Kleine Pilze, große Pilze, Becherlinge und Speisepilze - Teil 3

Es gibt 1 Antwort in diesem Thema, welches 3.230 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Wutzi.

  • 19.07.2017: Kleine Pilze, große Pilze, Becherlinge und Speisepilze - Teil 3

    Liebe Pilz-Freunde,
    dies ist Teil 3 des Berichtes vom 19.07.201
    7.

    Teil 1 findet Ihr hier
    Teil 2 findet Ihr hier

    Fundnummer: 2017-08-19-1214
    Ästchen-Zwergschwindling (Marasmiellus ramealis)
    :
    mush-15332.jpg


    Fundnummer: 2017-08-19-1218
    Ein Erst-Fotofund - große Freude bei mir:
    Ledergelber Öhrling (Otidea alutacea)
    :
    mush-15333.jpg


    mush-15334.jpg


    mush-15335.jpg


    Fundnummer: 2017-08-19-1241

    Ein Champignon...

    Morphologische Daten:

    Fundort: ca. 550 müNN. ca. N50, O12, im Nadelwald
    Fundzeit: 19.08.2017
    Wuchsform: einzeln
    Hutform:
    noch geschlossen: eiförmig
    Huthaut: cremeweiß, deutlich gilbend, beim Ankratzen sofort zitronengelb werdend, auch braune Fasen und braune Flecken
    Hutfleisch: Dicke an dickster Stelle (Zentral) 7 mm zum Rand hin auf null auslaufend

    Hygrophanität:
    nicht untersucht
    Hutrand:
    nicht untersucht
    Lamellen: jung: hellgrau, sehr eng stehend
    Lamellenschneiden:
    nicht untersucht
    Lamellen-Stielübergang:
    nicht untersucht

    Stiel: cremeweiß mit rosa schimmer, oben feinst runzelig, nach unten schuppig werdend, gilbend, hohl
    Ring: nach oben abziehbar
    Stielbasis:
    deutlich gilbend, Mörserstößel-förmig, keine Rhizoiden an der Basis, beim Ankratzen zitronengelb werdend
    Fleisch: weiß, im Schnitt langsam sehr leicht gilbend, nicht rötend
    Größe: Hutdurchmesser ca. 5 cm; Stiellänge ca. 13 cm, Stieldurchmesser ca. 12 mm
    Sporenpulverfarbe:
    nicht untersucht
    Geruch:
    nach Anis, im Schnitt stark nach Anis

    Geschmack:
    nicht untersucht

    Makrochemische Reaktionen:
    KOM im Fleisch: nach 30 Sek. gelb

    Mikroskopische Daten:

    Sporen:
    ellipsoid bis ovoid
    Präparat: aus Lamellenstück (Exsikkat) ausgewaschen; Untersuchungsmedium: GSM; Messwertanzahl: n = 34
    Test auf Normalverteilung nach Anderson Darling: Länge: nicht normalverteilt; Breite: normalverteilt; Q: normalverteilt
    Standardabweichung S. D.: von L × B: 0,5 × 0,3 µm; von Q: 0,11
    Median: von L × B: 7,3 × 5 µm; von Q: 1,47
    Arithmetischer Mittelwert Me: von L × B: 7,4 × 5 µm; von Q: 1,49
    Abmessungen nach Quantil-Verfahren mit 80%-Standardbereich: für L × B: (6,7) 6,9 - 8,2 (8,3) × (4,5) 4,6 - 5,3 (5,5) µm; für Q: (1,26) 1,37 - 1,65 (1,72)
    Abmessungen nach Quantil-Verfahren mit 90%-Standardbereich: für L × B: (6,7) 6,8 - 8,2 (8,3) × (4,5) 4,5 - 5,4 (5,5) µm; für Q: (1,26) 1,36 - 1,67 (1,72)
    Abmessungen nach t-Verteilungsverfahren: nicht anwendbar, da nicht normalverteilt

    mush-15336.jpg


    Die Sporen passen zu Agaricus arvensis aber auch zu Agaricus essettei
    Wegen der doch recht markanten Knolle dürfe es sich jedoch um den Schiefknolligen Anis-Champignon (Agaricus essettei) handeln:
    mush-15337.jpg


    mush-15338.jpg


    Fundnummer: 2017-08-19-1248
    Flattrige Koralle (Phaeoclavulina flaccida)
    :
    mush-15339.jpg


    mush-15340.jpg


    mush-15341.jpg


    Fundnummer: 2017-08-19-1306

    Auch Ritterlinge gab es...

