Willkommen in Teil 35 der Forumsreihe „QGIS für Pilzfreunde“!
Dieser Beitrag entstand mit QGIS 3.10.4-A unter Windows 10.
Hier die Übersicht über alle Teile dieser Forumsreihe.
Ich möchte dringend empfehlen, die QGIS-Version 3.10.4 "long time release repository (most stable)" zu verwenden (Stand Mai 2020).
Heutiges Ziel: Wir wollen mit dem im letzten Teil erzeugten Rasterlayer die Funde feuchter, nasser und Oberflächenwasser führender Bereiche generieren.
Vorüberlegungen:
Der im letzten Teil erzeugte Rasterlayer WT_DGM1_kleiner_669m besteht aus zwei großen Bereichen. Uns interessiert der südwestliche Teil, in dem der Hintere Rotenbach das Gebiet entwässert. Wir haben es hier mit feuchten, nassen und auch Oberflächenwasser führenden Arealen zu tun.
Um die Pilzfunde dieses Gebietes herauszuarbeiten, ist allerdings eine umfangreiche Layer-Umformung erforderlich
Die Vorgehensweise im Einzelnen:
A) Den Rasterlayer mit Hilfe des Plugins Serval kleinräumig editieren
B) Den Rasterlayer so zuschneiden, dass nur noch der Südwestteil übrig bleibt
C) Vektorisieren des Rasterlayers
D) Verschneiden aller Funde mit dem Vektorlayer
E) Export der resultierenden Funde als csv-Textfile
Los geht's:
A) Den Rasterlayer mit Hilfe des Plugins Serval kleinräumig editieren
Wenn man sich den Rasterlayer WT_DGM1_kleiner_669m genauer anschaut, erkennt man, insbesondere an den Rändern, kleine inselartige Bereiche, die man an ihre Umgebung anpassen sollte. Anderenfalls würden sich später bei der Wandlung in ein Vektorlayer zu viele Einzelflächen ergeben.
Das Plugin Serval ist speziell für derartige Anpassungen vorgesehen. Wir müssen es allerdings erst installieren:
Nach der Installation ergibt sich ein kleiner Werkzeugkasten, den wir mitten ins Bild ziehen:
Von den vier zur Verfügung stehenden Werkzeugen werden wir zwei benutzen. Das erste ist der Drawing Mode:
Wir clicken auf den entsprechenden Button, worauf der Cursor die Form des Werkzeugs annimmt, geben ins Wertefeld 1,0000 ein und clicken bei hoher Zoomstufe auf alle Pixelpositionen, die grün werden und somit zum Layer hinzugefügt werden sollen. Hier ein kleiner, zungenförmiger Bereich, der in dieser Weise von grau nach grün wechseln soll:
Nach Fertigstellung dieses Details sieht die Stelle so aus:
Andererseits ist weiter oberhalb eine grüne Insel zu erkennen, vom Layer entfernt werden und somit grau werden soll. Hierzu ist das Werkzeug mit dem Radiergummi-Symbol Set Raster Cell Value to NoData vorgesehen. Wir clicken den entsprechenden Button, worauf der Cursor die Form des Werkzeugs annimmt. Wir clicken auf alle Pixelpositionen, die grau werden sollen:
Hier das Ergebnis für diese Stelle:
Nun korrigieren wir noch alle anderen "Unstimmigkeiten" im Bereich des Südwestteils, der Nordostteil bleibt unberücksichtigt, da er im Folgenden abgeschnitten werden soll.
B) Den Rasterlayer so zuschneiden, dass nur noch der Südwestteil übrig bleibt
Die Bilder 9, 10 und 11 zeigen anschaulich, wie man dabei vorgeht:
Wir wollen durch manuelles Aufziehen eines Rechtecks zuschneiden:
Sobald das Rechteck den gewünschten Bereich überstreicht, können wir die Maustaste loslassen.
Nun nochmals alles Parameter überprüfen und das Werkzeug starten:
Es ergibt sich ein Rasterlayer mit den Werten = 0 (schwarz) und = 1 (weiß):
Da uns nur der weiße Bereich interessiert, eliminieren wir alles mit Wert = 0 und geben der resultierenden Fläche noch eine ansprechende, dunkelgrüne Farbe. Wie man das macht, haben wir bereits im letzten Teil kennengelernt, siehe dort alles unterhalb Bild 8.
