Pilzfund auf Kita-Spielwiese

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 3.460 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von zuehli.

  • Hallo zusammen!


    Ende Juni bekam ich einen Anruf von einer Mitarbeiterin der Stadt Dillenburg, die voller Sorge über Pilzfunde auf dem Kita-Spielplatz war. Nach kurzer Belehrung (sinngemäß: ich bin zwar kein PSV, schaue mir das aber gerne an) sind wir so verblieben, dass ich benachrichtigt werde, sobald es wieder Funde gibt.


    Gestern war es soweit, schon am Montag hatten Kita-Mitarbeiter die Wiese komplett geräumt und mir heute einen Plastikbeutel mit den Überbleibseln ausgehändigt.


    Dementsprechend sieht das aus:



    Soweit ich das überblicken kann, sind das neben den paar Stäublingen wohl Feld- bzw. Nelkenschwindlinge gewesen, der Bittermandel-Geruch ist noch deutlich wahrnehmbar. Richtige Giftpilze kann ich in diesen Resten nicht entdecken, allerdings könnte sich dazwischen durchaus eine Inocybe verstecken.


    Jetzt stellt sich nur noch die Frage, wie ich denen an besten vermittele, wie mit dem "Problem" zukünftig umzugehen ist.


    Die Funde vom Montag sind ja nur eine Momentaufnahme, nächte Woche oder nächsten Monat kann dort was ganz anderes wachsen.


    Der Rohverzehr auch von an und für sich ungiftigen Pilzen könnte durchaus Probleme bereiten, gerade bei 2 - 4 Jahre alten Kleinkindern. Wenn zwei Erzieherinnen 15 oder 20 Kleinkinder betreuen müssen, ist nunmal keine lückenlose Kontrolle gewährleistet.


    Da die Spielplatzfläche keine 100 qm groß ist und aus kurzem Rasen mit vielen Lücken (blanke Erde) besteht, halte ich die am Montag praktizierte Vorgehensweise - alles abräumen - nicht für die schlechteste Idee. Diese kleine Fläche mit viel blanker Erde kann man in wenigen Minuten räumen. Ortsrandlage, komplett eingezäunt, zwei junge Walnussbäume auf der Wiese.


    Wer möchte schon die Verantwortung dafür übernehmen, wenn irgendwann dort eine Inocybe sprießt und - so wie der Teufel es will - genau dieses Exemplar in einem unbeobachteten Moment verspeist wird?


    Ich habe mich zu keiner Zeit als PSV geriert oder sonstwie "Bestimmungsdienste" angeboten. Da ich mich aber im Spätsommer 2017 mit den Funden vom Königsröhrling und Sowerbyella rhenana im Raum Herborn und Dillenburg an die zuständigen staatlichen Stellen gewandt hatte, auf diese Raritäten aufmerksam gemacht und um Schutzmaßnahmen gebeten hatte, werde ich immer wieder mit Anfragen konfrontiert.


    Zuehli, bitte übernehmen!


    Viele Grüße,


    Frank

    • Offizieller Beitrag

    Hi,


    ja im Zweifel alle absammeln; sehe ich auch so. Ansonsten noch eine Sache, wenn in der Umgebung keine mykorrhizafähigen Gehölze stehen, können auch keine Inocyben wachsen. Juglans gehört ja bekanntlich nicht dazu.


    l.g.

    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.


    PSV-Prüfungstemine 2024: hier

  • Hallo Frank,


    Pilze gehören auch in einem Kindergarten zur normalen Natur. Bei giftigen Pflanzen und deren Früchten macht man da nicht so eine Panik. Die Kinder müssen lernen damit richtig umzugehen. Die Alternative sind Betonflächen und Kunstrasen, gesäumt von Kunstpflanzen oder die sichere Aufzucht der Kinder in überwachten Kinderrarien. Mit 3 Jahren können Kinder schon sehr viel verstehen und begreifen, auch wenn sie es selbst noch nicht so gut ausdrücken können.