    Morphologische Daten:


    Fundort: ca. 550 müNN. ca. N50, O12, im Mischwald bei Buche und Fichte
    Fundzeit: 19.08.2017
    Wuchsform: büschelig
    Hutform:
    konvex
    Huthaut: rotbraun, Zentrum dunkler, sehr schleimig
    Hygrophanität: nicht hygrophan
    Hutrand: fein eingerollt
    Lamellen: cremefarben, etwas braunfleckig, viele Zwischenlamellen
    Lamellenschneiden:
    ohne Besonderheiten

    Lamellen-Stielübergang:
    frei

    Stiel: rotbraun striemig auf ocker Grund, zylindrisch, hohl
    Stielbasis: weiß bereift, spitz zulaufend
    Fleisch:
    gelblich-beige, rotbräunend im Schnitt
    Größe: Hutdurchmesser ca. 4 cm; Stiellänge ca. 7,5 cm, Stieldurchmesser ca. 11 mm
    Sporenpulverfarbe: es kam nichts heraus
    Geruch:
    Am Fundort: neutral, zu Hause im Schnitt fruchtig
    Geschmack: bitter

    Das ist der Brandige Ritterling (Tricholoma ustale):
    mush-15342.jpg


    mush-15343.jpg


    Fundnummer: 2017-08-19-1327

    Natürlich dürfen die Cortinarien nicht fehlen... und hier gleich 2 schwer bestimmbare...

    Morphologische Daten:

    Fundort: ca. 550 müNN. ca. N50, O12, im Mischwald bei Buche und Fichte
    Fundzeit: 19.08.2017
    Wuchsform: gesellig
    Hutform:
    konvex mit Buckel
    Huthaut: braun, radialfaserig, glänzend
    Hygrophanität: ja, radialstreifig
    Hutrand: mit creme-weißer Cortina
    Haarschleier:
    weiß
    Lamellen: braun, mit Zwischenlamellen, entfernt stehend
    Lamellenschneiden:
    weiß

    Lamellen-Stielübergang:
    gerade bis ausgebuchtet angewachsen
    Fleisch: braun mit weißlichen Fasern durchzogen
    Stiel: braun, weiß-striemig, keulig, voll, etwas weicher aufgefüllt
    Stielbasis: spitz zulaufend
    Größe:
    Hutdurchmesser ca. 4 cm; Stiellänge ca. 5-7 cm, Stieldurchmesser oben ca. 10 mm unten ca. 2 cm
    Sporenpulverfarbe: dunkelbraun
    Geruch:
    Am Fundort: erdig, zuhause: erdig und etwas nach Rettich
    Geschmack:
    erdig und leicht nach Rettich
    Exsikkat-Farben: komplett dunkelbraun bis schwarzbraun

    Makrochemische Reaktionen:
    KOH auf Huthaut, Stielrinde, im Fleisch:
    sofort schwarz

    Mikroskopische Daten:

    Sporen:
    ellipsoid, schwach warzig, honigbraun, eher dünnwandig

    Präparat: Sporenabwurf; Untersuchungsmedium: GSM; Messwertanzahl: n = 83
    Test auf Normalverteilung nach Anderson Darling: Länge: normalverteilt; Breite: normalverteilt; Q: normalverteilt
    Standardabweichung S. D.: von L × B: 0,3 × 0,2 µm; von Q: 0,06
    Median: von L × B: 8 × 5,7 µm; von Q: 1,39
    Arithmetischer Mittelwert Me: von L × B: 8 × 5,8 µm; von Q: 1,39
    Abmessungen nach t-Verteilungsverfahren mit 80%-Konfidenzintervall: für L × B: (7,4) 7,6 - 8,4 (9,1) × (5,3) 5,5 - 6 (6,3) µm; für Q: (1,27) 1,32 - 1,47 (1,54)
    Abmessungen nach t-Verteilungsverfahren mit 90%-Konfidenzintervall: für L × B: (7,4) 7,4 - 8,6 (9,1) × (5,3) 5,4 - 6,1 (6,3) µm; für Q: (1,27) 1,29 - 1,49 (1,54)

    mush-15344.jpg


    Schlüsselweg nach FN:
    blau: unsichere Schlüsselpunkte

    S.763 > 1 > 2 > 4 > 5 > 6 > Subgen.
    Telamonia p. 826 > 1 > 21 > 46 > 56 > 57 > 58 > 67 > 68 > 69 > 70 > 71 > 72 > Key E, sect. Brunnei etc. p. 841 > 1 > 2 > 10 > 11 > 12 > 13 > 15 > Cortinarius brunneus (und Umfeld)

