Die Fladen-, Totholz-, Granitstein- und Wasserholz- Pilznerd-Megatour - Teil 3

Es gibt 2 Antworten in diesem Thema, welches 3.869 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Schwammer-Dieter.

  • 06.04.2019: Die Fladen-, Totholz-, Granitstein- und Wasserholz- Pilznerd-Megatour - Teil 3

    Liebe Pilz-Freunde,
    dies ist Teil 3 des Berichtes vom 06.04.2019
    .

    Teil 1 findet Ihr hier
    Teil 2 findet Ihr hier
    Teil 4 findet Ihr hier
    Teil 5 findet Ihr hier
    Teil 6 findet Ihr hier
    Teil 7 findet Ihr hier
    Teil 8 findet Ihr hier
    Teil 9 findet Ihr hier
    Teil 10 findet Ihr hier
    Teil 11 findet Ihr hier

    Den Nachtrag findet Ihr hier

    Und weiter geht's...

    Fundnummer: 2019-04-06-0930-F

    Eine weitere interessante Art, die wir bereits kurz vorstellten ist die folgende, die sich ebenfalls reichhaltig am Fladen zeigte.
    Der Bärtige Kot-Kugelpilz (Schizothecium conicum) - welcher wegen Größe und schwachem Kontrast etwas problematisch zu fotografieren war.
    Die interessanten Mikrobilder im Anschluss dürft Ihr Euch nicht entgehen lassen...

    Morphologische Daten:

    Substrat: Kuhfladen
    Pseudothecium-Form: Kegelig nach oben zugespitzt, das "schwarze Köpfchen" hat in der Mitte eine Vertiefung, Außenseite struppig, Durchmesser ca. 0,3 mm, Länge ca. 0,5-1 mm
    Farbe:
    grüngrau

    mush-15422.jpg


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    Die Mikmaks dazu:
    mush-15427.jpg


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    mush-15430.jpg


    Hier seht ihr das 0,05 mm breite schwarze "Köpfchen" mit der Vertiefung gut:
    mush-15431.jpg


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    Einfach nur in Wasser gelegt und das Deckglas ohne Druck aufgelegt schaut so aus:
    mush-15436.jpg


    Wenn man dann auf das Deckglas drückt platzt "das Ei" (Pseudothecium) auf und die beeindruckenden grünen Sporen in den Asci kommen zum Vorschein:
    mush-15437.jpg


    Toll sehen die Sporen in Smaragd-grüner Farbe aus:
    mush-15438.jpg


    Asci:
    8-sporig, ca. 213 - 237 x 27,2 - 28,9 µm

    Sporen in Wasser:
    Zitronenförmig, an einer Seite ein Pedicell, dunkel-oliv-grün bis smaragd-grün
    (23.1) 23.7 - 26.7 (27.8) x (13.5) 13.9 - 15.4 (15.7) µm
    Q = (1.5) 1.6 - 1.8 (1.9) ; N = 29
    Me = 25.4 x 14.6 µm ; Qe = 1.7

    Hier seht Ihr die reifen Asci, Ascus-Basen und die Sporen mit dem "Pedicell":
    mush-15439.jpg


    mush-15440.jpg


    Die "Squamufolien"- welche an der Außenseite der Fruchtkörper sitzen sehen aus wie die Hände vom Sensenmann:
    mush-15441.jpg


    mush-15442.jpg


    Eine kleine Geschichte dazu:
    Hier machte ich zunächst einen Untersuchungs-Fehler. Da beim Mikroskopieren meine Tochter dabei war und diese immer alles mit ansehen will, musste ich in GSM präparieren um die Verdunstung zu vermeiden. Das Natriumhydroxid im GSM tötete aber sofort die Sporen ab.
    Es entstanden die so genannten "De Bary Bubbles" (danke - Matthias für die Erklärung dazu) - die die Sporen wie Augen aussehen lässt. Diese grünen Augen starren einen dann durch das Mikroskop an und die Gerippe-Hände greifen nach einem. Gespenstisch! ;)))
    Diese "Augen" will ich Euch nicht vorenthalten:
    mush-15445.jpg


    Schließlich noch die "Peridie", das ist die Außenrinde des Pseudotheciums.
    mush-15443.jpg



    Fundnummer: 2019-04-06-0930-G

    Schließlich tauchten winzige Tintlinge am Kuhfladen auf. Es sind die winzigsten Tintlinge die ich je gesehen habe. Mit einen Stieldurchmesser von nur 0,15 mm(!) - viel dünner als ein Haar - und einem
    Hutdurchmesser von nur 0,7 mm könnt ihr Euch gut vorstellen, was es bedeutet die Daten eines solchen Pilzchens aufzunehmen - oder ihn zu fotografieren, wenn er schon nach 5 Sekunden vor der Kamera beginnt sich zu neigen und sich in (fast) nichts aufzulösen.
    Ich konnte zunächst die Mikromerkmale nur in letzter Sekunde anhand eines einzigen komplett gequetschten Fruchtkörpers der kurz vor dem Zerfall durch Austrocknen war aufnehmen. Danke an dieser Stelle an Andreas für die Bestimmungshilfe.
    Schon als dieser Bericht fast fertig war kamen jedoch noch 3 größere Fruchtkörper zum Vorschein und ich hatte die Gelegenheit die Bestimmung dann final abzusichern.


