Nomenklatur-Wildwuchs

Es gibt 7 Antworten in diesem Thema, welches 1.813 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Beorn.

  • Ich habe mir gerade das Buch 'Fungi of Temperate Europe' von Laessoe und Petersen gekauft und festgestellt, dass dort viele (mir) neue Gattungen für altbekannte Arten auftauchen. Die bisherige Gattung Boletus z.B. hat es besonders erwischt:

    Caloboletus

    Butyriboletus

    Aureoboletus

    Neoboletus

    Cyanoboletus

    Hortiboletus

    Rubroboletus

    Imperator u.a.

    Es ist natürlich richtig und wichtig, Unterschiede und Gemeinsamkeiten innerhalb einer Gattung herauszuarbeiten, zu dokumentieren und auch zu benennen, aber muss es gleich eine neue Gattung sein? Hätte es eine Untergattung oder eine Sektion nicht auch getan?

    Die Mykologen der Vergangenheit waren meines Wissens sehr zurückhaltend beim Erzeugen neuer Gattungen.

    Ich weiß nicht, welche Gründe zur Erzeugung dieser Gattungen geführt haben, aber mir drängt sich da der Verdacht auf, dass der Ehrgeiz, seinen Namen in der Nomenklatur zu etablieren, einen Einfluss gehabt hat.

    Der Name 'Imperator' fällt auch sehr aus der Konvention. Seit altersher werden Gattungsnamen (außer für verdiente Personen) aus lateinischen und griechischen Wortteilen zusammengesetzt, die einen Hinweis auf Eigenschaften der dort versammelten Arten geben. Bei Imperator denke ich eher an Nero oder Arnold Schwarzenegger als an Pilze.


    Helmut

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Helmut!


    Kann man so oder so sehen. Da gibt es nach meiner Meinung kein "richtig" und "falsch".
    Bei den Röhrlingen kann ich die momentane Gattungsnomeklatur sogar noch gut nachvollziehen (morphologisch): Das liegt aber daran, daß ich die Dinger schon recht regelmäßig angucke. Bei Gattungen / Gattungsgruppen, wo ich mich weniger mit befasse, sind manche taxonomischen Neuerungen für mich auch schwerer nachvollziehbar.

    Insgesamt bin ich aber auch eher ein Anhänger einer möglichst konservativ gehaltenen Nomenklatur.
    Wobei es bei den "Boleten" schon recht auffällig ist: Ein Fahler Röhrling (Hemileccinum depilatum) hat halt auch schon rein äußerlich nichts bis fast nichts mit einem Blaufleckenden Purpurröhrling (Imperator rhodopurpureus) zu tun. Außer daß beide irgendwie Röhrlinge sind, sehen die sich ja ungefähr so ähnlich wie Grünling und Rosaspornabeling (die ja auch in der gleichen Familie stehen, systematisch). :gzwinkern:

    Was den Feldherren betrifft: Ich finde ja, auch Taxonomen dürfen einen (mehr oder weniger geschmackvollen) >Sinn für Humor< offenbaren. Zumindest solange es die Namenswahl betrifft. Denn Pilznamen sind keine Beschreibungen - und sollten besser auch nicht als solche verstanden werden. Man kann es nett finden, wenn in einem Namen ein morphologisches Merkmal einer Art mitschwingt - nur mit einer Bestimmungshilfe sollte man das nicht verwechseln.

    Taxonomie heißt ja nur: Es gibt Namen, die nach bestimmten Regeln verwendet und interpretiert sind. Heißt auch: Jedes Taxon, jeder Name ist zwingend mit einer Beschreibung bzw. der Definition einer Gattung und / oder Art verknüpft.
    Dazu ist die Taxonomie da und die Namen. Es wäre im Grunde also unwichtig, wenn die Erstbeschreiber von Terana caerulea nicht caerulea als Namen verwendet hätten, sondern zB "blocksbergii" oder "kreisquadraturii". Den Pilz gibt's auch in grau, dafür gibt's andere Rindenpilze, die ebenfalls mal mehr oder weniger blau sein können.
    Wichtig ist die Beschreibung, die mit dem Namen verknüpft ist. Nicht der Name selbst. Und meine persönliche Meinung dazu wäre dann, daß ich Namen mag, die ich mir merken kann - was weniger gut klappt, wenn alle Pilze gleich heißen (also alle Blauen irgendwas mit "caerula" im Namen haben).
    Imperator finde ich da sogar ganz gut. Das ist mal was Außergewöhnliches. g:-)



    LG; Pablo.

