kleine Antrodia aus Norditalien

Es gibt 10 Antworten in diesem Thema, welches 3.585 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Beorn.

    • Offizieller Beitrag

    Buona Sera!

    Zur Zeit habe ich mal ein paar ungeklärte Funde aus dem letzten Jahr wieder rausgekramt.

    Erster Problemfall dabei: Eine kleine Antrodia aus dem Osterurlaub 2019.
    Fundort: Italien, Piemont, Novara, Valle Cannobina / Falmenta an stark verwitterten Balken (Esskastanie) einer alten Pergola. vergesellschaftet dort unter anderem mit Terana caerulea.
    Höhe: ungefähr 650m üNN; mediterraner Einfluss von Po - Ebene / Lago Maggiore aus, aber auch subalpiner Einfluss durch die umliegenden Berge (bis 2200m).
    Ostexponierte Hanglage, Fundzeitpunkt: 25.04.2019.
    Die Fruchtkörper hatte ich in den beiden Jahren davor auch schon beobachtet (teils an anderen Balken), und auch da waren die immer schon so klein.


    Kurze Beschreibung: Fruchtkörper frisch cremeweißlich - getrocknet blass ocker; Poren frisch 2-4/mm
    rein resupinat, getrocknet aber mit undeutlich ablösenden Rändern; Subikulum extrem dünn bis fast fehlend

    Trama und Subikulum dimitisch, Skeletthyphen in beiden Strukturen dominierend, in KOH3% oft ohne erkennbares Lumen; farblos (nicht ockerlich / bräunlich); keinerlei Reaktionen mit Melzer
    Sporen aus Exsikat in KOH 3% um 8-10 (10,5); keine Zystiden, keine skeletoiden Hyphidien beobachtet; Zystidiolen selten; Basidien keulig, ohne signifikanten Inhalt; Septen der generativen Hyphen mit Schnallen.







    Antrodia ist eine recht schwierige Gattung - also mir machen die jedenfalls oft zu schaffen.
    Theoretisch könnte das hier eine "Hungerform" von Antrodia serpens (ehem. Antrodia albida) sein - aber die finde ich bei mir immer wieder mal, da würde ich auch bei juvenilen Fruchtkörpern schon etwas größere Sporen erwarten, zudem gefallen mir die Porenform (normalerweise etwas gröber und noch etwas irregulärer) und auch die dünnen Röhrenwände dafür gar nicht so gut.

    Mittlerweile denke ich, daß das irgednwie zu Antrodia macra s.l. gehören könnte - aber das Substrat ist nicht Weide, noch nicht mal Pappel - jedenfalls haben wir das Holz für die pergola vor ein paar hundert Jahren als Esskastanie gekauft, und es verhält sich auch wie Esskastanienholz, daß vor ein paar Dutzend Jahren zuletzt auch mal eingeölt worden war.

    Oder wie wär's mit Antrodia tanakai?
    Aber vermutlich ist das entweder doch eine komisch aberrante Kollektion von Antrodia serpens, oder aber eine Art, an die ich bisher noch so gar nicht dachte, und an der ich vorbeirecherchiert habe...



    LG; Pablo.

  • Hallo Pablo


    Fast mit Hand in Feuer Makroskopisch an A. juniperina , häufig in Dubrovnik (hab gesehen) aber ups Sporengroße passt nicht . Doppelgänger A. ramentacea (nicht gesehen) passt mit Form - große - Sporengroße 1 zu 1 an dein Fund . Vorkommen an Mediterranische Kiefern aber auch kann an Laubbäume


    LG beli !

  • GriasDi Pablo,

    na ja, zu C. rene-hentic brauchst ja nur mit Deinem tollen Porträt vergleichen. An der Sporenbreite, die Du ja hier nicht angegeben hast, ist die vom A. heteromorpha/albida/serpens-Komplex relativ leicht abzugrenzen.

    Was mich a bissl stört ist, dass die Fk so rein resupinat sind, obwohl sie am vertikalen Substrat wachsen. Die paar C. rene-hentic Funde, die ich hatte und anfangs auch von H.Ostrow bestätigen ließ, hatten immer leichte Hutkanten, wie im Ryvarden/Melo abgebildet. Diese A.tanakai, von der vermutet wird, dass eine Belege als A. albida in Herbaren schlummern, soll aber auch

    "meist pileat" sein.

    Der Komplex um A. heteromorpha, serpens, albida ist mir ohnehin suspekt.

    A. albida ist eben nach Ryvarden/Melo nicht das was jetzt A. serpens ist, sondern in A. heteromorpha, die vorher eine reine Nadelwaldart war, eingegangen. Wie trennt man A. serpens von A. heteromorpha/albida dann sicher ab?

