Nach den ersten zwei Themen übers Einsalzen von Täublingen und Reizkern habe ich versprochen noch das traditionelle Einsalzen der scharf schmeckenden Milchlingen zu beschreiben. Leider hat es lange gedauert bis ich genug Pilze hatte um das ganze zu dokumentieren. Im Jahr 2018 war es so schlimm mit der Hitze dass ich gar keine Pilze eingesalzen habe - es gab weder genug Täublinge noch genug Milchlinge. Jetzt ist es so weit, das Pilzjahr 2019 rockt, die ersten Salz-Pilze sind schon verzehrfertig und sind sehr sehr gut gelungen. Hier ist also der abschließende Teil III:
Milchlinge (Lactarius) mit scharfer Milch einsalzen/silieren nach russischer Art
Siehe auch:
- Teil I: Täublinge Einsalzen/Silieren nach russischer Art
- Teil 2: Reizker einsalzen / silieren (Pilze einsalzen nach russischer Art Teil II)
Die Zubereitung
Ich beschreibe hier die ganz klassische so genannte "kalte Methode", also ohne Abkochen! So bekommt man die besten Ergebnisse bei Milchlingen.
Ich würde sagen dass man mindestens 1 Kilo von am besten noch ganz jungen knackigen Milchlingen finden muss um mit dem Einsalzen anzufangen.
Lactarius zonarius (bzw. eine nah verwande Art) in einer Eichenschonung, August 2019:
Die Gesamte Ausbeute:
1) Putzen
Die Pilze werden nass geputzt. Dafür kommen sie am besten gleich ins kalte Wasser, bspw. im Spülbecken, Schüssel oder Eimer zum einweichen.
Nach ein paar Stunden kann man sie gut putzen, die großen Pilze halbieren, bzw. vierteln oder achteln, und dann kann das Wässern beginnen.
Inhalt des Korbes auf dem Bild oben beim Putzen im Spülbecken mit Wasser:
2) Wässern
Das Wässern ist obligatorisch, da dabei die Schärfe reduziert wird und die Pilze "gelockert" werden. Oder Wässern geht es bei scharf schmeckenden Milchlingen überhaupt nicht.
Es ist ganz einfach - die Pilze müssen vollständig im Wasser sein, gekühlt sein (im Kühlschrank!), und zweimal am Tag wird das Wasser gewechselt. Das wars schon.
Je nach Art muss man die Pilze zwei bis fünf Tage lang wässern. Die weicheren kleineren Birken-Milchlinge (L. torminosus und L. pubescens) brauchen 2-3 Tage, der riesige und sehr feste Wollige Milchling (L. vellereus) braucht fünf Tage. Die Pilze sind ausreichend gewässert, wenn sie erstens sichtbar geschrumpft sind und zweitens spürbar elastischer geworden sind. Lieber ein Tag länger Wässern als ein Tag weniger. Nach 5 Tagen ist aber für alle Lactarius Arten Schluss mit Wässern.
Ich habe zum Wässern einen großen Topf benutzt der in mein Kühlschrank reinpasste. Hier ist dieser Topf beim Wasser wechseln am Abend (oben lag noch ein Teller mit Gewicht obendrauf um die Pilze unter Wasser zu halten):
3) Einsalzen
Wasser wird nach dem letzen Wässerungsvorgang abgegossen und die gewässerten Pilze abgewogen, um die Menge Salz zu berechnen. Die Salzmenge soll exakt 50g pro Kilo Pilze sein!
Dann Salz abwiegen und die Pilze mit Salz und Gewürzen im Glas oder Gärtopf schichten. In der Realität werden übrigens oft Plastikeimer verwendet, ich persönlich mag große Bügelgläser.
Die Pilze müssen komplett unter Salzlake sein und kein Luftkontakt haben! Genau so wie bei Sauerkraut benutzt man dafür einen Teller oder irgendeinen Deckel obendrauf und beschwert das ganze. Falls die Flüssigkeit danach nicht genug nach oben kommt, um die Pilze komplett zu bedecken, kocht man 5%-ge Salzlake zu und gibt sie einfach dazu. Dafür muss man einfach 1 Liter Wasser mit 50g Salz aufkochen und abkühlen lassen.
Meine bevorzugte Gewürze sind:
- Knoblauch (ca. 4g-Zähe pro kilo Pilze), geviertelt bzw. in wenige Stücke gehackt
- Dill, und zwar Stängel und Blüten, besser frisch aber getrocknet geht auch
- Lorbeerblätter
Optional werden traditionell auch die Blätter der schwarzen (nicht der roten!) Johannisbeere oder Eichenblätter verwendet.
Hier sind nicht die Pilze von den Bildern oben sondern von einem anderen Tag (ebenso im August 2019) zu sehen. Es sind die bereits gewässerten Schöne Zonenmilchlinge (Lactarius zonarius), evtl. Queraderige Milchlinge (Lactarius acerrimus) sowie wenige Weißtäublinge (Russula delica). Es ist durchaus erlaubt verschiedenste Milchlinge und sogar Täublinge zusammen zu Wässern und dann im Gärbehälter zu mischen!
Die Gewürze: Lorbeerblätter, Dill (getrocknete Blüten), Knoblauch + grobes Steinsalz (abgewogen, 50g pro 1kg Pilze):
Alles zusammen im Glas geschichtet und beschwert, so dass die Salzlake alle Pilze gut bedeckt. Fertig zum fermentieren!
