Hebeloma crustuliniforma-Komplex ?>>> Hebeloma velutipes

Es gibt 9 Antworten in diesem Thema, welches 2.760 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von thorben96.

  • Hallo zusammen,


    nach dem ich diesen Thread hier gesehen habe, musste ich heute auch eine Hebeloma aus dem Wald einsammeln.

    In diesem Fall war das ein Fund in einem Buchenwald. Zu meinem Bedauern waren es keine frischen Frk. mehr, habe sie aber trotzdem mal mitgenommen.

    Der Hut ist glibberig und klebt.

    Hier sind die Bilder:

    1.


    2. man sieht es nicht gut, aber der Stiel sieht im oberen Bereich so aus wie hier


    3. HDS


    4. HDS


    5. HDS besteht aus vielen Schnallen


    6. Stiel


    7. Stiel ohne Schnallen


    8. Cheilozystiden länglich und am Kopf etwas dicker. Größe 44-87 x 5-8 Mikrometer erst einmal habe ich nur 12 Cheilozystiden gemessen.


    9.


    10. Sporen besitzen eine deutliche Hülle


    Meine Tendenz geht in die Richtung Hebeloma crustuliniforme-Komplex, vielleicht sogar Hebeloma crustuliniforme (Schlüsselversuch mit diesem Schlüssel hier) ?

    Oder vielleicht doch etwa völlig anderes ? Ich kenne mich mit Hebeloma leider nicht aus, aber vielleicht hat einer von euch eine Idee dazu ?


    VG : Thorben

  • Hallo Thorben


    Ahnst du denn worauf du dich da einlässt? :)

    Als ich neulich ein paar Kollegen sagte, dass ich gerne Fälblinge bestimme, schauten mich alle entsetzt an.


    In dem anderen Thread war es einfach, weil die süssen Geruch hatten. Da kommen nicht viele in Frage.

    Das hier dürfte einiges schwieriger sein, vor allem braucht man eigentlich auch junge Fruchtkörper.

    Aber versuchen kann man ja trotzdem. Damit das gelingt brauche ich aber noch sehr viele Infos:

    - Geruch: Rettich? Nehme ich an, wenn du H. crustiliniforme im Verdacht hast.

    - Jodreaktion: Sporen wie stark dextrinoid? Am besten ein Bild posten.

    - Durchgehende Lamellen bei min. 2 Fruchtkörpern zählen (ja ich weiss, das nervt, aber anhand des Bildes fällt mir das schwer)

    - Sporenornament: Kannst du ohne Immersion erkennen, dass die Sporen nicht glatt sind?

    - Cheilos: Mittelwert der Kopfbreite

    - Nochmal Cheilos: Um wieviel dicker ist der Kopf gegenüber der Basis? Davon der Mittelwert. Wie beim Sporen-Quotient.

    - Und nochmal Cheilos: Noch mindestens drei Bilder von Cheilos, wo man die Form gut sieht. Da kommt es auf jedes Detail an.

    - Dicke des Stiels in der Mitte und an der Basis


    H. crustiliniforme s.str. müsste unregelmässigere Cheilos haben. Ist übrigens eines der am häufigsten falsch interpretierten Hebelomas.

    Die meisten älteren Werke zeigen "irgendwas" mit diesem Namen.


    Mein aktueller Favorit ist Hebeloma velutipes. Dazu passen die recht langen, schmalen, schwach keuligen Zystiden und die Ökologie.

    Aber zur Bestätigung brauche ich möglichst viele Angaben von oben.


    Das hier habe ich neulich als H. velutipes bestimmt:




    Gruss Raphael

  • Hallo Raphael,


    ich versuche mal alles zu beantworten, was ich beantworten kann.


    Ahnst du denn worauf du dich da einlässt? :)

    Nachdem ich deinen Text zu Ende gelesen habe, da habe ich eine grobe Vorstellung bekommen, warum die Gattung so schwierig ist :D

    Als ich neulich ein paar Kollegen sagte, dass ich gerne Fälblinge bestimme, schauten mich alle entsetzt an.

    Ich kann es deinen Kollegen nicht Übel nehmen, dass sie dich entsetzt angeschaut haben, denn kann ich jetzt voll und ganz verstehen.

