QGIS für Pilzfreunde Teil 33 – Bereiche Polytrichum-Bulte und Alter Bannwald nutzbar machen

  • Willkommen in Teil 33 der Forumsreihe „QGIS für Pilzfreunde“!


    Dieser Beitrag entstand mit QGIS 3.10.4-A unter Windows 10.


    Hier die Übersicht über alle Teile dieser Forumsreihe.


    Ich möchte dringend empfehlen, die QGIS-Version 3.10.4 "long time release repository (most stable)" zu verwenden (Stand April 2020).


    Heutiges Ziel: Wir wollen die Polytrichum-Bulte und den Alten Bannwald nutzbar machen.


    Der Bereich der Bodenkarte wurde im letzten Teil behandelt.


    Bild 1 zeigt die beiden zu bearbeitenden Layer:

    A) Punkt-Layer fpc_punkte. Es handelt sich vor Ort um zwei Bereiche, die jeweils aus vielen Polytrichum-commune-Bulten bestehen.

    B) Linien-Layer NSG_1937_umriss = Umriss um den Alten Bannwald = NSG ab 1937.






    Polytrichum-commune-Bulte


    a) KBS (Koordinatenbezugssystem)

    Die Idee, aus dem Punkt-Layer fpc_punkte ein Polygonlayer (Flächenlayer) zu gewinnen, ist das Erstellen eines Pufferbereiches. So etwas habe ich schon einmal (Teil 21) gezeigt, als es um kreisförmige Mykorrhiza-Bereiche um Bäume ging.


    Mal schauen, ob dies prinzipiell auch hier funktioniert:

    Zuerst wird der Layer fpc_punkte selektiert, dann die Menüfolge Vektor > Geoverarbeitungswerkzeuge > Puffer... ausgelöst:





    Im Puffer-Menü laufen wir leider auf! Warum?

    Der Layer fpc_punkte wurde damals über das KBS EPSG:4326 - WGS 84 definiert, welches die Einheit Grad besitzt (Längengrad, Breitengrad). Da die geplanten kreisförmigen Puffer jedoch die Maßeinheit Meter verlangen, kommt es zu der Warnung in Bild 3.




    So geht es also nicht. Lösung: Was liegt näher, als das Projekt-KBS EPSG:25832 - ETRS 89 UTM Zone 32N zu übernehmen!

    Den Layer direkt umstellen funktioniert nicht, sondern wir müssen den bisherigen Layer im neuen KBS exportieren. Dabei bleibt der alte Layer unangetastet. Die Abfolge zeigen die Bilder 4 bis 6:








    Bild 7 zeigt das Ergebnis:





    Jetzt können wir die Puffer für den Layer mit passendem KBS erstellen (Bilder 8 und 9):







    Das Puffer-Menü wird am besten nach Bild 10 parametriert. Wir sehen Kreise mit 4 Meter Radius vor, dargestellt durch Polygone mit je 50 Segmenten. Das Ergebnis soll aufgelöst werden, d.h. die gemeinsamen Grenzen sich überlappender Puffer werden aufgelöst.




    Es ergeben sich zwei unabhängige Bereiche, wie man dies auch vor Ort nachprüfen könnte.




    Um zu kontrollieren, ob die Kreise den programmierten Radius besitzen, ziehen wir im Layer-Fenster den Puffer um eine Position nach unten und füllen ihn (Layereigenschaften > Symbolisierung) mit einem waagerechten Linienmuster. Mittels Linien-Messwerkzeug kann man jetzt den Radius von 4 Metern bestätigen.




    Sieht man in den Layereigenschaften unseres Puffer-Layers nach, so erkennt man, dass ein sogen. Multipolygon entstanden ist.

    Dabei handelt es sich um ein Polygon, das aus Objekten besteht, die keine gemeinsame Grenze besitzen (die inneren Grenzen der Einzelpuffer wurden ja aufgelöst).







    Alter Bannwald = NSG_1937


    Bild 14 zeigt den Umriss des o.g. Linienlayers, unten links im Kartenfenster ganz klein der soeben erzeugte Pufferlayer um die Polytrichum-Bulte mit seinen zwei Bereichen.




