Pilzexkursion Tirol 26.07.2018: Teil 2

Es gibt 13 Antworten in diesem Thema, welches 3.872 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Tricholomopsis.

  • Liebe Pilzfreunde,


    hier kommen nun noch die anderen interessanten Funde meiner Tirol-Exkursion. Sie sind nicht korrekt durchbestimmt, da das Material an Ort und Stelle blieb, daher nur Bestimmungsvorschläge auf Basis der Makroskopie.


    vermutlich Ramaria pallida (Blasse Bauchwehkoralle)



    ziemlich sicher Gautieria morchellaeformis (Hüllenlose Morcheltrüffel(?)), wurde in diesem Waldstück schon von R. Schneeweiß gefunden und bestimmt




    zweifelsfrei Hydnellum caeruleum (Blauer Korkstacheling), am Detailbild sieht man deutlich die Orangetöne an der Stielbasis, daher kein Schnittbild vonnöten



    zweifelsfrei Tricholoma aurantium (Orangeroter Ritterling), extremer Mehlgeruch und leichte Grünverfärbungen, schon im Jungzustand eindeutig zu erkennen



    zweifelsfrei junge Sarcodon imbricatum (Habichtspilze), wie so vieles Andere "in den Startlöchern"



    und der besagte Pilz aus dem Ameisenhaufen, für mich ein persönlicher Erstfund:

    ziemlich sicher Boletus/Imperator torosus, im Habitus einem Satanspilz ähnlich, die Hutfarbe grünlich-bronzefarben wie etwa bei Cortinarius atrovirens, auf der Stielrinde ein feines rötliches Netz auf gelbem Grund, bei der kleinsten Berührung der Hutoberfläche oder der Röhrenmündungen dort sofort tief tintenblau werdend (siehe rechts oben!), fast wie bei Boletus pulverulentus (Schwarzblauender Röhrling), die Stielrinde dagegen nicht so empfindlich, das Blauen viel schwächer


    Doch leider gehört zur ganzen Wahrheit auch das: ein durch forstwirtschaftliche Maßnahmen (siehe im ersten Bild rechts die Stammstapel!) abgewirtschaftetes, in seinem Charakter völlig verändertes Habitat - früher moosiger Märchenwald, ein Paradies für seltene Pilzarten, nun dagegen ein völlig pilzloses Paradies für Schmetterlinge und Bremsen;



    bis da wieder schöne Pilze wachsen, wird es Minimum 30 Jahre dauern. Wieder mal ist ein geniales Pilzgebiet der Forstwirtschaft zum Opfer gefallen: weite Teile des Klausenwalds südlich von Reutte, aus dem stammt z. B. der Ochsenröhrling.


    FG

    Oehrling

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

    3 Mal editiert, zuletzt von Oehrling ()

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Stephan!


    Wirklich wohltuende Bilder, die einem wirklich das Herz aufgehen lassen... Diese Pilze bei mir noch mehr als die Täublinge (die schon auch spektakulär sind)...

    ... Der Dämpfer am Ende (die Biotopzerstörung / Waldschäden) fühlen sich umso unangenehmer an.


    Hoffentlich werden sich die Pilze durchsetzen, wenn der Wald sich im Laufe der Jahre regeneriert.


    Der Hydnellum caeruleum ist famos, sowas würde ich auch gerne mal sehen. Irgendwann.
    Wie natürlich ach den "Imperator" torosus (Ochsenröhrling), ebi dem mich der Fundort aber überrascht: Denn der gilt ja gemeinhin als Laubbaumbegleiter (vor allem Rotbuche und Eichen) in deutlich thermophilen Gebieten auf stark kalkhaltigem Untergrund. Ok, Kalk ist anscheinend da, aber nach einem thermophilen Laubwald sieht's nun nicht aus. Trotzdem wüsste ich bei dem Bild und deiner Beschreibung auch keine andere Option.



    LG; Pablo.

  • Hallo Pablo,

    im Klausenwald gibt es gottlob nicht nur den (jetzt weitgehend kaputten) Nadelwald, sondern am Südhang des Schlossbergs auch reichlich (noch unversehrten) Buchenwald. Meine Fotos von den Standorten der Waldzerstörung sind, wie du an den Uhrzeiten erkennst, eine Stunde später entstanden, d. h. das zerstörte Gebiet liegt fußläufig eine knappe Stunde entfernt. Der gesamte Schlossberg ist ein einziger gigantischer, knapp 500 m hoher Kalksteinbrocken, überall im Wald findet man abgebröckelten Kalkstein. Der Standort von B. torosus liegt direkt am Wegesrand und ist mit seiner südlichen Ausrichtung trotz der Höhenlage von ca. 900 m über NN wohl thermophil. Dort stehen einige Buchen herum, welche als Baumpartner in Frage kommen. An dieser Stelle habe ich früher schon Boletus/Rubroboletus rubrosanguineus finden können, auch gibt es dort oft den Netzstieligen Hexenröhrling.

    FG

    Oehrling

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Stephan!


