Mein Täubling diese Woche: R. ochroleuca

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  • Hallo liebe Pilzfreunde, mein Bestimmungsversuch Nummer 15



    ein weiterer Täublingsfund von 2017 den ich euch gerne zeigen möchte.


    Mein heutiger Kandidat... und warum ausgerechnet eine R. ochroleuca? Die kennt doch jeder, oder?
    Es gab zu diesem Zeitpunkt halt nichts besseres und das war die beste Gelegenheit herauszufinden, was EINHELLINGER auf Seite 299 beim Schlüssel II "Mild und weisslichen Sporenpulver" mit diesem Satz meint:
    "Hyphen der HDS an bestimmten Stellen mit gelblichbraunem membranärem Pigment."
    Oha! Schauen wir mal was er damit sagen will und nachdem wir das wissen können wir ja auch erst weiter Schlüsseln...


    Fund: 25.10.2017, Herbar: R17-019
    Arbeitsname: Russula ochroleuca, Weissblättriger Ockertäubling, Unter-Sektion Felleinae (Rom.)


    Makrodaten


    FUNDORT: 350 müNN, MTB 5726, Mischwald, Buche und Fichte, weitere nicht beachtet


    PILZZUSTAND: jung und älter, trocken, gesellig


    HUT: gelb, matt, leicht klebrig, gedrückt bis vertieft, um 6cm DM
    MITTE: gelb
    RAND: glatt, leicht gerieft


    PEELING: 1/2, unter der Huthaut weiss-gelblich


    LAMELLEN: weiss bis leicht creme, splitternd, wenige Lameletten
    LA-SCHNEIDE:


    STIEL: weiss, teils wässrig-grau, weich bis fest, 5 x 1,5cm
    BASIS: mit ocker-bräunlichen Berührungsstellen
    SPITZE: mit gräulichen Berührungsstellen
    SCHNITT: wattig ausgestopft, keine Verfärbung


    GERUCH: schwach fruchtig
    GESCHMACK: verzögert bitter, verzögert scharf, 10sec


    SPP-FARBE: nach ROMAGNESI II a


    CHEMIE: FeSo4 blass-rosa 10sec, Guajak pos. grün 5sec, KOH 20% Stielbasis sofort rot-braun aber nicht komplett rundum


    Mikrodaten


    HDS: Pileozystiden keine vorhanden
    HDS: inkr. Primordialhyphen keine echten vorhanden
    HDS sonst: In H2O auffällige Hyphen, gelb-braun färbend, zylindrisch, spindelig, septiert, bis 5 µm breit


    SPOREN: Sporen[95% –• 105 –• SAP –• E –• H2O(nat) ] = (6,7)6,9 - 8 - 9,1(9,7) x (6)6,2 - 7,1 - 7,9(8,5) µm


    SPORENMITTEL SONST: Q 1,13, V 212, A 57, n 105, Sporenform rundlich bis leicht oval
    ORNAMENT: grob, mehrheitlich mit ganz feinen Verbindungen teilnetzig bis netzig
    WARZEN: stumpf-kegelig, bis 1 µm hoch


    Resultierender Kibby Code: C-I-K-N P-SU-X


    Die Bilder zum Fund...


    1) Bei Buche und Fichte, Hut gelb, 6cm Durchmesser, mehrere Exemplare


    2) Hut-Oberfläche gedrückt, vertieft, auch halbkugelig, trocken, matt, leicht klebrig


    3) Hutrand glatt bis leicht gerieft, Huthaut 1/2 abziehbar, darunter weiss-gelblich


    4) Lamellen creme-weiss, splitternd, wenige Lameletten


    5) Stiel zylindrisch, weiss, weich bis fest, bei Berührung grauend bis wässrig-grauend, im Schnitt wattig


    6) Chemie: Basis mit KOH 20% sofort rot-braun, komischerweise aber nicht komplett rundum


    7) 400x, H2O(nat), EINHELLINGER: "Hyphen der HDS an bestimmten Stellen mit gelblichbraunem membranärem Pigment"


    8) 400x, H2O(nat), das müssen die erwähnten Hyphen sein... sehr auffällige Erscheinung


    9) 400x, H2O(nat), an unterschiedlichen Stellen mit diesem Pigment, im Durchschnitt um die 5 µm breit, zylindrisch, septiert


    10) 400x, das gleiche am Exsikkat mit KOH 3%, die feinen Strukturen wie in H2O fehlen aber hier


    11) 400x, KF + HCl, Hyphen violett angefärbt und teils mit zebra-artigem Muster versehen (ochroleuca-typisch, merken!)
    Dermatozystiden oder echte inkr. Primordialhyphen wurden keine festgestellt


    12) Sporen Vermessung in H2O(nat)


    13) Grafische Darstellung der Sporenmessreihe


    14) 1000x, H2O(nat), Sporenform rundlich bis leicht oval


    15) 1000x, Melzer, Ornament grob, überwiegend fein teilnetzig bis netzig verbunden


    16) 1000x, Melzer, Warzen stumpf-kegelig, teils 1 µm hoch


    FAZIT:


    Die makroskopische Bestandsaufnahme passt sehr gut
    Die mikroskopische Nachprüfung der HDS und der Sporen zeigen auch alle geforderten Merkmale.
    Wenn man auf die chemische Reaktion mit KOH20%, auf die weisslichen Lamellen und evtl. auch auf die mikroskopisch einfach erkennbaren Merkmale achtet, ist das insgesamt ein unproblematischer Täubling. Es bleibt bei Russula ochroleuca


    Nun hoffe ich, dass dieser Beitrag für euch nicht ganz für die Katz` war. Ich bin jedenfalls wieder etwas weiter.
    Eine offene Frage habe ich noch: Ich weiss zwar was eine Membrane ist, aber was genau ist mit "membranär" gemeint?


