Giftwirkung bei Schopftintlingen

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 9.305 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Wilhelm Busch.

  • Hallo liebe Pilzfreunde,


    bis zum heutigen Tage bin ich davon ausgegangen, dass nur der Graue Faltentintling in Verbindung mit Alkohol zu Vergiftungserscheinungen führt und nicht der Schopftintling.
    Jetzt aber lese ich in dem etwas älteren Werk "Der große Kosmos- Naturführer Pilze" (Roger Phillips), dass auch der Schopftintling solch unangenehmen Auswirkungen zeitigen kann...


    Ist diese Information veraltet? (In meinen anderen Büchern steht davon nämlich nichts!) Oder handelt es sich um persönliche Unverträglichkeiten?


    Liebe Grüße,
    Carolin

  • Hi Carolin,


    nicht zufällig heißt das Gift, dass zu der Alkoholunverträglichkeit führt "Coprin". Es ist in allen Coprinus-Arten enthalten, nur eben in unterschiedlicher Dosierung. Am höchsten konzentriert ist Coprin im "Grauen Tintling/Faltentintling" (Coprinus atramentarius), sowie im "Glimmertintling" (Coprinus micaceus). Auch im "Schopftintling" (Coprinus comatus) ist Coprin, wenn auch in nur sehr geringer Konzentration enthalten. Es gibt viel weniger Berichte über Vergiftungserscheinungen im Zusammenhang mit dem Verzehr des Schopftintlings und Alkoholgenuss und zudem sind diese bedeutend geringer. Wenn man ganz sicher gehen will, sollte man also auf das Gläschen Wein o. ä. verzichten.


    Und weil wir hier in der Rubrik "Wissenschaftliches" sind etwas wissenschaftliches, für alle, die noch mehr wissen wollen:


    GWDG - GWDG - IT in der Wissenschaft


    Lieber Gruß,
    Meinhard

    Erfahrungen sammelt man wie Pilze: einzeln und mit dem Gefühl, dass die Sache nicht ganz geheuer ist.

  • Hallo Meinhard,


    der von Dir in den Beitrag eingefügte Text über Vergiftungserscheinungen von Coprin gibt mir weniger in wissenschaftlicher, umso mehr in ethisch-moralischer Hinsicht zu denken:


    Ich bin der Meinung, dass wir unsere nichtmenschlichen Mitgeschöpfe nicht nach Belieben für unsere Zwecke missbrauchen dürfen. Die letale Dosis 50 bei Ratten festzustellen ist grausam und absurd. Zum Einen wird der Giftstoff in völlig lebensfern hoher Dosis verabreicht, zum Anderen ist es unwissenschaftlich und gefährlich anzunehmen ein solcher Wert ließe sich auf den Menschen übertragen. (Das Medikament Contergan, welches beim Menschen zu schweren Missbildungen führt, wurde in diversen Tierversuchen als unschädlich getestet - wohingegen Penicillin - wäre es beispielsweise am Meerschweinchen getestet worden - dem Menschen heute nicht zur Verfügung stünde, weil es beim Tier schwerste Nebenwirkungen verursachen kann!)


    Rechtfertigt das Wissen über die die Spermienanzahl einschränkende Wirkung von Benzocoprin beim Hund solch widersinnige Versuche?
    (Und weshalb flößt ein Bauer seiner Kuh einen halben Liter Schnaps ein? Sicherlich nicht, weil das aus veterinärmedizinischer Sicht indiziert wäre!)


    Ich hoffe, nicht allzuweit vom Thema weggeführt zu haben, bin mir aber sicher, dass sich unter den Pilzliebhabern im Forum auch Natur- und Tierliebhaber befinden!


    Liebe Grüße,
    Carolin

  • Hallo Carolin,


    ja die Literatur ist von 1998, damals war wohl auch eine Warnung beim Schopftintling dabei.


    Allerdings hab ich jetzt in meinem ältesten Buch von 1992 nachgeschaut, auch hier ist keine Warung mehr dabei, das ist ja noch älter??!


    Ich kann dir allerdings sagen das ich erst am Sonntag meinen letzten Schopftintling gegessen habe und danach auch einen Glühwein hatte, nicht ist passiert.
    Letztes Jahr hab ich einen halben Korb gegessen ink. Bierchen getrunken, auch nichts...
    Beim Schopftintling ich glaube selbst wenn man keinen "Saumagen" hat besteht keine Gefahr in Verbindung mit Alkohol.


    Gruß Benny

    Pilze muss man kennen "lernen" das ist ähnlich wie bei Freundschaften... ;)


    Onlinebestimmungen sind nur als Bestimmungshilfen/Tipps anzusehen, sie ersetzen NIE
    den Gang zum Pilz-Sachverständigen! Keine Essensfreigabe im Forum!

  • Hi Carolin,


    den Link habe ich primär wegen des Themas Coprin/Coprinus gepostet. Deinen Anmerkungen bezüglich Tierversuche, die in diesem Beitrag aufgeführt sind, habe ich nichts hinzuzufügen, ich stimme dir da vollinhaltlich zu.


    Lieber Gruß,
    Meinhard


    P.S.
    Als Resumee möchte ich konstatieren: es gibt sehr individuell bezogene Unverträglichkeitserscheinungen, die sich nicht verallgemeinern lassen (oder auch nicht, siehe Beitrag von Benny). Jeder sollte beobachten und prüfen, wie ihm ein ansonsten unverdächtiger Pilz bekommt. Schließlich gibt es auch Mitmenschen, die auf den Genuss von Pfifferlingen unliebsame Nebenwirkungen erfahren!