Wenn wir dann noch alle Funde einblenden, sieht es folgendermaßen aus:
C) Vektorisieren des Rasterlayers
Da sich nur ein Vektorlayer mit den Funden verschneiden lässt, müssen wir unseren Rasterlayer vektorisieren:
Nun navigieren wir zum Zielort und geben einen passenden Namen für den Vektorlayer an:
... und starten das Werkzeug:
Wenn wir nun das Browser-Fenster sichtbar machen, erkennen wir den generierten Vektorlayer. Mit Drag & Drop ziehen wir ihn ins Layerfenster:
Wir machen ihn sichtbar und öffnen seine Attributtabelle. Diese besteht aus drei Einträgen. Um nachzuvollziehen, welcher Eintrag sich auf welche Fläche bezieht, clicken wir auf einen der Einträge, woraufhin die zugehörige Fläche im Kartenfenster blinkt. Die Zuordnungen zeigt das folgende Bild:
Die Fläche mit dem Wert = 0 ist für uns irrelevant, sie wird gelöscht. Dazu erst in den Editier-Modus schalten, die Fläche löschen, danach die Änderungen speichern und den Editiermodus wieder verlassen:
Bild 24 zeigt das Ergebnis in Gelb: Die Hauptfläche sowie ein kleiner, getrennter Bereich oben rechts.
D) Verschneiden aller Funde mit dem Vektorlayer
Das Verschneiden ist nun problemlos möglich, wie die folgenden Bilder zeigen:
Blendet man über das Eigenschafts-Menü noch die Namen der Funde ein, bekommt man folgendes Endergebnis:
E) Export der resultierenden Funde als csv-Textfile
Der Vorgang ist selbsterklärend, wenn man den drei letzten Bildern folgt:
Wichtige Notizen:
1) Den Vektorlayer Funde_feucht_nass_wasser hätte man auch durch einfaches Nachzeichnen der Kontur des interessierenden Gebietes gewinnen können. Den dadurch gewonnen Linienlayer hätte man danach nur noch in ein Polygonlayer wandeln müssen.
2) Für einige der hier generierten Layer hätte auch ein temporärer Layer ausgereicht, da sie nur ein Zwischenergebnis darstellen (z.B. den nach Bild 10, Bild 11 generierten Rasterlayer WT_kleiner_669m_SW.tif).
Das war's für heute.
Viel Erfolg beim Nachvollziehen!
Bernd
Meine Ausrüstung vor Ort:
Android-Smartphone Moto G7 Plus mit folgenden, für die Kartierung benutzten Komponenten:
MeinePilze - Pilzbestimmungs-App zum Erstellen der Fundlisten etc. Die Funde sind automatisch georeferenziert.
Locus Map - GPS-App zur Darstellung des Kartierungsgebietes mit sämtlichen Pflanzengesellschaften, Biotopen, Tracks, Wegpunkten. Außerdem zur Erstellung von Tracks und georeferenzierten Fotos.
Easy Voice Recorder - App für zusätzliche Audio-Notizen.
Literatur:
Dierßen, B. & K. Dierßen (1984): Vegetation und Flora der Schwarzwaldmoore.‑ Beih. Veröff. Naturschutz Landschaftspflege Bad.‑Württ., 39: 1‑512
Dierßen, K. (1990): Einführung in die Pflanzensoziologie (Vegetationskunde)
Grossmann, A. (1985): Die Höheren Pflanzen und Moose des Bannwaldes Waldmoor-Torfstich, ihre Vergesellschaftung und ihre Standorte. In: Der Bannwald "Waldmoor‑Torfstich".‑ Mitt. forstl. Versuchs‑ und Forschungsanstalt Bad.‑Württ., "Reihe Waldschutzgebiete", 3: 29-51
HAAS, H. & G. KOST (1985): Basidiomycetenflora des Bannwaldes "Waldmoor-Torfstich". In: Der Bannwald "Waldmoor‑Torfstich".‑ Mitt. forstl. Versuchs‑ und Forschungsanstalt Bad.‑Württ., Reihe Waldschutzgebiete, 3: 105-123
Oberdorfer, E. (1992): Süddeutsche Pflanzengesellschaften - Teil I: Fels- und Mauergesellschaften, alpine Fluren, Wasser-, Verlandungs- und Moorgesellschaften.
Oberdorfer, E. (1992): Süddeutsche Pflanzengesellschaften - Teil IV: Wälder und Gebüsche
Glossar, Abürzungen:
ASCII - American Standard Code for Information Interchange
Biotop - Charakteristischer Lebensraum in der Natur mit Tieren, Pflanzen und Pilzen
Bulte - Über dem Wasserspiegel zeitweise überschwemmter Moorbereiche (Hoch- und Übergangsmoore) herausragende Erhebungen. Sie sind mit Moosen
(Polytrichum, Sphagnum), Wollgräsern (Eriophorum).und/oder Moosbeeren (Oxycoccus) bewachsen.