  • Hi,

    Nun ja , dieses Splitting ist nicht nur bei den Pilzen in Mode.

    Irgendwann kommt dann einer und wirft wieder alles zusammen.

    Ist eine Wellenbewegung wo sich jeder mal profilieren kann.

    Prost !

    Norbert

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    Pilzchips = 100 -5 APR 2015 +12 APR 2016 = 107 -7 Für APR 2017 = 100 + 5 APR 2018 =105 +5 APR 2019 =110+6 APR 2020=116+5+4 APR2021=125

    -15 für APR 2022 = 110. -15 für APR 2024 = 95

    Pilzbestimmung im Netz ist keine Essfreigabe

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  • […]

    Irgendwann kommt dann einer und wirft wieder alles zusammen.

    Ist eine Wellenbewegung wo sich jeder mal profilieren kann.

    Prost !

    Norbert

    Hallo Norbert,


    aha, ist das so? Wann war denn die letzte Zusammenwerfwellenbewegung? Kann mich nicht erinnern, muss vor meiner Zeit gewesen sein.


    Und dass Mykologen nur deshalb nomenklatorische Änderungen vornehmen, damit sie sich profilieren können, ist ein offenbar unter Pilzfreunden kaum ausrottbares Gerücht. Keine Ahnung woran das liegt. Mit der Realtität hat das jedenfalls nichts zu tun, wie jeder weiß der engere Einsicht in die Arbeitsweise an den Universitäten hat - vielleicht mit ganz wenigen Ausnahmen, aber die gibt's schließlich überall.


    Ob die Kritiker der Gattungsauftrennung lieber wieder mit den fünf großen Gattungen Agaricus, Boletus, Polyporus, Lycoperdon und Clavaria arbeiten wollen? WIrd ziemlich unübersichtlich wenn alle Lamellenpilze wieder Agaricus heißen, fürchte ich …..


    beste Grüße,

    Andreas

  • 'n Abend,


    die rasante Änderung in der Nomenklatur könnte u.a. der Sequenzierung zu verdanken geschuldet sein. Könnte, weil ich den Beitrag dazu nicht gespeichert und somit einstellen kann.

    Ohne Pilz in der Hand, ohne morphologische + mikroskopische Betrachtung werden neue Arten beschrieben. Könnte ein Fake gewesen sein, oder auch nicht,


    LG

    Peter

    "Die, die Kriege von oben führen sind feige Schreibtischtäter, die nicht wissen wie schrecklich Krieg ist".

    Quelle: "Masters Of War", Bob Dylan

  • Hallo Andreas,

    Bei den Kakteen hatten wir das schon.......

    Erst alles auseinanderdividiert , dann rückte es wieder zusammen.

    Aber wer weiss , was die Gensequenzierungen noch alles bringen.....

    Wenn wir erst soweit sind , dass pro Gattung nur eine oder 2 Arten da sind ist es auch nicht übersichtlicher.

    Gruß

    Norbert

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    • Offizieller Beitrag

    Ahoi!


    Hab' ein Beispiel:
    Die Eingliederung von Mycoacia und Merulius in Phlebia durch Karin Nakasone. :)
    Ist aber auch schon mehr als 20 Jahre her, und wurde (obwohl eigentlich ganz vernünftig begründet) auch nicht überall so akzeptiert.
    Aber auch zu der Zeit ging das schon 180° entgegen den Strom.
    Gelegentlich werden mal ein paar Arten in einer Gattung vereint, die vorher getrennt waren, aber oft sind das auch eher Umherschiebereien, und kein Zusammenlegen ganzer Gattungen, also zB "Polyporus" arcularius, brumalis, ciliatus, coryli und nahestehende Arten zu Lentinus - die Gattung Polyporus gibt's aber ja nach wie vor (enthält halt nur noch die Typusart und die andere, sklerotienbildende Art der Gattung).
    Ansonsten sehe ich da bisher auch nur Splitten, und weniger Vereinen.



    LG; pablo.