Aktualität der Pilze Deutschlands Datenbank

Es gibt 13 Antworten in diesem Thema, welches 5.819 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Habicht (†).

  • Hallo,


    immer wieder stolpere ich in der Pilze Deutschlands Datenbank über alte Namen, so z.B. bei Boletus (B. luridus, B. mendax ...) als Synonym ist aber der "aktuelle" eingetragen. Warum verfolgt da P.D. einen eigenen Weg? Oder ist um bei den Beispielen zu bleiben Suillellus wieder ungültig?


    LG, Chris

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    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Chris!


    Ich finde diese Lösung im Grunde sogar durchaus gut. Oder würde sie gut finden, wenn es tatsächlich konsequent so gehandhabt würde.

    Es ist halt eine etwas konservativere Darstellung - dadurch aber verständlicher auch für Pilzkundler, die in einzelnen Gattungsgruppen nicht permanent auf dem neuesten Stand sind.

    Es sind ja eben die dauernden taxonomischen Wechsel, die vielen Pilzkundlern die Arbeit massiv erschweren: Weil zB erstens die fachkundlichen (= wissenschaftlichen) Namen noch schwerer nutzbar werden, zweitens die Vergleichsmöglichkeiten teilweise nicht mehr gegeben sind, wenn man Pilze / Taxa in der eigenen Literatur nicht wieder findet.


    So gut und richtig das ist, daß sich Forschungsergebnisse auch taxonomisch wiederspiegeln (Rubroboletus - Arten sehen halt anders aus und verhalten sich anders als Suillellus - Arten), so wichtig wäre es, daß Namen / Taxa nachvollziehbar bleiben und zwar auch für Leute, die eben nicht zufällig gerade Spezialisten für zB Boletaceae sind.

    In diesem Fall: Klar, ich kann die Gattungsdiagnosen zu Imperator, Rubroboletus, Suillellus, Butyriboletus, Imleria, Lanmaoa usw gut nachvollziehen.
    Aber nicht für jede Art (siehe zB >"Rubroboletus" lupinus< - der dürfte mmn kein "Rubroboletus" sein) und vor allem mag sich vielleicht nicht jeder mit der Gruppe mit aktuellster Litertur beschäftigen - mache ich ja auch nicht bei zB Lepista und Clitocybe uvm., und sehe erfreut, daß auch dort konservativ gelistet wird: >Kerbrandiger Trichterling<, >Fuchsröteltrichterling<. Gut so, ist im Grunde ja auch worschd, welchen Namen man oben hin schreibt, solange die relevanten Synonyme dabei stehen.


    Nur leider - wie oben schon angedeutet: Nicht konsequent umgesetzt. Und das finde ich schade. Freilich muss man auch sehen, daß eine solche Datenbank auch gepflegt werden muss, und das ist eine Wahnsinnsarbeit und man kann nicht alles immer zeitnah umsetzen und einpflegen, bzw. ist es schwierig, alles anzupassen und allen recht zu machen. Die Leute, die die Taxonomie bearbeiten und einpflegen, sind halt angewiesen auf fachkundliche Unterstützung von Gattungsspezialisten, und je nach dem, was sie da zugetragen bekommen, wird's halt eingearbeitet.


    Dann passiert naturgemäß eben auch sowas, daß bei einer Gattungszerlegung / Spezifizierung teilweise dem "s.l. - Konzept" vorrang gegeben wird und teilweise aber auch "s.str. - Konzepte" eingang finden: Siehe >Keulenfuß-Trichterling<. Bei den Röhrlingen ist es ja wieder ähnlich, und das meine ich halt, mit "verwirrend / inkonsequent": Warum auf der einen Seite das "s.str. - Konzept": >siehe Satansröhrling<, in einem anderen Fall aber ein "s.l. - Konzept" (>siehe Netzhexe<)?


    Ähnlich ist das freilich auch bei vielen Rindenpilzen und Porlingen, wo auch kein konsequent umgesetztes System besteht - also bei manchen Arten eben Gattungen im weiteren Sinne und bei anderen im strengen Sinne.

    Wie gesagt: Das ist in der Datenbank eigentlich egal, weil ja die Synonyme immer dabei stehen und die Datenbaank auch nach Synonymen durchsuchbar ist.

