Ist das eine Hebeloma?

Es gibt 13 Antworten in diesem Thema, welches 3.260 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Clavaria.

  • Hallo,


    ich stehe wieder total auf dem Schlauch. Ich bin nichtmal annähernd sicher, dass das eine Hebeloma ist, komme aber auch auf keinen anderen Draht.

    Gefunden auf kalkhaltigem, recht magerem Rasen bei Eiche und Birke. Das markanteste Merkmal an dieser Kollektion ist der krasse Geruch, der mich sofort an die drückende Süße des Flieders erinnerte oder die Einkaufsstraßen russischer Städte, durch die das typische stark süße Parfüm wabert. Aufdringlich, fast atemraubend.


    Die Sporen sind dextrinoid, die Sporenmaße sind:

    11.3 - 14 × 6.5 - 7.3 µm; Q = 1.8


    Aufgrund des heftigen Geruchs: Könnte Hebeloma sacchariolens s.l. da passen?





    Grüße und vielen Dank!


    Lukas

  • Ok. Habe jetzt bei Gröger geschaut. Entweder sacchariolens oder latifolium? Die Cheilos passen besser zu latifolium, die Sporen zu sacchariolens, Boden basiphil zu latifolium. Mir reichts. Gute Nacht!

  • Hallo Lukas


    Hebeloma ist es mit diesen Sporen und Zystiden mal sicher. Leider hat sich seit Gröger schon wieder viel getan in der Gattung.


    Kann schon etwas in der Gruppe sacchariolens s.l. sein. Um Hebelomas fertig zu bestimmen braucht man mehr Bilder von den Cheilos. Gut quetschen, so dass du sie gut von oben bis unten siehst. Dann Spitze und Basis von 5-10 Zystiden messen und jeweils das Verhältnis ausrechnen. Wichtig sind Feinheiten in der Zystidenform. Sind sie bauchig, zylindrisch-keulig, schwach kopfig usw.


    Je nachdem braucht es dann noch mehr Merkmale (Lamellenzahl etc.).


    Gruss Raphael

  • Hallo Lukas


    Habe mal rasch in FE14 geschaut. Mit dem Geruch gehören deine Pilze in die Sektion Sacchariolentia. Die ist zum Glück nicht riesig und die Zystiden sind da weniger relevant (trotzdem braucht man ein paar Bilder von vollständigen Zystiden, zur Sicherheit).


    Dummerweise sind deine Sporenangaben genau so, dass man zwei wichtige Schlüsselfragen nicht beantworten kann:

    - Sporen im Mittel breiter oder schmaler als 7 µm? Den Mittelwert muss man auf 0.1 µm genau ausrechnen.

    - Sporen-Koeffizient im Mittel grösser oder kleiner als 1.8? Bei Hebelomas muss man den auf zwei Dezimalstellen ausrechnen.


    Ich vermute, wenn du jetzt mindestens 10 Sporen misst, kommt folgendes raus:

    - Sporen im Mittel knapp unter 7 µm

    - Koeffizient auch knapp unter 1.8


    Damit wäre es dann H. sacchariolens s.str.

    Makroskopisch passt das auch gut.


    Gruss Raphael

  • Hallo zusammen,


    wenn man 10 Sporen mißt, kann man natürlich einen Mittelwert auf 0,1 µm genau angeben. Aber die Aussagekraft dürfte im Allgemeinen sehr gering sein. Man muß sich ja auch anschauen, wie groß die Standardabweichung ist und die wird da in der Regel deutlich größer als 0,1 µm sein. Das heißt also, daß man im Endeffekt deutlich mehr Sporen messen muß.


    Björn

  • Hallo zusammen,


    wenn man 10 Sporen mißt, kann man natürlich einen Mittelwert auf 0,1 µm genau angeben. Aber die Aussagekraft dürfte im Allgemeinen sehr gering sein. Man muß sich ja auch anschauen, wie groß die Standardabweichung ist und die wird da in der Regel deutlich größer als 0,1 µm sein. Das heißt also, daß man im Endeffekt deutlich mehr Sporen messen muß.


    Björn

    Hallo zusammen


    Es kommt immer drauf an was man mit der Messung erreichen will.

    Wenn man den Fund sauber dokumentieren will, muss man natürlich deutlich mehr Sporen messen.

    Aber wenn man nur eine Frage im Schlüssel beantworten will, kann man das ggf. abkürzen.

    Oft zeigt sich nach wenigen Messungen bereits ein deutlicher Trend, mit dem man die Schlüsselfrage schnell beantworten kann.

    Mehr Messungen führen dann zwar zu mehr Präzision, aber die Antwort auf die Schlüsselfrage ändert sich nicht mehr.


