In der öffentlichen Debatte zum Klimawandel liegt der Fokus heute auf der Vermeidung von Treibhausgasen. Mindestens genauso wichtig sind aber die Kapazitäten, Treibhausgase dauerhaft aus der Atmosphäre zu entnehmen. Dabei spielen Pilze eine wichtige Rolle.
Im Kreislauf der Gase zwischen Luft, Pflanzen und Boden ernähren sich die Pflanzen mittels Photosynthese durch Entnahme von CO2 aus der Luft. Ein Teil des Kohlenstoffdioxids wird bei der Verrottung wieder an die Atmosphäre abgegeben. Ein anderer Teil wird durch Wurzeln und assoziierte Pilzgeflechte als Humus im Boden gespeichert.
Humus bildet fruchtbare Erde, die Pflanzen und damit auch die Tierwelt ernährt. In der traditionellen Humusforschung wird Huminsäure als wichtigster Bestandteil angesehen. Erst 1996 ist es gelungen nachzuweisen, dass Humus ca. 4 Mal mehr Glomalin als Huminsäure enthält. Glomalinist ein Glykoprotein, das von Mykorrhizapilzen auf Hyphen im Boden produziert wird.
Es reicht also nicht Bäume zu pflanzen, um den CO2 Gehalt in der Luft zu reduzieren. Das CO2 muss auch noch dauerhaft im Boden gespeichert werden. Wenn durch Aufforsten die ursprüngliche Vegetation mit einer Vielfalt von Pilzen durch Bulldozer gerodet wird, um eine Monokultur zu pflanzen, kann aber das genaue Gegenteil passieren. Durch das Roden wird die Boden-Ökologie zerstört. Humus oxidiert an der Bodenoberfläche und die Vielfalt der Pilze wird reduziert. Der Boden verliert also Humus und gleichzeitig die Fähigkeit CO2 im Boden zu speichern. Wenn dann noch das Holz zur Papierherstellung oder anderer gewerblicher Zwecke genutzt wird, verliert der Boden nicht nur an Humus sondern die Emissionen steigen noch durch die Aufforstung.
Auf den 14 Hektaren unseres Geländes mit der ursprünglichen Vegetation finde ich mehr Pilze als auf hunderten von Hektaren Eukalyptus-Plantagen in unserer Umgebung. Ich kann oft stundenlang durch den Wald gehen ohne einen einzigen Pilz zu finden. Wenn ich dann frustriert zu uns zurückkehre, dauert es meistens nur wenige Minuten bis ich auf Pilze stoße, oft sogar gute Speisepilze. Die Masse und die Vielfalt von Pilzen sind also viel grösser mit ursprünglicher Vegetation, auch wenn die z. T. nur aus Gestrüpp besteht, als in den aufgeforsteten Wäldern. Jedes Mal wenn ein Stück Land aufgeforstet wird, gehen wieder tonnenweise Pilze verloren.
Der Kohlenstoff, der in der Atmosphäre als CO2 überschüssig ist, fehlt dem Boden als Humus. Dadurch sinkt die Bodenfruchtbarkeit und der Boden kann nur noch durch Kunstdüngung Nutzpflanzen zu unserer Ernährung erzeugen. Durch die Kunstdüngung steigt wiederum der Ausstoß von Treibhausgasen.
Um diesen Teufelskreislauf zu durchbrechen, müssen wir uns der Funktion von Pilzen im Kreislauf der Gase stärker bewusst werden. Trotz der öffentlichen Debatte zum Klimawandel und allen Maßnahmen, die mehr oder weniger halbherzig bereits unternommen wurden, sind in diesem Jahr die Treibhausgase wieder massiv angestiegen. Die Menschen werden nicht auf die Annehmlichkeiten der Industriegesellschaft verzichten auch wenn dabei der Planet unbewohnbar werden sollte. Die Populisten, die weltweit an Kraft gewinnen, bezeichnen den Klimawandel als eine Konspiration und wollen wirtschaftliches Wachstum um jeden Preis.
Technische Lösungen zur CO2-Speicherung sind so Energie-Intensiv, dass sie mehr Treibhausgase erzeugen als sie Speichern. Große Geldsummen in Projekte zu stecken, die CO2 nicht nachweisbar dauerhaft im Boden speichern, ist auch nicht sinnvoll. Pilze haben eine wichtige Funktion, um intelligente Lösungen zu finden, die der Atmosphäre CO2 entnehmen und dies dauerhaft in Form von Humus und natürlicher Bodenfruchtbarkeit im Boden speichern.
Da der Mensch früher oder später den größten Teil der Erdoberfläche nutzen wird, kann die einzige Lösung nur darin bestehen, gewerblich genutzte Flächen in der Land- und Forstwirtschaft so zu bewirtschaften, dass sie geeignet sind eine größtmögliche Menge an CO2 in Form von Humus im Boden zu speichern. Dadurch werden Treibhausgase reduziert und die natürliche Bodenfruchtbarkeit erhöht. Da fast 90% aller Pflanzen mykorrhizale Verbindungen mit Pilzen als eine Art erweitertes Wurzelsystem nutzt und Humus zum größten Teil aus Glomalin besteht, müssen Pilze dabei eine wichtige Rolle spielen.
Die vielen zusätzlichen Pilze sollten die Mitglieder dieses Forums besonders erfreuen.