    Es ist also völlig egal (in PD wie in Mykis), ob man nach Aureoboletus moravicus oder nach Xerocomus moravicus sucht, ebenso wie es egal ist, ob man nach Gloiothele lactescens oder nach Gloeocystidiellum lactescens sucht. Man kommt bei der richtigen Art raus.
    Auch da kann es kleinere Fehlerchen geben, so wie zB eben gesehen bei Suillellus luridus, wo in der Synonymliste halt auch "Boletus immutatus" zu finden ist - was wohl eher eine nicht blauende Form von Neoboletus erythropus sein müsste (Stielhyphen inamyloid). Aber da besteht eben das Problem der fachkundlichen Überwachung: Es gibt nicht zu jeder Gattung und Gattungsgruppe Experten, die die aktuellen Veröffentlichungen weltweit im Auge haben und gleichzeitig die taxonomische Datenbank im Blick, um diese anzupassen oder anpassen zu lassen.


    Insgesamt dürfte PD (und Mykis) taxonomisch besser aufgestellt sein, also Mykobank und Indexfungorum, weil eine überschaubare Anzahl an Taxa enthaltend bei etwa gleicher Anzahl an Fachleuten / Datenbankpflegern. Also besser aufgestellt zumindest was Synonymlisten und "aktuell gültige" Gattungsdefinitionen betrifft - wo man halta uch sehen muss, daß - mal als Beispiel - "Boletus regius" keineswegs ungültig ist. Das Taxon an sich verliert ja nicht seine Gültigkeit, blos weil der aktuellere taxonomische Status die Gattungszuordnung als Butyriboletus berücksichtigt.



    LG; Pablo.

  • Hallo Chris und Pablo,


    als Verantwortlicher für die Taxrefliste Deutschlands, die auch die Grundlage für Pilze-Deutschland.de und einige andere Kartierungsprogamme ist,

    kann ich der Antwort von Pablo voll zustimmen und meine Antwort kürzer halten. Wir haben in unserer Taxrefliste momentan über 35 000 Arten und Synonyme und 5000 deutsche Namen. Jährlich kommen ca. 1000 neue Taxa dazu. Zusammen mit den Korrekturen und den durch genetische Arbeiten aufgespaltenen Arten steckt da sehr viel Arbeit und Zeit drin. Die Liste wird auch mit der tschechischen, österreichischen und der schweizerischen Taxrefliste abgeglichen. Grundlage sind ebenfalls Index fungorum und Mycobank, in denen auch Fehler enthalten sind und erkannt werden müssen. Außerdem werde ich von Gattungsspezialisten unterstützt, da den Gesamtumfang an Pilzgruppen niemand allein beherrschen kann.

    Zweimal im Jahr wird die Taxrefliste von Pilze-Deutschland.de aktualisiert, im Februar und im August.

    Was die Aktualität der Pilznamen betrifft, hat ja Pablo schon einige richtige Antworten gegeben. Dazu kommt, dass mit dieser Taxrefliste regionale Pilzfloren veröffentlicht werden, wie gerade unsere Pilzflora Sachsens. Die Arbeiten an solchen umfangreichen Werken gehen meist über mehrere Jahre und zumindest beim Erscheinen sollte die Nomenklatur mit den Datenbanken, aus der sie entstanden sind, noch übereinstimmen. Auch deshalb werden Aktualisierungen nicht sofort umgesetzt und erst wenn sie sich durchgesetzt haben, werden sie in der Taxrefliste benutzt. Als Synonym sind sie natürlich sofort verfügbar.

    Zur Zeit wird gerade an der Roten Liste der Phytoparasiten Deutschlands gearbeitet, wo ab Februar der aktuellste Stand der Taxrefliste der Phytoparasiten auf Pilze-Deutschland.de zu sehen ist. Gerade in diesem Bereich muss mit sensu stricto, Aggregaten und sogar mit Gruppen gearbeitet werden, damit das Ganze wissenschaftlich korrekt ist.

    Es ist also nicht einfach, alle unterschiedlichen Wünsche und Auffassungen unter einen Hut zu bringen und manchmal bleibt bei all dem Stress auch mal liegen.….


    LG

    Frank

    • Offizieller Beitrag

    Hallo ihr lieben,


    auch von meiner Seite einen Dank an Pablo und einen noch größeren an dich Frank für die großartige Arbeit, die du/ihr da investierst.


    l.g.

