Dem Alltagstrott entfliehen hieß es die letzten Tage. Wandern, Natur genießen und einfach mal die Seele für eine Weile baumeln lassen. Als Ausgangsort hatten wir uns Tännesberg in der Oberpfalz gewählt, die erste Biodiversitätsgemeinde Deutschlands.
Gern dürft Ihr mich beim Erkunden begleiten - ein paar Pilze wird es auch geben. Versprochen!
Blick auf Tännesberg mit dem knapp 700 Meter hohen Schlossberg.
Blick vom Schlossberg auf die Gemeinde.
Biodiversität wird hier gelebt und ist dank vieler Projekte überall sichtbar. Eines davon ist das Rebhuhnprojekt. Seit gut 20 Jahren bemüht man sich u.a. durch den Anbau alter Getreidesorten wie Emmer, Dinkel und Einkorn sowie alter Kartoffelsorten um eine bunte Vielfalt in der Land(wirt)schaft und damit um das Rebhuhn, einen der größten Verlierer der heutigen Agrarwirtschaft und inzwischen vom Aussterben bedroht!
Vielfältige Agrarlandschaft.
2009 wurde schließlich sogar ein Rebhuhnweg angelegt, der durch diese Landschaft führt.
Bis 1974 wurde das Rebhuhn in Tännesberg bejagd. Dabei wurden jährlich 300 bis 400 Vögel geschossen! Bis der Bestand infolge Flurbereinigungsmaßnahmen (Intensivlandwirtschaft) nahezu komplett zusammenbrach. 2013 gab es schließlich wieder 25 Brutpaare, 2017 dann leider nur noch 3! Wie viele mögen es wohl heute sein? Wir haben leider keines gesehen.
Und die beiden „Rebhuhneier“ waren beim genauen hinsehen „leider nur“ Boviste.
Auch in Sachen alte Obstsorten tut sich etwas in und um Tännesberg. So gibt es hier viele Streuobstwiesen und mit 7 Kilometern den längsten Obstlehrpfad Bayerns. Während man sich im Frühling an den verschiedenen Blüten erfreuen kann, lädt der Herbst schließlich zum Verkosten der vielen Obstsorten ein. Und von den Äpfeln und Birnen sowie den Kirschen und Pflaumen gibt es schier unendlich viele, die auf solch exotische Namen hören wie Signe Tillisch, Köstliche von Charneux, Bigaro Van oder Mirabelle aus Nancy!
Der sehr zu empfehlende Wanderweg führt am idylischen Bursweiher vorbei, in dessen kühlen Fluten wir uns zweimal (jeweils als einzige Badegäste!) erfrischten.
Während der Wanderungen gab es natürlich jede Menge am Wegesrand zu entdecken.
Wie diesen hübschen Schmetterling, der sich lange bedeckt hielt
und sich letztlich doch noch in voller Schönheit zeigte.
Landkärtchen (Araschnia levana), die Frühlingsform.
Auch eine Nymphe (Larve) der Gemeinen Strauchschrecke (Pholidoptera griseoaptera) „sprang“ mir quasi ins Bild.
Ein ungewöhnlicher Festlandbesucher ist der Rückenschwimmer (Notonecta glauca), den man meist nur schwimmend und mit der Bauchseite nach oben kennt. Wenn man ihn ergreift, kann es vorkommen, dass er einen recht schmerzhaft sticht, weswegen er auch Wasserbiene genannt wird. Gelegentlich kommt er auch an Land, wie ich hier beobachten durfte.
Bemerkenswert sind die großen Doppelaugen, mit denen er sowohl über als auch unter Wasser perfekt sehen kann.
Nun aber zu den eingangs versprochenen Pilzen. Leider konnte ich nur wenige finden, auch hier machte sich schon wieder die Trockenheit der letzten Wochen bemerkbar. Da halfen auch einige lokale Regenschauer kaum.
Gefreut habe ich mich über diese jungen und schönen Stockschwämmchen (Kuehneromyces mutabilis).