    C. rene-hentic hat ja doch deutlich schmälere Sporen.

    Was mich auch interessieren würde ist, als was die ganzen früheren Funde der Art bestimmt wurden.😊

    An liabn Gruaß aus dem oktoberfestbefreiten München,

    Werner

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Beli & Frank & Werner!


    Die Breite der Sporen steht oben nur im Bild (unterstes BIld im Beitrag), im Text habe ich die Zahl offenbar vergessen...
    Die Sporenbreite (und damit Sporenform) passt nicht zu Cartilosoma rene-hentic (und damit auch nicht zu Antrodia / Cartilosoma ramentacea), die sind bei den beiden Cartilosomas schon deutlich schmaler und dadurch auch viel "zylindrischer".

    Dazu kommt auch die Hyphenstruktur, die bei Cartilosoma rene-hentic und Cartilosoma ramentacea ja auch wieder recht ähnlich ist: Nämlich daß da zumindest die Röhrentrama nahezu monomitisch ist, also eher aussieht wie bei manchen Oligoporus (s.l.) und Tyromyces - Arten.
    Hier dominieren dagegen die Skeletthyphen, und die sind auch sehr deutlich als Skeletthyphen ausgeprägt - eben so wie bei den Arten um Antrodia albida, serpens, heteromorpha (= Antrodia s.str.).


    In der Gruppe bin ich übrigens ähnlich hilflos wie du, Werner: Die Identität von Antrodia albida (wenn es die denn in Europa tatsächlich gibt) ist für mich auch ein komisches Rätsel. Das, was früher generell als Antrodia albida (an Laubholz) bestimmt wurde, und jetzt wohl Antrodia serpens heißen muss, ist bei mir in der Gegend nicht selten. Die taucht immer wieder mal auf, es gibt dabei Kollektionen mit ausgeprägten Hütchen und aber auch rein resupinate Fruchtkörper (vor allem wenn an dünneren Ästen wachsend).
    Die typische Antrodia heteromorpha hatte ich erst zwei Mal in der Hand (beides Zusendungen, also noch nie frisch am Fundort beobachten können), die scheint mikroskopisch sehr ähnlich zu sein, aber eben außer der anderen ökologischen Amplitude (eher kühles Klima und in autochthonen Fichtenbeständen) auch noch etwas gröber und unregelmäßiger in der Form des Hymenophors / Poren.


    Als was die in meiner Gegend durchaus häufige Cartilosoma rene-hentic früher bestimmt wurde (also bevor die Art beschrieben war) würde mich allerdings auch mal interessieren. Ich vermute mal, auch entweder als Antrodia (albida? Trotz den kleineren Sporen und anderer Hyphenstruktur?) oder aber als eine Oligoporus - Art? Aber mit welchem Saftporling könnte man die verwechseln (angesichts der großen Sporen und großen Poren)?


    Hilft aber alles für diesen komischen Fund nicht weiter.
    Ich war mit beiden Optionen (Antrodia tanakai & Antrodia macra) nicht wirklich zufrieden, kenne aber freilich beide nicht aus eigenen Untersuchungen.
    nach dem Artikel von Spirin, Vlasak, Niemelä & Miettinen in Mycologia, 105(6), 2013 "What is Antrodia sensu stricto?" wäre tanakai das Naheliegendste, passt aber auch nicht wirklich (weil eben zB nur selten resupinat, normalerweise mit Hütchenbildung), und Antrodia macra passt ökologisch einfach nicht.


    Hm...



    LG; Pablo.

  • Das, was früher generell als Antrodia albida (an Laubholz) bestimmt wurde, und jetzt wohl Antrodia serpens heißen muss

    Das ist das was im Ryvarden/Melo eben nicht so drin steht. Dort ist A. albida synonym zu A. heteromorpha. Das haben Sequenzierungen scheinbar so ergeben. Daraus ergibt sich ein deutlich ausgedehnteres Substratsspektrum, das eben auch Laubholz umfasst. Das problematische ist eben, dass es daneben auch noch die A. serpens gibt und ich die Laubholzfunde nicht zuordnen kann.

    An liabn Gruaß,

    Werner

  • Hallo Pablo und Werner,


    @ Werner: hast du die zweite Edition von Ryvarden/Melo? In der ersten steht es noch so drin, wie Pablo es ausdrückt. In Spirin, Vlasak, Niemelä & Miettinen in Mycologia, 105(6), 2013 "What is Antrodia sensu stricto?" ist A. albida schon Synonym zu A. heteromorpha und hier werden beide Arten im Schlüssel so unterschieden:


    7. Pores 8–13 per cm, in mature basidiocarps fusing

    together in an irregular manner, with serrate or lacerate

    dissepiments. Basidiocarps often pileate, cream-colored.