    Hier in diesem Fall sind die Messungen sehr nahe an den Grenzwerten des Schlüssels.

    Da hat Björn völlig recht: Je mehr Messungen, desto verlässlicher lässt sich die Frage beantworten (darum ja: Mindestens 10 ;) ).

    Aber dann muss man auch enorm aufpassen, welche Sporen man misst:

    - Unvoreingenommen sein: grosse und kleine Sporen berücksichtigen (nicht nur solche, die zur "gewünschten" Antwort im Schlüssel führen)

    - Sporen von mehreren Fruchtkörpern messen

    - unreife Sporen weglassen, also Sporen aus Abwurf oder von der Stieloberfläche messen

    - Vorsicht bei Ausreisser-Sporen. Messen ja, aber separat notieren

    - Auf die Lage der Sporen achten, nur flach liegende Sporen messen


    Bei Hebeloma und Inocybe messe ich eigentlich immer 20 Sporen und 20 Zystiden, bevor ich überhaupt in den Schlüssel schaue.

    Meistens reicht das, nur bei Bedarf messe ich dann noch mehr.


    Gruss Raphael

  • Vielen Dank schonmal für die super Antworten!

    Ich hatte 17 Sporen gemessen und liege dummerweise genau im Mittel auf diesen Grenzwerten, die du genannt hast. Der Quotient liegt sogar auf zwei Dezimalstellen genau darauf. Also werde ich heute Abend nochmal eine größere Anzahl durchmessen, bis da was verwertbares rauskommt. Wobei ich da fast Bauchweh habe, so genau zu messen.

    Die Cheilos versuch ich dann auch noch mal besser abzubilden und zu messen. Gerade im Präparieren bin ich noch nicht so geschickt. Schnitte werden viel zu dick und in Quetschpräparaten verlier ich schnell den Überblick :S Bringt es viel, das Präparat mit Kongorot zu färben?


    Hat sich in der "Sektion" der süß riechenden Hebelomas denn fundamental viel geändert in FE im Vergleich zu diesem Gröger/Zschieschang(1981)-Paper? Sind das mittlerweile mehr als sechs Arten geworden? Oder soll ich lieber nicht fragen?


    Grüße!

  • Hallo,


    Überraschenderweise sind es nicht mehr als sechs Arten geworden, sondern weniger. :)

    Gemäss FE14 gibt es in der Sektion fünf Arten.

    Die Arten aus der genannten Arbeit wurden inzwischen sequenziert, und einiges wurde zusammengelegt:

    • H. fusiporum (= H. cremeopallidum)
    • H. ischnostylum (= H. fragrantissimum, H. laevatum)
    • H. nauseosum (= H. gigaspermum, H. groegeri, H. fusipes)
    • H. odoratissimum (= H. tomentosum, H. hetieri)
    • H. sacchariolens (= H. odoratum, H. latifolium, H. pallidoluctuosum)

    Dieses Jahr ist noch ein neuer Band rausgekommen (FE 14a), den habe ich leider noch nicht.

    Ich hoffe da wird nicht wieder alles durcheinander gebracht.

    H. sacchariolens ist mit Abstand die häufigste Art in der Sektion. Ökologie und Makroskopie passen auch zu deinem Fund.

    Deshalb meine Vermutung oben, dass du mit dem mühsamen Messen genau diese Art bestätigen wirst.


    Cheilos bei Hebelomas präparieren:

    Ich nehme da immer Kongorot/NH3 (aber nur für Cheilos, nicht für die Sporen).

    Für Hebeloma-Cheilos einen langen, schmalen Streifen der Lamellenschneide entnehmen.

    Diesen sehr sehr gut pressen. So, dass ein Teil der Cheilos lose rumschwimmt, meistens so in Büscheln.

    Klappt nicht mit allen Cheilos, aber wenn du die ganze Schneide absuchst findest du welche die lose sind (wenn nicht: mehr pressen).

    Dann die Cheilos nicht unter Immersion mikroskopieren, sondern z.B. im 400er. Das reicht völlig, ist übersichtlicher und man hat mehr Tiefenschärfe:


    Bin gespannt was dabei raus kommt.


    Gruss Raphael

  • Hallo zusammen,


    was das Präparieren angeht, färbe ich Lamellen meistens erst in Kongorot/NH3 an, lege das gefärbte Stück in 3% KOH und quetsche dann. Vom Gefühl her hilft das KOH etwas dabei, die einzelnen Elemente zu lockern. Mitunter ist es auch hilfreich nach dem ersten Quetschen 1-2 Minuten zu warten und dann noch mal zu quetschen.