4) Gären lassen
Den Behälter mit Pilzen kalt stellen! Kühlschrank eignet sich ganz gut dafür. Zimmertemperatur geht überhaupt nicht.
Die Pilze werden milchsauer vergoren, wodurch sowohl die chemische Zusammensetzung als auch der Geschmack und die Konsistenz auf natürliche Art und Weise stark verändert wird. Kleinere und weichere Pilze brauchen auch hier weniger, so ca. 35-40 Tage. Die festeren größeren Pilze (wieder Wolliger Milchling als Beispiel!) brauchen mindestens 40-50 Tage. Wer sich nicht sicher ist, wartet einfach 50 Tage lang - da kann man nichts falsch machen.
Wer einen verschlossenen Behälter (Bügelglas) nutzt, soll ihn von allen in den ersten zwei Wochen täglich kurz öffnen, weil sich dort durch die Gärung Kohlenstoffdioxid bildet, der raus soll. Ansonsten entsteht ein Druck im Glas und der Geschmack leidet. Es ist genau so wie bei Sauerkraut oder beim "Neuer Wein". Öffnet man das Glas nicht ab und zu, passiert dieselbe Sauerei wie mit einem vergessenem, geschlossenem Behälter mit dem "Neuer Wein"...
Weiterhin soll man alle paar Tage schauen, ob sich ein weißer Film aus Kahmhefe auf der Oberfläche bildet. Falls ja, dann ist das ganz normal, mann kann ihn mit einem sauberen Tuch von den Glaswänden und von der Oberfläche der Salzlake großeils entfernen.
5) Essen
Mann kann die Pilze nach 30-50 Tagen aus dem Glas direkt essen. Besser ist es sie zuerst für 5 Minuten ins kalte Wasser zu legen - dadurch wird die große Menge Salz reduziert. Noch besser ist es sie wie ein Salat mit Saueren Sahne oder Schmand, Frühlingszwiebeln und Knoblauch zuzubereiten
Nach vier Wochen haben wir angefangen die Pilze zu essen (und auch zu verschenken). Sechs Wochen später sind die Gläser bereits so, halb leer:
(in allen Gläsern sind die Milchlinge, höchstwahrscheinlich ausschliesslich L. zonarius und L. acerrimus. Im Glas links sind auch ein paar Weißtäublinge dabei, im Glas rechts auch weitere Täublingsarten dabei, u.a. Schwarztäublinge)
Die fermentierten Schönen Zonen-Milchlinge aus dem Korb auf den Bildern ganz oben, sechs bis sieben Wochen später:
Kurz abgespühlt - verzehrfertig! Wem das zu salzig ist, einfach vorher ins kalte Wasser legen für 5 Minuten.
Die geeigneten Arten
Grundsätzlich sind sämtliche Milchlinge nach dem Wässern (bzw. die Reizker auch ohne Wässern) zum Einsalzen geeignet. Man muss immer daran denken, dass die Pilze erst nach dem Wässern und dann nach langer Fermentierung (mindestens 35-40 Tage) essbar sind. Vorher können sie von ungeniessbar bis giftig sein (nicht tödlich giftig), deshalb sind sie auch nichts für die Pfanne!!! Ob man wirklich jede Art essen möchte, ist jedem selbst überlassen. Ich persönlich beschränke mich auf die wenigen ergiebigen Arten, die gut schmecken und gesellig wachsen. Zusätzlich probiere ich natürlich immer wieder neue Arten aus.
Die erste Wahl fällt in Russland, der Ukraine und teilen Osteuropas auf solche Milchlinge wie der Wimpernmilchling (Lactarius resimus) oder der Grubige Milchling (Lactarius scrobiculatus). Diese sind aber in Deutschland nicht häufig bis extrem selten. Der Olivbraune Milchling (Lactarius turpis) gilt ebenso als sehr gut, vom Verzehr wird allerdings inzwischen vorsichtshalber abgeraten!
Geschmacklich ganz anders aber ebenso sehr gut zum Einsalzen geeignet sind die Reizker (Lactarius deliciosus und andere Reizker-Arten). Diese sind von Kennern besonders geschätzt. Oft hört man von russischen Pilzfreunden die Meinung dass die Reizker für alles andere als Einsalzen viel zu schade wären.
Danach folgen die kleineren Milchlinge, die bekanntesten sind der Zottige Birken-Milchling (Lactarius torminosus) und der Blasse Birken-Milchling (Lactarius pubescens). Die beiden Arten sind nicht selten und zumindest L. torminosus ist übrigens auch in Finnland ein beliebter Speisepilz! Es gibt noch unmengen Beispiele, die man hier nennen kann, wie der Rotbraune Milchling (Lactarius rufus), der Verbogene Milchling (Lactarius flexuosus), der Rosascheckige Milchling (Lactarius controversus), der Wollige Milchling (Lactarius vellereus), und und und.
Den Schönen Zonenmilchling (Lactarius zonarius) und den Queraderigen Milchling (Lactarius acerrimus) fand ich zum Einsalzen hervorragend! Für mich sind sie die allerbeste Wahl! Ich fand sie absolut perfekt zum Einsalzen, geschmacklich sehr an Wimpernmilchling erinnernd.