Hallo miteinander!
Nach dem treffen letzten Dienstag mit Walter (der am Nachmittag leider noch einen Termin hatte), kam mir die Idee mal noch in einem Waldstück vorbeizuschauen, wo ich seit meiner Kindheit (in dem Fall so grob seit 25 Jahren) nicht mehr war. Die Idee erwies sich als gar nicht so schlecht. Daß das angestrebte Fleckchen Wald ein regelrechtes Kleinod ist, war mir damals nicht so bewusst. Es hatte was Gespenstisches, wegen dem Sumpf, den alten Bäumen, den Moosen, Nebeln und Pilzen. War toll.
Beim Wiedereintritt in den Wald nach so langer Zeit wurde es noch toller.
Zum einen, weil sich in Südwestdeutschland das Pilzwachstum nur noch auf einige wenige Oasen verteilt. Je weiter nach Norden und Westen, desto katastrophaler die Situation durch zweijährige Dürrekatastrophe, Überdüngung, Bodenvergiftung und Habitatsvernichtung.
Dann in einem Wald zu stehen der nicht nur klatschnass ist, sondern der 1:1 so aussieht, wie vor 25 Jahren (man könnte fast glauben, daß da gar kein Mensch mehr durchgegangen ist, seit ich das letzte Mal da war) ist schon ein schönes Gefühl. Ökologisch: Hochmoortorf. In den Randbereichen freilich ausgetrocknet, im Kernbereich noch sehr nass, sauer mit kleinen Bächlein und ganz viel tollen Moosen. Heidelbeeren. Ein paar krautige Pflanzen, die ich gar nicht kenne. Sauer. Nass. Nährstoffarm. Ein Fichtenurwald: Das Gelände war zumindest im Kernbereich wohl schon immer so dumpfig und unwegsam, daß sich eine Beforstung nie rentiert hätte (gibt ja auch genug leichter zugänglichen Wald drum rum). Auf über 1000 Metern auch hoch genug, da fließt nicht besonders viel Dreck von Weiden und erst recht nicht aus Agrarindustrieller Nutzung rein.
Viel Zeit hatte ich ja nicht, und wenn man so aus der Wüste kommt, wird man mit der bunten Vielfalt so einer Oase ziemlich erschlagen.
Ein paar Pilze kann ich auf jeden Fall mal zeigen, wobei ich vieles einfach habe stehen lassen, weil ich es eh nicht hätte so nebenher bestimmen können (mit solchen Habitaten fehlt mir Erfahrung hinsichtlich des Artenspektrums). Also lauter lustige Schleierlinge, Helmlinge, Milchlinge und vor allem Täublinge mussten außen vor bleiben. Für Krusten udn Porlinge muss ich noch mal extra da hin, das könnte spannend werden.
Eindrücke sind schwer wiederzugeben, weil auch das Wetter halt nicht gut war. Bei Sonnenschein habe ich immer furchtbare Kontrast - Probleme.
Ein recht spezielles Gebiet also, wo man wirklich auch mal gezielt nach speziellen Pilzen stöbern müsste.
Da wachsen zB kaum noch Röhrlinge. Die einzigen Arten, die es auch im Kernbereich noch aushalten, wären Fichtensteinpilze und Maronen.
Direkt im Sumpf wächst wohl auch kein Flocki mehr. Viel zu nass, falscher Untergrund, eventuell sogar zu sauer.
Die Fichtensteinpilze (Boletus edulis) sind allerdings überall. Vor allem in den Randbereichen. Und so sieht das dann aus, wenn die in Ruhe Sporen verbreiten können, weil niemand zum Absammeln kommt:
Jung standen auch noch genug rum:
(rechts mit Mycena leucogala im Hintergrund)
Oder direkt in den Torfpolstern an den Gluckerbächen mit ihrem klaren, aber dunklen Moorwasser:
Ein paar Fliegenpilze (Amanita muscaria) im Randbereich:
Ebenfalls am Rand, wo noch die eine oder andere verkümmerte Rotbuche steht, eine famose Gruppe vom Purpur - Hautkopf (Cortinarius phoeniceus / purpureus):
Sowieso, diese Schleierlinge - viele habe ich gar nicht aufgenommen, weil ich sie nicht bestimmen konnte. So wie den hier, den ich dann doch mit nahm
Nennen wir ihn vorläufig mal "Cortinarius multiformis s.l." wobei ich da noch das eine oder andere taxonomische Problem habe. Der wird wann anders noch mal extra diskutiert.