    Björn

  • krasse Geruch, der mich sofort an die drückende Süße des Flieders erinnerte oder die Einkaufsstraßen russischer Städte, durch die das typische stark süße Parfüm wabert

    Ob der Geruch in den russischen Einkaufsstraßen von den einkaufenden Damen kommt? Oder vielleicht eher von den Marktständen mit all den Pilzen, die bei den Russen als essbar gelten?? ^^

  • Vielen vielen Dank! Ihr seid super hilfsbereit und engagiert!


    Das vernünftige Abbilden der Cheilos hat mich letzte Woche so frustriert, dass ich das Mikroskopieren eine Woche pausieren musste, sonst hätte ich das Teil gegen die Wand geworfen ==6. Inzwischen sind die Frischpilze natürlich vergammelt. Habe zwar welche getrocknet, war aber ohnehin nochmal an der Stelle und habe dann gleich frische mitgenommen.

    Ich mache da definitiv was falsch. Mein Protokoll sieht in etwa so aus:


    - Ich schneide mit einer Rasierklinge einen haarfeinen Längsschnitt über die Lamellenschneide.

    - den Schnitt bewege ich in ein Tröpfchen Kongo

    - ich verdünne mit KOH 3%

    - zerzupfe die Lamellenschneide mit spitzen Nadeln in möglichst kleine Fragmente

    - lege ein Deckgläschen auf

    - lege seitlich des Deckgläschens etwas Filterpapier

    - Fixiere das Deckgläschen an einer Seite mit einem Radiergummi

    - klopfe mit einem weiteren Radiergummi einige Male leicht auf das Glas

    - wiederhole die Prozedur, falls sich die Zellen nicht ausreichend aus den Strukturen gelöst haben


    Das beste Ergebnis sind, korrigiert mich, zerquetschte und angequetschte Zystiden:



    Zerquetsche ich sie nicht, bleiben sie im Verbund und sind nicht messbar.


    Habe jetzt gefühlt alle möglichen Arten und Stärken mit einem Radiergummi auf ein Gläschen zu klopfen durch.


    Die Sporen von dem Teil hab ich neu gemessen und sowohl die Breite liegt unter 7um, als auch der Quotient unter 1,8:

    Me = 11.84 × 6.74 µm ; Qe = 1.76


    An den unzerquetschten Cheilos erkennt man Formen von keulig bis leicht flaschenförmig. Die Länge der Cheilos variiert, soweit ich das an angequetschten Cheilos ermitteln konnte, irgendwo zwischen 30-65um.


    Kann man denn anhand meiner jetzigen Daten eine Aussage treffen? Liebend gern würde ich die Gelegenheit nutzen, meine Präpariertechnik an einer anderen Art zu verfeinern ==2.


    Viele Grüße und riesen Dank an Raphael!


    Lukas

  • Hallo Lukas


    Das ist doch ein ganz gutes Präparat! Man erkennt da alles was es braucht.

    Ich hab es bei einem Hebeloma noch nie geschafft, die Zystiden zu zerquetschen. Die sind ziemlich robust.

    Auch auf deinem Bild oben scheint mir das nicht der Fall zu sein, allenfalls die mit dem grossen Kopf ist leicht beschädigt. Das muss aber nicht unbedingt vom Quetschen kommen.


    Dein Vorgehen passt meines Erachtens, der Rest ist ganz einfach Übung. Mir gelingt das auch nicht immer gleich gut.

    Noch ein Tipp zum Quetschen: Wenn Klopfen nicht reicht, ruhig ordentlich drücken und ggf. sogar beim drücken noch etwas hin und her bewegen.


    Nun zu dem Pilz: Es ist eindeutlich H. sacchariolens.

    Die neuen Sporenmasse lassen eine klare Entscheidung zu. Die vielgestaltigen, aber doch in der Tendenz keuligen Zystiden sind ebenfalls typisch.


    Gruss Raphael

  • Vielen lieben Dank!


    Dann ist es endlich vollbracht. ==konfetti Ich hatte den Eindruck, die Zystiden seien nach wiederholtem Quetschen breiter geworden. Möglich, dass ich mich getäuscht habe.


    Btw. mit welcher Ausstattung machst du diese tollen Mikrobilder?


    Grüße


    Lukas

  • Hallo Lukas


    Ich habe ein Zeiss AxioLab A.1 mit einer Axiocam 105.

    Wobei ein gutes Präparat viel wichtiger als das Mikroskop ist. Und das kann man zum Glück lernen, ist reine Routine.

    Nur bei den Objektiven sollte man nicht sparen.


    Wenn du mal wieder einen Fälbling zu bestimmen hast - immer her damit, die machen mir Spass. :)


    Gruss Raphael