Hallo, zusammen,
Nach der Cortinarienwoche 2016
und der Cortinarienwoche 2017
und der Cortinarienwoche 2018
nun den Bericht der
Cortinarienwoche 2019
Aus dem berüchtigten "Trio Infernale" auf der Bank
ist mittlerweile ein Quartett geworden...
Von links nach rechts:
Uwe (im Forum: "Cortinarius"), Ingrid, Harald Andres, Anna Maria
Unser "Basislager" war diesmal in Schiers, im Prättigau.
Unterwegs waren wir in:
Brambrüesch, Heuberge Friedrig, Buchwald Malans,
St. Antönien, Conters, Schuders.
Zu Beginn ein Rätsel:
Wie viele Arten liegen in diesem Schälchen?
(Auflösung des Rätsels weiter unten)
Als Rätselhilfe hier zur Einstimmung ein paar blaue Pilze:
Der untenstehende Pilz hatte uns beim Aufnehmen genarrt.
Er war wegen der feuchten Witterung von oben bis unten
mit einer Schleimschicht bedeckt, wie ein Schleimfuss,
was er als brave Telamonie überhaupt nicht dürfte.
Es gibt jedoch keine Myxacie mit solchen Velumgürteln.
Beim Trocknen im Schälchen bestätigte sich dann seine Identität:
Cortinarius alboviolaceus
Dieser hier darf als Myxacie jedoch schleimig sein.
Er ist von oben bis unten von stahlblauer Färbung.
Das macht ihn eigentlich gut kenntlich.
Häufig ist er allerdings nicht anzutreffen.
Er gehört in den Bergnadelwald zu Fichten,
ist ziemlich selten (in der Schweiz 5 Mal kartiert)
und gehört zu den "Delibuti" mit subglobosen Sporen:
Cortinarius emunctus
Der Folgende ist aufgrund seiner Merkmalskombination kenntlich.
- von unten wie Cortinarius anomalus
- von oben ockerfarben
Diese Kombination ist dann auch im Namen herauszuhören.
Er ist jedoch keine Telamonie, wie C. anomalus, sondern Phlegmacie,
und ebenfalls sehr, sehr selten (vier Einträge).
Mit dunkler ockerfarbenem Hut wäre es C. riederi:
Cortinarius anomaloochrascens
Weitere schöne, blaue Pilze zur Inspiration
sind bei den Caerulescentes zu finden.
Die hatten sich in den vergangenen Cortinarienwochen rar gemacht.
Diesmal waren sie da. Und wie!
Zuerst mal der Typuspilz aus dem Laubwald.
Er hat die charakteristischen weissen "Plaquen" auf dem Hut,
die ziemlich schnell ins Ockerliche ausblassen,
und sehr viel Velum, das beim Aufschirmen regelrechte Söckchen bildet.
Cortinarius caerulescens
Das eine Schwesterchen von C. caerulescens steht
als einzige der Gruppe im Nadelwald:
Cortinarius caesiocanescens
Das andere Schwesterchen von C. caerulescens
kommt wieder aus dem Laubwald und sieht im Vergleich
sehr hell und sehr kahl aus, und hat eine bittere Huthaut.
Verwirrend ist, dass sie sich über eine gerandete Knolle schlüsselt,
was sie in der Realität nie so wirklich ausgeprägt hat,
und gehört ebenfalls zu den Raritäten:
Cortinarius caesiostramineus
Das vierte Schwesterchen ist eine verwirrende Persönlichkeit.
Zumindest was die Einordnung in der Literatur betrifft.
Das folgende Bild ist keine Fehlbestimmung!
Cortinarius terpsichores ist eine sehr blasse Art.
Nur am Hutrand ist sie leicht bläulich. Sie gilbt.
Die dunkelviolette Art heisst heute Cortinarius eucaeruleus
(Wir beziehen uns dabei auf die Einordnung nach Funga Nordica,
andere Auffassungen sind selbstverständlich erlaubt).
Cortinarius terpsichores
Unten etwas blau, aus der Verwandtschaft von Cortinarius anomalus
ist der folgende, mit seinen roten Schuppen immer wieder hübsche Pilz:
Cortinarius spilomeus
Ein weiterer, wunderschöner blauer Pilz.
Er ist das Schwesterchen der Schleiereule, Cortinarius praestans,
mit ihrem wunderschönen, blauen Velum.
Allerdings wohnt sie im Nadelwald (auch wenn sie schon
ausnahmsweise unter Linde gefunden wurde).
Cortinarius cumatilis
So, war das genug Inspiration, das obige Rätsel zu lösen?
