verbunden, stumpf bis spitz-kegelige Warzen, bis 1,5 µm hoch


    15) 1000x, Melzer, eine spätere Revision mit Stackingversuch, isoliert-warzig bis doch vereinzelt schwach verbunden


    FAZIT:


    Die makroskopische Bestandsaufnahme ist ok, die Buche als Partner und auch die grüne FeSo4 Reaktion passt
    Die mikroskopische Nachprüfung der HDS und der Sporen zeigen auch die geforderten Merkmale.


    Ich sehe meine Bestimmung von diesem alten Schlappen als Russula faginea somit gar nicht so verkehrt


    >>> Alle Beiträge dieser Serie findet ihr mit der Forum-Suchfunktion mit "Mein Täubling diese Woche:"


    Danke für das Interesse... nächsten Montag gehts weiter mit noch so einem alten Schlappen, gleicher Fundtag, nur 10m weiter weg.


    Grüsse
    claus

  • Hallo Claus,


    Russula faginea habe ich noch nicht gefunden (oder nicht erkannt ;) ).


    Vom Äußeren her erinnert er mich an R. olivacea - der Fundort würde ja passen, manch anderes Merkmal auch, die chemischen Reaktionen natürlich nicht.


    Vielleicht habe ich ja so manchen Fund vorschnell als "schon wieder Russula olivacea" ignoriert? :/
    Da muss ich doch in der kommenden Saison mal genauer hinschauen.


    Vielen Dank für das Portrait
    Gerd

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Klaus!


    Wieder so eine tolle Dokumentation.
    Und selbst für mich interessant, weil mir eben der gleiche Gedanke durch den Kopf ging, wie Gerd.
    Immerhin wäre Russula olivacea eine der ganz wenigen Arten der Gattung, die ich mir bisher zu erkennen eingebildet hatte. :)



    LG, Pablo.

  • Hallo Gerd, hallo Pablo,



    schon wieder bin ich in der Bredouille einen Gegenbeweis anzutreten. :/


    Ihr habt ja Recht, der Standort ist ideal für beide, aber nicht nur für die.
    Meine nächste Täublings-Vorstellung wächst auch dort und der handelt auch mit Leder, nicht mit Fisch.


    Aber, meine FeSo4 Reaktion ist grühüün! Anilin ist rohoot! und Dermatozystiden sind vorhanden, SV getestet!
    Ich erwähne nicht das Stinken! Einen roten Stiel oder stellenweise hat er auch nicht, auch am Lamellenrand ist kein rot-violett. Und unter der Huthaut ist meiner creme-weisslich, nicht rötlich durchgefärbt.


    Für mich sieht eine normale R. olivacea so aus:


    16) Stieloberfläche mit Phenol 20% Heidelbeer-Rot und Stiel mindestens an der Spitze rötlich behaucht


    17) Lamellen-Rand eventuell rot-violett gefärbt


    18) Hut gezont(idealerweise), aber unter der Huthaut rötlich-violett


    Was soll da erst werden wenn Oehrling zurückkommt?


    Grüsse
    claus

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Claus!


    Als Beweis reichte ja schon deine famose Vorstellung. :thumbup:
    Aber umso mehr ein Dankeschön, daß du Russula olivacea noch so direkt gegenüberstellst. Wenn man so total täublingsunkundig ist wie ich, und auch nicht (zumindest nicht in der Gattung) Chemie einsetzt, entgeht einem vieles. Also mir.
    Jedenfalls hilft deine Dokumentation, künftig meine Funde noch kritischer zu beobachten. Das wollte ich eigentlich nur zum Ausdruck bringen, daß dein Beitrag mich da schon ein Stückchen voran gebracht hat.



    LG; Pablo.

    • Offizieller Beitrag

    Hi Claus,


    auch ich betrachte deine Vorstellungen sehr genau und bin sehr erfreut, dass du dich damit befasst. Das Thema ist aber auch sehr undankbar, gerade die "Heringe". Da ist taxonomisch noch viel ungeklärt. Wie würdest du z.B. R. cicatricata einstufen, wie unterscheidest du R. graveolens von R. faginea usw.


    Da sagt jeder Täublingsexperte was anderes, wenn man sich denn mit denen mal unterhält...


    l.g.
    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.


    PSV-Prüfungstemine 2024: hier


  • Hallo Stefan,



    die Täublinge sind ein Hobby von mir das es mir halt angetan hat und auch deren Bestimmung zu versuchen.
    Und da gibt es für mich nur eine Regel des Bestimmungsvorganges, nämlich die über jahrzehnte ausgearbeiteten Schlüssel von verschiedenen Täublings-Experten und auch eigene erarbeitete Hilfsmittel.


    Wenn meine Bestandsaufnahme im Ablauf so eines Schlüssels zu einem Abzweig führt, ist es für mich DIESER Pilz.
    Diese Experten geben mir mein Gebetsbuch vor und natürlich lese ich auch den kompletten Schlüssel.


    Zusätzlich hilft mir das Werk von H. MARXMÜLLER noch visuell was an Mikromerkmalen zu erkennen, auch wenn die Beschreibung dort etwas knapp ausfällt. Trotzdem zwischenzeitlich unentbehrlich geworden. Ich verstehe besser wenn ich was sehe und nicht nur etwas lese.


    An anderer Stelle habe ich ja schon einmal geschrieben, dass ich um die Sektion Viridantinae einen grossen Bogen mache.
    Der Grund: für mich nicht zufriedenstellende Schlüssel, Diskussionen im Artrang etc. und Unerfahrenheit meinerseits.
    Aber was willst du machen nach 4-wöchiger Täublingsflaute? Da wird jeder mitgenommen, auch wenn es ein Hering ist.


    Deine Frage nach einer Unterscheidung R. graveolens versus R. faginea wäre da noch eine machbare Übung.
    Da wären Baumpartner, Grösse der Fruchtkörper, Epikutishyphen blasig, Sporenform, Volumen, Warzenhöhe etc.
    Das kann zum Erfolg führen, das muss aber alles abgeklappert werden und ich glaube nur makroskopisch läuft da nicht viel.


    EDIT: Eure Ehre gebührt nicht mir, sondern meinem Täublingsboss aus Würzburg.


    Heute morgen bin ich nochmals verschiedene Schlüssel gezielt zu R. graveolens und R. faginea durchgegangen.
    Es bleibt für mich bei R. faginea


    Grüsse
    claus