Tannenbegleitende Pilze

Es gibt 44 Antworten in diesem Thema, welches 18.541 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Lucky.

  • Servus beinand',

    der Beitrag von Peter über seinen Fund von H. cruenta hat mich dazu inspiriert ein paar Arten, die typischerweise an Tannentotholz zu finden sind, und mir in den tannenreichen Wäldern im Alpenvorland und im Zillertal immer mal wieder bei meinen Kartierungsexkursionen über den Weg laufen, vorzustellen.


    Eine weiterer Borstenscheibling an Nadelholz, oft an Tanne, ist Hymenochaete fuliginosa, Dunkelbrauner Borstenscheibling.

    Hier ein Fund vom Eibsee bei Garmisch-Partenkirchen an liegendem Tannenast.



    Sehr häufig in den Baumkronen oder an frisch abgefallenen Ästen ist Aleurodiscus amorphus, die Orangerote Mehlscheibe, anzutreffen.



    Bei der Durchsicht der Kronen gerade gefällter Tannen im Vorderen Zillertal gelang mir der Fund vom Tannenfingerhut, Cyphella digitalis.



    Eine weitere Tannenart, die bei entsprechender Suche regelmäßig anzutreffen ist, ist Amylostereum chailletii, das Pendent zum häufigen A. areolatum, das nur an Fichte vorkommt.

    Sehr vielversprechend sind die Unterseiten waagerecht abstehender noch ansitzender Äste liegender Stämme oder abgebrochener Kronen ohne direkten Bodenkontakt.



    Einen besonderen Fund machte ich wieder am Eibsee, den neben mir auch ein namhafter Mykologe erst für eine Flechte hielt.

    Durch Hinweise von Peter Püwert und Bernd Fellmann konnte er als Stigmatolemma conspersum, Tannenstromabecherchen identifiziert werden.

    Ein in Sammelfruchtkörpern wachsender cyphelloider Basidiomycet.



    An liabn Gruaß aus München,

    Werner

  • Das ist ein ganz wunderbarer Beitrag, Werner, der Lust auf eine Tannenexkursion macht!:thumbup:


    Cyphella digitalis ist schon seit langem ein Wunschpilz und Stigmatolemma conspersum ist es soeben geworden!

    Leider gibt es in Sachsen kaum nennenswerte Tannenbestände mit Ausnahme einiger Gebiete im Elbsandsteingebirge.

    Momentan ist wegen der Corona-Krise das Betreten dieser Wälder nur Anwohnern gestattet.

    Dann will ich mal auf den Herbst hoffen, wenn die vorwinterlichen Stürme den ein oder anderen Ast herabgebrochen haben.


    Liebe Grüße

    Nobi

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    Chips: 72

  • Servus,

    Na wenn ihr schon die Tannen absucht, dann schaut doch auch noch nach dem hier:

    Elliotinia kerneri


    in den alten Blüten sind auch oft nur die schwarzen Sclerotien zu finden ohne dass der Becher dabei ist.


    Grüße

    Felli

  • Werner Edelmann

    Hat den Titel des Themas von „Tannenäste. Hymenochaete cruenta und mehr.“ zu „Tannenbegleitende Pilze“ geändert.
  • Servus beinand',

    ich hab den Thread von "Pilze an Tannenästen" geändert auf allgemein an Tannenholz oder speziell bzw. vordergründig mit Tanne wachsende Pilze geändert.

    Das Weiterführen des Threads durch noch nicht genannte Arten, wie es Felli schon gemacht hat, ist ausdrücklich erwünscht!


    Ein weiterer häufig an Tannenästen zu findender Pilz ist Durandiella gallica, der Büschelige Tannenbecher.




    Ein kleiner pleurotoider Pilz, der durch seine Farbe und dem Erscheinen fast ausschließlich an Tanne während des Winterhalbjahres gekennzeichnet ist, ist Panellus violaceofulvus, der Violettblättrige Zwergknäueling






    Ein sehr seltener Porling, der sehr dickes Tannentotholz braucht, und deshalb nur noch in entsprechenden Naturwaldreservaten mit sehr altem Tannenbestand und entsprechendem Totholz vorkommt, ist Phellinus (Phellinidium) pouzarii, der Rosenduft-Feuerschwamm. Bei entsprechender Frische ist der Duft aus 2m Entfernung schon wahrzunehmen. Es war ein ehrfurchteinflößendes Erlebnis diesen eher unscheinbaren Pilz im Rahmen einer Exkursion der BMG-Tagung am einzigen Fundort Deutschlands, dem Nationalpark Bayrischer Wald, fotografieren und riechen zu dürfen.




