Züchtung: Steinpilze und Pfifferlinge

Es gibt 13 Antworten in diesem Thema, welches 62.207 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Mycelio.

  • Hallo Forum,


    entgegen den Ausfügrungen der populären Pilzliteratur müssten Symbionten, wie Steinpilze und Pfifferlinge züchtbar sein.


    Mittelerweile ist es kein Geheimnis mehr, dass echte Trüffel - ebenfalls Symbionten - durch Impfung im Umfeld ihrer Baumpartner gezüchtet werden können. Dies wird zur Zeit insbesondere in Australien insbesondere Tasmanien praktiziert. Auch im Piemot muss es gezüchtete weisse Trüffel geben (wieso sieht mann dort so viele bestens eingezäunte Pappel-Weiden?).


    Wenn es bei den Trüffeln möglich ist, warum ist gesteuerete Mykorrhiza bei Steinpilzen und Pfifferlingen nicht möglich?


    Vielleicht liegt es an der Mangelden Notwendigkeit (Steinpilze und Pfifferlinge findet man halt noch genug) sowie Wirtschaftlichkeit ?


    Georg

    Genieße jeden Tag, aber nicht jeden Pilz, es könnte sonst Dein Letzter sein

    100 Pilzchips

  • Hallo,


    möchte hier noch etwas hinzufügen, da ich mich selbst schon eine Weile mit dem Thema beschäftige.


    Die Zucht von Mykorrhizapilzen wird durchaus schon länger und weltweit praktiziert, ist aber ungleich schwieriger als die Zucht herkömmlicher Arten, die auf Holz, Stroh oder Kompost wachsen. Ein süddeutscher Mykologe namens Moser hat in den 50er und 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts schon erfolgreich an der Kultivierung von Mykorrhizapilzen gearbeitet. Heute werden meist Baumsämlinge unter sterilen Bedingungen herangezogen und deren Wurzeln dann mit Sporen oder dem Mycel der zur Baumart passenden Pilze beimpft. In den letztes Jahrzehnten gab es einige Erfolgsmeldungen aus Forschungslaboren, u.a. konnte ein schwedischer Mykologe Pfifferlinge aus Töpfen mit kleinen Kiefern ernten, jedoch nur unregelmäßig und mit extrem geringer Ausbeute.


    Bonsaibesitzer und Betreiber von Baumschulen können diverse Mykorrhizapräparate in die Erde mischen. Hierzulande werden meist Mixturen verschiedener Pilzarten angeboten. In Südeuropa scheint man da weiter zu sein, in Spanien wird z.B. mit Steinpilzen, Butterpilzen, Edelreizkern, Frauentäublingen, Semmelstoppelpilzen und Schwarzfaserigen Ritterlingen gearbeitet, entweder in Form eines Impfpräparates oder bereits infizierter Bäume im Topf. Aus dem deutschsprachigen Raum sind mir nur Anbieter von Bäumchen mit Trüffelmycel bekannt. Hier hängt der Ernteerfolg aber sehr von Klima, Bodenbeschaffenheit, Nährstoffgehalt und PH-Wert ab.
    Wer sich dafür interessiert und spanisch beherrscht, kann sich ja mal folgende Seiten anschauen. Ich weiß aber nicht, ob die kleine Stückzahlen anbieten oder ins Ausland liefern.
    Cultivo de setas silvestres, trufas y micorrizas - Micofora
    Hifas da Terra - Expertos en Micoterapia - I+D en salud


    Es ist natürlich auch möglich, die Putzreste einer Pilzmahlzeit im Garten unter passenden Bäumen zu verteilen oder Sporen in Wasser zu verrühren und damit zu gießen, jedoch sind die Erfolgsaussichten extrem gering, da die Wurzeln fast immer längst von anderen Pilzen besiedelt sind.


    Grüße, Carsten

  • Hallo Carsten,


    ...
    Wer sich dafür interessiert und spanisch beherrscht, kann sich ja mal folgende Seiten anschauen. Ich weiß aber nicht, ob die kleine Stückzahlen anbieten oder ins Ausland liefern.
    Cultivo de setas silvestres, trufas y micorrizas - Micofora
    Hifas da Terra - Expertos en Micoterapia - I+D en salud


    danke für die Links. :thumbup:
    Man muss übrigens nicht der Sprache der Seite im Internet mächtig sein. ;)
    index.asp?idioma=ES&opc=1&Tit=
    www.hifasdaterra.com



    bis dann,
    Nando

    Seit Ende 2009 bei der Naturfotografie. Aktuelle Kamera: Canon PowerShot SX40 HS, Marumi DHG Achromat +3 Nahlinse und Slik Sprint PRO II. --- Pilzfotos
    -> Bei Beiträgen mit vielen Bildern, hilft oft der Klick mit der mittlere Maustaste auf die Bilder zum Öffnen mehrerer Tabs im Browser.

