Was parasitiert hier Stereum purpureum ?

Es gibt 13 Antworten in diesem Thema, welches 3.472 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Beorn.

  • Hallo Zusammen,.....

    dieser (wahrscheinlich) Schleimpilz macht sich offenbar an Stereum zu schaffen; ist das ein möglicher Antagonist und wie heisst er?

    Ps:

    Habe eine Birke entdeckt mit zahlreichen Fruchtkörpern und Teerflecken die ein eindeutiger Hinweis auf ein geschädigtes Kambium sind.

    Zudem stirbt der obere Kronenteil ab.

    Ein derartiges Ausmaß war mir bis dato unbekannt.

    Ist Stereum allein dazu befähigt?

    Wisst Ihr von ähnlichen Fällen?



    Fragen über Fragen von Frank.

    Und wieder mal wie immer:

    Vielen Dank im Voraus!!

  • Hallo Frank,

    der Schleimpilz der an Deinem Stereum "nagt" ist mit großer Wahrscheinlichkeit Badhamia utricularis. Der ist dafür bekannt, dass er Porlinge u.ä. befällt und sich von ihnen ernährt.

    Auf Deinen Fotos sieht man, dass der Schleimpilz allerdings nicht vollständig ausgereift und und in seiner Entwicklung geschädigt ist.

    In wieweit Stereum purpureum für das Absterben der Birke verantwortlich ist kann ich nicht sagen.

    Ich kenne St. purpureum meist von frischen toten Stämmen, eher nicht von lebenden.

    Badhamia ist dafür auf jeden Fall nicht dafür verantwortlich. Die ernährt sich nur von dem Stereum.

    LG Ulla

  • Servus Frank,


    Chondrostereum purpureum ist ein bekannter und von Gartenplanern gefürchteter Parasit in lebenden Bäumen, der später auch am Totholz noch lange zehren kann. Chondrostereum purpureum löst dabei die Bleiglanzkrankheit (Silver Leaf Desease) aus. Zu den Symptomen gehört auch Ausfluss am Stamm. Besonders stark ist die Gattung Prunus (Kirschen) betroffen. Meist ist die Krankheit aber relativ schwach im Verlauf, aber eben optisch ein Problem.


    Hier ein Beispiel für die Krankheitssymptome: Bleiglanz auf Arbofux - Diagnose-Datenbank für Gehölze


    Der typische Bleiglanz kann aber auch ausbleiben.


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Vielen Dank für die schnelle Antwort; an der Belaubung war nichts festzustellen und das mit dem Bleiglanz war mir bekannt.

    "Exotisch" fand ich nur das Ausmaß der Schäden an Betula....

    Vielen Dank auch an Ulla.

    Badhamia urtricularis fand ich in dem Buch "PILZE AN BÄUMEN" von Hermann Jahn;

    dort sind sie jedoch nicht in gelber Form abgebildet.

    Nehme an die gelb gefärbten PFK haben noch nicht ihre volle Reife erlangt??

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Frank!


    Genau, die gelben sind unreif. :thumbup:
    Badhamia utricularis ist - systematisch gesehen - allerdings auch kein Pilz, sondern eher sowas wie eine Amöbe. ;)

    Die ganzen Myxos gehören nicht zum Pilzreich, somit ist auch ihre Lebensweise eine ganz andere, weil sie zB kein Mycel bilden. Um einen Baum anzugreifen und zu schädigen, sind sie außerdem viel zu kurzlebig.



    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo und alle die sich dafür interessieren,

    kann man eigentlich sagen, wie lange Myxomyceten im Durchschnitt leben und hängt das auch von den verschiedenen Stadien ab?

    LG

    Thomas

    AUCH VON MIR KEINE ESSENSFREIGABE. EINE BESTIMMUNG IST OHNE JEDE GARANTIE.

  • Servus beinand,


    unabhängig von den Myxos noch ein "Funfact" zur Gattungszuordnung...


    Chondrostereum gehört zur Ordnung Agaricales, während Stereum zu den Russulales gehört. Die "normalen" Schichtpilze und der Violette sind daher nichtmal näher miteinander verwandt.


    Der Violette "Schichtpilz" gehört in die Familie der Cyphellaceae, zu der natürlich auch der Tannenfingerhut (Cyphella digitalis), aber auch beispielsweise Cheimonophyllum candidissimum (ein kleiner, an Crepidotus erinnernder, aber völlig weißer Pilz) gehören.


    Liebe Grüße,

    Christoph

    • Offizieller Beitrag

    MoinMoin!


    Auch mikroskopisch unterscheidet sich Chondrosetereum doch recht deutlich von Stereum.


    Wie lange Schleimpilze tatsächlich leben, kann ich selbst leider nur schätzen. Die Plasmodien je nach bedingungen wohl nur einige Tage, bis sie satt genug sind, um sich in Sporocarpien zu verwandeln. Was ich nicht weiß (weil ich von Schleimis keine Ahnung habe) ist, wie lange der Prozess vom auskeimen einzelner Sporen bis zum zusammenschluss mit anderen zu einem Plasmodium dauern kann.
    Aber: Schleimpilze können bei ungünstigen Bedinungen in ein Sklerotienstadium wechseln, in dem sie dann recht lange bestehen können.
    Ist aber wohl alles kein vergleich zur Lebensdauer mancher Pilzmycelien. Insbesondere Mykorrhizapilze können wohl theoretisch langlebig sein, also annähernd so lange wie ihre Baumpartner. Wobei... Wirklich? Das wäre schon krass, bei manchen Eichenarten, die hunderte von Jahren alt werden, wenn die Mykorrhiza ein ähnliches Alter erreichen könnte.