    Cystostereum murraii, der Wohlriechende Schichtpilz, ist ein weiterer seltener, durch seinen auffallenden Kokosgeruch leicht identifizierbarer Pilz an Tannenstämmen. Der Fund stammt von derselben Tagung. Leider konnte ich ihn nicht am Standort fotografieren.



    Hydropus marginellus, der Braunschneidige (Tannen-) wasserfuß, ein weiterer Fund aus dem Nationalpark.

    Der moosbedeckte Stamm hatte einen Durchmesser von mindestens 1m.



    Der Bergporling, Bondarzewia mesenterica, wächst an Stümpfen, aber auch parasitisch an Wurzelausläufern vitaler Tannen, und ist in entsprechend tannenreichen Wäldern noch regelmäßig anzutreffen. Er sieht dem Riesenporling sehr ähnlich und ist neben dem Substratunterschied an den nicht schwärzenden Fruchtkörpern leicht auseinanderzuhalten.




    Phellinus hartigii, der Tannenfeuerschwamm, ist nah mit dem sehr ähnlichen Eichenfeuerschwamm, P. robustus, verwandt, aber an Tanne gebunden. Sehr schön sind solche "Astläufer", wie auf dem ersten Bild zu sehen.

    Die Unterseiten solcher seitlich abstehender Äste sind übrigens super um Amylostereum chailletii zu finden.




    Hier an einer durch den Tannenkrebs geschwächten Stelle.



    An Tannenstämmen wächst auch ein Stachelbart, der dem Ästigen Stachelbart, Hericium coralloides, der an alten Buchen vorkommt, sehr ähnlich sieht.

    Hericium flagellum, der Tannenstachelbart.



    Auffallend waren bei dieser Kollektion vom Sudelfeld bei Bayrischzell diese rötlichen Guttationstropfen.



    Hier noch im Initialstadium



    Die Tanne hat auch eine Reihe auf sie spezialisierte Mykorrhizapartner.

    Ein paar hab ich herausgesucht.


    Z.B. diese 2 Milchlinge hier.


    Lactarius glutinopallens / albocarneus, der Graublasse Milchling, ist neben dem Wirt und den unauffälligen Farben durch seine extreme Schleimbildung gekennzeichnet.



    Ein Tannenbegleiter, der leicht mit dem häufigen fichtenbegleitenden Lactarius scrobiculatus, dem Grubigen Milchling, verwechselt werden kann, ist Lactarius intermedius, der Grubige Weißtannenmilchling.

    Er hat insgesamt einen helleren, gerade am Rand nicht so stark filzigen Hut, hellere, langezeit weiße Lamellen oft mit einem leichten Rosahauch und auch die Gruben am Stiel sind irgendwie anders.

    Die Unterschiede werden besonders deutlich, wenn man beide Arten nebeneinander vergleichen kann.





    Der häufigste und bekannteste tannenbegleitende Milchling ist wohl L. salmonicolor, der Lachsreizker.

    Mir ist aber gerade aufgefallen, daß ich den noch nie fotografiert hab. :)


    Ein steter Tannenbegleiter ist auch Russula cavipes, der Hohlstieltäubling, ein sehr scharfer Vertreter der Violaceinae.

    Neben dem Wirt ist er durch die Schärfe, dem hohlen gilbenden Stiel, den weißen Lamellen und den typisch verwaschen violettlichen Hutfarben gekennzeichnet.




    Ein in den natürlichen Tannenareale weit verbreiteter Mykorrhizapilz ist auch der Orangeschneckling, auch an den unangenehmen Geruch angelehnt, Terpentinschneckling genannt. Hygrophorus pudorinus /abieticola.



    Ich freu mich um Ergänzungen!


    Ich wünsch Euch allen frohe Ostern,

    bleibts gsund!

