Pilze in Andalusien

Es gibt 10 Antworten in diesem Thema, welches 3.934 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von loco55.

  • Hallo zusammen,


    wir sind vor rund 2 Monaten aus der Schweiz nach Andalusien ( Salobrena) ausgewandert. Da ich seit rund 50 Jahren leidenschaftlich gerne Pilze sammle möchte ich das gerne auch hier tun.

    Meine Frage ist nun: Kennt jemand von Euch diese Gegend? Kann mir jemand Tipps geben, wohin ich suchen gehen soll? Welche Pilze wachsen hier?

    Besten Dank zum Voraus für Eure Tipps


    Es grüsst Euch aus dem sonnigen Salobrena


    Loco55

  • Hallo Loco 55!

    Ich habe zwar Verwandschaft in Andalusien (Ronda), war aber erst einmal dort zu Besuch. Ich weiß, dass wir Foristinnen und Foristen in Portugal (wenn ich mich recht entsinne) haben, die regelmäßig Fotos von Pilzen zeigten, auch schöne Boleten waren dabei. Erbeerbaumwälder und ähnliche Unglaublichkeiten für Mitteleuropäer.

    Vielleicht meldet sich ja noch jemand, der sich mit den Pilzen der Iberischen Halbinsel auskennt. Und ich freue mich auf Berichte von Dir!

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Loco!


    In Andalusien wirst du damit rechnen müssen, auch etliiche "mediterrane" Arten zu treffen, die in Mitteleuropa nicht oder nur sporadisch vorkommen, in der Schweiz aber möglicherweise an einigen warmen, mediterran geprägten Stellen zB im Tessin schon auch mal auftreten könnten. Bei den "typischen" Speisepilzen zum Sammeln musst du dir kaum Sorgen machen: Was die Röhrlinge betrifft, gilt das gleiche wie in Mitteleuropa auch. Die Arten um den Satansröhrling sind giftig bzw. giftverdächtig, ebenso der Ochsenröhrling. Ansonsten ist alles durchaus genießbar, auch wenn das Artenspektrum ein wenig größer ist.

    Leistlinge sind auch unbedenklich, allerdings dürften Verwandte des Ölbaumtrichterlings dort häufiger sein, die muss man aber ohnehin unterscheiden können, da der auch in der Schweiz durchaus vorkommen kann.


    Die "Hauptsaison" dürfte dort etwas anders sein, und erst später im Jahr beginnen, wenn es auch dort kühler wird und ausreichend Regen zusammenkommt. Pi mal Daumen so ab November, dafür aber mehr oder weniger den ganzen Winter durch, wenn es frostfrei bleibt. Im Spätsommer dürfte es sich wohl nur nach ausgiebigen Regenfällen lohnen, die Wälder durchzugehen.


    Spannend auf jeden Fall, und wir würden uns freuen, ab und an ein paar Bilder aus dieser Ecke zu sehen zu bekommen, wenn du Lust darauf hast. g:-)



    LG, Pablo.

  • Hola Loco55,


    was die Röhrlinge angeht, muss ich minimla widersprechen. Bei uns in Mitteleuropa sind alle Gyroporus-Arten essbar, an der Mittelmeerküste kommt aber Gyroporus ammophilus vor, ein Doppelgänger des Hasenröhrlings, der giftig ist.


    Vorsicht ist auch bei der Gattung Amanita geboten - du wirst den Eierwulstling als Speisepilz vermutlich kennenlernen. Der Falsche Eierwulstling hingegen ist nierentoxisch - Vorsicht!


    Falls du von Zuhause gewohnt bist, Röteltrichterlinge (Fuchsiger Röteltrichterling als Beispiel) zu essen, sei vor dem Parfümierten Trichterling gewanrt (der aber auch schon in der Schweiz nachgewiesen wurde).

    Generell wirst du sehen, dass die Artenvielfalt z.B. bei den Röhrlingen, den Wulstlingen, den Champginons (usw.) sehr groß ist, größer als in Mitteleuropa. Daher gibt es auch mehr Giftpilze...


    Ach ja, mir fällt noch ein giftiger Röhrling ein: Rubroboletus pulchrotinctus - ist aber nah mit dem Satanspilz verwandt. Auch der Wolfsröhrling, der bei uns extrem selten ist, wächst im Süden eher - und ist giftig.


    Es gibt in Spanien aktive Pilzvereine und Pilzgruppen. Und vermutlich wirst du diese Broschüre schon kennen: setas_comestand_2013.pdf


    Saludos,

    Christoph

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Christoph!

    Sehr wichtige Ergänzungen - vor allem zum Parfümierten Trichterling (Clitocybe amoenolens) und dem Falschen Eierwulstling / Ockerbescheideten Wulstling (Amanita proxima).
    Bei Wulstlingen ist ja generell Vorsicht geboten, da einige mediterrane Arten giftig, kritisch oder von frglichem Speisewert sind, die in Mitteleuropa nicht vorkommen bzw. nicht nachgewiesen wurden.

    So auch einige weitere Verwandte des Igelwulstlings (der ohnehin giftig ist, aber dann eben weitere Verwechslungsmöglichkeiten des Fransigen Wulstlings berücksichtigt werden müssen).