    LG; Pablo.

  • Pablo, besten Dank. Sicher ist es nicht einfach die "Altersfrage" zu beantworten, gerade auch im Hinblick auf die unterschiedlichen "Stadien".

    LG

    Thomas

    AUCH VON MIR KEINE ESSENSFREIGABE. EINE BESTIMMUNG IST OHNE JEDE GARANTIE.

  • Servus Pablo,


    die Mykorrhiza ist nicht der Pilz. Ektomykorrhizen sind relatuv kurzlebig, halten vielleicht ein oder zwei Monate. Es werden ständig neue Wurzelspitzen kolonisiert - und hat man einen Partner, sucht man ständig neue als Sicherheit. Ich habe mal unter Korkeiche Rhodoboletus rhodoxanthus beprobt und die Mykorrhizen ausgegraben, untersucht und publiziert - nur fand ich die an Zostrose. Die Zistrosen wuchsen halt um die Eichen herum - dass der Röhrling auch an der Eiche sitzt, ist, denke ich klar. Aber sitzt man erst da, schnappt man sich halt andere Partner als Rückversicherung.


    Die Mykorrhizapilze selbst werden älter als die Bäume. Sie sorgen ja teils schon für die nächste Generation, wenn sie Jungbäume durchfüttern - stirbt der alte Baum, bekommen die Licht und wachsen plötzlich. Bis dahin werden sie vom Pilz alimentiert.


    Das Myzel wird alt, aber trotzdem sind die Prozesse im Boden teils recht dynamisch. An den Wurzelspitzen herrscht ein Kommen und Gehen.


    Dass Chondrostereum im Mikroskop deutlich anders als Stereum ist, ist klar - eben andere Verwandtschaft.


    Liebe Grüße,

    Christoph

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Christoph!


    Wow, demnach wechseln die Pilze (und die Bäume folglich auch) immer mal wieder? So eine Mykorrhizaverbindung wäre demnach eher eine Ehe auf Zeit.

    Interessant wäre dann aber in der Tat, wie alt solche Pilze wirklich werden können...



    LG, Pablo.

  • Servus Pablo,


    ich meine die einzelne Wurzelspitze, die vom Pilz umhüllt ist, nicht die generelle Symbiose an sich. Wie ich schon schrieb werden Mykorrhizapilze potentiell älter als ihre Wirtsbäume. Sonst ergäbe es wenig Sinn, dass sie z.B. Jungbäumeim Unterstand durchfüttern. Sie sind die Partner von morgen.

    Nur an denWurzelspitzeh selbst herrscht ein Besiedeln, Absterben, neu Besiedeln usw.


    Wie alt die Mykorrhizapilze werden, kann man ja nur mutmaßen, da es keine Jahresringe im Myzel gibt. Geh aber durchaus von einem Alter aus, das durchaus im Bereich von Tausend und mehr Jahren liegen kann - je nachdem, wie stabil die Umweltbedingungen sind. Kippt man aber Nitrat in den Wald oder rodet man den Wald, bleibt von der potentiellen Unsterblichkeit nicht viel übrig. Pilze sind aber eben potentiell sehr langlebig. Natürlich gibt es Ausnahmen. Bei Laccaria, einer Gattung, die eh etwas schräg ist (Ammonia-Pilze und zudem Ektomykorrhiza...), kann es sein, dass die Individuen nur recht kurze Zeit leben. Zudem scheinen die Myzelien sehr klein zu sein - großflächige Laccaria-Vorkommen scheinen aus zig Myzelien zu bestehen. Sieht nach saisonalem Vorkommen und ständiger Neubesiedlung über Sporen aus.


    Es gibt bei Pilzen (fast) nicht, was es nicht gibt.


    Liebe Grüße,

    Christoph

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Christoph!


    Ach, nun hab' ich's wohl verstanden: Der selbe Pilz (Organismus 1) wechselt immer wieder mal den einen an die anderen Wurzelspitzen, verlässt aber nicht unbedingt einen Mykorrhizapartner. Kann aber zusätzlich mit weiteren Wurzeln in der Umgebung Mykorrhizaverbindungen aufbauen, also gleichzeitig mit mehreren Organismen (Bäumen, Strächern, egal ob gleicher oder unterschiedlicher Art) verbunden sein.

    Genial. Und daß die dabei so alt werden können, hätte ich nicht erwartet.
    Wobei man es sich eigentlich hätte denken können, wenn selbst ein Schwächeparasit / zersetzer wie Hallimasch eine so enorme Ökomasse aufbauen kann, daß sein Mycel als größtes Lebenwesen der Welt gilt, sollte so ein Gigant auch einigermaßen alt werden dürfen.

    Wogegen zB ein Dungpilz nur eine ziemlich kurze Lebensspanne haben dürfte.


    Spannend auch der Hinweis zu Laccaria. Interessant, daß es auch sowass gibt.



    LG; Pablo.