Weitere Flechte vom Garten

Es gibt 18 Antworten in diesem Thema, welches 4.064 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von nupharlutea.

  • Hallo Flechtenfreunde,


    habe im Garten bei mir unmittelbar neben der kürzlich angefragten Lecidella stigmatea (also auch auf Beton-Zaunpfahl) noch weitere kleine Apothezien entdeckt. Ich könnte mir vorstellen, dass das Richtung Lecanora geht, aber noch hab ich keine Literatur darüber. Der Wirth ist bestellt, also im Laufe der nächsten Woche kann ich dann auch selber nachschlagen.

    Lässt sich zu den kleinen anhand der Fotos was sagen?





    Sporen:



    Asci + Paraphysen:





    Apothezienrand:





    IKI-Reaktion: Nicht so schön knallblau wie beider Lecidella, aber auch intensiv





    Viele Grüße,

    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.

  • Hallo Björn,


    da ich keine brauchbaren Apos mehr übrig hatte, bin ich nochmal mit Taschenlampe raus. Gar nicht so einfach in der Dunkelheit ein anständiges Fotos hinzubekommen. :D

    Egal, musste sein:



    Das ist mit KOH 20% gemacht, reagiert sofort so saftig grün wie auf dem Foto und bleibt auch so.


    Viele Grüße,

    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.

  • Hallo Matthias,


    die grüne Verfärbung ist wohl keine echte Verfärbung sondern beruht einfach auf dem Anfeuchten. L. dispersa wäre ein möglicher Kandidat, aber sicher bin ich mir da mangels Erfahrung absolut nicht.


    Björn

  • Hallo Björn,


    ja, die Art sieht so aus. Aber das tun wohl auch noch einige andere, dachte mir schon, dass das in dem Umfeld nicht mehr so leicht ist wie bei Lecidella. Mal sehen, wenn ich den Wirth habe, vielleicht komm ich damit noch weiter. Bleibt spannend.

    Auf alle Fälle vielen Dank für die Unterstützung.


    Viele Grüße,

    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.

  • L. dispersa ist aber wohl auf anthropogenen Substraten sehr häufig und zeichnet sich durch einen sehr spärlich ausgebildeten Thallus aus. Das würde hier ja sehr gut passen. Hier noch die entsprechende Beschreibung aus "The Lichens of Great Britain and Ireland"



    Björn

  • Hallo Björn,


    habe heute den Wirth erhalten. Auch wenn ich die Schlüssel noch nicht konsequent nutzen kann, deutet doch alles, was ich dort und im Netz finde auf L. dispersa hin. Auch die Beschreibung, die Du eingestellt hast, passt sehr genau. Daher traue ich mir jetzt zu, die Art als L. dispersa zu bezeichnen.

    Danke Dir nochmals, das wird sicher nicht die letzte Flechte sein, die ich hier einstelle. :)


    Viele Grüße,

    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.

  • "The Lichens of Great Britain and Ireland" hab ich mir auch besorgt.


    In Deutschland kostet das Buch um die 140.-, wenn man es in UK bestellt ca. 80.- incl. Versand.

    Wenn der Brexit mal vollzogen ist, wird das wohl teurer....

  • Hallo zusammen,


    was als Bilderbuch auch sehr hübsch ist, ist "Lichens of North America". Ist ein dicker Schinken und auch nicht ganz billig (wobei ich damals das Glück hatte, daß NHBS da offenbar einen Fehler in ihrem System hatten und das Buch für einen Appel und ein Ei verschleudert haben - haben sie dann aber auch nach meiner Bestellung sofort korrigiert), aber beeindruckt mit den Fotos.

    "The Lichens of Great Britain and Ireland" gibt es auch Frankreich übrigens auch für 86 € inklusive Versand. Für solche Bücher bietet sich die Seite gettextbooks.com als Preisvergleich immer an.