    Morphologische Daten:
    Substrat
    : Kuhfladen
    Hutform: jung rundlich, dann flach aufschirmend
    Huthaut: matt, stark gerieft, Velum fehlend, behaart (Pileozystiden)
    Huthaut-Farbe: jung gelblich, dann fleischrosa mit gelblichem Zentrum, dann grau
    Hutrand: ohne Besonderheiten

    Lamellen: graulich, schneiden Hell (glasige Cheilozystiden)
    Stiel: glasig grau, stark behaart
    Stielbasis:
    nicht wurzelnd, etwas knollig, bräunlich
    Größe: kleine Fruchtkörper: Hutdurchmesser nicht aufgeschirmt 0,7 mm, Stiellänge 6 mm, Stieldurchmesser
    oben 0,15 mm, unten 0,2 mm, goße Fruchtkörper: nicht vermessen, in etwas doppelt so groß.
    Geruch: Aufnahme unmöglich
    Geschmack: Aufnahme unmöglich

    Es ist der Verschiedenhaarige Tintling (Coprinellus heterosetulosus) - wobei anzumerken ist, dass es sich hier wohl um einen Artenkreis handelt, hinter dem sich durchaus mehr als eine Art verstecken könnte. Das letzte Wort ist hier noch nicht gesprochen.
    Ein junger Fruchtkörper - achtet bitte auf die Scale Bar! Der Pilz ist gerade mal 2 mm hoch.
    mush-15450.jpg


    Fast ausgereift. Der Pilz erreicht eine stattliche Höhe von 7 mm:
    mush-15451.jpg


    Ein Fruchtkörper in Bestform:
    mush-15452.jpg


    Hier die Nachzügler - also die etwas größeren Fruchtkörper von jung bis alt:
    mush-15910.jpg


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    Mikroskopische Daten und Mikrobilder:

    Sporen:
    Ellipsoid, Keinporus: schräg
    Maße:
    (8,0) 8,3 - 9,9 (10,3) x (4,8) 4,9 - 5,5 (5,8) x (4,5) 4,7 - 5,3 (5,5) µm
    Q frontal = (1,6) 1,6 - 1,8 (2,1)
    Q lateral = 1,7 - 1,9
    Me = 9,0 x 5,2 x 5 µm; Qe frontal = 1,7; Qe lateral = 1,8

    mush-15916.jpg


    Basidien:
    4-sporig

    mush-15704.jpg


    mush-15705.jpg


    Cheilozystiden:
    rundlich, hyalin, vielzahlig gedrängt stehend, ca. 21 µm breit

    mush-15707.jpg


    mush-15706.jpg


    Pileozystiden:
    flaschenförmig, Sclerozystiden vorhanden
    (30,8) 32,9 - 79,3 (85,1) x (8,5) 9,6 - 12,8 (15,0) µm

    Der Hut als Nahaufnahme - man sieht schon die Pileozystiden welche nur in den Hutfalten sind:
    mush-15708.jpg


    mush-15710.jpg


    mush-15712.jpg


    mush-15711.jpg


    mush-15917.jpg


    Kaulozystiden:
    flaschenfömig, vielzahlig vorhanden, Längen: (31) 34 - 56 (56) µm; N = 12; Me = 43,3 µm
    Halsbreiten: (3,5) 3,8 - 5,7 (6,4) µm; N = 13; Me = 4,6 µm

    Das nächst Bild zeigt die Kaulozystiden in Luft. Die Kugeln rechts im Bild sind Wassertröpfchen.
    mush-15709.jpg


    mush-15918.jpg


    Weiter zum Teil 4

  • Hallo Dieter,

    spätestens nach dem Betrachten der Mikobilder muss jedem klar sein, warum diese Kackpilze richtig spannend sein können. Ich habe zu einer Aufnahme vom Tintling. Wie hast Du die Nahaufnahmen von den Cheilozystiden und den Pileozystiden hinbekommen? Ist das unter der Stereolupe fotografiert?

    Lieben Gruß


    Claudia


    ...leben und leben lassen... ;)


    Hier im Forum gibt es grundsätzlich keine Verzehrfreigaben.

    Pilzsachverständige findest du hier.

  • Ich habe zu einer Aufnahme vom Tintling. Wie hast Du die Nahaufnahmen von den Cheilozystiden und den Pileozystiden hinbekommen? Ist das unter der Stereolupe fotografiert?


    Hallo Claudia,
    nein, keine Stereolupe. Einfach durch ein "billiges" 4-fach Bresser-objektiv durch fotografiert - aber wichtig ist die niedrige Numerische Apertur, die ist da bei diesem 0,1 und dann geht das eben auch in Luft. Ich nehme auch mal ein 10-er mit 0,25er Apertur, aber das wird dann ensprchend unscharf und hat hohe chromatische Abberation - weil man aber noch näher ran kann ist das oft egal.
    Leider hab ich keine Kohle um mir da mal was vernünfitges zu kaufen (wurde ja Extrem-Baupfusch-Opfer wie einige von Euch schon wissen) - aber Matthias hat ein richtiges Kracher-Objektiv - der macht solche Lamellen-Bilder noch viel schärfer (siehe andere Berichte). Ich krieg da immer einen Anfall wenn ich seine Ergebnisse sehe ;-)))

    Das ist übrigens die beste Methode um schnell malvor dem Präparieren festzustellen:
    a) hat der Schwammer Velum

    b) hat der Schwammer Kaulos
    c) hat der Schwammer Pileos

    d) hat der Schwammer Cheilos
    e) hat der Schwammer Pleuros

    f) welche Sporigkeit haben die Basidien

    Und das alles oft sicherer als im Durchlicht.

    Diese ganzen Infos bekommt man in ein, zwei Minuten - leider aber nur am Frischpilz... Da ich meistens Exsikkate habe ist das nicht so hilfreich für mich.

    Beste Grüße
    Dieter