Hallo, Freunde der schleierhaften Pilze!
Nun hat es mich auch erwischt. In den letzten Jahren eher so sporadisch, aber beim Auskundschaften von mehr und mehr kalkigen Eckchen hier und anderswo, und weil's halt offenbar ein famoses Schleierlingsjahr ist, komme ich an den Dingern nicht mehr vorbei - ohne sie zu beobachten. Glücklicherweise haben die ja eine recht begrenzte Periode, in der vermehrt Fruchtkörper gebildet werden, kann man also durchaus noch zusätzlich zu ein paar anderen Infektionen aushalten.
Lange Reden erspare ich euch aber lieber, und komme direkt zur Sache.
Diese lustigen, bunten, formschönen, mysteriösen und knuffigen Pilze sind halt reichlich komplex, selbst wenn man sich vehement nur auf die Untergattung Phlegmacium beschränken möchte.
Bestimmungsversuche unternehme ich mit Funga Nordica, zweibändige Auflage (2012), gelegentlich schaue ich in den Großpilzen BaWü rein, um zu vergleichen, oder stolpere bei Netzrecherchen über Fachartikel, die oft noch etwas zur weiteren Verwirrung beitragen können.
Darum stelle ich die Funddokumentationen hier zur Diskussion, inclusive den "Vergleichsnamen", die ich voller Unwissenheit zu vergeben versucht habe.
Fangen wir mal an mit zwei Funden, die eiine gewisse Ähnlichkeit haben.
Kollektion 2019/05
Gefunden am 20.10. 2019, bei Heidelberg - Kohlhof in einem Rotbuchenwald (mit eingestreuten Hainbuchen, Kiefern und Eichen) auf neutralem bis schwach übersäuertem Lößlehm, wobei die Nähe zum Wegrand (licht- und wärmebegünstigte Böschung) noch etwas mineralisch - basischen Einfluss haben könnte.
Geruch für meine Nase unspezifisch (kein Pfeffer, kein Mehl, kein Anis, kein "Malz"), nicht unangenehm; Geschmack nicht getestet; KOH überall deutlich negativ; farblich darf man die sich noch etwas greller vorstellen als auf den Bildern, vor allem was die gelbgrüne Tönung im Fleisch betrifft. Die dunkelbraunen Placken auf den Hüten sind teils anhaftende Erde, aber nur teils. Die Hutmitten sind schon recht dunkel, trüb olivbraun.
Da würde ich mal Cortinarius citrinus vorschlagen, wenn der denn so dunkel fleckig / faserig im Bereich der Hutmitte werden darf.
Kollektion 2019/03
Gefunden am 19.10.2019 bei Spechbach ("Kleiner Odenwald") an einer Wegböschung neben einem asphaltierten Fahrtweg, auf der anderen Wegseite eine Wirtschaftswiese; Untergrund Löß, vor allem im Bereich der Böschung basisch, zudem wärme- und lichtbegünstigt; wächst zusammen mit allerlei bunten Boleten (u.A. satanas, queletii, radicans), Korallen, weiteren Phlegmacien, also inmitten diverser "Kalkzeiger" unter Rotbuchen, Hainbuchen und Eichen.
Geruch für meine Nase ebenfalls unspezifisch (s.o.); Farben weniger grell und ohne solche Grüntöne wie oben, aber doch durchgehend gelb, vor allem auch im Fleisch; KOH überall negativ; Geschmack nicht getestet.
Wenn das oben Cortinarius citrinus wäre, dann würde ich für den hier Cortinarius splendes vermuten.
Kollektion 2019/02
Selbes Funddatum und selber Fundort wie 2019/03, ist halt ein wirklich bemerkenswerter Hotspot.
Geruch im Schnitt komisch, etwas blütig-gärig-süßlich... Vielleicht das, was in FN mit "malty" gemeint ist. Geschmack nicht getestet; die Lamellen und Hutränder von ganz jungen Fruchtkörpern sind in einem kalten, leuchtenden gelb gehalten, in dem schon so ein feiner Grünton versteckt sein könnte, ähnlich wie bei Cortinarius cf. citrinus oben. Aber alles andere als deutlich, ob ich den wahrnehmen (oder mir einbilden) kann, hängt arg ab vom Lichteinfall, Spektrum des einfallenden Lichtes, Blickwinkel...
Bemerkenswert aber ist das (jung) blaue Hutfleisch, blass aber deutlich, direkt über den Lamellen teils sogar tief blau, sowie die KOH - Reaktion: sofort dunkelrot auf dem Hutrand + sofort dunkelrot / fast schwarz auf dem Knollenrand und rosa im Stielfleisch, Hutfleisch und Stielbasis eher dunkel magenta. Leider habe ich nicht beobachtet, wie sich die Verfärbung über einen längeren Zeitraum entwickelt. Wenn ich mich recht erinnere, ging das aber nie wieder weg.
Ziemlich kleine Sporen schon auch.
Im Exsikat werden die Hutoberflächen dunkler, kupferbraun, teils weinbraun, stellenweise mit Purpurton.
Den Schlüsselpunkt 7 in FN Schlüssel A auf Seite 784 verstehe ich nicht so wirklich, muss ich gestehen. Da bin ich beiden Pfaden gefolgt, und wenn Cortinarius alcalinophilus blaues Hutfleisch (und eine blaue Stielspitze) haben darf, dann doch eher der als Cortinarius bergeronii (= cedretorum var. suberetorum), bei dem ich zunächst gelandet war, weil bei alcalinophilus nichts von blauem Fleisch im Schnitt zu lesen war. Abbildungen im Netz sind dazu sehr verwirrend, das sieht fast alles so aus, als würde immer wieder die selbe Art unter verschiedenen Namen abgebildet. Also teils als "cedretorum", teils als "bergeronii", teils als "suberetorum" und einige Abbildungen von "alcalinophilus" sehen auch so aus.
Auch seltsam: Wenn cedretorum var. suberetorum und bergeronii nach FN Synonyme sind, warum führt PilzeDeutschland dann zwei getrennte Datensätze dazu?
Anyway: Wenn das nun alcalinophilus ist, würde mich eine belastbare Abbildung von bergeronii interessieren.
Kollektion 2019/01
Wieder die Böschung bei Spechbach. Noch ein wirklich wunderschöner Pilz. Geruch erneut so irgendwie süßlich - gärig, nach Most oder eben die vermutete malzige Komponente.
Dürfte ansonsten selbsterklärend sein.
Mein Verdacht wäre dazu mal Cortinarius caerulescens.
Und um's nicht zu überlasten: Für heute ist erstmal gut.
Fünfe hätte ich zwar noch, aber wie man in de Palz so schön sagt: Eens und dann noch eens.
LG; Pablo.