    Björn

  • Hi zusammen


    Kleine Anmerkung:

    Die Bilder zeigen eine kleine Lecanora auf Beton (oder Mörtel); die Apothecien haben einen auffallend stark eingekerbten Rand. Beides spricht gegen Lecanora dispersa. In der gängigen Literatur werden häufig auch basische Substrate für L. dispersa genannt. Dies scheint so langsam aber überholt zu sein (wenn auch die Ergebnisse aus entsprechenden, neuen molekulargenetischen Untersuchungen wohl noch nicht veröffentlicht sind). Im Rahmen der aktuellen Flechtenkartierung hier oben in Schleswig-Holstein wird L. dispersa eigentlich nur auf Silikatgestein, auf eutrophierter bzw. staubimprägnierter Borke (Straßenbäume) bzw. von Totholz erfasst.

    Die beiden sehr häufigen, auf den ersten Blick sehr ähnlichen Lecanora-Arten auf basischem Gestein (z. B. Beton) gehören genetisch zu L. semipallida bzw. zu L. crenulata. Letztere hat einen deutlich gekerbten Apothecienrand und sollte entsprechend auch die Kandidatin für die auf den Bildern gezeigte Art sein.


    Auf einem der Bilder ist am unteren Rand auch noch eine dritte Flechte zu sehen: Die winzigen grüngelben Schüppchen, die im Randbereich gelb staubig (sorediös) aufbrechen, sollten zu Caloplaca flavocitrina gehören. Die gelben Teile reagieren mit KOH ebenso rot wie die Xanthoria-Arten.


    Man müsste mal einen kleinen Flechten-Crashkurs veranstalten. Die Grundlagen und die häufigsten Arten einmal gemeinsam zu betrachten könnte das weitere Interesse beflügeln und bei der Entdeckung der weiteren vielen schicken Flechtenarten durchaus hilfreich sein!


    Grüße aus dem hohen Norden

    Patrick

  • Man müsste mal einen kleinen Flechten-Crashkurs veranstalten. Die Grundlagen und die häufigsten Arten einmal gemeinsam zu betrachten könnte das weitere Interesse beflügeln und bei der Entdeckung der weiteren vielen schicken Flechtenarten durchaus hilfreich sein!

    Ahoj, Patrick,


    veranstaltest Du, bitte?

    Flechten (und ebenso Moose) rücken mehr und mehr in meinen Fokus...


    LG

    Malone

    Link zu Pilzlehrwanderungen: Pilzschule Rhein-Main

    Link: Verzehrfreigaben gibt es online nicht

    Galerie: Pilzfotos "zum Anfassen"/Stereobilder

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  • Weil gerade aktuell, auch hier nochmal meine Antwort vom anderen Flechtenthread.


    LG, Nobi

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    Chips: 72

  • Hallo Patrick,


    wow, danke sehr für die kompetente Auskunft. Ich fürchte, ich muss Dich wegen Flechten noch öfter mit einigen Fragen belästigen. ;)


    Eine Frage hätte ich gleich noch weil Du Caloplaca erwähnst:

    Im Wirt steht, dass bei der Abgrenzung zwischen citrina, flavocitrina und austrocitrina oftmals sogar genetische Untersuchungen für die Abgrenzung nötig sind. Gibt es da dann doch klare Unterscheidungsmöglichkeiten, wenn Du hier nach einen Bild schon flavocitrina vermutest?


    Viele Grüße,

    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.

  • Hi Matthias

    Ich bin ja nun nicht soo regelmäßig hier unterwegs, kann aber versuchen, mich diesbezüglich etwas zu bessern. Von daher: Gerne Fragen einstellen; sofern ich die dann beantworten kann, tue ich das gerne. Ich bin ja hier ganz oben im Norden ansässig und entsprechend nur mit der Flachland- und Küstenflora unter den Flechten so halbwegs gut vertraut. Im Gebirge schlummern dann einige hundert (insbesondere gesteinsbewohnende) Arten zu denen ich wenig sagen kann...


