Exkursion nach Penzberg Teil 2: Hortiboletus engelii

Es gibt 4 Antworten in diesem Thema, welches 2.392 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Beorn.

  • Servus beinand,


    die Gattung Hortiboletus wird ja im Moment hier rech tintensiv diskutiert. Da passt es ja ganz gut, dass ich bei der Kartierungsexkursion in Penzberg auch einen Hortiboletus einsacken konnte, den ich jetzt und hier vorstelle (weitere Funde und Fundliste finden sich hier: Kartierungsexkursion am 6. Juli 2019 nach Penzberg)


    Heinz Engel hatte als erster erkannt, dass dieser Filzröhrling mit auffallend längsrilligem Stiel und den Karottenflecken in der Stielbasis eine eigenständige Art ist. Er hat sie aber nur provisorisch als Xerocomus quercinus ad. int. beschrieben. Aus diesem Grund wurde die Art ihm zu Ehren mit dem Epitheton engelii versehen.

    Die Gattung Hortiboletus wurde (natürlich) genetisch abgegrenzt. Sie umfasst insbesondere drei Arten: H. bubalinus, H. engelii und H. rubellus.


    Ersterer wächst gerne (aber nicht nur) bei Pappeln und unterscheidet sich durch fehlende Karottenpunkte in der Stielbasis, rötendes Hutfleisch und längere Sporen (Qm um 2,7).


    H. engelii hat Sporen mit Qm rund um 2,1 und hat typischerweise karottenfarbene Bereiche in der Stielbasis, die unter der Lupe klar als "Karottenpunkte" aufzulösen sind.


    H. rubellus ähnelt H. engelii, ist aber jung rot, während H. engelii jung braun ist. Beide wachsen gerne bei Eichen und beide sind stickstofftolerant (wobei ich meine, dass H. engelii etwas mehr Stickstoff als H. rubellus aushält).


    Thomas (nicht hier im Forum) fand bei der Exkursion diesen Einzelfruchtkörper:




    Man sieht gut den deutlich längsrilligen Stiel. Die Hitzewelle hat die Rottöne etwas weggenommen, aber Stielform und -oberfläche passen sehr gut zu Hortiboletus.

    Schneidet man den Pilz durch, so findet man hier sogar mehrere karottenrote Bereiche (unteres Bild, Pfeile), wobei der oben links am deutlichsten ausgeprägt ist.



    Leider habe ich keine guten Fotos der HDS hinbekommen - obwohl der Fruchtkörper frisch aussah, war die oberste HDS bereits beschädigt. Die Endzellen sind relativ kurz und meist stämmig, 29-34 x 6,75-10,5 µm, die subterminalen Zellen maßen ca. 22-29 x 9-12 µm, Zellen deutlich weiter unten sind tendenziell länger - (20-) 40-90 x 7-14 µm. Inkrustationen treten auch an den tiefe liegenden HDS-Hyphen auf, wobei die Inkristation nicht so derb wie bei Xerocomus chrysenteron ist.


    Die Hymenialcystiden sind nicht lageniform, sondern mehr gestreckt zylindrisch (und apikal abgerundet).


    Die Basidien wiederum sind auffallend aufgebläht, deutlich breiter als der Sterigmenansatz. Sie messen ca. 36-51 x 13,5-16 µm.



    Die Sporen messen 9,5-10,8-12,25 x 4,25-5,2-5,75 µm, Q = 1,96-2,1-2,3



    Mir ist aufgefallen, dass die Sporen am hinteren Ende zwar keinerlei Abstutzung zeigen, aber die Sporenwand hier bei manchen Sporen etwas dünner ist (am Foto schlecht zu erkennen, beim Durchfokussieren und direkt im Mikroskop optisch erkennbar...



    Ich werde mal darauf achten und das z.B. mit H. rubellus vergleichen.


    Die Bestimmung ist anhand der Hutfarbe, der karottenorangen Bereiche der Stielbasis und der kurzen Sporen m.E. völlig klar. Auch die Stieloberfläche passt sehr gut. Ergo Hortiboletus engelii in Penzberg (zusammen mit Russula insignis, die nur wenige Meter entfernt wuchs).


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Servus Christoph,


    wie schön, dass ich durch solche Beiträge wie deinen mehr über die Unterscheidungsmerkmalen der Filzröhrling erfahre:daumen:

    Wenn ich den finden würde, würde ich ihn sehr wahrscheinlich einfach unter "Ziegenlippe" verbuchen.

    Danke für den Beitrag.


