Melzer - KOH - Guajak

Es gibt 7 Antworten in diesem Thema, welches 5.217 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Beorn.

  • Hallo !


    Melzer , KOH , Guajak , Wie benutzen ?


    Beispiel , Guajak ist für die Russula Gattung , KOH 20% für die Cortinarius . Was ist gut für Röhrlinge ? Welche Gattung man kann überhaupt testieren ?

    Besonderes , Wo man tropfen müssen , an Hut , Lamellen - Röhren oder Stiel . Wie muss an Reaktion warten , usw


    Gibt irgendwo in Internet eine gute Website über diese Thema ?


    LG beli !

  • Hallo Beli,

    mein Pilzlehrer, seinerseits Röhrlingsspezialist, hat mir für die Bestimmung von Röhrlingen Formol und NH4 gegeben. Angewendet habe ich bisher nur NH4 für Paxillus - in diesem Fall hält man den Hut eines Paxillus involutus s.l. über das Fläschchen und schaut, ob er grün wird. Soweit ich weiß, muss man diese Lösungen auf Hut oder Stiel tropfen bzw. eine kleine Menge draufgeben, möglicherweise auch auf das Fleisch - je nach Gattung. Leider finde ich grad keine Röhrlinge mehr.

    LG

    romana

    103-15 APR2017+17(3.Platz)+2(Wette)=107-1(OBR)-15 APR2018=91+13(3.Platz)+8(Wetten)=112-2+7(Wette)=117-15 APR2019=102+8(8.Platz)=110-15 APR2020=95+12(3.Platz)+27(Wetten)=134-15 APR2021=119+10(4.Platz)+12(Wetten)=141-15+16 APR2022=142-15(APR2023)=127+18=145-15(APR24)=130

  • Hallo Beli,

    ein paar Hinweise (andere können sich sicher noch qualifizierter zum Thema äussern)


    Melzer , KOH , Guajak , Wie benutzen ?


    Beispiel , Guajak ist für die Russula Gattung , KOH 20% für die Cortinarius . Was ist gut für Röhrlinge ? Welche Gattung man kann überhaupt testieren ?

    Besonderes , Wo man tropfen müssen , an Hut , Lamellen - Röhren oder Stiel . Wie muss an Reaktion warten , usw

    Ganz so einfach ist es leider nicht. Sicher gibt es die "klassischen" Gattungen, bei denen Makrochemische Reaktionen häufig bestimmungsweisend sind, darüber hinaus ist es meist (noch) spezieller und betrifft einzelne Arten oder Sektionen.

    Vor der Nutzung von solchen Reagenzien sollte eine konkrete Fragestellung (Abgrenzung von in Frage kommenden Arten, Frage im Bestimmungsschlüssel ...) stehen - es bringt nichts, wahllos Chemie zu verträufeln.


    Die Infos dazu habe ich aus meiner recht gut sortierten Bibliothek entnommen, ob es dazu irgendwelche Webseiten gibt, wage ich zu bezweifeln

    Du findest Hinweise auf Reaktionen während der Bestimmungsarbeit mit guter Literatur oder anderen verlässlichen Quellen im konkreten Einzelfall. Dann auch über die jeweiligen Stellen am Fruchtkörper (variabel!).

    Tabellen o.ä. findest Du sicher zur Täublingsbestimmung im Netz, die sind aber im Zweifel mit Vorsicht zu geniessen.

    Die Reaktionszeiten sind ebenfalls variabel (Hinweis zu Guajak: hier sollte immer die Reaktion innerhalb der ersten 5 Sekunden beurteilt werden. Guajak sollte jedes Jahr frisch gekauft werden).


    LG


    Andreas

    • Offizieller Beitrag

    Hallo zusammen!


    Nun, jede Gattung für sich ist ja relativ speziell. Da gibt es schon Unterschiede, wie und was man anwenden kann an Chemikalien.

    Bei Boletus kann man noch ergänzen: Melzer.

    Es gibt Artengruppen, deren Hyphen an und in der Stielbasis reagieren amyloid, werden also blau, wenn man Melzer drauf tropft. Das ist nicht immer ideal zu sehen makroskopisch, und der Test muss an frischen Fruchtkörpern durchgeführt werden. Auch muss man darauf achten, nicht gleichzeitig mit dem Aufbringen der Reagenz Druck auszuüben. Weil auf Druck wird es ja auch blau.

