Cortinarie aber dann komme ich nicht weiter

Es gibt 12 Antworten in diesem Thema, welches 3.036 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Maria.

  • Hallo Ihr Lieben,


    hier komme ich gerade nicht wirklich weiter. Vielleicht etwas in Richtung Klumpfuß? Ich nenne einfach noch ein paar Daten:

    10.10.2019, Altmühltal, Mischwald an der Grenze zwischen Rotbuchenwald und Fichtenwald am Fusse einer, soweit ich mich erinnere, Fichte. Geruch für mich widerlich aber ich kann nicht sagen nach was der Pilz riecht. Höhe des kleineren Pilze ca. 8,5 cm, Hutdurchmesser ca 4,5 cm. Huthaut abziehbar. Weder Hut noch Stiel sonderlich schmierig/schleimig (es hatte stark geregnet aber dennoch).


    Das Fleisch zeigte eine leichte Lila-Blautönung welche auf den Fotos leider nicht richtig gut zu sehen ist. Gelbfärbung am Stiel außen.


    Vielen Dank für Eure Unterstützung.


    Liebe Grüße


    Maria






  • Hallo Maria,

    Hast du mittlerweile etwas Lauge da ?

    Falls du Abflussfrei hast, kannst du davon etwas in Wasser lösen

    Ich könnte mir vorstellen das der Pilz mit der Lauge blitzartig blutrot verfärbt

    Falls ja, hast du den Goldstaub Klumpfuß , C. aureopulverulentus gefunden

    Ein recht seltene Art bei Fichte auf Kalk

    Gruß

    Uwe

  • Hallo Uwe,


    nein, ich hatte noch keine Gelegenheit mir etwas zu besorgen aber ich glaube, Bio-Ablussfrei habe ich noch da. Ob dies allerdings auch funktioniert? Keine Ahnung was da für Stoffe drin sind. Aber ich kann es ja einmal probieren und dann berichten.


    Liebe Grüße


    Maria

  • Hallo Uwe,


    der Pilz wird richtig schön lavendel-lila aber nicht blutrot. aber wie schon gesagt, es handelt sich um Bio-Ablussfrei und auf der Flasche ist nur eine einzige Zutat aufgeführt - Natriumthioglykolat, was auch immer dies ist.


    Jedenfalls habe ich nur den halben Pilz der Prozedur ausgesetzt, den anderen halben Pilz habe ich noch und den könnte ich auch trocknen ;)

    Liebe Grüße


    Maria

  • Hallo Maria

    Ob das damit geht, habe ich noch nicht probiert

    Das kristalline Abflussfrei ist Natronlauge und die funktioniert

    Du kannst mir den Pilz gerne schicken, dann mikroskopieren ich ihn, damit lässt sich die Art wohl auch bestimmen

    Ich schick dir die Adresse per per privat Message

    Gruß

    Uwe

  • Hallo Uwe,


    dann werfe ich einmal mein Trockengerät an. Aber, und dies ist mir wichtig! - wichtig für mich ist nicht unbedingt die genaue Art heraus zu bekommen, auch wenn sie noch so selten ist, sondern "einen Fuß in die Türe" zu bekommen. Also zu erkennen, dies ist ein Pilz der geht in die Richtung xyz. Und wenn ich dies dann einmal erkennen kann, zumindest annähernd, dann noch zusätzlich zu erkennen, "oh, dies scheint wir jetzt etwas ganz Tolles zu sein", also dies zu erkennen, erscheint mir dann schon wieder das ganz große Glücks-Los zu sein. Ich will damit sagen, wegen mir muss dieser Pilz nicht mikroskopiert werden. Ich bin schon einmal richtig glücklich in die evtl. richtig Richtung gedacht zu haben.

    Ich trockne den Pilz jetzt einmal und Du entscheidest einfach :)


    Liebe Grüße


    Maria

  • Hallo Maria (und alle anderen, die von der derzeitigen Cortinarienvielfalt fasziniert sind),

    den Fuß in die Tür bekommst du nur mit geeigneter Literatur. Potenziell ungeeignet sind alle gängigen 200-Arten-Pilzbücher, aber leider auch größere "Pilzbilderbücher" wie z. B. der 1200-Pilze-Führer von GERHARDT (BLV-Verlag) oder die 1200 Pilze von DÄHNCKE (AT-Verlag) oder das 123Pilze-Buch. Besser geeignet sind Pilzbücher, die von ausgesprochenen Cortinarius-Auskennern verfasst sind. Z. B. BON/Pareys Buch der Pilze, GMINDER/Handbuch für Pilzsammler oder GMINDER/GPBW-Flora Band 5.

    Gerade die Cortinarius-Schlüssel in GPBW Band 5 oder im BON finde ich persönlich sehr intuitiv und erhellend, um einen Fuß in die Tür zu bekommen, auch wenn das dem "Stand der Wissenschaft" nicht so entsprechen mag wie z. B. die Funga Nordica.

    Grob gesprochen muss man darauf achten, ob der Hut schleimig und der Stiel trocken ist (Phlegmacien) - an dieser Stelle bist du beim Semmelgelben Schleimkopf falsch abgebogen, denn der hat einen trockenen Stiel -, ob Hut und Stiel schleimig sind (Schleimfüße), ob Hut und Stiel trocken sind und Hygrophanität vorliegt (Telamonien), ob keine Hygrophanität vorliegt (Leprocyben), ob die Lamellen auffallend freudig im Farbton sind und sich die Farbstoffe durch Spiritus auf einem weißen Taschentuch lösen lassen (Dermocyben).