    Werner

  • Klasse Beitrag, Werner! So richtig lehrbuchmäßig zum Lernen! Allerdings bin ich jetzt unsicher, ob ich den Grubigen Milchling oder den Weißtannenmichling gefunden hatte. Standort war bei Weißtannen auf Kalk. Fichten gab auch. Vermutlich ist das dann der Grubige Milchling? Die Gruben sind wirken tiefer und auch die Farbe ist kräftiger. Was sagst Du?

    Lieben Gruß


    Claudia


    ...leben und leben lassen... ;)


    Hier im Forum gibt es grundsätzlich keine Verzehrfreigaben.

    Pilzsachverständige findest du hier.

  • Hallo Werner,

    klasse Idee für strukturierte Suche und es erleichter auch die Bestimmung. ;)

    Zum suchen, welche Arten an bestimmte Subtrate vorkommen können nutze ich auch Pilze Deutschland

    Suchergebnisse

    Suchergebnisse

    auch bei 123 kann man mit Tanne und Abie etwas finden.


    Natürlich geht nicht alles dann Makroskopisch:

    Eine weitere Tannenart, die bei entsprechender Suche regelmäßig anzutreffen ist, ist Amylostereum chailletii, das Pendent zum häufigen A. areolatum, das nur an Fichte vorkommt.

    A. areolatum kann auch an Tanne und andere Nadelhölzer und A chailletii auch an Fichte - muß mikroskopiert werden. ;)


    VG Jo

  • Servus,

    na ja, an Tanne nach der Schneeschmelze , also jetzt auf 3000m Höhe^^

    darf Der hier nicht fehlen


    Pseudoplectania vogesiaca


    mit runden Sporen und hübschen Paraphysen


    Grüße

    Felli

  • Natürlich geht nicht alles dann Makroskopisch:

    Eine weitere Tannenart, die bei entsprechender Suche regelmäßig anzutreffen ist, ist Amylostereum chailletii, das Pendent zum häufigen A. areolatum, das nur an Fichte vorkommt.

    A. areolatum kann auch an Tanne und andere Nadelhölzer und A chailletii auch an Fichte - muß mikroskopiert werden. ;)

    GriasDi Lucky,

    da hast Du natürlich recht.

    Typische Fk sind aber schon makroskopisch anzusprechen.

    A. areolatum kommt in Deutschland fast ausschließlich an Fichte vor und meist am vertikalen Substrat, wo dann deutliche Hüte ausgebildet werden, die dann dicht braunfilzig sind. A. chailletii durchaus auch mal an Fichte, aber viel deutlicher resupinat, meist an der Substratunterseite nur ab und zu angedeutete Hutkanten bildend, die dann nicht mit denen von A. areolatum vergleichbar sind.

    An liabn Gruaß,

    Werner

  • Wow, welch ein tolles Foto.

    Den zu finden blieb mir bis jetzt leider versagt.

    An liabn Gruaß,

    Werner

  • und dann ist noch

    sehr oft an Tanne zu finden.


    Weißtannen-Haarbecherchen (Lachnellula subtilissima)

    Lachnellula subtilissima kommt außer an Tanne auch sehr oft an anderen Nadelhölzern vor, vorallem an Kiefer.


    Darum sollten die Lachnellula´s vorsichtshalber mikroskopiert werden,

    denn oft wird man überrascht.


    Grüße

    Felli

  • Da hab ich noch einen Frühjahrs-Tannenbesetzer der ebenfalls runde Sporen besitzt, aber wesentlich seltener gefunden wird.

    Er bildet seine Fruchtkörper meistens recht früh im Jahr,

    obwohl da meistens noch Schnee liegt.

    Hier war er allerdings schon weg;)

    Pithya vulgaris



    Grüße

    Felli

  • Da hab ich noch einen Frühjahrs-Tannenbesetzer der ebenfalls runde Sporen besitzt, aber wesentlich seltener gefunden wird.

    Er bildet seine Fruchtkörper meistens recht früh im Jahr,

    Hallo Felli,
    toller Fund. Wir haben das Glück einen Standort zu kennen. Als ich erstmals dort war, hab ich mir fast die Finger abgefroren.


    LG Karl

  • Und hier noch 2 Arten die mit der Tanne verbandelt sind.

    Die Bilder stammen von Peter P.