    Beste Grüße

    Stefan

  • Hallo zusammen


    Hm, gibt es eine Statistik, wie viele Kinder in Europa pro Jahr durch versehentlich gegessene Graspilze dauerhafte Schäden (also mehr als Durchfall) davontragen?

    Also ohne all die Vergiftungen, wo die lieben Eltern irgendwas nach Hause bringen und in die Pfanne werfen.


    Ich habe mal ein wenig gesucht, aber keine Zahlen gefunden und auch keinen neueren Bericht über einen solchen Fall.


    Ganz ehrlich, der Strassenverkehr auf dem Schulweg verursacht ein Vielfaches an Schaden im Vergleich zu den Düngerlingen im Kita-Rasen.

    Ebenso die giftigen Thuja-Hecken, die so manchen Garten und öffentlichen Park zieren.


    Besser wäre doch das: Die Kita-Verantwortlichen nehmen ein paar Exemplare zum PSV oder bringen sogar mal einen hilfsbereiten PSV mit.

    Dann wissen sie wenigstens was das ist, und dass der böse Bovist nicht vernichtet werden muss.

    Dann erklärt man den Kindern anhand der gefundenen Pilze: Was ist das, und wie giftig manche Pilze sind.

    Überraschenderweise interessieren sich kleine Kinder sehr dafür und hören sogar aufmerksam zu.

    Mein zweijähriger Sohn hat das längst kapiert, die älteren auch... unser Rasen ist voller Düngerlinge, ich würde die nie abräumen.

    Man muss doch die Kinder auf das risikoreiche Leben vorbereiten und ihnen nicht eine heile, pilzfreie Welt vorgaukeln.

    Wenn man es anders macht, muss man sich nicht wundern wenn 12jährige nachher jeden Pilz im Wald zertreten, um diese Gefahr im Keim zu ersticken.


    Naja, das ist nur meine Meinung.


    Gruss Raphael

    • Offizieller Beitrag

    Naja, das ist nur meine Meinung.

    Hi,


    sehe ich prinzipiell auch so. Andererseits nervt es tierisch, wenn täglich 1-2 Kindergärten wegen solche Vorfällen anrufen, dann kommen noch die Krankenhäuser und die "normalen" Ratsuchenden dazu. An einigen Tagen komme ich zu nix anderem mehr. Gerade bei den Kindern gab es schon Untersuchungen/Statistiken. Die wurden zum Giftpilzseminar 2015 in München vorgestellt. Die Chance, dass eine schlimme Vergiftung eintritt liegt im Promillebereich. Allerdings, wenn denn eine Vergiftung eintritt, wirds heftig.


    l.g.

    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.


    PSV-Prüfungstemine 2024: hier

  • . Die Chance, dass eine schlimme Vergiftung eintritt liegt im Promillebereich. Allerdings, wenn denn eine Vergiftung eintritt, wirds heftig.


    Genau das ist der Punkt! Wenn das Kind auf der Intensivstation liegt, werden Verantwortliche gesucht und gefunden. Denen geht es dann straf- und zivilrechtlich an den Kragen.


    Das Risiko würde ich nicht eingehen und deshalb die Fruchtkörper absammeln lassen. Sich auf die Einsicht und das Verständnis von zwei- bis vierjährigen Kleinkindern (möglicherweise noch mit Sprachproblemen wegen Migrationshintergrund) zu verlassen, halte ich in diesem Kontext für fahrlässig.

  • Alles gut, ich versteh's ja... aber weil ich gerade keine Pilze zu bestimmen habe, versuche ich mich etwas mit Gesellschaftskritik. Nehmt's mir nicht übel, oder löscht es.


    Das ist eine Krankheit unserer Gesellschaft, hat eigentlich nichts mit den Pilzen zu tun.

    An allem muss irgendwer schuld sein, und wird dann drakonisch mit Medienrummel bestraft.

