Liebe Pilzfreunde,
nach Literatur ein schwierig definierter Täubling. Mit diesem violett-farbenen, scharf-schmeckenden Pilz mit Sporenpulverfarbe IVd kommt man nach positiver Überprüfung der Huthaut auf Dermatozystiden in die Gruppe der Urentinae.
Der Fundort im Gras vor einem Nadelwald, die HDS-Haare fadenförmig verjüngt und das Sporenornament weitgehend isoliert-stachelig, passen diese Merkmale dort leider noch auf weitere Pilzarten. Ohne Mikroskopie läuft hier also nichts.
Russula adulterina wurde wegen ihrer Grösse, Hutfarbe und Ornamenthöhe von 2,5mü ausgeschlossen
Russula cuprea agg. urens wurde wegen DZ mehrfach septiert und seitliche Divertikel ausgeschlossen
Übrig bleibt bei Nadelwald Russula firmula die ich oben in der Kopfzeile meines Beitrages noch mit "syn. transiens" erweitert habe, warum?
ROMAGNESI und MARXMÜLLER führen beide Namen getrennt auf, zeichnen dazu auch getrennte mikroskopische Merkmale.
EINHELLINGER sagt, R. transiens ist Synonym zu R. firmula, also eine "anatomische Anomalie", hat aber selbst keine mikroskopische Zeichnung trotz 135 Kollektionen, ich habe keine Zeichnung entdeckt, habe auch keine sonstige Literatur.
Trotzdem muss ich nach der Mikroskopie meines Pilzes sagen, dass EINHELLINGER nicht mal so Unrecht mit seinem Synonymverdacht hat.
Hat doch mein Pilz wie bei ROMAGNESI (S.843, 1007, 1008) die Mikromerkmale zu R. transiens.
Bei MARXMÜLLER hat er die mikroskopischen Merkmale von R. firmula (S.636) UND gleichzeitig die von R. transiens (S.638)!
Sozusagen ein Zwischending mit zylindrischen, spindelig, keuligen, eingeschnürten, kopfigen UND teils inkrustierten Dermatozystiden.
Eine Misere, wie auch bei den Sporen.
Aber hier erstmal die Funddaten:
R20-030 firmula
08.09.2020 - 14:05
Standort: Sing. hintere li Wiese
Eingestuft - Name: unbekannt
Anz. Exemplare: 1
Haupt Baumpopulation: Lä, Fi
--------
FUNDORT, Nadelwald, Waldrand, Grünfläche/Wiese, Gras, feucht, Kollin 520 m,
BÄUME 20m UMKREIS, Buche (Fagus), Fichte (Picea), Lärche (Larix),
EXEMPLARE, jung, einzeln,
HUT GRÖSSE, 4 - 6 cm,
HUT FARBE, violett/purpur,
HUT OBERFLÄCHE, gedrückt/vertieft, matt, seidig, glänzend,
HUT MITTE, dunkler, br/gr/sw,
HUT RAND, glatt - nicht gerieft, leicht gerieft, lappig,
PEELING, 3/4 abziehbar, 4/4 ganz abziehbar,
UNTER HUTHAUT, durchgefärbt, violettlich,
--------
LAMELLEN, spröde, ocker bis gelb, Y-gabelig,
--------
STIEL OBERFLÄCHE, weisslich/creme,
STIEL KONSISTENZ, zerbrechlich, weich, hohl, wattig, wässrig,
STIEL VERLETZUNG, ins grau/schwarze,
--------
GERUCH, schwach, fruchtig, Fellea/Geranien,
GESCHMACK, sofort, scharf,
SpP Farbe: IVd
FeSo4: falb rosa
Guajak (8sec) Stiel: ++
Guajak (8sec) Lamellen: + / ++ (war schlecht zu definieren)
Phenol: neg
KOH Stielbasis: neg
SV:
NH3:
Sonst. Angaben: scharf (vorletzte Stufe)
1) schattiger Grasstreifen, vorne und hinten Nadelwald, Fichte, Lärche, vereinzelt Buche
2) Hutgrösse 5-6cm, Einzelexemplar, ca 8m zur Baumgrenze
3) Hut einheitlich violett, Mitte ocker-bräunlich entfärbt mit schwarz und mittig mehr glänzend
4) Hutrand wellig, lappig, fast ungerieft
5) Stiel schwer zu entnehmen, fragil, zerbrechlich, weiss, Basis zugespitzt, ocker gefleckt,
6) Lamellen dünn, engstehend, oft gegabelt, ockergelb-farben
7) Huthaut fast komplett zu 4/4 abziehbar, darunter violettlich
8) 400, SV, Dermatozystiden sind vorhanden
9) 400, KF, hier sieht man bei Vergrösserung an der leicht eingeschnürten Zystide, vom Kopfteil angefangen ca 1/3L links und rechts gewisse "Artefakte" (Inkrustationen?), vergleichbar mit MARXMÜLLER Mikro R. transiens (S.638).
Solche Artefakte waren sehr oft zu erkennen.
10) 400, Kongo, zwei "normal zylindrische" Zystiden. Auch in Kongo ist an der längeren Zystide gut zu erkennen, dass da ein gewisser Belag aufliegt, vergleichbar mit der Zeichnung ROMAGNESI (S.843, 1008), auch er hat dort solche dunklen stärkeren Striche bei R. transiens eingezeichnet.
11) 400, Kongo, hier nochmals Dermatozystiden die keulig, eingeschnürt und auch kopfig sind.
12) 400, Kongo, DZ eingeschnürt, DZ immer ohne Divertikel
13) 400, Kongo, Huthaut Haare wenig septiert, lang und spitzend zulaufend
14) 1000, Wasser, Sporen neben rundlichen aber doch mehrheitlich ovale.
Vereinzelte Riesensporen wurden bei der Messung nicht berücksichtigt.
15) 1000, Melzer, die Höhe der Warzen von 0,2 - 1,5mü, die Stachelform stumpf, spitz, keglig etc.
16) 1000, Melzer, Ornament isoliert mit einzelnen schwachen Verbindungen aber auch zusammen-fliessenden Warzen, Hilar amyloid
17) Kommentar EINHELLINGER (S.79)
18) Messprotokoll Sporen, meine Werte waren im unteren Grenzbereich derer von EINHELLINGER
19) Dieser erst später bemerkte ältere Pilz stand näher am Waldrand. Vielleicht sogar die gleiche Art
20)
21)
Mein Eindruck zum Fund-Pilz:
Der Täubling passt zur Beschreibung von MARXMÜLLER (S.636/638) als Zwischending zu R. firmula sowie auch zu R. transiens,
keinenfalls aber zu der Mikrobeschreibung von ROMAGNESI (S.841) zu seiner R. firmula, eher zu R. transiens.
Eigentlich sollte ich EINHELLINGER dankbar sein und ihm auch zustimmen wenn er meint, dass Russula firmula Jul. Schäff. (1940) ein Synonym zu Russula transiens Romagn. (1967) (oder umgekehrt) ist.
TIP: Wenn ihr mal so einen scharfen lila Pilz mit gelblichen Lamellen findet, einfach in die Hand nehmen, über die linke Schulter werfen und pfeifend weitergehen.
Danke für das Interesse, Grüsse und bis bald
claus