Liebe Pilzfreunde,
nachdem das Pilzjahr 2018, zumindest was die Großpilze anbelangt, hier größtenteils ausgefallen ist, trieb es mich bei dem trübem, regnerischen Wetter der letzten Tage nochmals hinaus in die Natur. Ich hatte mir ein Kleinbiotop ausgesucht, welches nur ca. 250 m Luftlinie von unserem Haus entfernt liegt. Es handelt sich dabei um einen ehemaligen, bereits vor Jahrzehnten aufgegebenen Garten mit starker Hangneigung am Eingang eines kleinen Tales. Gekennzeichnet ist es u.a. durch einige abgebrochene Äste, umgestürzte Bäume, uralte Haselsträucher und einen riesigen Efeuteppich.
Nachdem ich sicher hunderte Male achtlos daran vorbeigegangen bin, wollte ich mir dieses kleine Stückchen Natur endlich einmal genauer anschauen.
Und ich wurde reichlich belohnt. Gut 30 Pilzarten konnte ich entdecken. Sechzehn von denen, davon allein fünfzehn an Holz, möchte ich Euch gern zeigen.
Da wären natürlich zuerst einmal die „alten“ Bekannten.
Rotrandiger Baumschwamm (Fomitopsis pinicola).
Geweihförmige Holzkeule (Xylaria hypoxylon) mit der winterlichen Konidienform.
Fleischfarbener Gallertbecher (Ascocoryne sarcoides), hier die NFF Coryne dubia.
Findet man die oft sehr üppige Nebenfruchtform, kann man alle anderen Arten der Gattung ausschließen, da diese kein bzw. ein anderes imperfektes Stadium haben.
Judasohren (Auricularia auricula-judae) in allen Größen sowohl an Holunder als auch an Bergahorn.
Dieses „Bilderbuchohr“ leuchtete mir regelrecht entgegen.
Auch Samtfußrüblinge (Flammulina velutipes) gab es in allen Entwicklungsphasen.
Als wahrer Massenpilz, der zu Hunderten an abgefallenen Ästen wuchs, trat das Kugelsporige Stummelfüßchen (Crepidotus cesatii) auf. Den deutschen Namen finde ich etwas unglücklich, da die feinstachligen Sporen dieser Art zwar breitellipsoid bis subglobos sind, allerdings nicht wirklich kugelig. Eine makroskopisch identische Art, jedoch mit völlig anderen Sporen, ist Crepidotus variabilis. Man kommt hier am Mikroskopieren leider nicht vorbei.
Nach diesen „Allerweltspilzen“ möchte ich nun einige Arten zeigen, die ich an Hasel fand.
Beieindruckend war ein reiches Vorkommen von Krüppel-Röhrenkeulen (Typhula contorta, = Macrotyphula fistulosa var. contorta) an Ästen, die sich noch am Strauch, z.T. in luftiger Höhe, befanden.
Natürlich durfte an diesem Substrat der Hasel-Kleiebecherling (Encoelia furfuracea) nicht fehlen.
Einige junge Porlinge konnte ich entdecken, die ich für noch unreife Rötende Trameten (Daedaleopsis confragosa) halte.
An dicken Ästen und Stämmen fiel desweiteren der Hasel-Rindensprenger (Vuilleminia coryli) auf.
Kommen wir nun zu einigen Winzlingen, die an liegenden Baumstämmen wuchsen.
Da wäre zum einen das Rasige Hängebecherchen (Merismodes anomala).
Mit Sporen von 10-11 x 3,5-5 µm gut vom schmalsporigen Doppelgänger Merismodes confusa zu trennen, falls letzteres überhaupt eine eigenständige Art ist.
An der Rinde eines umgestürzten Bergahorns fand ich eine kleine Gruppe winziger Schleimpilze.
Nur wenig entfernt fielen mir einige Myxos auf, die bereits ausgesport hatten und deren Sporokarpien nur noch aus Stielchen und einer rudimentären Peridie bestanden. Ob es sich dabei um das Endstadium der vorherigen Art handeln könnte?
Weiter geht’s es mit einigen weiteren Arten an dem Bergahorn (auf dem Biotopbild übrigens der links im Hintergrund liegende Baum mit der auffälligen Astgabel).
Ein hübscher, nicht häufiger Pilz ist der Hellrandige Olivschnitzling (Simocybe centunculus), der mit nur wenigen vereinzelten Fruchtkörpern vorkam.
Die abschließenden drei Pilze stellen durchweg persönliche Erstfunde dar, über die ich mich natürlich riesig gefreut habe.
Sie ließen auch den Nieselregen und die Kälte während meiner gut zweistündigen Pilzpirsch schnell vergessen.
Den Auftakt sollen zwei kleine Rindenhelmlinge machen. Rindenhelmlinge, da war doch kürzlich was.
Genau. Auf Pablos Beitrag vor wenigen Wochen, wo er u.a. einige dieser Pilzchen zeigt, schrieb ich noch ein wenig frustriert:
„Wenn ich mir Deine durchaus gelungenen Bilder ansehe, frage ich mich, wieso ich diese scheinbaren Massenpilzchen (Rindenhelmlinge) in meinen Wäldern partout nicht zu finden vermag.“
Irgendwer muss mich erhört haben.
Hier nun der erste von ihnen, der möglicherweise auf den Namen Geriefter Rindenhelmling (Mycena cf. mirata) hört.
Ein kleiner schmutzigweißer bis blassbräunlicher Pilz, den ich wegen der Bürstenzystiden, ein- bis zweisporiger Basidien und der ca. 11 x 6,5 µm großen Sporen so genannt habe.
Verglichen mit Ralfs wunderbarem Portrait könnte das passen, allerdings bin ich mir alles andere als sicher. Da gibt es noch einige ähnliche.
Ein echter Hingucker aufgrund seiner graubläulichen Färbung ist der Falsche Rindenhelmling (Mycena pseudocorticola).
Dieser wuchs in einigen Metern Abstand vom vorher gezeigten mit nur wenigen Exemplaren in kleinen Grüppchen.
Höhepunkt für mich war allerdings ein noch winzigeres Pilzchen, das zu Hunderten an verrottenden Efeublättern wuchs. Es handelt sich um den von mir seit Jahrzehnten vergeblich gesuchten Efeu-Schwindling (Marasmius epiphylloides). Fotografisch für mich nahezu unlösbar (weiß, winzig, zerbrechlich!) habe ich versucht, das Beste daraus zu machen. Nicht optimal gelungen, aber zumindest vorzeigbar.
Den Efeu-Schwindling findet man im Gegensatz zu seinem Doppelgänger, den Aderblättrigen Schwindling (Marasmius epiphyllus), ausschließlich an faulenden Blättern und Blattstielen von Efeu.
Mikroskopisch unterscheidet er sich u.a. durch deutlich größere und schlankere Sporen (13-16 x 3-4 µm, eigene Messung) sowie spindelförmige und mehrheitlich kopfige Cheilozystiden.
Soweit meine letzten Eindrücke vom vergangenen Jahr, die optimistisch ins Jahr 2019 schauen lassen.
Und dass da etwas geht, haben Wutzi und Beli ja bereits mit ihren Neujahrs-Threads bewiesen.
Wollen wir hoffen, dass es so bleibt und wir das letzte Jahr, zumindest was die Pilze angeht, schnell vergessen können.
Danke, dass ihr meinen doch etwas sehr wortlastigen Beitrag bis zum Ende ertragen habt.
Liebe Grüße vom Nobi