    Die Gattung wird nicht meine Lieblingsgattung werden, aber vielleicht in einige Jahren, wenn diese Gattung trotzdem kartiert werden muss :/

    Das hier dürfte einiges schwieriger sein, vor allem braucht man eigentlich auch junge Fruchtkörper.

    Das muss ich mir merken. Ich fürchte junge Frk. werde wohl keine mehr einsammeln können.

    - Geruch: Rettich? Nehme ich an, wenn du H. crustiliniforme im Verdacht hast.

    Mit Gerüchen habe ich so meine Probleme und Rettich Geruch kenne ich nicht. Ich würde diesen Geruch als einen sehr intensiven, nicht angenehmen Geruch, (Tendenz zu einem Pfeffrigen Geruch) bezeichnen.


    - Jodreaktion: Sporen wie stark dextrinoid? Am besten ein Bild posten.

    Das muss ich noch nachholen.


    - Durchgehende Lamellen bei min. 2 Fruchtkörpern zählen (ja ich weiss, das nervt, aber anhand des Bildes fällt mir das schwer)

    Das wird schwierig, denn ich habe nur noch einen ganzen Frk.. Die anderen Frk. trocknen schon und sind halbiert :/

    Von einem Frk. konnte ich ca. 131 Lamellen zählen.

    Ich gehe morgen wieder in den Wald und versuche weitere Frk. einzusammeln.

    - Sporenornament: Kannst du ohne Immersion erkennen, dass die Sporen nicht glatt sind?

    Ich hatte in einem anderen Pilzpräparat mit Kongorot Hebeloma Fremdsporen, wo auch eindeutig ein Ornament zu sehen war.

    Deshalb kann ich auch mit Sicherheit sagen, dass ein Ornament vorhanden ist und halt diese erweiterte Sporenhülle.


    - Cheilos: Mittelwert der Kopfbreite

    - Nochmal Cheilos: Um wieviel dicker ist der Kopf gegenüber der Basis? Davon der Mittelwert. Wie beim Sporen-Quotient.

    - Und nochmal Cheilos: Noch mindestens drei Bilder von Cheilos, wo man die Form gut sieht. Da kommt es auf jedes Detail an.

    - Dicke des Stiels in der Mitte und an der Basis

    Das muss ich alles noch nachholen.


    H. crustiliniforme s.str. müsste unregelmässigere Cheilos haben. Ist übrigens eines der am häufigsten falsch interpretierten Hebelomas.

    Die meisten älteren Werke zeigen "irgendwas" mit diesem Namen.

    Wie meinst du das mit unregelmässige Cheilos ? Im Vorkommen oder in der Form ?

    Das Vorkommen war zahlreich, die Form dagegen war Pfeilgerade und ab und zu an der Basis abgeknickt.


    Mein aktueller Favorit ist Hebeloma velutipes. Dazu passen die recht langen, schmalen, schwach keuligen Zystiden und die Ökologie.

    Aber zur Bestätigung brauche ich möglichst viele Angaben von oben.

    Ich versuche meine bestes dir so viele Angaben wie möglich zu geben :)


    VG : Thorben

  • Hallo Thorben, hallo Raphael,


    offenbar gehöre ich zur seltenen Subspezies von Pilzinteressierten, die gerne Hebelomas bearbeitet. Also mir machen die schon Spaß, gerade weil man was zu knabbern hat.

    Denke auch wie Raphael, dass das auf velutipes inauslaufen wird. Jedenfalls nicht das crustuliniforme-Aggregat.


    Mit unregelmäßigen Cheilos ist die Form gemeint, die wäre beim crustuliniforme-Komplex besonders apikal deutlich verdickt, hier z.B. Hebeloma aanenii:


    Dem gegenüber hat velutipes recht charakteristische, gleichmäßige Cheilos, die von oben und unten im Mittel nicht sehr viel verdickt sind:


    Zudem ist velutipes bei mir und auch in Fungi Europaei eine der häufigsten Arten, was natürlich nix heißen muss.