    Innerhalb der Phlegmacien muss man als nächstes auf die Kombination aus Hutfarbe und Farbe der jungen Lamellen (grün bis gelb, blau bis lila, tonblass bis beige, grau) achten, um etwa in GMINDERS Untergattungen/Sektionen zu kommen. Bei Funga Nordica und BON steht am Anfang das Merkmal, ob der Fuß nur einfach verdickt ("Schleimkopf") oder gerandetknollig ("Klumpfuß") ist, danach geht es gleich mit den makrochemischen Reaktionen (KOH, Lugol) weiter.

    Bei den Schleimfüßen muss man auf vorhandene oder nicht vorhandene Bitterkeit des Hutschleims achten, um bestimmungsmäßig weiterzukommen - also Geschmacks-(Leck-)probe. Da die schlimm giftigen Cortinarien sich nicht unter den Schleimfüßen befinden, darf man das.

    Bei den Leprocyben ist der Geruch sehr wichtig. Es gibt da ganz krasse Gerüche, z. B. nach Petersilie oder nach Dampflokomotive.

    FG

    Oehrling

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

  • Vielen Dank Stephan,


    eine wie ich finde tolle Übersicht!


    Über den GPBW Band 5 versuche ich gerade weiter zu kommen. Und wenn ich dann zuhause versuche zu schlüsseln, dann entdecke ich bei den einzelnen Untergattungen / Pilzen meistens neue Merkmale auf die man achten könnte, muss aber meistens erst einmal nachlesen, was die Fachbegriffe denn eigentlich bedeuten - Hygrophanität z. B. ;) (Und dann stellt sich mir die Frage, wie man dies erkennt.) Oder auch die Knollen - also so eindeutig finde ich die oft nicht ... Oder gestern waren da unter anderen noch welche mit Schüppchen, da bin ich mir überhaupt nicht sicher ob dies überhaupt Cortinarien waren ... Probieren oder lecken werde ich erst einmal nicht, da ich mir absolut nicht sicher bin in welcher Untergattung ich mich eigentlich bewege - dies werde ich erst dann, wenn ich sicher bin bzw. wenn von Euch ein entsprechender Hinweis kommt. Vielleicht bin ich da aber auch zu ängstlich.

    Jedenfalls habe ich beschlossen mir bei einem Pilzgang nicht mehr wie drei verschiedene Cortinarien genauer anzusehen, zu versuchen diese zu schlüsseln, Euch erst danach zu fragen und die daraus resultierenden Ergebnisse wieder nachzuschlüsseln / nachzulesen. Und so hoffe ich einfach nach und nach und mit der Zeit etwas mehr zu verstehen. Und da helfen zum jetzigen Zeitpunkt Texte und Erklärungen wie der deinige ungemein!


    Liebe Grüße


    Maria

  • Hallo Maria

    Das ist sicher eine gute Idee und Öhrling hat dir ja schon entsprechende Tips gegeben

    Konkret zum letzten Pilz:

    Aufgrund der gerandete Knolle und dem Schleimigen Hut kommst du direkt in die Gruppe Phlegmacium ( Klumpfüsse, Schleimköpfe)

    Gerandete Knolle , Lamellen mit Blauanteilen und gelben Hüten führt in die Sektion Calochroi ( die Schönfarbigen)

    Diese grosse Gruppe (ca. 100 Arten in ME)

    zeigt bei manchen Arten eine auffällige Laugenreaktion auf den Hut und/oder Knolle und/oder Basalmycel

    Diese und andere Merkmale sind Bestimmungsrelevant

    Dein Pilz hat sich mit "Abflussfrei" verfärbt, also bist du bei einem Klumpfüsse aus der Calochroi Gruppe mit Laugenreaktion

    Mehr lässt sich bis dahin nicht sagen

    Wenn du mir den getrockneten Pilz schickst,

    bekommst du eventuell noch die Art

    Meine Adresse hab ich dir per Mail geschickt

    LG

    Uwe

  • Hallo Maria,

    klasse Anfrage, die wieder einmal echtes Weiterbildungs-Interesse zeigt! Sich einfach nur die Art verraten lassen, ist einfach, aber nicht nachhaltig. Man muss die alten Hasen bitten, laut zu denken. Der schwierigste Schritt ist tatsächlich, den Fuß in die Tür zu bekommen (Oehrlings Orientierungspunkte), um den dahinterliegenden Raum selbst sortieren und ausschmücken zu können.


    Ein krönender Abschluss wäre doch jetzt, Uwes Angebot anzunehmen und ihn zu bitten, uns seinen Weg durch den Schlüssel zu erklären - ich fänd's spannend :)

  • Liebe Verena, Lieber Uwe,


    Ja natürlich nehme ich Uwes Angebot an. Ich finde dies so richtig Klasse Uwe! Deine Mail habe ich gerade gesichtet und auch bereits beantwortet


    Danke für Deine Worte Verena. Absolut toll ist für mich immer, wenn fachkompetente Pilzfreunde hierher kommen und mir vor Ort vieles erklären - irgendwie bin ich ein Mensch der mit allen Sinnen viel leichter und besser lernt, sich die Dinge besser einprägen kann. Und vielleicht geht dies ja auch einmal mit den Cortinarien ...


    Liebe Grüße


    Maria