Es ist tatsächlich alles dieselbe Art!
Cortinarius Salor kann völlig ins Gelbe ausblassen im Alter.
Cortinarius salor
Nur im Schnitt blau ist die folgende Phlegmacie.
Sie steht im Buchenwald und hat als kleinen Gag
ein grünes, schleimiges Velum auf grünem Hut,
was das Ganze natürlich unsichtbar macht.
Es ist sehr bitter.
Cortinarius anserinus
Bei den gelben Klumpfüssen hatten wir auch eine neue Art.
Die vergangenen Jahre hatten wir ja öfters C. meinhardii.
Er gilt als tödlich giftig und wohnt im Bergnadelwald.
Hier also zuerst nochmals C. meinhardii:
Cortinarius meinhardii
Das Schwesterchen aus dem Laubwald hiesse C. splendens.
Mit etwas weniger leuchtendem, aber grünerem Fleisch,
was ihm auch den Namen Grünlings-Klumpfuss eingetragen hat,
ebenfalls aus dem Laubwald hatten wir die folgende Art.
Wenn die Farben nicht klar sind, kann man die Sporengrösse prüfen.
Sie sind bei C. citrinus deutlich kleiner.
Die Art ist auch seltener (im Bündnerland bisher nur 2 Einträge):
Cortinarius citrinus
Zur Ergänzung, einfach weil er so schön ist,
eine weitere gelbe Art, mit Geruch nach Banane oder Cox orange.
Sie gehört zur schwierigen Gruppe um C. mussivus,
die wir letztes Jahr ausführlich besprochen hatten.
Cortinarius percomis
Derzeit ein Massenpilz in den Bergen ist die folgende Art.
Frage: Um was handelt es sich, wenn man milchkaffeebraune,
grosse Phlegmacien findet, die vom Habitus her
sehr an Cortinarius elegantior erinnern?
Natürlich um diesen hier:
Cortinarius corrosus
Hier zum Vergleich Cortinarius elegantior,
mit seinem strohgelben, messingfarbenen bis caramelfarbenen Hut
und der schönen, zarten rosafarbenen KOH-Reaktion im Fleisch
und den charakteristischen, riesigen Sporen:
Cortinarius elegantior
Und hier nochmals zum Vergleich Cortinarius corrosus,
der Vergrabener Klumpfuss heisst, was man beim Aufnehmen begreifft.
Er ist häufig anzutreffen, aber anscheinend unbekannt
(die drei bisherigen Einträge im Bündnerland stammen von uns):
Cortinarius corrosus
Bei den schön sattgelben Arten mit lilafarbenen Lamellen,
bei denen man beim Aufnehmen pauschal an etwas aus den Calochroi denkt,
hatten wir sehr schöne, schwierige und faszinierende Kollektionen.
In der Literatur falsch beschrieben ist die KOH-Reaktion der folgenden Art.
Sie reagiert weder auf dem Hutrand noch auf dem Knollenrand.
Das Macel ist weisslich, der Knollenrand gelblich-braun
(nicht schwefelgelb!), der Stiel weisst kaum blaue Töne auf.
Cortinarius piceae
(Cortinarius callochrous var. coniferarum)
Sehr ähnlich, aber mit leuchtendgelben Mycelsträngen (s. Bild)
und lange blauer Tönung im Stiel und kräftigen Fruchtkörpern:
Cortinarius haasii
Der absolute Star aus der Gruppe ist diese Art hier:
Sie hat goldenes Velum am Knollenrand und heisst darum
zu Recht Goldstaub-Klumpfuss.
Auffallend ist die KOH-Reaktion, sie ist blitzschnell!
Gleich bei Berührung (auch mit nur 3% KOH!!!)
gibt es einen leuchtend blutroten Fleck!
Cortinarius aureopulverulentus
Aber es kommt noch toller!
Jung hat die Art auf dem Hut ein grau-violettes Velum universale,
dass abfällt und die schleimige, goldgelbe Schleimschicht freigibt.
Wie geil ist das denn!
So sieht das aus, wenn man den Pilz staunend in Händen hält:
Etwas langsamer ist die KOH-Reaktion bei dieser Art (ca. eine halbe Sek.)
und die Reaktion geht auch mehr ins Rosaliche:
Cortinarius barbarorum
Die folgende Art hat cremefarbene Lamellen
und ist zu Beginn für den Bestimmer nicht ganz einfach.
Sie muss nämlich über KOH-Reaktion ohne Rosa
am Knollenrand geschlüsselt werden, was verwirrend sein kann.