    Stefan

  • Hallo,


    ich wollte hier auch keinen Unmut verbreiten, eine solche Datenbank aktuell zu halten wäre übermenschlich, und das hier halt gerade die Dickröhlinge übersehen wurden, passiert halt mal in der Datenflut. Es ist ja jetzt bekannt und ob das geändert wird oder noch aus irgendwelchen Gründen zurück gehalten wird, werde Ihr am besten entscheiden können. Ich war nur so verwundert, daß ich das hier mal kund tun mußte.


    Sonst arbeite ich sehr gerne mit der Datenbank und auch von mir ein dicke Dankeschön, für eure Freizeit und Arbeit, die ihr in das Projekt steckt!


    LG, Chris

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  • Hallo Chris,


    auch bei den Röhrlingen ist beileibe noch nicht in jeder dieser neuen Gattungen das letzte Wort gesprochen. Daher ist es m.E: durchaus vernünftig, etwas zu warten bis sich die Lage stabilisiert und dann erst die Namen zu wechseln. Vom Art-Auffinden her ist es eigentlich egal, aber das ändern kostet ja auch jedes Mal Franks Zeit und Energie. Daher finde ich es durchaus gut und berechtigt, dies nicht "ständig" zu aktualisieren. Dass die Röhrlinge nicht auf dem derzeit als neuestem Stand angesehenen Stand sind, das ist uns schon bewusst gewesen.


    beste Grüße,

    Andreas

  • Hallo Frank,


    Zitat

    Die Liste wird auch mit der tschechischen, österreichischen und der schweizerischen Taxrefliste abgeglichen.


    Meinst du mit der österreichischen Taxrefliste die mykodata? Die ist auf dem Stand 22.10.2017, wird nicht mehr aktualisiert.


    LG

    Peter

    "Die, die Kriege von oben führen sind feige Schreibtischtäter, die nicht wissen wie schrecklich Krieg ist".

    Quelle: "Masters Of War", Bob Dylan

  • Hallo Peter,


    ja leider gibt es bei euch in Österreich einen Stillstand in dieser Richtung. Der direkte Abgleich ist schon eine Weile her. Da wir aber über das Böhmerwaldprojekt an dem Tschechien, Österreich und Deutschland zusammenarbeiten, mit einer einheitlichen Taxrefliste arbeiten müssen, werden entsprechende Schnittstellen entstehen um unterschiedliche Namen über eine ID zusammenzuführen. Mit Frau Greilhuber sind wir in Verbindung, die uns auch schon bei der Anpassung der deutschen Namen Zuarbeit geleistet hat.


    LG

    Frank

  • und sehe erfreut, daß auch dort konservativ gelistet wird: >Kerbrandiger Trichterling<, >Fuchsröteltrichterling<. Gut so, ist im Grunde ja auch worschd, welchen Namen man oben hin schreibt, solange die relevanten Synonyme dabei stehen.

    Hallo Pablo,

    allgemein hat Frank ja bereits erläutert, welche Kriterien bei den Namen in Mykis berücksichtigt werden und auch Deinen Ausführungen stimme ich weitgehend zu. Im Fall des Kerbrandigen Trichterlings, liegt der Fall jedoch anders. Die Gattung Infundibulicybe wurde von Harmaja 2003 nach morphologischen Kriterien aufgestellt und mehrere Arten in diese Gattung überführt (costata, gibba, geotropa, squamulosa u. a.) Spätere genetische Arbeiten haben dann gezeigt, dass das Konzept nicht halbar ist und der Kerbrandige wurde wieder zu Clitocybe. Den Ockerbraunen und weitere Trichterlinge wirst Du jedoch in Mykis unter Infundibulicybe finden.

    LG Karl

  • Hallo,


    wobei ich dem morphologischen Konzept in diesem Fall mehr vertraue als dem molekularen, und die costata-Gruppe für congenerisch mit der gibba-Gruppe ansehe und alle in Infundibulicybe führe. Aber eben nur aufgrund der morphologischen Übereinstimmungen, und nur meine persönliche Auffassung ….


    beste Grüße,

    Andreas

    • Offizieller Beitrag

    Ahoi, Karl & Andreas!