    Wie man aus einem Linien-Layer ein Polygon-Layer erzeugt, habe ich in Teil 23 gezeigt, und zwar ab e) Umformen der "Biotope" zu eingefärbten Flächen. Gehen wir entsprechend mit unserem Linien-Layer nsg_1937 um und erzeugen den Polygon-Layer nsg_1937_flaeche, so bekommen wir z.B. das folgende Ergebnis:




    Abschließend blenden wir wieder alle relevanten Linien- und Polygonlayer ein und geben ihnen individuelle Deckungsgrade. Das Ergerbnis könnte etwa so aussehen:





    Das war's für heute.


    Viel Erfolg!

    Bernd




    Meine Ausrüstung vor Ort:

    Android-Smartphone Moto G7 Plus mit folgenden, für die Kartierung benutzten Komponenten:

    MeinePilze - Pilzbestimmungs-App zum Erstellen der Fundlisten etc. Die Funde sind automatisch georeferenziert.

    Locus Map - GPS-App zur Darstellung des Kartierungsgebietes mit sämtlichen Pflanzengesellschaften, Biotopen, Tracks, Wegpunkten. Außerdem zur Erstellung von Tracks und georeferenzierten Fotos.

    Easy Voice Recorder - App für zusätzliche Audio-Notizen.



    Literatur:

    Dierßen, B. & K. Dierßen (1984): Vegetation und Flora der Schwarzwaldmoore.‑ Beih. Veröff. Naturschutz Landschaftspflege Bad.‑Württ., 39: 1‑512

    Dierßen, K. (1990): Einführung in die Pflanzensoziologie (Vegetationskunde)

    Grossmann, A. (1985): Die Höheren Pflanzen und Moose des Bannwaldes Waldmoor-Torfstich, ihre Vergesellschaftung und ihre Standorte. In: Der Bannwald "Waldmoor‑Torfstich".‑ Mitt. forstl. Versuchs‑ und Forschungsanstalt Bad.‑Württ., "Reihe Waldschutzgebiete", 3: 29-51

    HAAS, H. & G. KOST (1985): Basidiomycetenflora des Bannwaldes "Waldmoor-Torfstich". In: Der Bannwald "Waldmoor‑Torfstich".‑ Mitt. forstl. Versuchs‑ und Forschungsanstalt Bad.‑Württ., Reihe Waldschutzgebiete, 3: 105-123

    Oberdorfer, E. (1992): Süddeutsche Pflanzengesellschaften - Teil I: Fels- und Mauergesellschaften, alpine Fluren, Wasser-, Verlandungs- und Moorgesellschaften.

    Oberdorfer, E. (1992): Süddeutsche Pflanzengesellschaften - Teil IV: Wälder und Gebüsche



    Glossar, Abürzungen:

    ASCII - American Standard Code for Information Interchange

    Biotop - Charakteristischer Lebensraum in der Natur mit Tieren, Pflanzen und Pilzen

    Bulte - Über dem Wasserspiegel zeitweise überschwemmter Moorbereiche (Hoch- und Übergangsmoore) herausragende Erhebungen. Sie sind mit Moosen

    (Polytrichum, Sphagnum), Wollgräsern (Eriophorum).und/oder Moosbeeren (Oxycoccus) bewachsen.

    BW – Baden-Württemberg

    Canvas - Fenster; Landkarte; Anzeige; Leinwand; Kartenfenster

    CSV - Comma Separated Values; einfach strukturierte Textdatei

    DGFM - Deutsche Ges. für Mykologie

    DGM – Digitales Gekändemodell, Gebäude und Bewuchs sind eliminiert

    DGMx - Digitales Geländemodell mit x Metern Gitterweite

    DOM – Digitales Oberflächenmodell

    EPSG - European Petroleum Survey Group Geodesy

    ETRS89 / UTM (Universal transverse Mercator) - Flächengetreues KBS in der Einheit Meter, d.h. geeignet zum Messen von Strecken und Flächen

    Fazies - Aspektwechsel innerhalb gleichartiger Bestände (Dierßen 1990)

    Feature-Layer (Eigenschaften-Layer) - Punkt-, Linien- oder Polygon-Layer (Flächen-Layer)

    Gauss-Krüger - Flächengetreues KBS in der Einheit Meter, allerdings inzwischen vielfach durch ETRS89 / UTM ersetzt worden