    Es folgt ein Beispiel, wie das aussehen soll bei einer positiven (amyloiiden) Reaktion auf Melzer, hier bei Suillellus mendax:


    Ebenso gute Dienste leistet Melzer ganz global bei allen Gattungen, wenn man die amyloidität von Sporen testen will.
    Es gibt ja Gattungen mit amyloidem Sporenpulver und solche mit inamyloiden Sporen. So ist das zum Beispiel ein solides Merkmal, um Lepista inamyloid) von Leucopaxillus (amyloid) zu trennen, oder Melanoleuca (amyloid) von zB Tricholoma (inamyloid).

    Ein Beispielbild für amlyoides Sporenpulver (bei Leucopaxillus compactus):


    So schön eindeutig ist es nicht immer, es gibt auch Arten mit eher schwach amyloien Sporen. Ein beispiel dazu wäre Leucopaxillus giganteus:


    Aber auch da ist es noch makrochemisch gut erkennbar.

    Wo es zB nicht mehr funktioniert hat, war Gloiothele citrina. Bei Gloiothele lactescens war es dagegen gut zu sehen.


    Wenn amn Pilze mit stark amyloiden Sporen hat, von denen man keinen Abwurf bekommt (weil zB schon vertrocknet), kann man auch mal das Hymenium testen. Funktioniert nicht immer, aber wenn da sehr viele Sporen dran hängen, dann klappt das. Wie hier bei Dentipellis fragilis:



    Eine andere Farbreaktion von Sporen mit Melzer wäre "dextrinoid". Da verfärben sich die Sporenwände nicht blau, sondern rotbraun.

    Auch das ist makroskopisch nachvollziehbar (wobei ich jetzt aber kein Bild habe, fürchte ich). Kann man aber auch einfach mal prüfen, Leucoagaricus zB hat stark dextrinoide Sporen.


    Amyloide und dextrinoide rekationen gibt es nicht nur bei Sporen, sondern auch bei anderen Strukturen wie zB Hyphen.
    Stark amyloid sind zB meistens die Hyphen von Cinereomyces lindbladii:


    Und oft die von Antrodia xantha und einigen weiteren Antrodias, aber viel schwächer (da ist die Reaktion makrochemisch oft nicht sichtbar).


    Es gibt auch dextrinoide Hyphen (analog zu dextrinoiden Sporen), so zB die von Heterobasidium annosum. Auch da kann man oft die Reaktion schon makroskopisch beobachten:


    Insofern ist Melzer eben ein Allround - Zaubermittel, mit dem man bei ganz vielen Gattungen ganz unterschiedliche Sachen machen kann.
    Auch bei Schleierlingen ist es bisweilen nützlich. So reagieren zB einige Phlegmacien mit Melzer dunkelrot, wie zB hier bei Cortianrius purpurascens:


    Und Cortinarius scaurus würde das auch so machen.


    Für Cortinarius wäre dann aber KOH (mind. 20%) das meistgebrauchte Reagenz, das wird da an drei Stellen aufgetragen: Einmal auf die Huthaut am Hutrand, einmal auf die Trama (mache ich immer im Hutfleisch nahe Hut-Stiel-Übergang) und einmal außen am Rand der Stielbasis.

    Eine wunderbare Reaktion am Hutrand hatte ich da mal bei Cortinarius cf olearioides beobachtet:


    Wogegen zB Cortinarius varius unspektakulär verläuft und nur im Fleisch gelb wird:


    Aber auch KOH ist ja ein Wundermittel, man kann es oft und viel gebrauchen, auch bei diversen anderen Gattungen.

    Bei Rindenpilzen nehme ich viel niedrigere Dosierungen, da reichen in der Regel 5%, um zu einer Reaktion zu kommen, wie hier bei Phlebia uda:


    Auch die rotbraune KOH - Reaktion bei FomPini funktioniert mit 5%iger Lösung:


    Bei Stachelingen nehme ich gerne 10% KOH, aber auch da müsste es mit 5% ebenso klappen.

    Bei Stachelingen sind dann aber auch die Farbwechsel innerhalb weniger Sekunden interessant, so wie hier bei Hydnellum concrescens:


    Da muss man quasi schnell sein, beim gucken (und fotografieren).