    >>> Alle Beiträge dieser Serie findet ihr mit der Forum-Suchfunktion mit "Mein Täubling diese Woche:"


    Danke für das Interesse... nächsten Montag gehts weiter mit meinem letzten Fund aus 2017 und ich sage nur: sowas von scharf!


    bis dahin... sardonische Grüsse
    claus

  • Hallo claus,


    deine Täublings-Portraits sind einfach klasse, richtig gut zum Nachschlagen. :)


    L.G. - Bernd

  • Hallo Claus,


    sehr schönes Portraits eines Täublinges, der einer häufig über den Weg läuft :thumbup:
    Ich finde ja, du könntest die Tiefstaplerei langsam aufgeben und die Formulierung "mein Bestimmungsversuch" einfach in "meine Bestimmung" umändern ;) So fachlich fundiert wie du uns die Täublinge vorstellst, wäre das sehr angemessen.
    Danke dir!



    Liebe Grüße
    Rotfüßchen

    "Pilze sind erst einmal nicht anwesend, sie verstecken, verbergen, verschließen und tarnen sich, aber es gibt eine Wahrscheinlichkeit und eine Hoffnung, sie zu finden. Die Suche bedeutet Aufbruch, Verheißung, Abenteuer, und je vergeblicher und erfolgloser der letzte Pilzgang war, desto mehr Spannung, Erfüllung, Belohnung verspricht der nächste." (Hans Helmut Hillrichs: Pilze sammeln)


    Pilzmärchen


  • Eine offene Frage habe ich noch: Ich weiss zwar was eine Membrane ist, aber was genau ist mit "membranär" gemeint?


    Servus Claus,


    membranär ist in diesem Zusammenhang ein veralteter Ausdruck für parietal und meint, dass das Pigment nicht innerhalb der Zelle, sondern in/an/auf der Zellwand sitzt. Hier geht es um Inkrustationen mit diesem Pigment.


    Veraltet ist der Begriff deshalb, weil die Zellmembran etwas anderes als die Zellwand ist und man letztere nicht als Membran bezeichnen sollte. Es hält sich aber als feststehender Ausdruck, da der Begriff "membranäres" Pigment früher oft gebraucht wurde.


    LG
    Christoph


  • Hallo liebe Pilzfreunde, mein Bestimmungsversuch Nummer 15


    Hallo Claus,


    meine Hochachtung vor deinen Täublingsbeiträgen. Ich durfte ja bereits vor (mittlerweile) 10 Jahren den Täublingsbeiträgen von Felix im pp Forum "beiwohnen". Deine Beiträge stehen denen vom Kollegen Hampe meiner Meinung nach in nichts nach. Bitte weiter so. :thumbup:


    Grüßlis Ingo

  • Auch ich finde es toll, wie Du uns seit einiger Zeit die Pilze einer recht schwierigen Gattung nahebringst, Claus! :thumbup:
    Denn das sind die Täublinge zweifellos. Doch welche Gattung ist schon einfach?
    Wenn mein Fokus auch nicht so auf Großpilzen liegt (man kann nicht alles machen!) so lese ich Deine Beiträge mit großem Gewinn und lerne eine Menge dazu.



    Ich durfte ja bereits vor (mittlerweile) 10 Jahren den Täublingsbeiträgen von Felix im pp Forum "beiwohnen".


    Ja, die waren großartig!
    Leider gibt es zu den ersten 20 seiner 36 Serien keine Bilder mehr. :(


    Liebe Grüße vom Nobi

    Hier geht es zu meinen Themen.

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    Chips: 72

  • Hallo Pilzfreunde,


    boah... da ist man mal zwei Tage offline und dann das.


    Danke, danke euch allen. Dieses Echo habe ich jetzt aber bei dem einfachen Täubling nicht erwartet.
    Trotzdem freue mich aber sehr darüber, dass mein Beitrag zur Winterüberbrückung beiträgt und ankommt.


    Eins meiner Hobbys sind nun mal die Täublinge und die zu bestimmen für mich eine grosse Herausforderung.
    Wie ein SUDOKU, mal sehr leicht, mal sehr schwer und wenn man die Ablaufregeln beachtet vielleicht auch lösbar.
    Deshalb bleibt es auch weiterhin für mich ein Bestimmungsversuch...


    Christoph
    ich danke Dir für deine kompetente Antwort die ich sehr schätze! Gerne auch in weiteren Beiträgen.


    @All
    ja, die Beiträge von Felix Hampe waren mein Vorbild, die habe ich damals auch bewundert und reingezogen.
    Vielleicht ist meine Täublingskrankheit dadurch enstanden, wer weiss...


    Danke nochmals für eure Antworten und bis nächste Woche
    claus


  • Hallo Nobi,


    leider ist dort viel in der Versenkung verschwunden. Jürgen Schreiner's Boleten wären ein weiteres Beispiel. Oder die "Montagskinos" eines anderen Posters. Stundenlang in den Archiven schnüffeln hat ja was. Nur fehlt mir die Zeit dafür. Dazu wurde aber viel abgestimmt und auch geschrieben. Ändern können wir's eh nicht mehr. Höchstens besser machen!


    GR Ingo