    Wenn Du Fungi Europaei nicht hast, es gibt auch online einen Schlüssel für den crustuliniforme-Komlpex, das sollte ziemlich genau der aus dem Buch sein:

    (PDF) Decrypting the Hebeloma crustuliniforme complex: European species of Hebeloma section Denudata subsect. Denudata (Agaricales)


    Wobei Du wie gesagt hier was anderes hast, aber nur für den Fall, dass Du das noch nicht kennst. Da werden dann im Schlüssel auch die ganzen Mittelwerte abgefragt, die Raphael eingangs schon genannt hat.


    Viele Grüße,

    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.

  • Hallo Matthias,


    danke für die Erklärungen und ich bin froh, dass auch du Hebelomas bearbeitest :)

    Mit unregelmäßigen Cheilos ist die Form gemeint, die wäre beim crustuliniforme-Komplex besonders apikal deutlich verdickt, hier z.B. Hebeloma aanenii:

    Ok, jetzt verstehe ich das. Die Cheilos sind bei mir definitiv nicht am Kopf verdickt, sondern so wie das zweite Bild.


    Ich konnte heute weitere Frk. einsammeln und habe auch schon weitere Bilder zu den Cheilos gemacht.

    Allerdings liegen hier noch so viele Pilze, dass ich heute nichts mehr bearbeiten und messen kann.

    Was ich schon einmal nachgeguckt habe ist:

    Die Dicke des Stiels ist durchgehend 0,7-0,9 cm dick, Sporen sind stark dextrinoid und eine weitere Lamellenanzahl von 182 sind hinzugekommen.

    Weitere Bilder gibt es morgen, falls keine anderen Pilze dazwischen funken :/


    VG : Thorben

  • Hallo zusammen,


    hier sind noch ein paar Bilder:

    11.


    12.


    13. Lugol


    Cheilozystiden

    Mittelwert Kopf= 6,7 Mikrometer (14 Messungen)

    Größter Wert Kopf = 8,5 Mikrometer

    Kleinster Wert Kopf = 5,7 Mikrometer


    Mittlerwert Basis= 4,8 Mikrometer (13 Messungen)

    Höchster Wert= 5,9 Mikrometer

    Niedrigster Wert= 3,4 Mikrometer


    Durschnittswert aus der Differenz (Kopf und Basis) aus 13 Messungen beträgt

    = 2

    Höchste Differenz= 4,8

    Niedrigste Differenz= 0,3


    Heute konnte ich auch eine Miniausgabe dieses Pilzes entdecken, aber habe im Moment keine Zeit dafür. Heute gab es wieder zu viele Aufsammlungen.


    VG : Thorben

  • Hallo Thorben


    Das hilft schon weiter, aber es gab wohl zwei Missverständnisse:

    Durschnittswert aus der Differenz (Kopf und Basis) aus 13 Messungen beträgt

    = 2

    Höchste Differenz= 4,8

    Niedrigste Differenz= 0,3

    Hast du die Messungen einzeln notiert? Wir brauchen nämlich nicht die Differenz, sondern den Quotient. Und davon den Mittelwert.

    Also z.B. für deine beiden Maximalwerte 8.5/5.9 = 1.44 (wobei ich nicht weiss ob beide Werte von derselben Zystide waren)


    Und dann noch:

    eine weitere Lamellenanzahl von 182 sind hinzugekommen

    Ich hatte noch nie einen Fälbling mit so vielen Lamellen. Die meisten haben zwischen 40 und 80 Lamellen.

    Achtung, nur die durchgehenden Lamellen zählen. Die Zwischenlamellen weglassen.


    Wie auch immer, ich denke das Ergebnis bleibt gleich.

    Wenn ich mit der Restunsicherheit bei den Zystidenmassen in FE14 schlüssele, kann man diverse Kandidaten auch anders ausschliessen:

    - H. quercetorum ist eine südliche Art mit schwach verdicktem Zystidenapex. Fällt raus.

    - H. erebium hat kürzere Zystiden

    - H. celatum kenne ich mit variableren Cheilos, deshalb hatte ich nach mehr Bildern gefragt

    - H. aestivale müsste einen oft ablösenden Perispor haben, das sehe ich auf deinen Bildern nicht

    - H. incarnatulum gehört ins Sphagnum und hat einen schlankeren Habitus


    Fazit: H. velutipes bleibt als einziger Kandidat übrig. Ich würde den Fund mit gutem Gewissen so anschreiben.