    Das unterstreicht ja nur allzu deutlich: Ich habe von diesen Gattungen um Clitocybe s.l. absolut keine Ahnung. :)

    Umso wichtiger dann für jemanden wie mich, daß im Hintergrund eine Datenbank existiert, wo gute Synonymlisten eingepflegt sind und bei Gelegenheit aktualisiert werden.
    Für mich ist es dabei nicht wichtig, welcher Name dabei als "aktuell" geführt wird - hauptsache ich finde einen Pilz unter irgendeinem Taxon wieder.

    Tendenziell finde ich eine eher konservative Handhabung dabei praktischer. Eben weil wie von Andreas erwähnt man ruhig mal abwarten kann, bis sich die "Wogen geglättet haben", wenn eine Gattung mal im Fokus gelandet ist und durchgearbeitet wird.


    Daß bei Boletus s.l. eine bewusste entscheidung zur konservativen Handhabe getroffen wurde, finde ich auch gut: Zwischenzeitlich wurde ja auch Rubroboletus mal aufgelöst und die Arten bei Suillellus geparkt, was aber aus morphologischer Sicht nicht wirklich Sinn ergibt - finde ich jedenfalls. Solche "Sackgassen" muss man eben auch einfach mal abwarten, ob sich das irgendwann wieder einregelt. Als Synonym muss so eine Einordnung eh in der Liste erscheinen, muss aber nicht gleich als "aktueller / gültiger" Name aufgeführt werden.



    LG; Pablo.


  • Hallo Frank,


    dass Projekt Funga des Böhmerwalds ist voriges Jahre ausgelaufen, geplant war die Erstellung einer Projekt-Webseite „funga-boehmerwald.eu“ mit digitalen Karten.

    'Die über das Projekt erfassten Funddaten werden in die Gesamtdatenbank der DGfM eingepflegt und anschließend auf www.pilze-deutschland.de publiziert. Bildersammlungen und Artbeschreibungen werden so konzipiert, dass sie parallel zur Projekt-Website auch dort veröffentlicht werden können'.

    Ist so auf den Seiten der DGfM und ÖMG nachzulesen; will man Parallelstrukturen aufbauen, wie ist der aktuelle Stand?


    Die mykodata nicht weiterzuführen liegt in der Hand einer einzigen Person, da helfen offensichtlich auch gültige Verträge nicht weiter.


    LG

    Peter


    "Die, die Kriege von oben führen sind feige Schreibtischtäter, die nicht wissen wie schrecklich Krieg ist".

    Quelle: "Masters Of War", Bob Dylan

  • Zitat


    will man Parallelstrukturen aufbauen, wie ist der aktuelle Stand?


    Lieber Peter,


    das Projekt-Webseite „Welcome to Fungi Without Borders | Fungi Without Borders“ ist, abgesehen von einigen Layoutverbesserungen, verfügbar. Derzeit sind 150.000 Fundnachweise zu 4.000 Pilzarten, sowie 3.000 Pilzfotos und 3.000 Artbeschreibungen hochgeladen. Nach Abschluss aller Programmierungen könnte man über eine Zusammenführung von "Pilze-Deutschland.de" und "funga-boehmerwald.eu" nachdenken, um keine Parallelstrukturen pflegen zu müssen. Da die Taxrefliste Deutschlands die Basis beider Projekte ist, sollte das kein Problem darstellen.

    Es ist schade, dass euer mykodata nicht weitergeführt wird. Für mich war das eine tolle Homepage. Ich kenne allerdings die Hintergründe nicht und hatte auch lange keinen Kontakt zu Wolfgang Dämon.


    LG

    Frank

  • Lieber Frank,


    WD habe ich einst per Email kontaktiert, warum die mykodata monatelang offline war. Die Antwort habe ich von einer anderen Stelle bekommen. Wer den Stecker für eine HP in der Hand hält kann ihn jederzeit rausziehen oder sie nicht weiter pflegen. So schaut's leider aus.

    Für die 'Pilze ohne Grenzen' habe ich mich eingeloggt, logisch, dass es da bei einer konkreten Abfrage Warnung: Die Beschreibung wurde noch nicht abgeschlossen spielt.

    Mir taugt's, die neue HP, die Idee dahinter. Pilzen sind willkürlich gezogene Kartierungsgrenzen powidel, yepp.


    LG

    Peter

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