    Georeferenzierung (Geocodierung, Verortung, Geotagging) - Einen Datensatz, z.B. ein Foto oder eine Karte, mit Koordinaten versehen

    GIS – Geoinformationssystem

    GNSS - Global Navigation Satellite System

    Google Maps - Online-Kartendienst von Google LLC

    GPX (GPS eXchange Format) – für Datenaustausch mit GPS-Empfängern

    GRASS - Geographic Resources Analysis Support System

    HTML - Hypertext Markup Language

    KBS - Koordinatenbezugssystem

    KML (Keyhole Markup Language) - Austauschformat für Geodaten, vorgesehen für Google Earth (aber auch für GPS-Empfänger nutzbar)

    KMZ - dasselbe wie KML, lediglich in komprimierter Form

    Layer - Ebene

    Lidar (Light Detection And Ranging) – Laser-Scan der Geländeoberfläche

    LiMT – Linke Maustaste

    LUBW - Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg

    Map Canvas - Kartenfenster, also der Bereich, in dem die Karte angezeigt wird

    m.ü.NN. - Meter über Normal Null

    Multipolygon - Wenn die Objekte keine gemeinsame Grenze haben, wird ein Multipolygon-/Multipolylinien-/Multipunktobjekt erzeugt.

    ONB - Obere Naturschutzbehörde

    Open Data – Für jedermann frei nutzbar zur Verfügung gestellte Daten

    OSM – OpenStreetMap

    Passpunkte – Referenzpunkte beim Georeferenzieren von Karten

    PflGes - Pflanzengesellschaft

    Plugins - Programmerweiterungen

    Projektbereich - Gesamtbereich des QGIS-Projektes im Rechner, beinhaltet das gesamte "Ordnergebäude" inklusive der Projektdateien und aller Daten; hier in der Forumsreihe ist es der Ordner \_QGIS für Pilzfreunde\ mit sämtlichen Unterordnern und Dateien. Will man ein QGIS-Projekt auf einem anderen Rechner laufen lassen, so braucht man lediglich den Projektbereich zu kopieren!

    Projektdatei - Datei mit Endung .qgs, über die QGIS gestartet wird. Sie enthält die Projekteigenschaften, die Verknüpfungen zu den im Projekt enthaltenen Layern und vieles mehr. Sie enthält jedoch nicht die Daten

    QGIS – Kostenfreies, sehr mächtiges GIS

    Pflanzengesellschaft - Spezifische Gruppe von Pflanzen mit gleichen ökolog. Ansprüchen und mit Wechselbeziehungen zueinander

    ReMT – Rechte Maustaste

    Rasterlayer - Layer, bestehend aus bildhaften, pixelcodierten Geodaten

    Schummerung – Pseudo-3D-Darstellung durch Schattenwurf

    Shape, Shapefile - Datei zum Darstellen von Punkten, Linien und Polygonen (Flächen)

    Tiles – Karten in Form von sogen. „Kacheln“

    URL – ein Internet-Link oder die Adresse einer Website

    Vektorlayer - Layer, bestehend aus vektorcodierten Geodaten, d.h. aus Punkten, Linien und Polygonen (Flächen)

    UTM - Universal Transverse Mercator

    Vektorlayer - Layer, bestehend aus vektorcodierten Geodaten, d.h. aus Punkten, Linien und Polygonen (Flächen)

    Verschneidung - Überlagerung von GIS-Ebenen

    WFS - Web Feature Service

    WGS84 - World Geodetic System 1984

    WGS 84 EPSG:4326 – globales KBS, bei GPS-Empfängern verbreitet, nicht zum Messen geeignet

    WGS 84/ Pseudo-Mercator EPSG:3857 – globales KBS für WMS-Einbindungen, nicht zum Messen geeignet

    WMS (Web Map Service) – Internet-Schnittstelle für Landkarten


  • Bernd Miggel

    Hat den Titel des Themas von „QGIS für Pilzfreunde Teil 33 – Die Bereiche Polytrichum-Bulte und Alter Bannwald“ zu „QGIS für Pilzfreunde Teil 33 – Bereiche Polytrichum-Bulte und Alter Bannwald nutzbar machen“ geändert.