    S.763 > 1 > 2 > 4 > 5 > 6 > Subgen.
    Telamonia p. 826 > 1 > 21 > 46 > 56 > 57 > 58 > 67 > 68 > 69 > 70 > 71 > 72 > Key E, sect. Brunnei etc. p. 841 > 1 > 2 > 10 > 11 > 12 > 13 > 14 > Cortinarius caesiobrunneus (und Umfeld)

    S.763 > 1 > 2 > 4 > 5 > 6 > Subgen. Telamonia p. 826 > 1 > 21 > 46 > 56 > 57 > 58 > 67 > 68 > 69 > 70 > 71 > 73 > 74 > 75 > Key J, sect. Bicolores p. 862 > 1 > 3 > 5 > Sackgasse

    S.763 > 1 > 2 > 4 > 5 > 6 > Subgen. Telamonia p. 826 > 1 > 21 > 46 > 56 > 57 > 58 > 59 > Key F, sect.
    Bovini etc. p. 847 > 1 > 5 > 6 > 7 > 9 > 10 > Sackgasse

    S.763 > 1 > 2 > 4 > 5 > 6 > Subgen.
    Telamonia p. 826 > 1 > 21 > 46 > 56 > 57 > 58 > 59 > Key F, sect. Bovini etc. p. 847 > 1 > 5 > 18 > 21 > 22 > Sackgasse

    S.763 > 1 > 2 > 4 > 5 > 6 > Subgen.
    Telamonia p. 826 > 1 > 21 > 22 > Cortinarius camphoratus Key G2 --> passt nicht

    Wir befinden uns also in der schwierigen Section Brunnei, die vermutlich am Besten in folgender Publikation am besten untersucht wurde:
    „Cortinarius sect. Brunnei (Basidiomycota, Agaricales) in North Europe“ (Mycol Res.
    2009 Feb;113(Pt 2):182-206. doi: 10.1016/j.mycres.2008.10.006. Epub 2008 Nov 5.)

    Es sind folgende Alternativen zu prüfen:

    Cortinarius caesiobrunneus (FN S. 844)
    Stiel 4-8 mm breit passt nicht
    Sporenmaß nicht gut passend
    Stiel 6-10 cm lang passt nicht
    Stiel grauweiß/hellbraun passt nicht
    Geruch neutral passt nicht

    Cortinarius clarobrunneus
    (FN S. 844):
    Pinus passt nicht
    Hut hell-graubraun passt nicht
    Lamellen mittel-entfernt passt nicht
    Stiel 6-13 cm passt nicht
    Stiel grauweiß passt nicht
    Geruch neutral passt nicht

    Cortinarius glandicolor (FN S. 845)
    Pinus passt nicht, kann aber auch mit Picea – also OK
    Sporenmaß nicht gut passend
    Lamellen mittel-entfernt passt nicht
    Stiel 4-11 mm breit passt nicht
    Stiel 6-14 cm lang passt nicht

    Cortinarius carabus (FN S. 846)
    Größe passt nicht

    Cortinarius grosmorneënsis
    Sporenmaße (vor allem Q) nicht passend

    Cortinarius brunneus
    (FN S. 845)
    Lamellen mittel-entfernt passt nicht --> andere Quellen aber entfernt, somit OK
    Sporenmaß nicht besonders gut passend, aber Q OK
    Stiel 6-13 cm lang passt nicht --> andere Quellen zeigen aber auch kürzere Stiele, somit OK
    Geruch neutral passt nicht (andere Quellen sagen aber „erdig“ --> passt)


    Es dürfte sich somit um den Dunkelbraunen Gürtelfuß (Cortinarius brunneus) handeln:
    mush-15345.jpg


    mush-15346.jpg


    mush-15347.jpg


    Fundnummer: 2017-08-19-1350

    Morphologische Daten:

    Fundort: ca. 550 müNN. ca. N50, O12, bei Fichte (ausschließlich)
    Fundzeit: 19.08.2017
    Wuchsform: gesellig
    Hutform:
    konvex
    Huthaut: jung: weißlich befasert mit violett-Ton, alt: braun, silbrig überfasert, auch wenn feucht nicht klebrig
    Hygrophanität: nicht untersucht
    Hutrand: eingerollt
    Haarschleier:
    gelblich-weiß
    Lamellen: jung: mit violett-stich, alt: hellbraun, mit Zwischenlamellen, mittel weit entfernt stehend
    Lamellenschneiden:
    weißlich