    Danke für die Erklärung. Beruhigend, aus zwei Gründen: Erstens passen nun orphologisches Erscheinungsbild und Ökologie wieder zusammen.
    Und zweitens, weil das ja Hoffnung offen lässt, daß es in dem Gebiet noch einige unversehrte, weitestgehend intakte Ecken gibt, wo sich die Pilze halten können, und von wo aus sie die zerstörten gebiete auch wieder besiedeln könnten.



    LG; Pablo.

  • Hallo Oehrling,


    danke für das Zeigen von Pilzarten die ich allesammt noch nie persönlich zu Gesicht bekommen habe und wohl außer dem Habicht auch nie sehen werde. Vor allem umden Ochsen-Röhrling beneide ich dich.


    VG Jörg

  • Servus beli,


    coole Funde, vor allem der Ochensröhrling - ganz typisch mit der uneinheitlichen Hutfarbe.


    Das mit dem Habitat ist so eine Sache, Pablo. Imperator torosus ist sowohl eine Gebirgsart unter Ndalbäumen als auch bei Laubbäumen zu finden. Der Typus stammt aus der Schweiz und wurde Fries geschickt (wenn ich mich recht erinnere, aus der Ecke um Chamonix?). Jedenfalls ist er aus dem Gebirge beschrieben. Ich kenne ihn auch aus Höhen über 1000 Meter. Man kann nie ausschließen, dass nicht doch eine Buche in der Nähe ist, da die auch weit aufsteigen kann.


    Die Frage war eher, ob die Tieflandfunde auch Imperator torosus sind. Scheinbar ja. ;)


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Hallo Stephan,

    ebenso wie für die Täublinge hat sich der Besuch ja gelohnt. Nach R. fuscorubroides halte ich schon lange vergeblich Ausschau. B. torosus kenne ich recht gut aus Kalkbuchenwäldern in der Eifel und die Exemplare sehen Deinem täuschend ähnlich. Irgendwann werden die sicher auch mal genetisch vergleichen ;).

    LG Karl

  • Servus Karl,


    die Tieflandfunde und die Gebirgsfunde des Ocsenröhrlings wurden ja schon genetisch verglichen ;-).


    Russula fuscorubroides finde ich bei uns nicht sooo selten. Jetzt wurde die Interpretation ja erweitert und alle(?) Stachelbeertäublinge bei Fichte sollen R. fuscorubroides sein, während Russula queletii nur noch bei Abies alba wachsen soll?! Das ist sicher noch nicht der Weisheit letzter Schluss. Die schön dunkelroten, kräftigen, typischen R. fuscorubroides sind im Voralpenraum m.E. aber weit verbreitet (bei Fichte). Viel seltener ist Russula (torulosa var.) fuscorubra bei Kiefern auf Kalk, was ich nur der Vollständigkeit halber angebe (und wegen der Ähnlichkeit des Epithetons). ;)


    Liebe Grüße,

    Christoph

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Christoph!


    Wärmebegünstigte Lagen kann es ja auch im Gebirge geben, und vor allem im südlichen Alpenraum steigt die Rotbuche durchaus in hohe Lagen (1500m) auf.
    Die Info zum Typus vom Ochsenröhrling ist aber wichtig und interessant. Bei Rubroboletus runrosanguineus ist es ja ähnlich: bekannt eigentlich als "Gebirgsart" in Nadelwäldern, aber eben auch im Flachland in thermophilen Laubwäldern zu finden.
    Manche Pilze sind eben erstaunlich flexibel. Das Paradebeispiel ist für mich in dem Zusammenhang immer Phlebia centrifuga, wo man bis vor einiger Zeit ja auch davon ausging, daß das eine Art an Nadelholz im borealen bzw. montanen Bereich sein sollte, kommt aber auch ziemlich zahlreich im mediterranen Oberrheingraben an allerhand Laubholz (und Kiefer) vor.



    LG, Pablo.

  • Jetzt wurde die Interpretation ja erweitert und alle(?) Stachelbeertäublinge bei Fichte sollen R. fuscorubroides sein, während Russula queletii nur noch bei Abies alba wachsen soll?!

    Hallo Christoph

    Das wurde zwischenzeitlich sogar mal auf Pilze Deutschlands so dargestellt, ist aber wieder rückgängig gemacht worden. Eine Entscheidung kann wohl erst getroffen werden, wenn der jeweilige Typus sequenziert ist.

    LG Karl

  • Servus Karl,


    ich hatte noch im Kopf, dass zwei Ochesneröhrlinge sequenziert wurden - einer aus Garmisch (die Fundstelle kenne ich - ist Hochlage, bei Fichte) und ein Fund aus Frankreich. Ich hatte das in Genbank gesehen gehabt. Jetzt habe ich nochmal genauer nachgeschaut und habe feststellen müssen, dass vom Garmischer Ochsen die LSU und vom französischen Ochsen die ITS sequenziert wurde, man die Sequenzen also nicht vergleichen kann - insofern: Kommando zurück. Sorry ==Gnolm12


    Liebe Grüße,

    Christoph