    Der "Falsche Hase" (Gyroporus ammophilus) ist für mich ein Phantom, weil erstens kaum wirklich vom "Echten" Hasenröhrling (Gyroporus castaneus) abzugrenzen und die Berichte über mögliche Vergiftungsfälle mit dieser Art (G. ammophilus) erscheinen mir diffus: Sind die sicher recherchiert? Hast du da verlässliche Quellen? Ich hab' nämlich leider nix Belastbares dazu. In der aktuellen Ausgabe der Südwestdeutschen Pilzrundschau (Jahrgang 54, Heft 1 Januar 2018 ist ein Artikel von Jürgen Häffner, (Sandspezialisten nahe der Atlantikküste im Südwesten Frankreichs), der auch einen längeren Absatz dem ominösen Gyroporus ammophilus widmet. Wenn du den nicht haben solltest... PN.


    Daß Boletus pulchrotinctus bekannt giftig ist, war mir auch neu. Aber ich persönlich würde generell die Finger von allen schwach blauenden, genetzten Rotporern lassen (also satansröhrlingsverwandschaft, aktuelle Gattung Rubroboletus).
    Wolfsröhrlinge (Boletus lupinus) sollten dagegen in Frankreich (und Italien?) gerne verzehrt werden, wobei auch da meine Quellenlage dünn bis nichtexistent ist. Das wäre für mich jedenfalls eine Art mit kritischem Wert, die man auch eher nicht essen sollte. In MItteleuropa ohnehin nicht wegen der Seltenheit.



    LG; Pablo.

  • Lieber Pablo,


    ich kenne den "Falschen Hasen" auch nicht aus eigener Anschauung - klar, er kommt nur weit weg von uns vor. Hier ist der Link zu Originalbeschreibung: http://www.repository.naturalis.nl/document/569718


    Castro & Freire geben die Toxizität explizit an und beschreiben zudem, dass bei Zweitkonsum die Symptomatik noch heftiger ist. Gyroporus ist nah mit Scleroderma verwandt (gleiche Familie), insofern wundert mich nicht, dass es da auch was Giftiges geben könnte. Du hast da auch eine Vergleichtabelle der Merkmale.

    Munoz (2005) übernimmt ebenfalls diese Art und erkennt sie an.


    Ich selber habe mangels Eigenerfahrung keinen Grund, an der Entscheidung der Experten, Gyroporus ammophilus als eigenständig anzusehen, zu zweifeln. Mangels Gegenquellen auch nicht an den Aussagen von Castro & Freire, was die Gifitgkeit angeht. Ich sage da auch: better safe than sorry.


    Den Artikel aus der SPR habe ich nicht (und habe natürlich Interesse). ;)


    Liebe Grüße,

    Christoph

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Christoph!


    Die Identität von G. ammophilus als eigene Art zweifle ich auch nicht an. Nur die Abgrenzungsmögilchkeiten (mikro- und makromorphologisch) erscheinen mir ziemlich diffus.
    Generell würde ich sagen: "Hasenröhrlinge" aus Nadelwäldern auf sandigen Böden sind zu meiden, verzehren würde ich nur Kollektionen aus reinen Laubwäldern. Wobei ich auch die bei einem Kostversuch nicht unbedingt geschmacklich empfehlenswert fand. Gelegentlich kommen hier in meiner Gegend auch Kollektionen in sandigen Kiefernwäldern vor, die aber vermutlich auch "normale" G. castaneus sind. Denn irgendwelche lachsfarbenen Töne bei jungen Fruchtkörpern fand ich nie, die Stellen, wo die wachsen, sind ziemlich sauer (beherbergen auch Flockis, Maronen und equestre - Grünlinge). NH3 habe ich bisher noch nie getestet, auch keine Sporenquotienten ermittelt.

    Man sollte auf jeden Fall vorsichtig sein!


    Schick mir doch mal deine Postanschrift per PN, ich habe noch ein Probeexemplar der Pilzrundschau, das ich noch nicht verteilt hatte.



    LG, Pablo.

  • Servus Pablo,


    ich habe mich ein bisserl auf den neuesten Stand gebracht - es hat sich ja bei Gyroporus die letzten Jahre sehr viel getan... Gyroporus cyanescens ist eine Sammelart, es werden nun Gyroporus lacteus, Gyroporus pseudolacteus, Gyroporus cyanescens s.str., Gyroporus pseudocyanescens getrennt. Und Gyroporus castaneus ist auch eine Sammelart, die weiter aufgetrennt werden wird, Gyroporus ammophilus ist molekular bestätigt...


    Sehr kompliziert, aber auch sehr spannend. Ich muss mich da noch intensiv einlesen. Und ich schicke dir ne PN ;)


    Liebe Grüße,

    Christoph

    • Offizieller Beitrag

    Hi,


    nein jetzt werden auch noch die Gyroporusse auseinandergenommen. Jetzt bin ich aber echt mal gespannt, welche der Kornblumen bei mir zu Hause wachsen. ;) Zum Glück ist die Artengruppe bei mir noch nicht ganz so selten. :)


    l.g.

    Stefan

  • buenos dias,


    besten Dank an Alle für Eure Antworten und Tipps.

    Christoph, besten Dank für die Liste der Pilze Andalusiens, kannte ich noch nicht.

    Ich wünsche Euch allen eine gute, pilzreiche Zeit.


    saludos desde Salobrena, Costa Tropical, Andalucía


    Loco