Hallo zusammen,
weil Prüfungen immer unberechenbar sind und es nicht verkehrt ist zu wissen, was einen erwartet, habe ich einmal aufgeschrieben, wie meine Prüfung zur Pilzsachverständigen abgelaufen ist.
Ich habe meine Prüfung im Anschluss an einen F2 (Fortgeschrittenen-2)-Pilzkurs in Oberhof bei Andreas Gminder abgelegt. Die Prüfung entspricht dem DGfM-Standard und berechtigt, als Pilsachverständige/r tätig zu werden. Die Prüfungskommission besteht aus drei Personen. Zwei pilzsachverständigen Beisitzern und einem Prüfer (in diesem Fall Andreas Gminder). Die Prüfung selbst besteht aus zwei Teilen - einer schriftlichen und einer mündlichen Prüfung mit zwei praktischen Teilen. Ich habe von den zu bestimmenden Pilzen bei der mündlichen Prüfung mit Zustimmung der Prüfungskommission je ein Foto gemacht und versuche anhand der Bilder den Prüfungsablauf zu rekapitulieren und nachvollziehbar zu machen. Wobei ich mich nicht hundertprozentig erinnern kann, da ich ziemlich unter Stress stand. Sicher wird jeder Prüfer seinen eigenen Stil haben, die Grundsätze, nach denen geprüft wird, sollten aber gleich sein.
Bei der schriftlichen Prüfung werden von den insgesamt 582 Fragen, die neben allem Anderem, was wichtig ist für die Prüfungsvorbereitung auf der Website der DGfM stehen, ca. 20 oder 25? Fragen ausgewählt. Diese Fragen werden dem Prüfer erst kurz vor der Prüfung zur Kenntnis gegeben. Nicht alle der zur Zeit auf der Website stehenden Fragen werden geprüft. Die Liste der Fragen befindet sich in der Überarbeitung. Die Prüflinge haben eine Stunde Zeit für die Beantwortung. Andreas Gminder kontrolliert die Prüfungsbögen unmittelbar nach der Prüfung, so dass man nicht ewig zittern muss. Es müssen nicht alle Fragen vollständig beantwortet werden, aber wenn mehr als 25% der Fragen nicht oder falsch beantwortet werden, wird es eng. Wenn die Mindestpunktzahl deutlich unterschritten wird, ist der zu Prüfende durchgefallen und es findet keine mündliche Prüfung statt.
Vorbereitung auf die schriftliche Prüfung:
Als ich versucht habe, die Prüfungsfragen allein für mich zu beantworten, bin ich bald an meine Grenzen gestoßen. Da werden beispielsweise hintereinander jeweils die fünf Merkmale der verschiedenen Pilz-Gattungen abgefragt. Bei Clitocybe hat mein innerer Schweinehund gestreikt. Im letzten Jahr im Spätherbst haben wir das Thema PSV-Prüfung hier im Forum diskutiert. Daraus wurde die Idee geboren, in einer Lerngruppe im Rahmen der Konversation die Prüfungsfragen zu diskutieren. Craterelle war so lieb und hat die Vorbereitungsarbeit geleistet, also die Fragen in eine Exeltabelle eingetragen und die Reihenfolge gemischt, damit es nicht so eintönig wird. Dann hat sie alle Forumsmitglieder eingeladen, die Lust hatten, die Prüfungsfragen zu diskutieren. Wir haben jeweils Blöcke von fünf Fragen diskutiert, damit es nicht unübersichtlich wird. Irgendwann hatte es sich so eingependelt, dass wir die 5 Fragen jeweils 1-2 Tage diskutiert haben bevor wir uns den nächsten zugewandt haben.
Die praktische Prüfung beinhaltet zwei Teile. Im ersten Teil der praktischen Prüfung werden verschiedene Pilze unterschiedlicher Gattungen auf einem Tisch ausgelegt. Der zu Prüfende soll die Gattungen benennen, denen die Pilze zuzuordnen sind und wird natürlich auch zu den Arten gefragt.
In der Praxis sah das bei mir so aus:
Bevor es zur mündlichen Prüfung ging, erklärte mir Andreas, an welchen Stellen mir Punkte bei der Beantwortung der Schriftlichen Prüfung abgezogen wurden. Es waren dreieinhalb von 54. Mir fallen die Fehler erst nach und nach wieder ein, weil ich zu diesem Punkt nicht richtig aufnahmefähig war. In Prüfungen habe ich offenbar blockierte Synapsen. Das wusste ich gar nicht, die letzte ist schon etwas länger her.
Einmal hatte ich einen Pilzsammler, der mit einem Ziegenfußporling zur Beratung kommt lediglich auf den Schutzstatus nach der Bundesartenschutz-VO hingewiesen und vergessen, ihm mitzuteilen, dass man den essen kann.