    Erfahrungen sammelt man wie Pilze: einzeln und mit dem Gefühl, dass die Sache nicht ganz geheuer ist.

    Einmal editiert, zuletzt von emmess2006 ()

  • Hallo zusammen,


    hatte letztes Jahr mal im Netz recherchiert und halte das ganze für eine Verwechslung. Es ist nur schwer nachvollziehbar, aber manche Zeitgenossen bezeichnen Faltentintlinge als Schopftintlinge, andere haben mal davon gehört und warnen eifrig, wieder andere sind Journalisten und verbreiten sowieso alles, was irgendwie dramatisch klingt.


    Bei mir hatte jedenfalls der gleichzeitige Genuß von Schopftintlingen und Rotwein keinerlei Folgen. Neuere DNS-Vergleiche lassen auch erwarten, daß Schopftintlinge nicht mehr lange in der Gattung Coprinus bleiben.


    Die gleiche Geschichte scheint es auch bei netzstieligen Hexenröhrlingen zu geben, die manchmal mit Ochsenröhrlingen verwechselt werden, welche sich auch nicht gut mit Alkohol vertragen.


    Wäre ich aber Autor eines Pilzbestimmungsbuches und wüßte es nicht genau, würde ich lieber zweifelhafte Warnungen aussprechen als möglicherweise Vergiftungen zu verursachen. Insofern möchte ich diesen Beitrag nur beachtet wissen, wenn man Schopf-, Falten- und Spechttintlinge sicher unterscheiden kann und auch an individuelle Unverträglichkeiten denkt.


    Grüße, Carsten

  • Hallo!


    Theoretisch habe ich mit Alkohol-Abstinenz keine Probleme und ein Wein gehört für mich nicht (zwangsläufig) zum Abendessen.
    Trotzdem bin ich ob Eurer Beschwichtigungen einigermaßen beruhigt. Beim Grauen Faltentintling wird ja ausdrücklich auch vor Alkohol in kleinen Mengen rund um den Verzehrszeitraum gewarnt (Medikamente, Pralinen...) - man weiß ja nie und auf Vergiftungerscheinungen (subjektiv wohl als lebensbedrohlich empfunden, wie Meinhards Link so schön sagt) kann ich verzichten.
    Beim Schopftintling aber scheint sich das Phänomen ja, gottlob, in Grenzen zu halten :)


    Liebe Grüße,
    Carolin

  • Servus leutles! Ich wolt nur sagen das in meinen neuen und alten Bücher Schopftintlinge mit Alcohol zugenomen (Auch nach und vor 24 Stunden der Malzeit ) schwere Vergiftungserscheinungen auftreten können.(Aber auch leichte).

  • ...wieder andere sind Journalisten und verbreiten sowieso alles, was irgendwie dramatisch klingt.


    Auf den Punkt gebracht! Und das gilt bei dieser Zunft nicht nur für die Berichterstattung über Pilze.


    Man muß sich auch vergegenwärtigen, in welch teilweise erheblichem Maße bei Bestimmungsbüchern ohne eigene und vor allem ohne gründliche Recherche voneinander abgeschrieben wird! So werden Fehler tradiert. Wie Carsten sehr richtig schreibt, betrifft das vor allem Sachverhalte (bzw. Nicht-Sachverhalte), wenn das Entsprechende einigermaßen dramatisch klingt. Das gilt noch viel mehr für Einträge bei Wikipedia. Schließlich kann dort jeder schreiben, der die Einkopierfunktion beherrscht und die so zusammengestellten Versatzstücke mit Füllsätzen zu einem Artikel zusammenzufassen versteht. So gibt es bei Wikipedia ebenso sehr gute Beiträge, wie auch ganz lausige und fehlerhafte. Dem Fachmann fällt das zwar auf, was Beiträge auf seinem Gebiet anbelangt - aber eben nicht dem Laien, der sich über ein bestimmtes Gebiet informieren will und gar nicht beurteilen kann, ob das Gelesene nun etwas taugt oder nicht.
    Bei Bestimmungsbüchern kann man zumindest einen Eindruck gewinnen, ob ein Buch insgesamt seriös aufgebaut ist und einen guten Eindruck macht. Ist es so, dann kann man auch den Einzelbeiträgen Vertrauen entgegenbringen; denn es ist in der Regel nicht zu erwarten, daß die Einzelbeiträge in einem solchen Buch in ihrer Qualität und Zuverlässigkeit derart voneinander abweichen, wie das bei Wikipedia der Fall ist.
    Wenn es nicht gerade um solche Fragen geht, wie die Hauptstadt von Moldawien heißt, benutze ich Wikipedia in spezielleren Dingen und Sachfragen nur als Ausgangspunkt für eine gründlichere Recherche.


    Das hatte jetzt zwar nichts mit dem Schopftintling zu tun, aber doch mit der hier aufgeworfenen Frage über das Zustandekommen der Beschreibung seiner Wirkung. - Dabei ist es übrigens keineswegs ausgeschlossen, daß die jetzt als überholt geltende Ansicht morgen nicht schon wieder als doch aktuell postuliert wird oder daß gar andere Giftwirkungen oder Unverträglichkeiten gefunden werden. Man denke nur an die Entwicklung bei Paxillus involutus oder Tricholoma equestre.