Servus beinand,
ich stolpere (auch hier im Forum) über unterschiedliche "Definitionen" von Fachbegriffen. Manchmal wundert es mich, wie Begriffe verwendet werden, manchmal weiß ich, dass sich Fehlanwendungen auch einbürgern. Bei dem einen oder anderen Begriff tut es aber schon richtig weh. Und damit will ich mal anfangen:
Hyphe - was ist eine Hyphe?
Nun, eigentlich ist das völlig klar definiert: das ist ein Pilzfaden, ein Teil des Myzels, das man auch als Hyphengeflecht bezeichnet. Bei nicht siphonalen Arten, also Pilzen, die mehrzellig sind, bestehen Hyphen folglich aus eine Abfolge vieler Zellen. Nicht die Zelle, sondern die Summe der Zellen macht die Hyphe. Hyphen können sich auch verzweigen usw. Sie können differenziert werden, so z.B. zu Gefäßhyphen in Rhizomorphen usw.
Und was liest man immer wieder? "Hutdeckschichthyphen 20-60 x 4-8 µm" - was jetzt? Zellen oder Hyphen?
Noch besser ist "Endhyphen der Hutdeckschicht..." - gemeint sind die Endzellen.
Schreibt man aber Hyphenenden, würde das eher passen, aber das sind dann wohl meist auch mehrere Zellen.
Die Großpilze Baden-Württembergs (Bd. 1) haben ein Glossar - was steht dort (war Zufall, dass ich heute da rein geschaut habe - lag an einer Dacrymyces)?
Hyphen: Schlauchartige Zellen, aus denen Pilze aufgebaut sind.
Nein!!!! Falsch!!!
Puh, ich muss zugeben, da schüttelt es mich. Zum einen bestehen nicht alle Pilze aus schlauchartigen Zellen. Zum anderen sind Hyphen eben keine Zellen. Ich weiß gar nicht, wann das aufkam... Vielleicht kommt es vom Begriff "Skeletthyphe", die genau genommen per Definition eine differenzierte Endzelle ist (hat sie Septen, ist es keine Skeletthyphe, sondern eine skelettisierte Hyphe). Man kann da argumentieren, dass dieser millimeterlange Faden eine Art einzellige Hyphe ist - ein langer Faden, also eine Hyphe. Der Umkehrschluss, eine Zelle sei eine Hyphe ist aber purer Unsinn.
Hefen bilden im Hefestadium eben keine Hyphen, kein Myzel aus, sondern sind einzellig (bis wenigzellig). Dass sie eben keine Hyphen haben, definiert ihr Stadium (viele Hefen können wechseln und später wieder ein Myzel bilden).
Wenn selbst der Grundbegriff der Grundbegriffe nicht klar ist, welchen Begriffen kann man dann in normaler Literatur vertrauen?
Ein anderes Beispiel:
hyalin - das Wort ist eigentlich das Gegenteil von opak - hyalin heißt "durchsichtig".
Eine "coole" gelbe Sonnenbrille hat hyaline Gläser, sonst würde man ja nichts durch sie sehen. Wären es Milchgläser, so wäre das Glas opaque und man kann nicht mehr hindurch sehen. Opak gibt es farblos, hyalin auch farbig.
Leider hat sich irgendwie (auch im Englischen) teils eingebürgert, dass hyalin plötzlich "farblos" heißt. Pilze mit weißem Sporenpulver hätten demnach immer hyaline Sporen. Insofern wären farblose, opake Objekte jetzt auch hyalin. Etwas undurchsichtiges wird durchsichtig, wenn es farblos ist? Nein, wird es eben nicht - es gibt weißes Milchglas.
Was liest man hier in den Großpilzen Baden-Württembergs?
hyalin: farblos (betrifft die Wände von Sporen oder Hyphen)
Nein! Auch falsch, wenn auch oft so verwendet...
Der Zusatz verwirrt mich natürlich - meinen die jetzt Zellwände von Zellen oder meinen die Autoren Wände von Hyphen, also Zellfäden? Aber egal - laut "seriöser" Quelle heißt hyalin nur noch farblos und die Durchsichtigkeit ist egal?!
Ich schreibe in Publikationen immer "farblos-hyalin", gehe aber langsam auch in die Knie vor der Fehlanwendung. Wenn aber jemand eine opake Struktur als hyalin bezeichnet (z.B. "Milchhyphen", die weiß-opake sin), dann würde ich, sollte ich das Buch/den Artikel redigieren, das anmerken, hier die Begriffe sauber anzuwenden.
Hier im Forum kam es (ich weiß den Thread jetzt nicht) sogar dazu, dass jemand Sporen als farblos bezeichnet hat und dann verbessert wurde, dass es hyalin heiße, worauf sich derjenige bedankte und meinte, dass er dachte, dass hyalin durchsichtig heißt, was dann wohl falsch gewesen sei. (Ich war nicht daheim, habe es am Handy gesehen, dann vergessen, darauf zu reagieren).
Falls das hier nicht als zu besserwisserisch rüberkommt, würde ich gerne hier in diesem Thread über wissenschaftliche Fachbegriffe diskutieren. Insbesondere auch über unterschiedliche Interpretationen. Denn eigentlich soll die Fachsprache dazu dienen, dass man unmissverständlicher, also eindeutiger kommunizieren kann. Mir geht es auch nicht um die Großpilze Baden-Württembergs - da sind noch mehr Dinge im Glossar, die ich einfach nur als falsch, völlig falsch, ansehe. Mir geht es ums Generelle - und daher eben auch um deutschsprachige Bücher, die weit verbreitet sind. Man kann da auch andere nehmen, niemand und nichts ist fehlerfrei. Die Hyphendefinition in GPBW tut allerdings so richtig weh. Sorry, aber da kann ich nicht aus meiner Haut.
Liebe Grüße,
Christoph