BW – Baden-Württemberg
Canvas - Fenster; Landkarte; Anzeige; Leinwand; Kartenfenster
CSV - Comma Separated Values; einfach strukturierte Textdatei
DGFM - Deutsche Ges. für Mykologie
DGM – Digitales Gekändemodell, Gebäude und Bewuchs sind eliminiert
DGMx - Digitales Geländemodell mit x Metern Gitterweite
DOM – Digitales Oberflächenmodell
EPSG - European Petroleum Survey Group Geodesy
ETRS89 / UTM (Universal transverse Mercator) - Flächengetreues KBS in der Einheit Meter, d.h. geeignet zum Messen von Strecken und Flächen
Fazies - Aspektwechsel innerhalb gleichartiger Bestände (Dierßen 1990)
Feature-Layer (Eigenschaften-Layer) - Punkt-, Linien- oder Polygon-Layer (Flächen-Layer)
Geografisches KBS -
Gauss-Krüger - Flächengetreues KBS in der Einheit Meter, allerdings inzwischen vielfach durch ETRS89 / UTM ersetzt worden
Georeferenzierung (Geocodierung, Verortung, Geotagging) - Einen Datensatz, z.B. ein Foto oder eine Karte, mit Koordinaten versehen
GIS – Geoinformationssystem
GNSS - Global Navigation Satellite System
Google Maps - Online-Kartendienst von Google LLC
GPX (GPS eXchange Format) – für Datenaustausch mit GPS-Empfängern
GRASS - Geographic Resources Analysis Support System
HTML - Hypertext Markup Language
KBS - Koordinatenbezugssystem
KML (Keyhole Markup Language) - Austauschformat für Geodaten, vorgesehen für Google Earth (aber auch für GPS-Empfänger nutzbar)
KMZ - dasselbe wie KML, lediglich in komprimierter Form
Layer - Ebene
Lidar (Light Detection And Ranging) – Laser-Scan der Geländeoberfläche
LiMT – Linke Maustaste
LUBW - Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg
Map Canvas - Kartenfenster, also der Bereich, in dem die Karte angezeigt wird
m.ü.NN. - Meter über Normal Null
Multipolygon - Wenn die Objekte keine gemeinsame Grenze haben, wird ein Multipolygon-/Multipolylinien-/Multipunktobjekt erzeugt.
ONB - Obere Naturschutzbehörde
Open Data – Für jedermann frei nutzbar zur Verfügung gestellte Daten
OSM – OpenStreetMap
Passpunkte – Referenzpunkte beim Georeferenzieren von Karten
PflGes - Pflanzengesellschaft
Plugins - Programmerweiterungen
Projektbereich - Gesamtbereich des QGIS-Projektes im Rechner, beinhaltet das gesamte "Ordnergebäude" inklusive der Projektdateien und aller Daten; hier in der Forumsreihe ist es der Ordner \_QGIS für Pilzfreunde\ mit sämtlichen Unterordnern und Dateien. Will man ein QGIS-Projekt auf einem anderen Rechner laufen lassen, so braucht man lediglich den Projektbereich zu kopieren!
Projektdatei - Datei mit Endung .qgs, über die QGIS gestartet wird. Sie enthält die Projekteigenschaften, die Verknüpfungen zu den im Projekt enthaltenen Layern und vieles mehr. Sie enthält jedoch nicht die Daten
Projiziertes KBS -
QGIS – Kostenfreies, sehr mächtiges
GIS
Pflanzengesellschaft - Spezifische Gruppe von Pflanzen mit gleichen ökolog. Ansprüchen und mit Wechselbeziehungen zueinander
ReMT – Rechte Maustaste
Rasterlayer - Layer, bestehend aus bildhaften, pixelcodierten Geodaten
Schummerung – Pseudo-3D-Darstellung durch Schattenwurf
Shape, Shapefile - Datei zum Darstellen von Punkten, Linien und Polygonen (Flächen)
Tiles – Karten in Form von sogen. „Kacheln“
URL – ein Internet-Link oder die Adresse einer Website
Vektorlayer - Layer, bestehend aus vektorcodierten Geodaten, d.h. aus Punkten, Linien und Polygonen (Flächen)
UTM - Universal Transverse Mercator
Vektorlayer - Layer, bestehend aus vektorcodierten Geodaten, d.h. aus Punkten, Linien und Polygonen (Flächen)
Verschneidung - Überlagerung von zwei oder mehr Layern. Das Ergebnis beinhaltet sozusagen die Gemeinsamkeiten der Eingabelayer.
WFS - Web Feature Service
WGS84 - World Geodetic System 1984
WGS 84 EPSG:4326 – globales KBS, bei GPS-Empfängern verbreitet, nicht zum Messen geeignet
WGS 84/ Pseudo-Mercator EPSG:3857 – globales KBS für WMS-Einbindungen, nicht zum Messen geeignet
WMS (Web Map Service) – Internet-Schnittstelle für Landkarten