    Ein Tannenbegleiter aus der Wulstlingsecke

    Amanita pantharina var. abietis


    sowie ein Ascomycet der die Zapfenschuppen besetzt

    Ciboria rufofusca



    Grüße

    Felli

    • Offizieller Beitrag

    Moin Zusammen!


    Ein ganz wunderbares Sammelsurium an Tannenpilzen, das hier zusammen gestellt wird. :thumbup:
    Beeindruckende Pilze mit beeindruckenden Abbildungen; das hätte ich nicht gedacht, daß sich das hier so toll entwickelt.

    Da würde ich gerne auch wass dazu stellen, aber so viele "Tannenpilze" sind mir bislang noch gar nicht begegnet, und was ich so mit Abies asspziiert gefunden habe, wurde bereits sehr ansehnlich vorgestellt.


    Einen hätte ich allerdings noch, der wohl am liebsten mit Abies Mykorrhiza bildet, aber (vermutlich?) auch mit anderen Bäumen kann.

    Das wäre der "echte" Tigerritterling, also Tricholoma pardinum, der wohl deutlich seltener ist, als die viel schwächer geschuppte Art in thermophilen Laubwäldern, also Tricholoma filamentosum (Seidigfaseriger Tigerritterling).
    Tricholoma filamentosum ist mir öfters mal begegnet, Tricholoma pardinum nur ein mal im östlichen Nordschwarzwald, an einer Straßenböschung unter Tannen (aber auch Rotbuche, Birke, Ahorn, Fichte und auf schwach basischem Boden. nicht ganz einfach, aus einem einzigen fruchtkörper sechs Bilder zu machen, aber hier ist das ergebnis:







    Beim Bergporling (Bondarzewia mesenterica) ist vielleicht noch interessant, einen Blick auf die Sporen zu werfen: Die sind amyloid und hübsch ornamentiert, so daß man da unmittelbar die Verwandschaft zu den Täublingen erkennt - ebenso wie beim Geschmack: Bondarzewia mesenterica schmeckt nicht immer deutlich scharf, aber wenn der scharfe Geschmack vorhanden ist, dann erinnert das Geschmacksbild durchaus an manche (moderat) scharfe Täublings- und Milchlingsarten.

    Also noch ein paar Bildchen von Bondarzewia mesenterica:









    LG, Pablo.

  • Moin, noch ein paar vom Niederrhein (sandiger oder lehmiger Boden - kein Kalk) als Ergänzung

    Gelbgrüner Nabeling Chrysomphalina grossula (alter Name - Omphalina abiegna) vom 12.10.19


    Phaeoclavulina abietina in deutsch dann Grünfleckige Fichtenkoralle, Grünende Fichtenkoralle am 13.11.19



    Exidia pithya Teerfleckendrüsling 13.11.19


    Camarops tubulina cf Tannen-Kugelschwamm 03.12.19 (leider keine Sporen mehr)


    Peziza flavida Gelber Wachsbecherling 25.11.19

    Astraeus hygrometricus Gemeiner Wetterstern 25.11.19

    VG Jo

  • Den hätt ich fast vegessen.

    Sparassis brevipes, Breitblättrige Glucke.

    Nach Literatur auch an Laubbäumen, meine Funde sind aber immer an Wurzelausläufern vitaler Tannen



    Sie kann riesig werden



    An liabn Gruaß und gsund bleim,

    Werner

  • Den hätt ich fast vegessen.

    Sparassis brevipes, Breitblättrige Glucke.

    Da möchte ich mich gern ranhängen, Werner.

    Ich fand die "Tannenglucke" während der wunderbaren 3. Bayerischen Kryptogamentagung 2006 in Zwieslerwaldhaus.

    Natürlich an Tanne!




    LG, Nobi

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    Chips: 72

  • Servus beinand',

    noch ein typischer Weißtannenfund.

    Ditiola peziziformis, der Gelbweiße Gallertkreisel.

    Nach Literatur soll er auch an anderen Nadelhölzern vorkommen. Ich hab ihn bisher aber nur an Weißtannenästen gefunden.

    Er gehört zu den Dacrymycetaceae. Er ist also ein Basidiomycet, ein Verwandter der Gallerttränen und auch makroskopisch gut zu erkennen an der Zweifarbigkeit.

    Der Fund ist aus der Jachenau vom letzten Wochenende.




    An liabn Gruaß,

    Werner