Hallo liebe Forengemeinde,
nachdem ich letztes Jahr meine ersten Austernseitlinge kultivieren konnte (siehe Anfänger-Winterpilzzucht), habe ich mich weiter in das Thema Pilzzucht/-anbau eingelesen und trotz fehlender Updates hier im Forum auf weitere Experimente vorbereitet =)
Dieses Jahr war was die Natur angeht ein ziemliches Extrem, aber trotzdem konnte ich sowohl meine gewünschten Schopftintlinge, als auch ein paar Pioppino-Kollektionen finden
Nun habe ich von meinen erstmals gefundenen Schopftintlingen einen „Sporenabdruck“ gewinnen können, als auch Klone von den auf der Schwarzwald-Exkursion gefundenen Schopfis erstellen. Zudem kamen noch regionale Erstfunde des südlichen Ackerlings (Pioppino) auf, von denen ich ebenfalls Klone erstellen und Sporenabdrücke gewinnen konnte.
Nun möchte ich euch einen neuen Thread eröffnen (bzw. habe ich ja schon xD), in dem ich meine zweite Reihe Zuchtversuche dokumentieren möchte.
Zu Beginn erst einmal die selbst angefertigten Petrischalen…
Die Agar-Mischung wurde nach folgendem Rezept zubereitet:
- 1000 mL Wasser, destilliert
- 25 g Agar-Agar
- 30 g Malzextrakt (65 % Kohlenhydrate)
- 2 g Trockenhefe
Pro Petrischale wurden ca. 10-12 mL des Mediums benötigt, ich hatte 12 Petrischalen und habe 150 mL angesetzt. Die Mischung wurde in einem 250 mL-Glas mit aufgesetztem Plastikdeckel in der Mikrowelle zum Sieden erhitzt und nachfolgend unter jeweiligem Umschwenken (Lederhandschuhe!) mehrmals für einige Sekunden in der Mikrowelle zum Kochen gebracht, bis der Agar sich vollkommen aufgelöst hatte.
Das Medium wurde im Anschluss noch heiß in die Petrischalen gegossen (wieder Lederhandschuhe!), der Deckel aufgelegt und abkühlen gelassen. Durch das Abkühlen verfestigt sich das Agar-Medium und man kann die Petris ohne Probleme handhaben. Die Schalen habe ich danach in einen mit Kabelbinder am einen Ende verschlossenen Bratschlauch gepackt (2x6 Stück übereinander), selbigen eng am anderen Ende ebenfalls mit einem weiteren Kabelbinder verschlossen und 15 min im Schnellkochtopf (ca. 119 °C) sterilisiert. Nachdem der Druck wieder abgesunken war, wurde das Päckchen noch heiß vorsichtig (Lederhandschuhe!) entnommen und auf einer horizontalen Fläche auskühlen gelassen. Die erstarrten und sterilisierten Petris wurden nachfolgend einige Tage bei Raumtemperatur gelagert, um das entstandene Kondenswasser innerhalb der Petrischalen wieder in das Agar-Medium einziehen zu lassen.
Nun zum Sporenabdruck meines Schopftintlings:
Generell gewinnt man Sporenabdrücke ja, indem man den (vom Stiel entfernten) Hut eines Fruchtkörpers mit der sporenbildenden Schicht nach unten auf ein Blatt Papier o.ä. legt. Für den Schopftintling habe ich, da er sich in Tinte autolysiert, einen jungen Fruchtkörper mit einer Rouladennadel oben durchstochen habe und in dann in einen mit Alufolie ausgekleideten Becher gehängt habe und ihn mit einem losen Stück aufgelgter Alufolie vor Fremdkontaminationen durch Staub geschützt habe. Nach einigen Stunden begann der Fruchtkörper sich zu zersetzen und die Tinte sich auf der Alufolie zu sammeln. Nachdem ungefähr der halbe Schopftintling zerflossen war, habe ich ihn entfernt und die überschüssige Flüssigkeit mit einem Küchenpapier, das an den Rand der Sporensuspension gehalten wurde, aufgesaugt. Den Rest Flüssigkeit habe ich dann verdunsten lassen, indem ich das Folienstück, auf dem sich der zurückgebliebene Sporenmatsch befand wieder mit Alufolie lose abgedeckt einige Zeit habe liegen lassen. Der getrocknete Print wurde dann zusammengefaltet und erst einmal zur Lagerung in einem Druckbeutel verstaut.
Beim Pioppino war das Ganze natürlich einfacher, hier habe ich den Hut (nah am Lamellenansatz abgeschnittener Stiel) mit den Lamellen nach unten auf Alufolie gelegt und auch diesen lose mit weiterer Folie abgedeckt. Über Nacht wurden ausreichend sichtbare Spuren an Sporenpulver abgeworfen (werde hierzu evtl. noch einen Guide verfassen =) ) und der Print wieder lose abgedeckt trocknen gelassen und gefaltet in einem Druckbeutel gelagert.
Gleichzeitig habe ich von einem weiteren, dickstämmigen Exemplar den Stiel abgeschnitten und in einer Glovebox jeweils ein kleines Stückchen Fruchtfleisch mit einer Pinzette aus dem Inneren auf eine der vorbereiteten Petrischalen gegeben. Diese wurden dann mit auf ca. 5 cm zurechtgeschnittener Frischhaltefolie (Cutter) 5-6x dicht umwickelt.