    Mreul : Ich bin froh dass es noch andere hier gibt mit dieser Hebeloma-Krankheit.

    Dieses Jahr ist ja noch ein Ergänzungsband zu Hebeloma erschienen (FE 14a). Hast du den schon? Würde mich interessieren ob sich das lohnt.


    Gruss Raphael

  • Hallo Raphael,


    so, wie ich es einschätzen kann, ist die neueste Literatur berücksichtigt worden und es wurden weitere Kollektionen und Herbarbelege ausgewertet. Die Schlüssel sind aber nur sehr geringfügig überarbeitet worden, wie die Autoren mitteilen. Fast 500 Seiten, davon ca. 200 Seiten Abbildungen. Ich denke mal so ganz vorsichtig, der Band 14 langweilt sich ohne seine Ergänzung. Aber neugierig hast Du mich schon auf die Hebel-Omas gemacht mit deinen tollen Hinweisen hier. Danke! Ich werde mir sogar mal Funde mit nach Hause nehmen wollen.


    Beste Grüße

    Stefan F.

  • Servus Raphael,


    du bist nicht allein als Hebeloma-Freund. Ich schaue mir Fälblinge seit der ersten, noch dünnen, nordischen Bearbeitung (FoNE) gerne intensiver an. Das Werk aus Fungi Europaei war natürlich ein ganz schöner Sprung... Den Ergänzungsband habe ich aber (noch) nicht.


    Hebeloma velutipes ist auch bei mir häufig und das Bestimmungsergebnis passt m. E. gut (was sich im Nachhinein leicht sagen lässt...).


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Hallo zusammen,


    @ Raphael

    Hast du die Messungen einzeln notiert? Wir brauchen nämlich nicht die Differenz, sondern den Quotient. Und davon den Mittelwert.

    Also z.B. für deine beiden Maximalwerte 8.5/5.9 = 1.44 (wobei ich nicht weiss ob beide Werte von derselben Zystide waren)

    Wer lesen kann ist klar im Vorteil, da habe ich etwas völlig falsch verstanden :haue:

    Aus 13 Werten habe ich einen Wert von 1,47 herausbekommen.


    Ich hatte noch nie einen Fälbling mit so vielen Lamellen. Die meisten haben zwischen 40 und 80 Lamellen.

    Achtung, nur die durchgehenden Lamellen zählen. Die Zwischenlamellen weglassen.

    Das macht das ganze schon viel einfacher , wenn nur die durchgehenden Lamellen gezählt werden sollen :D

    Bei der nächsten Hebeloma (kenne noch 2 Standorte mit vermutlich 2 verschiedenen Arten) werde ich dann die durchgehenden Lamellen zählen.


    Alles klar wird so abgespeichert und vielen Dank für deine Hilfe :)

    Kannst du mir vielleicht kurz eine Nachricht schicken mit deinem vollen Namen, dann kann ich dich als Bestimmer in Mykis eintragen.


    @ Christoph:

    du bist nicht allein als Hebeloma-Freund. Ich schaue mir Fälblinge seit der ersten, noch dünnen, nordischen Bearbeitung (FoNE) gerne intensiver an. Das Werk aus Fungi Europaei war natürlich ein ganz schöner Sprung... Den Ergänzungsband habe ich aber (noch) nicht.


    Hebeloma velutipes ist auch bei mir häufig und das Bestimmungsergebnis passt m. E. gut (was sich im Nachhinein leicht sagen lässt...).

    Noch einer der sich für Hebelomas Interessiert :) Ich finde es klasse :daumen:

    Wenn ich es schaffe hole ich mir übermorgen noch einen Hebeloma-Fund aus dem Wald.


    VG : Thorben

  • thorben96

    Hat den Titel des Themas von „Hebeloma crustuliniforma-Komplex ?“ zu „Hebeloma crustuliniforma-Komplex ?>>> Hebeloma velutipes“ geändert.