Hallo ihr Lieben,
ich möchte euch gern zwei (vier) Flechten vorstellen,die jeder Flechtenfreund mit ein bisschen Übung ganz sicher im Gelände Ansprechen und Unterscheiden kann.
Es sind die Blattflechtenarten Parmelia sulcata und die Parmelia saxatilis-Gruppe (mit Parmelia saxatilis, Parmelia ernstiae und Parmelia serrana). Alle vier vorgestellten Arten haben so ungefähr den gleichen Habitus.
Diese Flechtenarten gehören zu den am häufigsten vorkommenden Arten in unser unmittelbaren Umgebung. Also eigentlich an (fast) jeden Baum (Parmelia sulcata/saxatilis-Gruppe) oder Stein (Parmelia saxatilis-Gruppe).
Was uns als erstes bei den Arten ins Auge fällt ist, dass die grauen Blattloben sehr kantig und eckig aussehen und auf der Oberseite so komische,weisse Stellen zu erkennen sind. Diese Stellen nennt man Pseudocyphellen. Diese Pseudocyphellen bilden ein Netz über die gesamte Blattoberfläche. Die Pseudocyphellen im nächsten Bild sind noch ganz "jung". Später bricht dort die dünne Rinde auf und es entstehen an diesen Stellen Sorale (P. sulcata) oder Isidien (P.saxatilis-Gruppe)
Auf das Vorhandensein von Soralen oder Isidien kommt es an um die Flechten korrekt anzusprechen!
Sorale und Isidien sind Organe der vegetativen Vermehrung der Flechte. In den Soralen werden Soredien,das sind besondere Diasporen mit beiden Symbiosepartner, gebildet. Soredien sind unberindet und sehen aus wie eine Ansammlung von kleinen Staubkörnern. Diese werden aktiv vom Thallus (Flechtenkörper) abgestoßen.
Isidien sind berindete Diasporen. Es sind oberflächliche Auswüchse des Thallus,die an einer "Sollbruchstellen" passiv vom Flechtenkörper losgebrochen werden.
Bei genauer Betrachtung dieser Netzadern (Pseudocyphellen) bestimmen wir die Flechte.
Parmelia sulcata
Diese Flechte bevorzugt eher nährstoffreiche Baumrinde. Bei Parmelia sulcata entstehen an den Pseudocyphellen Sorale (keine Isidien).
Parmelia saxatilis-Gruppe
Diese Flechte bevorzugt auch nährstoffreiche Baumrinde,kommt aber viel seltener als P. sulcata auf Bäumen vor. Man findet sie auch auf Silikatgestein.
(Im übrigen wachsen Flechten dort,wo sie wollen und pfeifen sehr oft darauf,was Menschen in ihren Bestimmungsbüchern schreiben.)
Bei Flechten der Parmelia saxatilis-Gruppe entstehen an den Pseudocyphellen Isidien (keine Sorale). Auf den nächsten zwei Bildern sehen wir noch junge,nicht voll entwickelte Isidien.
Solltet ihr nach genauer Betrachtung eine Parmelia der saxatilis-Gruppe gefunden haben,schaut dann doch nochmal genau auf die Blattoberfläche. Sollte diese deutlich bereift sein,so habt ihr mit hoher Warscheinlichkeit Parmelia ernstiae in der Hand.
Wuchs die Flechte allerdings auf Silikatgestein und die Loben sind eher schmal und nicht überlappend,dann ist es mit hoher warscheinlichkeit eine Parmelia saxatilis.
Sollten die Merkmale anders sein (wenig oder nicht bereift, Loben eher breit und überlappend) habt ihr eine Parmelia serrana gefunden.
Parmelia serrana ist die bei weitem häufigste Art der Parmalia saxatilis-Gruppe. P. serrana wurde zwar schon im Jahr 2004 von P. saxatilis abgetrennt ist aber in der Flechtenliteratur nicht oft zu finden.
Ich hoffe,ihr werdet bei euren nächsten Exkursionen die Augen nach diesen Arten offen halten.
Bis dann
Christian