    Lamellen-Stielübergang:
    tief ausgebuchtet angewachsen
    Fleisch: weißlich, oben violett, nach unten bräunlich werdend
    Stiel: jung: orange-braun genattert, alt: silbrig (mit braunen Flecken) überfasert, oben violett, nach unten weiß werdend, hohl
    Stielbasis: verdickt und spitz zulaufend
    Größe:
    Hutdurchmesser ca. 3,5 cm; Stiellänge ca. 7 cm, Stieldurchmesser oben ca. 8 mm unten (Verdickung) ca. 1,3 cm
    Sporenpulverfarbe: es kam nichts heraus
    Geruch:
    Am Fundort: stark undefinierbar "stechend" evtl. Bittermandel, zuhause: altes Exemplar: muffig (überall), junges Exemplar: fruchtig in den Lamellen
    Geschmack: muffig

    Makrochemische Reaktionen:

    KOH 40% auf Huthaut: bräunend
    KOH 40% auf Stielrinde, im Fleisch, auf Basalfilz:
    keine Reaktion

    Mikroskopische Daten:

    Sporen:
    breit-ellipsoid, mittelmäßig warzig, orangbraun, eher dünnwandig
    Sporenmaße: 7-9 x 6-7µm,
    Q = (1,2) 1,23 - 1,3 - 1,4 (1,5)

    mush-15351.jpg


    mush-15352.jpg


    Basidien:
    4-sporig

    mush-15353.jpg


    Hier gibt es 4 Alternativen:

    Schlüsselung nach FN (ab Key C):

    rot
    : unsichere Schlüsselpunkte und Ergebnisse

    Key C > 1 > 3 > 4 (75% sicher) > 5 > 6 > 7 > 8 > Cortinarius anomalus
    "hauptsächlich mit Laubbäumen" passt nicht so gut aber kein Ausschlussgrund da auch in Nadelwäldern laut FN
    Lamellen gedrängt passt nicht so gut
    Sonst einwandfrei passend

    Key C > 1 > 3 > 4 (75% sicher) > 5 > 6 > 7 > 8 > Cortinarius lepidopus
    "Kleiner Fruchtkörper" - Stiel nur 4-8 mm breit passt nicht
    "Normalerweise mit Birke und evtl. mit anderen Laubbäumen" passt nicht
    Lamellen gedrängt passt nicht so gut
    Sporen stark warzig passt nicht
    --> ausgeschlossen

    Key C > 1 > 3 > Cortinarius violaceocinereus
    Mittleres Q von 1,3 - 1,6 ist an der unteren Grenze --> unser Fund: Q = (1.2) 1.23 - 1,3 - 1.4 (1.5)
    Sporen 1 µm größer

    Hierzu muss auch Cortinarius franchii (nicht in FN) geprüft werden:
    Mittleres Q vom 1,53 abweichend --> unser fund: Q = (1.2) 1.23 - 1,3 - 1.4 (1.5)
    Sporen 1 µm zu kurz und 1,5 µm zu breit
    „Schleier grau-violett bis weiß“ passt nicht
    Kalkboden passt nicht (haben wir kaum)

    --> ausgeschlossen

    Es dürfte sich hier um den
    Braunvioletten Dickfuß (Cortinarius anomalus) handeln:
    mush-15348.jpg


    mush-15349.jpg


    mush-15350.jpg


    Fundnummer: 2017-08-19-1404
    Ebenso für mich sehr erfreulich, zum Abschluss ein Zweitfund in super Zustand:
    Moor-Nabelrötling (Entoloma rhodocylix)
    :
    mush-15354.jpg


    mush-15355.jpg


    mush-15356.jpg


    Natürlich zeigen wir Euch wieder die
    Speisepilz-Ausbeute:
    mush-15357.jpg

    Lecker war's!

    Das war's für heute....
    Wie immer freuen wir uns auf Eure Kommentare.
    Beste Grüße
    Dieter & Matthias

  • Hallo Dieter und Matthias,

    Danke für diese wunderbare Trilogie. Es war wieder ein Augenschmaus. Meine Favoriten sind eindeutig die quietschbunten Saftlinge. Sie sind nicht nur hübsch, sondern auch perfekt fotografiert.

    Lieben Gruß


    Claudia


    ...leben und leben lassen... ;)


    Hier im Forum gibt es grundsätzlich keine Verzehrfreigaben.

    Pilzsachverständige findest du hier.