Bei den nächsten Pilzen dachte ich im ersten Moment, dass hier jemand eine Handvoll rosa Granulat entsorgt hat.
Natürlich war das nicht der Fall, sondern wir haben hier einen Blutmilchpilz (Lycogala spec., nicht mikroskopisch untersucht) vor uns.
Ist zwar genaugenommen kein Pilz, aber passt schon.
Einige Goldmistpilze (Bolbitius vitellinus) fanden wir auch noch.
Und letztlich sogar einen Hexenring Maipilze (Calocybe gambosa). Die wurden umgehend geputzt…
…und noch am gleichen Abend in Form eines leckeren Ragouts an Safranreis genossen! Hmmm.
Nachdem wir Tännesberg und dessen Umgebungerkundet hattten, führte uns eine weitere Tour ins nahe gelegene Tal der Pfreimd.
Schlangenknöterich am Flussufer.
Stellenweise war das Flüsschen mit riesigen weißen Teppichen bedeckt.
Dabei handelte es sich wohl um den Schild-Wasserhahnenfuß, der sich u.a. durch die Blattform, die langen Blütenstiele und die vielen Staubblätter (bis ca. 30) von ähnlichen Arten unterscheidet.
Mehrere, bei Anglern überaus beliebte Staustufen, machten den Fluss besonders attraktiv.
Im Örtchen Pfreimd sah ich auf dem Dach der Klosterkirche ein Storchennest.
Obwohl hier recht entspannt schauend…
…hat der Storch doch einige hungrige Schnäbel zu stopfen.
Langsam neigte sich unser Urlaub dem Ende entgegen. Die letzte Wanderung führte uns in das nahe gelegene Waldnaab-Tal.
Die Uferwiesen wurden von leuchtend blauen Lupinen dominiert. Diese gehören zu den häufigsten Neophyten, welche ich wegen der Verdrängung seltener einheimischer Pflanzen gar nicht so gern sehen mag, wenn sie auch schön ausschauen.
Da ist mir doch die Schwarze Teufelskralle (Phyteuma nigrum) wesentlich lieber.
Bei der Wanderung gab es u.a. ein „Butterfass“ zu entdecken
sowie mehrere „Felsgesichter“
.
In einem kleinen Weiher versuchten sich einige Wasserfrösche (vermutlich der Kleine Wasserfrosch [Rana lessonae]) unsichtbar zu machen. Wahnsinn, wie deren grüne und braune Streifen Pflanzenhalme und deren Schatten nachahmen.
Schmetterlinge gab es natürlich auch, wie diesen filigran gezeichneten Flattermann, den ich erst nach längerer Recherche als Aurorafalter (Anthocharis cardamines) enttarnen konnte.
DIE Charakterpflanze des benachbarten Fichtelgebirges durfte natürlich auch nicht fehlen. Siebenstern (Trientalis europaea).
Neben der vielfältigen Natur in der
Oberpfalz gab es natürlich auch den Zoigl!
Ein unfiltriertes, äußerst leckeres Bier!
Der Zoigl (Name stammt wohl vom Zeiger, Zoiger…) ist ein Stern mit Bierkrug, den man vor das Haus hängt, wenn ein Bier frisch gebraut wurde. Dann ist man willkommen und darf genießen.
Der Zoiglstern steht für die Elemente Feuer, Wasser und Luft sowie für die Zutaten Wasser, Malz und Hopfen. Daher die sechs Spitzen.
Bräuwirt in Weiden.
Viel Spannendes und überaus Leckeres gab es zu verkosten.
Leider geht auch der schönste Urlaub einmal zu Ende.
Blick während der Rückfahrt auf das nahe gelegene Leuchtenberg mit der Burgruine.
Fazit.
Super Gegend, klasse Wanderungen und freundliche Gasthäuser mit sehr moderaten Preisen.
Einfach mal wieder Schwein gehabt!
Danke, dass Ihr mitgegangen seid.
Das Schöne liegt oft vor unserer Haustür, die Kunst ist, es zu entdecken!
Liebe Grüße vom Nobi