  • Hallo, ich hab mir vor kurzem Gedankeen zum Thema Mycorhizazucht gemacht. Eigentlich muss man dem Pilz doch nur vorgaukeln, dass Substrat stamme vom gewünschten Wirt.
    Hat jemand ne Ahnung wodurch der Pilz seinen Wirt erkennt?
    Ich würde vermuten über Antikörper, oder irgendwelche anderen Erkennungsproteine in der Zellwand der Wurzelrinde. Man muss nur herausfinden welche Substanzen das sind. Danach könnte man per Zellkultur von Wurzelzellen ja die Erkennungssubstanz gewinnen und das Substrat damit versetzen.
    Die Zusammensetzung sollte dann natürlich auch der des Wirtassimilats ähneln.


    Hat schon mal jemand etwas unter diesen Bedingen versucht? Gibts hier nen Mycologen, der sich mit dem dem Mechanismus der Wirterkennung befasst hat? Sonst frag ich mal nen Prof von mir an der Uni.


    Das ganze mag auf den ersten Blick vllt etwas unrentabel und Kompliziert klingen, aber ich denke wenn man weiß wies geht sollte die Methode dennoch profitabel sein. Wenn die Zucht in sterilen Bioreaktoren erfolgt.
    Ich stell mir dazu so halbdurlässige Kunstoffschläuche vor, die mit dem jeweiligen antikörpern betückt sind und wurzeln simulieren, so wäre auch kontinuierliche zucht Möglich.

  • Hallo,


    zwischen den Symbiosepartnern läuft eine chemische Kommunikation ab, d.h. erstmal eine Art Freund-Feind-Erkennung, danach wird in mehreren Stufen die Besiedelung der Wurzeln eingeleitet, bzw. zugelassen. Da das gerade intensiv erforscht wird, findet man dazu einiges im Netz, vieles aber nur auf englisch. Von Antikörpern habe ich in dem Zusammenhang noch nichts gelesen. Du kannst davon ausgehen, daß man einige Substanzen in korrekter zeitlicher Abfolge verabreichen müßte, um sowas zu simulieren. Mycel in Bioreaktoren kann man aber auch so züchten, es gibt sogar ein Verfahren mit lebenden Pflanzen, deren Wurzeln direkt in der Nährlösung wachsen, wobei die reine Mycelzucht oft auch ohne Wurzeln funktioniert.
    Die Zucht von Mycel ist sowieso nicht das Problem, sondern die Fruchtung, die nur in Symbiose mit der richtigen Pflanze und unter den richtigen Bedingungen (Feuchtigkeit, Nährstoffe, Temperatur, Belüftung...) stattfindet. Sollten eines Tages mal die Auslöser der Fruchtung geklärt und simulierbar sein, bräuchte man immer noch ein festes, erdähnliches Medium, damit Pilze darauf wachsen können.


    Grüße, Carsten

  • Wenn man die Substanzen kennen würde und die Zeitlichen abstände, denk ich wird das mit dem Substrat nicht mehr so das problem sein. Mit nährlösung vollgesaugter superabsorber oder etwas richtung vermiculit wäre das schon ausreichen könnt ich mir vostellen.
    Hast du vllt links zu solchen Bioreaktoren mit und ohne Wurzeln.


  • Schau mal hier:
    forschung-de.html


    Grüße, Carsten


    Hallo Carsten,


    das würde mich doch jetzt noch näher interessieren, wenn ich mir nun also so ein Produkt dort kaufe und z.B. bei einer Fichte in einem Garten in den Boden gebe, habe ich dann Chancen auf Steinpilze?


    Wenn ich die Infos auf deren Internetseite richtig gedeutet habe, müsste es doch so funktionieren oder verstehe ich da jetzt was falsch?


    Danke & Grüße Ani

  • Hallo Ani,


    meist sind mehrere Pilzarten in den Mykorrhizapräparaten, so daß man nie weiß, welcher sich durchsetzt. Aber selbst wenn du ein Inokulum nur mit einem zur Fichte passenden Steinpilz hättest, würden nur dann Aussichten auf Erfolg bestehen, wenn der Baum noch Wurzeln hat, die keine Symbiose mit anderen Pilzen eingegangen sind. Nicht unmöglich, aber sehr unwahrscheinlich.


    Grüße, Carsten

  • Hallo,


    danke für die Beantwortung meiner Frage, bin jetzt schlauer und mein Wissensdurst ist erst einmal befriedigt.:thumbup:


    VG JORGE

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