Der Pilz zeigt nämlich eine leichte Reaktion.
Der Hut ist gelblich, dunkelt jedoch vom Zentrum her schnell nach,
und bekommt oft radiale, geflammte Streifen.
Die Lamellen können leicht gesägt sein.
Die Sporen sind subglobos, pflaumenförmig, und sehr rauh.
Einfach kenntlich wäre die Art,
wenn man beim Aufnehmen die Stielbasis genauer betrachten würde,
sie ist nämlich charakteristisch pfeilartig zugespitzt.
Cortinarius caesiocortinatus
Bei den Arten aus der Sekt. glaucopodes
hatten wir dieses Jahr, wie auch die vergangenen Jahre
als Massenpilz C. dionysae, mit seinem heftigen Mehlgeruch,
dem geflammten Hut und dem schön gelben Velum am Knollenrand.
Cortinarius dionysae
Hier noch der Typuspilz, mit seinen charakteristisch kleinen Sporen
und dem verräterischen blauen, metallischen Schimmer in der Stielspitze:
Cortinarius glaucopus
Ein sehr hübscher Vertreter der Gruppe ist diese Art hier.
Er wächst bei Laubbäumen, hat eine auffallend ausgeprägte Knolle
mit Tendenz zum Wurzeln, dunklere Olivtöne und sehr reichliches Velum.
Cortinarius magicus
Bei der folgenden, kleinen, zierlichen Art
würde wohl kaum jemand an eine Phlegmacie denken.
Und doch ist es eine!
Die KOH-Reaktion auf dem Hut ist rotbraun, im Fleisch negativ.
Cortinarius gracilior
Wenn wir grad noch bei den Phlegmacien sind -
die folgende Art ist da drin auch etwas problematisch.
Sie erinnert eher an eine Telamonie, da sie kaum schleimig ist.
In der Literatur ist man sich auch nicht einig,
ob die Lamellen cremefarben oder aber jung violettlich sind,
entsprechend schlüsselt man sich da ins Niemandsland.
Schön ist er allerdings, der Fuchs-Dickfuss, und sein Schwesterchen,
subsp. pseudovulpinus, hat im Schnitt gilbendes Fleisch.
Unsere Kollektion hat auffallend dunkel-rotbraune Hüte.
Cortinarius vulpinus
Ähnlich ist die folgende Art, die sich leicht schlüsseln lässt,
und die wir die vergangenen Jahre genauer vorgestellt haben (siehe dort).
Cortinarius saginus
Ebenfalls aus den Cliduchi stammt der Namensgeber,
Cortinarius cliduchus, ehem. C. olidus,
der das Cover von Band 5 der "Pilze der Schweiz" ziert:
Cortinarius cliduchus
Bei den Phlegmacien der sect. variecolores
mit ihrer typisch heftigen, gelbgerandeten KOH-Reaktion im Fleisch
hatten wir dieses Jahr die kartoffelfarbene Variante
mit dem im Schnitt hübsch blauem Fleisch.
Er stinkt nicht so nach feuchtem Keller wie C. variecolor:
Cortinarius largus
Die folgende Art würde man wegend es schleimigen Hutes
bei den Phlegmacien vermuten, es ist jedoch eine Telamonie,
gut gekenntzeichnet durch die schönen Blautöne
und das heftig rötende Fleisch
Cortinarius cyanites
Wären wir bei den Telamonien angelangt?
Oh weh!
Uwe zweifelt oft an meinem Geisteszustand,
wenn ich kleine, braune Telamonien aufnehme,
und seine "Lass-das-bleiben"-Ratschläge ignoriere.
Ich nenne ihn dafür einen Feigling, wenn er mir nicht helfen will,
bei meinen (zugegeben meist aussichtslosen und oft sehr fragwürdigen)
Bestimm-Versuchen...
(vielleicht ist Uwe einfach ein bisschen vernünftiger als ich).
Bei den folgenden Arten, sind wir uns jedoch einig,
dass die Bestimmung so einigermassen gelten darf.
Wenn man eine hübsch orangene Telamonie aufnimmt,
die an getrocknete Aprikosen erinnert
(und darum bei der Sect. armeniaci "versorgt" werden könnte),
wenn sie dann noch langstielig ist und subglobose Sporen hat,
dann darf man dem Pilzchen getrost Illuminus sagen.
Cortinarius illuminus
Wenn man eine braune Telamonie aufnimmt,
die im Hutzentrum grauslich schwärzlich nachdunkelt,
dann darf man getrost an die Sect. sordescentes denken.