Dann hatte ich bei den fünf Merkmalen des Scheidenstreifling ein Merkmal doppelt aufgeschrieben, also Velum universale und lappige Volva. Die Frage nach den Hyphen hatte ich unzulässig verkürzt beantwortet und dann war noch irgend etwas, woran ich mich auch jetzt noch nicht erinnern kann.
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Bei mir sah der Tisch so aus:
v.l.n.r.
1. Reihe: Natternstieliger Schneckling, Bärtiger Ritterling, weiße Form des Gelben Knollenblätterpilz, Violetter Rötelritterling
2. Reihe: Heideschleimfuß, Maronenröhrling, Täubling, Olivbrauner Holzritterling
3. Reihe: Schüppling, Veilchen-Rötelritterling
Die Aufgabe war es, die Pilze den jeweiligen Gattungen zuzuordnen. Es hätte wohl gereicht, sie als Wulstling, Leistling, Rötelritterling, Wachsblättler etc. zu identifizieren. Ich habe den Fehler gemacht, die Namen der Pilze einfach von oben bis unten durchzurattern, ohne sie wirklich genau zu betrachten oder gar in die Hand zu nehmen. Da ich bei dem Weißen Knollenblätterpilz unsicher war, habe ich den für den Schluss aufgehoben. Bei dem ersten Pilz der zweiten Reihe sah ich zunächst einen Wiesenellerling, weil ich herablaufende breite Lamellen zur sehen glaubte (die Brille taugt nichts mehr). Zu meiner Ehrenrettung kann ich nur anmerken, dass er in natura wesentlich heller wirkte, als auf dem Foto. Als Andreas sagte, ich solle ihn mir doch erst einmal richtig ansehen, bemerkte ich meinen peinlichen Fehler. Was ich für herablaufende Lamellen gehalten hatte, erwies sich als Cortina. Was lernt hier jeder im Forum? Richtig! Pilz nur von oben ist wie Käfer nur von unten. Beim Blick unters Röckchen war klar: ein Cortinarius, beim Anfassen: ein Schleimfuß. Auf den Heide-Schleimfuß kam ich allerdings nicht, weil ich den noch nicht kannte. Der Täubling war klar. Mehr wollte Andreas hier nicht wissen, klar auch die Trompetenpfifferlinge, unten rechts den Violetten Rötelritterling habe ich nach einigem Überlegen herausbekommen/geraten, aber unten links hatte ich fälschlicherweise Grünblättrige Schwefelköpfe statt der Schüpplinge gesehen. Peinlich, dabei sieht man die Schüppchen sogar auf dem Foto, aber das war glücklicherweise kein KO-Kriterium. Bei dem Weißen Knollenblätterpilz halfen mir dann letztlich die abgesetzte runde Knolle und der Geruch. Ich durfte vorsichtig am Stiel kratzen. Kartoffelkeller, also der Gelbe. Dann war auch der Drops gelutscht.
Im zweiten Teil der praktischen Prüfung ist der berühmte Pilzkorb dran. Es wird eine Pilzberatung simuliert, bei der die Prüfungskommission dem Prüfling einen Korb mit buntem Allerlei übergibt. Der Prüfling soll den Korb sortieren und die Ratsuchenden (Prüfungskommission) beraten. Dabei kann es durchaus vorkommen, dass die Prüfer so reagieren, wie Pilzsammler im richtigen Leben und sich die nicht genießbaren oder giftigen Pilze nur ungern ausreden lassen. Dann muss man nicht nur in Essbare und Giftige sortieren, sondern auch überzeugen und begründen. Es gilt der Grundsatz: Wer einen Giftpilz zum Essen freigibt, ist durchgefallen. Einen Pilz den man nicht kennt, nicht freizugeben, ist hingegen kein Problem. Der Schluss, dass es demzufolge am sichersten wäre, gar keinen Pilz zum Essen freizugeben, um die Prüfung zu bestehen, trifft allerdings nicht zu. Das wird wohl nicht funktionieren.
Das war mein Pilzkorb mit 20 Pilzarten, die leider nicht alle zu sehen sind:
Ich weiß leider nicht mehr genau, was alles im Korb lag. Ich erinnere mich an den Brandigen Ritterling, den Erdritterling, Mehlräslinge, ein dem Mehlräsling zum Verwechseln ähnlichen, etwas anders riechenden Trichterling - oder es war ebenfalls ein Mehlräsling mit unspezifischem Duft,
einen gilbenden Champignon, Gifthäublinge, eine Marone, Stockschwämmchen, einen Birkenpilz, einen Steinpilz, zwei Trompetenpfifferlinge, einen Birkenpilz, einen Täubling, einen halben gelben Knollenpilz und dann weiß ich nicht weiter.