    Liebe Grüße

    Rotfüßchen

    "Pilze sind erst einmal nicht anwesend, sie verstecken, verbergen, verschließen und tarnen sich, aber es gibt eine Wahrscheinlichkeit und eine Hoffnung, sie zu finden. Die Suche bedeutet Aufbruch, Verheißung, Abenteuer, und je vergeblicher und erfolgloser der letzte Pilzgang war, desto mehr Spannung, Erfüllung, Belohnung verspricht der nächste." (Hans Helmut Hillrichs: Pilze sammeln)


    Pilzmärchen

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Christoph!


    Aha, eine der eher dunkelhütigen Kollektionen mit schlankem Habitus.
    Einen anderen Namen kann man dem Fund derzeit nicht geben, denke ich. Aber selbst wenn man bubalinus und rubellus als eigenständige Arten trennt, bleibt da immer noch ein PIlz mit einer sehr hohen Variationsbreite, wo ich mir so vage vostellen könnte, daß das in ein paar jahren nicht mehr nur eine einzige Art ist. ;)



    LG, Pablo.

  • Servus Rotfüßchen,


    gerne doch ==Gnolm13


    Servus Pablo,


    klar, H. engelii im aktuellen Sinn ist makroskopisch durchaus variabel, insbesondere in Bezug auf die Hutfarben - es können ja im Alter auch Rottöne eingemischt sein oder er kann auch blass ausfallen. Selten können die Karottenbereiche auch fehlen bzw. nur angedeutet sein (wenn man meint, es erkennen zu wollen, sieht man dann doch ein bisserl was ganz unten). Ob es aber mehrere Kleinarten sind, glaube ich jetzt nicht unbedingt (kann mich auch irren). Dafür finde ich die Mikroskopie doch recht einheitlich (ich stütze mich lieber, wenn möglich, auf Mikromerkmale als auf Makromerkmale), wenn auch ähnlich wie H. rubellus. Ganz ohne Makroskopie geht es also nicht.


    Diese recht dunklen Eichenfilzröhrlinge finde ich immer wieder mal im Raum München, und dann auch gerne mal mit den oben erwähnten Rottönen am Hut, die jung aber - im Gegensatz zu H. rubellus - fehlen.


    Ich hatte früher aber bei den Filzröhrlingen zwischendurch aufgegeben und mich auf Boletus s.l. gestürzt. Es gibt definitiv noch unbeschriebene Arten - so habe ich einmal einen Filzröhrling mit frisch amyloiden Sporen in Norddeutschland (im Harly) gefunden, aber das ist ein anderes Thema.


    Mit dem Eichenfilzröhrling hatte ich bisher eigentlich eher keine Probleme. Man muss nur wissen, dass bei H. bubalinus das Röten im Hut auch mal ausfallen kann. Und man braucht Fruchtkörper, die reif genug sind - du hast es im Parallelthread ja richtig geschrieben - dass die Sporenbreite früher erreicht wird und die Sporen dann erst später die richtige Länge bekommen, ist auch bei anderen Röhrlingen typisch (und ein Bestimmungsproblem) - ich nehme mal Butyriboletus subappendiculatus als Beispiel, dessen Quotient im Alter zwischen 3 und 4,4 liegt und damit Welten von B. appendiculatus weg ist. Junge Fruchtkörper haben aber kurze Sporen.

    Hier bei Hortiboletus ist es auch so. Man sollte bei Röhrlingen auch immer einen alten Schlappen, wenn vorhanden, mitnehmen, um definitiv reife Sporen zu haben.


    Liebe Grüße,

    Christoph

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Christoph!


    Danke. :)

    Die Bemerkung zum "Mitnehmen eines alten Schlappen" bringt mich eben auf den Gedanken, daß so vielleicht auch viele der Referenzwerte in der Literatur zustande kommen: Leider steht es selten explizit dabei, aber untersucht werden ja oft auch getrocknete Fruchtkörper, und das können durchaus ja "reife bis überreife" Exemplare sein.

    Möglicherweise ist dann das Bild sogar noch mal anders (extremer), wenn man Sporen aus einem getrockneten, potentiell vollreifen Fruchtkörper vermisst, gegenüber den Sporen aus dem Abwurf eines vielleicht nur "reifen" Fruchtkörpers.
    Das Problem ist nur: Entweder man bei eigenen Untersuchungen mit möglichst ähnlichem Material arbeiten (dann kann man Abwürfe oft gar nicht mehr verwenden), oder die in Schlüsseln oft verwerteten Sporenstatistiken werden sehr ungenau für Bestimmungen.

    Insofern bin ich schon immer auch scharf auf die Beobachtung von makroskopischen Merkmalen. Und versuche eben auch so eine Art Gesamteindruck aus Makro- und mikroskopischen details zu bekommen.


    Mehr dazu aber noch nächste Woche.



    LG; Pablo.