Cortinarius sordidemaculatus
Wenn man eine schon von Anfang an sehr dunkle Telamonie aufnimmt,
und sie ein hübsch weisses, oft schräges Bändchen am Stiel hat,
mit auffallend entferntstehenden Lamellen,
dann darf man ihr getrost Brunneus sagen.
Cortinarius brunneus
Wenn man kartonfarbene Telamonien aufnimmt, wird es schon schwieriger.
Sect. malachii ist dann schon eine Option, aber man muss sauber schlüsseln,
und oft bleiben halt zu Recht heftige Zweifel.
Wenn das Fleisch in der Stielspitze violettlich ist,
darf man dem Pilzchen allerdings getrost Malachius sagen.
Cortinarius malachius
Die Telamonien werden allerdings immer noch sequenziert,
und vielleicht sind die obigen Bestimmungen bereits überholt.
Gut kenntlich ist jedoch die folgende Art,
mit ihrer wunderschönen Hutoberfläche,
die im Wald schon von weitem warm leuchtet
und nichts anderes (Name!) als eine untergehende Sonne bedeutet!
Das Fleisch muss allerdings im Stiel violett sein, sonst ist es C. laniger.
Cortinarius solis-occasus
Ebenfalls gut kenntlich sind die "Stockschwämmchen",
Cortinarien ohne Cortina, die häufig sind, aber wohl oft übersehen werden.
Cortinarius renidens
Cortinarius rubicundulus gehört zu den wenigen Cortinarien,
die über auffallende Zystiden verfügen.
Er hat deutlich gilbendes Fleisch, wie C. bolaris,
und ist doch einfach eine Schönheit, oder?
Cortinarius rubicundulus
Ob es die folgende Art wirklich gibt, weiss ich nicht,
es wäre die Nadelwaldform des leicht kenntlichen C. turgidus:
Cortinarius turgidoides
Eindeutig ist jedoch die folgende Art, die etwas rötet,
kaum schleimig ist, und doch zu den Phlegmacien gehört,
auch wenn sie völlig als Telamonie daherkommt:
Cortinarius fraudulosus
Grosse Freude machte der folgende, wunderhübsche Fund,
ein Pilz mit leuchtend roter Stielbasis
(leider auf dem Bild schlecht zu sehen):
Cortinarius bulliardi
Die Art gehört zu der Sect. cinnabarini,
in der auch der Namensgeber versteckt ist, C. cinnabarinus.
Er war früher bei den Hautköpfen, Dermocybe, eingeordnet,
aber Hautköpfe sollten nun mal nicht hygrophan sein.
Cortinarius cinnabarinus
Der Doppelgänger von C. limonius, der aber im Sauren wächst,
ist C. callisteus, mit seinem "Lokomotivengeruch".
Wer sich darunter nichts vorstellen kann:
Geruch nach heisser, öliger Maschine, heissem Metall.
Cortinarius callisteus
Den folgenden Pilz lässt Uwe noch sequenzieren.
Man gelangt beim Schlüsseln immer wieder zu C. populinus,
auch wenn er etwas merkwürdig aussieht, dafür.
Die Art gehört zu den Cliduchi, und sie stand unter Birke statt Espe
(was sie jedoch laut Funga Nordica gern darf).
Jedenfalls ein faszinierendes Teil, das uns beschäftigt hat:
Cortinarius populinus?
Damit die Rauhköpfe nicht zu kurz kommen:
Er sieht aus wie ein farbverfälschter C. violaceus,
stinkt nach Rettich, hat einen plüschigen Hut,
kommt aus dem Laubwald und ist sehr hübsch:
Cortinarius cotoneus
Das Schwesterchen kommt aus dem Nadelwald,
hat dunkle Schuppen auf dem Hut
und riecht nach Petersilie:
Cortinarius melanotus
So, das wär's denn bald.
Die anderen Arten könnt Ihr bei den Berichten
der vergangenen Jahre nachlesen.
Vielleicht lädt Uwe ja noch die ganze Fundliste hoch.
Ach ja, weil er so schön ist, ein Schleimfuss:
Cortinarius trivialis
Und hier noch ein Rätsel.
Was zeigt das folgende Bild?
(Vorsicht, Falle!)
Die Fotos sind von mir,
die schönen Standortfotos sind jedoch von unserem
geduldigen, unermüdlichen Mentor Uwe Winkler,
dem wir hier nochmals unseren lieben Dank aussprechen.
Wie kann man nur so viele Cortinairen auswendig im Kopf haben?
Du erstaunst mich immer wieder...
Und an Euch:
Danke fürs Interesse!
Euer getreuer Harald Andres