    Darum will niemand mehr die Verantwortung für was auch immer übernehmen, wenn es sich mit gleichgültig welchen Mitteln vermeiden lässt. Jedes noch so kleine Risiko wird sorgfältig getilgt.

    Für dieses konkrete Risiko sehe ich die Wahrscheinlichkeit tief unter dem Promillebereich, weil ganz viele unwahrscheinliche Sachen gleichzeitig eintreffen müssen:

    a) Hochgiftiger Pilz muss in der Kita wachsen

    b) Kind muss unbeaufsichtigt sein

    c) Kind muss den unüberwindbaren Drang verspüren, genau den giftigen Pilz zu essen, nicht den Bovist daneben

    d) Kind muss genug vom Pilz essen, damit es schädlich ist


    Wir bräuchten wirklich professionelle, hochbezahlte "Verantwortungsübernehmer". Wenn etwas passiert, stellen die sich hin und sagen "ich bin dafür verantwortlich".


    Früher oder später enden wir genau so wie Bibliothekar schreibt. Kinder werden in einzelnen, sterilen Zellen herangezogen. Denn auch wenn zwei Kinder miteinander spielen, könnten sie sich ja (ohne Absicht) nachhaltig verletzen und daran muss dann auch die Aufsicht schuld sein. Man kann sich doch nicht darauf verlassen, dass sich zwei vierjährige nicht gegenseitig weh tun. Da gehört die fahrlässige Aufsichtsperson also unbedingt in den Knast, braucht ein Berufsverbot und muss lebenslang Entschädigungen zahlen.

    Autos, Fahrräder und Treppen verbieten wir, auch dort kann jemand schuld sein dass ein anderer sich weh tut. Fingerhut und Rittersporn in den Gärten gehören ausgerottet. Sonst ist ja der Gartenbesitzer schuld, weil ein Kind in seinen Garten geschlichen ist und die fahrlässig gepflanzte Blume gegessen hat.

    Uiii, und dann kommt der erste Schulspaziergang in den Wald oder Stadtpark. Bisher hat niemand den Kindern was über Pilze und die Natur erzählt, die kennen nur Strassen und den sterilen Kita-Rasen. Geht da vorher die Putzkolonne die Wälder räumen und räuchert auch gleich alle Zecken aus?


    So, Sarkasmus Ende, ich weiss dass ich hier etwas übertreibe. Ich habt meinen Segen, wenn ihr auf Nummer sicher gehen wollt. Wollte nur anregen, dass ihr drüber nachdenkt ;)

  • Hallo zusammen,


    ich habe diese Einstellung "bringt den Kindern bei, dass man die Sachen nicht isst" hier schon häufiger gelesen und bin da natürlich der gleichen Meinung. Aber: In einer Kita rennen eben nicht nur ältere Kinder rum, sondern auch 1 jährige. Und denen kann man so etwas in 99% der Fälle nicht beibringen! Davon abgesehen kann man sich bei so etwas auch auf viele ältere Kinder nicht verlassen. Die Erzieherinnen haben da nun Mal nicht nur die eigenen Kinder, die sie kennen und die sie auch gut einschätzen können. Aus dem Grund stehen in den Kita Gärten in der Regel keine giftigen Pflanzen. Das man sich keine Pflanzen in den Mund steckt, kann man auch mit ungiftigen Pflanzen lernen!!!

    Ich bin mit meiner Tochter auch zusammen Pilze sammeln seit sie 1 Jahr ist und trotzdem hat sie sich einmal auf dem Bürgersteig mit 2 Jahren schöne kleine Boviste in den Mund gesteckt, mit dem Erfolg, dass sie seit dem gar keine Pilze mehr isst. Bei meinen anderen Kindern hatte ich die Probleme nicht.


    Was ich sagen will: Nur weil die "das muss man den Kindern nur richtig beibringen"-Methode bei den eigenen Kindern zufällig funktioniert hat, ist das noch lange kein sicheres Konzept für alle Kinder... Wie eigentlich immer bei Erziehungsthemen.