Da ich die Sporen vom Schopftintling hatte, habe ich mit einem mit 70% Ethanol desinfizierten Spatel ein wenig Sporenmasse (in der Glovebox) von der Alufolie abgekratzt und auf weiteren Petrischalen verteilt (immer wieder vor jeder Sporenentnahme desinfiziert!). Auch diese 7 Petris wurden mit Frischhaltefolie versiegelt, Nummer 8 ist mir aus der Hand gerutscht und zersprungen.
Zudem hatte ich noch eine Petrischale mit Austernseitling (vom Januar), von welchem ich ebenfalls jeweils ein bisschen Mycel auf zwei weitere Petrischalen verteilt hatte, mit dem Rest des Agars wurde ein kleiner Beutel sterilisierter Strohpellets beimft, aus welchem ich dann auch einen Print zur Konservierung anlegen möchte, wie auch ein paar neue Dübel für einen Kirschholzstamm, den ich kürzlich bekommen habe, als auch ein Ansatz mit Buchenchips zu weiteren Vermehrung.
Da es sich leider etwas schwierig gestaltet, in der Glovebox zu arbeiten und gleichzeitig Bilder zu machen, habe ich das an dieser Stelle erst einmal nicht getan, werde aber wohl noch einen detaillierten und dann auch bebilderten Guide für meine Arbeitsweise in der Glovebox erstellen =)
Die ganzen Behältnisse durften dann einige Zeit im Keller bei ca. 20 °C vor sich hinkolonisieren und -keimen.
Klone des Pioppino
Überimpftes Mycel des Austernseitlings auf Agar
Überimpftes Mycel des Austernseitlings auf Substraten
Schopftintlingssporen frisch gekeimt
Da meine Petrischalen nun belegt waren, habe ich versucht, das Agar mal in Einmachgläsern anzusetzen, gleiches Rezept wie oben, vier davon wurden dann je mit einem Fruchtfleischstückchen aus dem Stiel der Schopftintlinge aus dem Schwarzwald beimpft:
Klone des Schopftintlings
Da sich das sterile Gießen von Petrischalen in einer Glovebox für mich als unpraktikabel herausgestellt hat (der hermetisch verschlossene Innenraum muss vollständig in einen Flüssigkeitsnebel gehüllt werden und dieser braucht Zeit, um sich zu setzen und in der Zwischenzeit ist der Agar schon wieder fast ausgehärtet), bin ich auf Gießen und anschließend sterilisieren umgestiegen. Hier allerdings müssen die Petrischalen ausreichend lange nach der Sterilisation zwischengelagert werden, damit das Kondenswasser wieder resorbiert werden kann.
Der Vorteil der Gläser, habe ich festgestellt, ist die geringere Neigung zur Kondenswasserbildung und die Gläschen können auch nicht überkochen, wie es mir bei den Petrischalen nun schon zwei Mal passiert ist. Nachteil ist allerdings, das die Agarfläche deutlich kleiner ist und Kontaminationen durch die Glasdicke und -form schwieriger zu erkennen sind. Zudem ist das Entnehmen von Mycel aufwändiger, aber dennoch werde ich wohl in Zukunft erst einmal bei Gläschen bleiben, werde mir allerdings andere zulegen, die nicht so hoch und etwas größer im Durchmesser sind.
Nun zurück zu den Mycelien…
Da der eine Pioppino-Klon seine Petrischale schon fast vollständig besiedelt hatte, wurde es Zeit sie zu Vermehren.
Jeweils ein Pellet, das ich mit Hilfe meiner selbstentworfenen Stanze aus dem Agar herausgestochen habe, wurde auf neue Agargläschen gegeben, eines auf sterilisierte Buchenchips und vier weitere auf sterilisierte Substrate (bestehend aus Buchenchips, Buchenbriketts und Weizenkleie):
Die Glove-Box
Die Stanze =)
Auch die Schopftintlingssporen hatten schon ordentlich Mycel gebildet. Eine der Kulturen hat bis heute gar nicht gekeimt (angesetzt wurde am 16.10.), eine weitere war mit schwarzem Schimmel kontaminiert (siehe oben), bei dieser hat das Mycel sein Wachstum mittlerweile vollkommen eingestellt. In einer Petrischale hatten sich Bakterien breit gemacht, was den Schopftintling allerdings nicht sehr interessierte, das Mycel ist einfach über die Bakterienkolonien hinweggewachsen, ich konnte an den entsprechenden Stellen allerdings ein verdichtetes Mycel beobachten.
Die Kultur mit dem
zügigsten Wachstum wurde dann überimpft; auf drei sterilisierte
Substrate (bestehend aus losem Stroh, Strohpellets und Kompost),
einmal Buchenchips (schauen ob‘s was wird) und wieder Agargläschen.
Schopftintling überimpft auf Substrat-Agar
Für dieses Agar habe ich mal den „Substratzusatz“ ausprobiert, da dieser die „Eingewöhnungszeit“, die der Pilz zum Anpassen an die neuen Nährstoffverhältnisse des Substrats gegenüber des Agars benötigt, reduzieren soll. Zudem soll so eine Spezialisierung des Pilzes auf den Malzaufschluss verhindert werden, da die Möglichkeit besteht, dass bei häufigerem Überimpfen auf weitere Petris der Pilz die Fähigkeit verliert andere Nährstoffe aufzuschließen.
Hierzu wurde dem Agar jeweils eine kleine Menge des zukünftigen Substrats (3-5 g pro Liter Agar) zugegeben.
Auf Bilder von den
Substratgläsern müsst ihr leider noch ein wenig warten, da die
Ränder mit Substrat behaftet sind und das Myzelwachstum im Moment
noch nicht zu fotografieren ist, mit dem Auge kann ich aber Wachstum erkennen =)
… to be continued