    Wie mit vielem Anderen auch: Man darf sich nicht ausschließlich darauf verlassen. Manchmal machen PIlze komische Sachen. Manches ist auch einfach noch nicht völlig erforscht, wie konstant welche Reaktionen zB sind. So soll sich zB Radulolyces rickii (außer den Sporenform und geringfügig anderen Basidien) auch durch eine gelbe KOH - Reaktion von Radulomyces confluens unterscheiden.
    Sieht bei Radulomyces rickii so aus:


    Blöd nur, daß auch Radulomyces confluens mal gelblich mit KOH werden kann:


    Und das ist auch mit ein Grund, warum ich bei Rindenpilzen nach Möglichkeit die niedrigeren Konzentrationen (5%, maximal 10%) benutze. Sonst kommt man leicht zu falschen Ergebnissen, weil mit 20% KOH ein ganzer Haufen Arten irgendwie reagieren, die es mit KOH5% nicht täten. Solche feinen, putzigen Reaktionen wie das lustige, aber blasse orange bei Fibrodontia gossypina:


    ...bekomst du mit 20% nicht, da wird die nur irgendwie matschig braun, graubraun, gelbbraun: Und das machen eben mit 20% KOH sehr viele Pilze, die aber mit geringeren Konzentrationen gar nicht reagieren.



    So, für heute genug erzählt dazu.
    Auch wenn man noch ewig weiter machen könnte...



    LG, Pablo.

  • Hallo !


    Vielen Dank für eure Antworten , besonderes an Pablo wegen tolles Erklärung und viel mühe . Für erste schritte das ist sehr hilfreich


    Hier noch ein über Tricholoma link

    Tricholoma-Projekt Kollektion ##1 - Fachforum Tricholoma - Forum der Deutschen Gesellschaft für Mykologie e.V.


    @ Eberhard , habe schon über Mikroskopieren lernen Kurs nachgefragt aber bin leider noch immer weit und breit einzige Kandidat .


    LG beli !

  • Wow! Mal richtig toll erklärt auch für Anfänger.... Bin auch immer noch am Suchen was ich mir wohl am Besten für Reagenzien aussuchen sollte

    Danke für die tollen Bilder, sehr anschaulich und interessant.. Danke beli für die Eröffnung des Themas.


    LG Sandra

    Liebe Grüße aus dem Vogtland

    die Schwarzhex

    :gwinken: Sandra

    (PC 100 - 10 (fürs APR 2020) = 90 - 15 (APR 21) = 75-10 (APR22) = 65 + 7 (APR 22 Auflösung) - 5 (Rätsel-Gedicht)= 67 - 10 (APR 23) = 57 + 5 Gnanzierung = 62 - 10 (Ast-Wette gegen Björn) = 52 - 10 (APR 24)- 1 (legaler Bestechungsversuch im Vorfeld des APR zugunsten GI)= 41 + 21 (Thorwulf Spende)= 62 + 38 (Hannes2 Spende) = 100 PC :gbravo:

    • Offizieller Beitrag

    Hallo.


    Ein kleiner Hinweis noch zu der Sache mit den Ritterlingen: Wie weit da chemische Reaktionen signifikant sind, und wo, das ist größtenteils noch nicht klar.
    Guajak ist in der Hinsicht ganz interessant (wobei man immer die Sofort - Reaktion betrachten muss, also das was bis maximal eine Minute nach dem Auftragen an der Stielspitze oder im Fleisch passiert).

    Da ist dann zB auch ein Unterschied zu sehen zwischen mindestens einer Art aus dem Tricholoma-frondosae-Aggregat und einer aus dem Tricholoma-equestre-Aggregat. Einer aus der Gruppe jedenfalls reagiert ziemlich sofort im Fleisch (und schwächer an der stielspitze), während die klassische Tricholoma equestre negativ ist: Jedenfalls innerhalb der ersten Minute. Danach gleicht sich das an, weil Guajak auch mit Luftsauerstoff reagiert und immer nach einer weile grünblau wird.

    Bei den meisten anderen Ritterlingen wird bezüglich der Guajak - reaktion wenig rauskommen. Nur auf Sektionsebene scheint es dann UNteschiede zu geben, so reagieren wohl die allermeisten Braunen Ritterlinge negativ, wärhrend die ganzen "Erdritterlinge" (grauschuppige / faserige Arten) deutlich positiv reagieren.



    LG; Pablo.