    Mainly on gymnosperms . . . . . . . . . . . . A. heteromorpha

    7. Pores 12–17 per cm, usually not fusing together,

    with even dissepiments. Basidiocarps resupinate,

    sometimes with slightly projecting upper margin,

    brownish. Almost exclusively on angiosperms.

    Central and southern Europe . . . . . . . . . A. serpens


    Nach meiner Erfahrung ist der beste Unterschied dieser beiden Arten die Ökologie. A. serpens ist eher wärmeliebend und an Laubholz gebunden.

    A. heteromorpha ist nur in den rauhen Kammlagen der deutschen Mittelgebirge (Harz, Erzgebirge, Bayerischer Wald) an Picea zu finden.


    LG

    Frank

    • Offizieller Beitrag

    Salve!


    Schon... Ich meinte allerdings was Anderes: Wenn man jetzt gezielt die Herbarien durchackern und alle als "Antrodia albida" abgespeicherte Belege in Deutschland nachuntersuchen würde, dann müsste man viele davon vermutlich als Antrodia serpens revidieren.

    Die klassischen heteromorphas aus den klassischen heteromorpha - Ökologien sind ja in Deutschland mindestens seit den Untersuchungen von Jahn auch als solche abgelegt.
    Die meisten Laubholz - Funde in eher thermophilen Gegenden aber als Antrodia albida.
    Wenn es denn tatsächlich noch eine weitere Spezies dazwischen geben sollte, dann wird's wirklich verzwickt - aber irgendwie habe ich da meine Zweifel, und in eben dem zitierten Artikel wird ja die sowohl an Nadel- als auch selten an Laubholz wohnende "echte" Antrodia albida zu Antrodia heteromorpha gestellt.


    Aber irgendwie glaube ich nach wie vor nicht recht, daß diese kleine Balken - Antrodia aus Norditalien da dazu gehört.
    Antrodia heteromorpha ist das auf keinen Fall, und Antrodia serpens sehe ich bei mir in der Gegend immer wieder mal - die sieht schon auch noch mal etwas anders aus (Porenform, Sporengröße). Wobei ich da vielleicht einfach mein "Gesamtbild" der Art noch etwas korrigieren muss...



    LG; Pablo.

  • Servus Pablo und Frank,

    sehr interessanter Fund auf jeden Fall. Danke für die Erläuterungen, Frank, und Ja, ich hab nur die 2. Auflage, deshalb war ich da etwas irritiert.

    An liabn Gruaß,

    Werner

    • Offizieller Beitrag

    Servus!


    Zur Abrundung noch die letzte Kollektion von Antrodia serpens, die ich untersucht hatte:





    Stammt vom 22.12.2019 aus Kenzingen (Südbaden) an einem liegenden, ganz entrindeten Laubholzast (keine Ahnung, welches Laubholz).
    Auch die ist in einigen Punkten etwas komisch, weniger wegen dem ziemlich resupinaten Wuchs: Das macht die oft, wenn sie an so dünnem Substrat, das auch eher mal bewegt wird, Fruchtkörper bildet.
    Ungewöhnlich sind hier auch die relativ kleinen Sporen - vermutlich auch weil Fruchtkörper noch relativ jung. Aber die sind dennoch schon ein ganzes Stück größer, als bei der Pergola - Antrodia oben.

    Zudem ungewöhnlich ist die recht starke, gelbbraune Verfärbung beim Trocknen, die mich makroskopisch zunächst an Antrodia kuzyana (ehem. Antrodia malicola) denken ließ - da sehen aber die Skeletthyphen anders aus (pigmentiert, auch immer wieder mal mit verzweigten Elementen dazwischen, die wie Bindehyphen aussehen).

    Soll nur zeigen: Antrodia serpens ist schon eine recht variable Art, ich mag es für die Kollektion oben nicht ausschließen.



    LG; Pablo.

    • Offizieller Beitrag

    MoinMoin!


    Die Einschätzung von Frank Dämmrich nach Ansicht des Beleges:
    Antrodia serpens. :thumbup:

    Die komisch kleinen fruchtkörper (und eher kleinen Sporen) können zB dadurch entstanden sein, daß das Substrat einfach nicht mehr genug Nährstoffe für größere Fruchtkörper her gibt.



    LG; Pablo.