    Einen kleinen Crashkurs fände ich wie gesagt super und würde dafür auch gerne einen oder zwei Tage "spendieren". Ob es möglich ist, hier im Forum entsprechende Grundsteine zu legen, mag ich jedoch bezweifeln: Kleine und gute Einführungen in die Thematik sind ja in den einschlägigen Büchern durchaus gegeben und ich möchte mir beim besten Willen nicht zutrauen, etwas qualitativ gleichwertiges zu produzieren (wobei das dann ja auch keinen Mehrwert brächte). Da ist das gemeinsame Live-Anschauen im Feld schon deutlich zielführender. Nichtsdestotrotz kann ich gerne versuchen, dem einen oder anderen Bild einen Namen zu geben, sodass dann eher gezielt in den dann doch manchmal unübersichtlichen Bestimmungsbüchern nachgeschlagen werden kann.


    Literatur, die ich empfehlen kann:


    Zum Einstieg:

    - Kirschbaum & Wirth (1997): Flechten erkennen - Luftgüte bestimmen. Ulmer Verlag

    - Wirth & Düll (2000): Farbatlas Flechten und Moose, Ulmer Verlag

    - van Herk, Aptroot & Sparrius (2017): Veldgids Korstmossen, KNNV Uitgeverij


    Die ersten beiden Werke beinhalten zwar nur die häufigsten Arten, sind aber für den ersten Überblick ganz gut. Veldgids Korstmossen kommt aus den Niederlanden und beinhaltet schon eine ganze Reihe von Arten, alle schick bebildert und kurz beschrieben (auf niederländisch, lässt sich trotzdem einigermaßen verstehen). Auch die Vorgängerauflage (van Herk & Aptroot, 2004, Veldgids Korstmossen) ist ein wirklich gutes Buch für den Einstieg.


    Für den "professionelleren" Einsatz:

    - Wirth, Hauck & Schultz (2013): Die Flechten Deutschlands. Ulmer Verlag

    - Smith, Aptroot, Coppins, Fletcher, Gilbert, James & Wolseley (2009, reprinted 2017): The Lichens of Great Britain and Ireland


    Die beiden sind richtige Gesamt-Florenwerke und absolut empfehlenswert. Gerade der Wirth (2013) hat eine gute Einleitung, in der alles mögliche zum Thema Flechten sowie die Grundlagen gut erklärt werden. Kostet etwas, aber lohnt sich wirklich!

    Sehr lohnenswert sind auch die skandinavischen Werke unter dem Titel "Nordic Lichen Flora", mehrere Einzelwerke, die jeweils bestimmte Familien oder funktionelle Gruppen (Cladoniacaea, Blaualgen-Flechten etc.) behandeln. Die Reihe ist noch nicht abgeschlossen; es erscheint alle paar Jahre ein neuer Band.


    Wenn man mehrere Werke zur Hand hat, kann man auch gut nachvollziehen, dass manche Arten in den jeweiligen Regionen durchaus unterschiedlich gefasst werden. Es tut sich halt aktuell noch so einiges, was die Taxonomie angeht.


    Zur Caloplaca:

    Ja, die citrina-Gruppe ist nicht immer ganz sicher auf Artniveau ansprechbar. Aber mit etwas Erfahrung kann man eigentlich schon meist sagen, worum es sich handelt. C. flavocitrina hat einen schuppigen Thallus (Lupe!); die Schüppchen brechen am Rande sorediös auf. C. citrina hingegen ist gänzlich sorediös aufgelöst, d.h. es sind keine deutlichen Lagerschuppen vorhanden. Der C. citrina sehr ähnlich ist die C. limonia, die jedoch etwas ins Grünliche geht.C. austrocitrina haben wir hier oben nicht, sodass ich zu der Art gar nichts sagen kann.


    Grüße aus dem Norden

    Patrick