Bekannte Arten, auch direkt im Sumpf, wie der Spitzgebuckelte Raukopf (Cortinarius rubellus), viele Fruchtkörper, aber meist nur einzeln oder in kleinen Gruppen.
Der andere Rote, also der komplett Blutrote Hautkopf (Cortinarius sanguineus) ebenfalls an vielen Stellen zu sehen.
Der Orangerandige Hautkopf (Cortinarius malicorius):
wo mir erst zu spät auffiel, daß die Fruchtkörper direkt in einem nest kleiner, roter Ameisen wohnten. Sorry! Leider hatte ich dann schon die Fruchtkörper (und dutzende Ameisen) in der Hand.
Den hier nenne ich mal Dunkelvioletter Nadelwaldschleierling (Cortinarius hercynicus).
Viel zu jung zum mikroskopieren, aber in dem Habitat dürfte der normale Dunkelviolette (Cortinarius violeceus) nicht mehr klar kommen.
Die dominierende Art bei den Milchlingen war an dem Tag der Maggipilz (Lactarius helvus):
Dazwischen mal ein einzelner Nordischer Milchling (Lactarius trivialis):
und viele kleine, braune Sumpfmilchlinge, die ich so auf Anhieb nicht bestimmen konnte.
Die hier aber erkannte ich durch den dichten Wald auf 15 Meter Entfernung:
Die abgestorbene Fichte in der Bildmitte. Ganz klar was das ist. Die schönste Kollektion der art, die mir je begegnet ist.
Näher ran:
Nördlicher Schwammporling (auch "nerdischer" Schwammporling, Climacocystis borealis).
Noch zwei Porlinge, die gerne zusammen wachsen, und hier nicht fehlen dürfen. Rotrandige Baumschwämme (Fomitopsis pinicola) zusammen mit dem Leuchtenden Weichporling (Pycnoporellus fulgens).
Komische Korallen, die ich nicht mitgenommen habe, ergo bleiben die unbestimmt (Ramaria spec.
Aporpos Korallen. Man muss aufpassen, wo man sich hinkniet. Sonst stinkt die Hose nach fauligem Kohl.
Stinkender Warzenpilz (Thelephora palmata):
Große Farbklekse, die unbedingt auf Bild wollten. Purpurfilziger Holzritterling (Tricholomopsis rutilans):
Noch ein richtiger Ritterling, und nicht selten, aber für mich ein Erstfund, der dann auch auf Bild darf, obwohl gar keine schöne Kollektion mehr.
Der Brennendscharfe Ritterling (Tricholoma virgatum):
Und eine wohl vom Wild schon ziemlich zerstolperte Kollektion von Getropften Schleimschirmlingen (Limacella guttata):
Was im Schwarzwald in solchen Fichtenurwäldern nicht fehlen darf, ist natürlich der Gesellige Glöckchennabeling (Xeromphalina campanella):
Noch ein Blick durch den Wald:
Moment mal. Das sind aber keine Glöckchennabelinge:
Das wäre dann der Fund des Tages, den ich natürlich auch zum ersten Mal sehe. Im Hochschwarzwald ist aber wohl ein natürliches Verbreitungsareal dieser insgesamt seltenen Art.
Goldblättriger Gelbnabeling (Chrysomphalina chrysophylla):
Tja. Und nun sind die Bilder alle.
Hoffentlich komme ich da mal wieder hin. Bald. Gerne mit Gesellschaft.
LG; Pablo.