Blauschwarzer Helmling - Mycena atrocyanea???

Es gibt 10 Antworten in diesem Thema, welches 2.671 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Mreul.

  • Hallo

    Gestern war nicht mein Tag.

    Bei mildem Wetter in den Wald. Dort war aber Nachtfrost. Alle Pilze waren "Stein(harte)pilze"!

    Dann drei schwarze , vermutliche Helmlinge. Die waren wirklich schwarz mit schwachem Reifbelag. Der Fotoapparat hat das anders gesehen ....

    Leider ist auch nur ein Bild gelungen. Darum kann ich die Lamellen nicht zeigen.

    Sporenpulver verneint der Pilz auch.

    Das Einzige, was ich ihm entlocken konnte, war viel klarer Saft!

    Trotz der dürftigen Angaben bin ich beim Blauschwarze Helmling (Mycena atrocyanea) angelandet! Ob das stimmt?


  • Hallo Uwe,


    Mycena atrocyanea ist ein Nomen Dubium, es ist nicht klar interpretierbar, was mit der Beschreibung der Art gemeint war.

    Dein Fund passt gut zu leucogala bzw. galopus var. nigra, je nachdem, ob man da eine eigene Art draus machen will. Der geht farblich ab und zu ins bläuliche.


    Viele Grüße,

    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.

  • Hallo Matthias

    Mein Fund hat glasklaren "Saft". Den Weißmilchenden habe ich schon gefunden, der ist es nicht.

    • Offizieller Beitrag

    Moin!


    Vom optischen Eindruck wäre ich da bei Matthias. Der richtige Weißmilchende (Mycena galopus) sieht ja schon ganz anders aus, aber für Mycena leucogala ist dieses Aussehen doch absolut typisch.

    Wenn frost auftritt, ist das ja nicht nur für den Geruch ein Problem (der dann in den meisten Fällen ja nicht mehr beurteilbar ist). Auch solche Sachen wie Milchfluss können verändert oder eingeschränkt sein.

    Einen durchgefrohrenen Milchling habe ich zB auch noch nie zum Milchen gebracht...

    Wenn hier durchsichtiger Saft rauskam, kann da auch Wasser sein, aufgetaut durch die Berührung mit den Händen.



    LG; Pablo.

  • Hallo Pablo

    Den Weißmilchenden Schwarzhelmling meinte ich auch zu kennen. Der Fund hatte damals auch richtig weiße Milch.

    Nur, was ist dann der Blauschwarze Helmling - Mycena atrocyanea. Wer hat den dann erfunden? Oder gefunden!?

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Uwe!


    Also zumindest Arne Aronsen führt diese >Art nicht auf<.

    Alleine das macht schon mal nachdenklich. Jetzt müsste man gucken (idealereweise in seinem Buch in der FNE - Reihe), wo er das Taxon untergebracht hat.
    Und differentialdiagnostisch mal bei Robich (Mycena - Monografie aus der Fungi Europaei - Reihe) vergleichen.

    Ich selbst kann das nicht beurteilen, und kann nur feststellen, daß das Ding 1:1 aussieht, wie einige meiner Funde von Mycena leucogala. Matthias kennt sich allerdings mit der Gattung viel besser aus als ich, und wenn er M. atrocyanea für ein zweifelhaftes Taxon hält, kann ich da kaum was gegen einwenden. Jedenfalls nicht mehr, nachdem das auch bei Aronsen nicht auftaucht.



    LG, Pablo.

  • Hi,


    zur Identität von Mycena atrocyanea:

    Beschrieben wurde die Art erstmals von August Batsch im Jahr 1786. Man kann sich vorstellen, dass die Beschreibungen damals nicht annähernd so genau waren wie heute. Die Originalbeschreibung kann man sich hier ansehen.

    Das nächste Mal in der Literatur wird die Art von Fries aufgegriffen, den Text dazu kann man sich hier anschauen. Da steht auch nicht mehr. Gillet hat sie dann 1876 in die Gattung Mycena gestellt.

    Aus den Beschreibungen ist aus heutiger Sicht nicht mehr rekonstruierbar, was mit der Art gemeint war, also was Batsch wirklich vor sich hatte. Einen Beleg zur Untersuchung gibt es m.W. nicht oder nicht mehr.

    Es gibt noch eine Deutung der Art durch Smith, die ist hier zu finden. Ob das, was Smith beschreibt mit der ursprünglichen Art von Batsch übereinstimmt, ist unklar. Außerdem stammt Smiths Art aus Nordamerika und kommt wahrscheinlich bei uns gar nicht vor (habe mich noch nicht intensiver mit dessen Beschreibung befasst).


    Jetzt zur aktuellen Literatur: Robich führt die Art nicht auf, ebensowenig wird sie im Gröger-Schlüssel oder GPBW erwähnt. Aronsen in FNE führt sie im Anhang zu unklaren Arten als Nomen Dubium. Pilze-Deutschland hat die Art aufgeführt, mit der Anmerkung "unklares Taxon".


    Den Namen hast du ja wahrscheinlich von 123pilze nehme ich an. Das zweite Bild von links zeigt eine Mycena von unten, könnte eine der leptocephala-Gruppe ebensogut wie leucogala sein, das ist so nach Bild nicht sicher feststellbar. Die anderen Bilder zeigen keine Mycena, das dürfte etwas Richtung gammlige Myochromella (Tephrocybe) boudieri sein, evtl. mit einem Befall wegen der schon extremen Schwärzung. Die Grundfarbe der Hüte scheint eher ockerbraun zu sein, v.a. dieses Bild zeigt die Farben vor der Schwärzung noch recht gut.


    Fazit ist für mich, dass der Artname unbrauchbar ist, es weiß ja keiner, was sie genau sein soll.


    Viele Grüße,

    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Matthias!


    Wow, danke! :thumbup:
    das sind mal umfassende Infos. An einem Punkt melde ich Zweifel an:
    Die Bilder 1, 3 & 4 bei der verlinkten Seite von 123 zeigen meiner Ansicht nach Dunkelsporer, die ziemlich arg nach Psilocybe cyanescens s.l. (Blauender Kahlkopf) aussehen.



    LG; Pablo.

  • Hallo Pablo,


    ja, dein Vorschlag klingt sehr gut, hast mich sofort überzeugt, das passt exzellent.

    Ich hab bisher außer semilanceata keine blauende Psilocybe live gesehen. Hab lange überlegt, was das sein könnte, an Psilocybe hab ich gar nicht gedacht.

    Auf alle Fälle kein Helmling. ;)


    Viele Grüße,

    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.