Zunächst legte ich die essbaren Arten auf einen Haufen, die giftigen auf einen zweiten. Ein von mir aufgetürmtes drittes Häuflein mit überständigen Pilzen - egal ob essbar oder giftig - gefiel den Prüfern nicht. Also hab ich die zu den nicht freizugebenden gelegt. Dann habe ich die beiden Häuflein noch einmal untersucht und festgestellt, dass der Birkenraufuß seine besten Tage hinter sich hatte. Er war ziemlich weich und roch nicht mehr gut, also habe ich ihn ebenfalls aussortiert. Dann habe ich meine Entscheidung für jeden Pilz begründet. Wir durften die Pilze nicht zerbrechen oder probieren. Beim Täubling habe ich deshalb gefragt, ob er scharf ist. Die Antwort war ja, also habe ich die Täublingsregel erklärt und ihn aussortiert. Am Ende blieben nur sehr wenige essbare Pilze übrig: Champignon, Steinpilz, Marone und zwei Trompetenpfifferlinge. Daraufhin stellten die Prüfer fest, dass das ja nur eine sehr kleine Mahlzeit geben würde und schlugen vor, ich solle den Brandigen Ritterling freigeben. Das lehnte ich ab. Ich begründete, dass ich zwar nur beraten und nicht verbieten könne, aber sehr dringend vom Verzehr giftiger Pilze abrate, weil Giftpilze unangenehme bis tödliche Erkrankungen verursachen können und es sich nicht lohnt, die Gesundheit für eine Pilzmahlzeit aufs Spiel zu setzen. So schön formuliert war das gewiss nicht und ich habe auch die Details nicht mehr genau in Erinnerung. Aber im Großen und Ganzen ist die Prüfung so abgelaufen.
Wenn schließlich alles beraten und sortiert ist, darf der Prüfling den Raum verlassen und die Kommission berät. Bei günstigem Verlauf gratulieren einem die Prüfer, wenn die Tür wieder geöffnet wird.
Ich hatte das Glück, es so zu erleben und eine Urkunde zu erhalten nebst Begleitschein, mit dem ich einen PSV-Ausweis beantragen kann, wenn ich das möchte.
Vorbereitung auf die praktische Prüfung
Hier wird sicher jede/r seinen eigenen Weg des Lernens beschreiten. Mir hat geholfen, regelmäßig im Pilzforum mitzulesen, vor allem aber auch die Pilzkurse (F1 und F2) waren für mich unverzichtbar, um überhaupt die für Anfänger unüberschaubaren Gattungen zu begreifen. Anfangs war es für mich als Röhrlings-, Täublings- und einige wenige Lamellenpilzarten-Sammlerin mit sehr dürftigen Kenntnissen der Giftpilze schwer vorstellbar, dass ich mir auch nur annähernd einen groben Überblick über diese Pilzgattungen verschaffen würde. Dabei hat mir der F1-Kurs sehr geholfen. Da ich hier vor Ort keine Gelegenheit habe von Pilzkundigen zu lernen, bin ich in die Thüringer Arbeitsgemeinschaft Mykologie eingetreten. Da gibt es Arbeitstreffen und Exkursionen, bei denen Experten etwas zu den Pilzen sagen können. Das ist wesentlich effektiver als das Lernen aus Büchern, wenngleich mir der "Grundkurs Pilzbestimmung" durchaus den Irrgarten ein wenig gelichtet hat, wie auch das "Handbuch für Pilzsammler" von Andreas Gminder zur Erläuterung der Gattungsmerkmale und Habitate eine große Hilfe war.
Wer Pilze mag und wer sich richtig auf sie einlässt, wird einen Weg finden, die Prüfung zum/zur PSV abzulegen. Sicher wäre die Prüfung für viele hier im Forum mit langjähriger Pilzspezialisten-Erfahrung keine allzu große Anstrengung, aber für durchschnittlich begabte Pilzbegeisterte ohne naturwissenschaftlichen Hintergrund wie mich, war sie schon eine Herausforderung. So eben mal nach dem ersten Pilzkurs die Prüfung ablegen, dürfte nur in Ausnahmefällen funktionieren. Es ist übrigens kein Beinbruch, wenn die Prüfung im ersten Anlauf nicht klappt. Man kann es ja erneut probieren. Mit guter Vorbereitung sollte das aber nicht nötig sein. Ihr wisst ja, Erfolg ist planbar.
Für mich jedenfalls steht fest: Das war meine letzte Prüfung - noch einmal setze ich mich solchem Stress und tagelangem Morchella-Syndom nicht aus.