Hallo Pilzfreunde,
da ja die Täublings-Beiträge hier im Moment im Keller sind, dann halt mal wieder einen risikoreichen Beitrag von mir.
Einen 6,5cm grossen Täubling den ich im Fichtenwald trotz seiner Schönheit wohl besser gleich wieder über die linke Schulter geworfen hätte. Nach drei Sekunden so richtig knackig scharf wie anfangs eine R. fellea zwang mich schnell zum Ausspucken.
Der nicht gerade zierliche Habitus, dem dunklen Sporenpulverabwurf und dem scharfen Geschmack liesen mich bei der Bestimmungsarbeit erstmal ein paar erfolglose Runden bei den scharfen Urentinae drehen, nichts passte richtig.
Ein vorheriger Abzweig bei EINHELLINGER führte mich dann doch noch zu den milden oder "etwas scharfen", zierlichen und weiss-stieligen Arten der Tenellae.
Ausser dem Habitus, dem markant scharfen Geschmack (der nur bei WIKI richtig erwähnt wird) und den völlig fehlenden Divertikel an den DZ meines Fundes (in div. Mikrozeichnungen) komme ich dann mikroskopisch an R. nauseosa - Geriefter Weichtäubling nicht vorbei. Also eine knackig-scharfe R. nauseosa? Meine makroskopische Bestandsaufnahme habe ich wie immer durchgeführt, trotzdem gab es bisher keinen, der mich so lange wie dieser in Anspruch genommen hat.
Hier meine Fundbeschreibung dazu
R20-042 nauseosa
13.10.2020 - 14:51
Standort: Waldb re
Eingestuft - Name: unbekannt
Anz. Exemplare: 1
Haupt Baumpopulation: Fi
--------
RUSSULA FUNDORT, Nadelwald, Waldrand, Moos, Nadelstreu, feucht, Kollin 450 m,
BÄUME 20m UMKREIS, Buche (Fagus), Fichte (Picea),
EXEMPLARE, jung, einzeln,
HUT GRÖSSE, 6,5 cm,
HUT FARBE, braun/grau,
HUT OBERFLÄCHE, gedrückt/vertieft, matt,
HUT MITTE, heller, ge, ws/cr,
HUT RAND, leicht gerieft, höckrig,
PEELING, 1/3 abziehbar,
UNTER HUTHAUT, weisslich,
--------
LAMELLEN, spröde, beige bis ocker, Stiel-gabelig, queradrig,
--------
STIEL OBERFLÄCHE, weisslich/creme, reifartig, runzelig/geriffelt,
STIEL KONSISTENZ, weich, voll, wattig,
--------
GERUCH, neutral, schwach, leicht fruchtig,
GESCHMACK, sofort, verzögert, scharf, leicht bitter
ZUSATZ GESCHMACK: dieselbe Schärfe nach Std. auch zu Hause, am 6.Tag 80% getrocknet gekaut, weniger Schärfe immer noch in den Lamellen festzustellen
SpP Farbe: IVc
FeSo4: schwach rosa
Guajak (8sec) Stiel: +++
Guajak (8sec) Lamellen: ++ / +++
Phenol: neg
KOH Stielbasis: neg
SV:
NH3:
Sonst. Angaben: Lamellen entfernt stehend
1) Fundort war am Eingang dieser Fichtenparzelle
2) keine 10m vom Parzellen-Eck entfernt an dieser ersten Fichte
3) Hut ca 6,5cm Dm und irgendwie braun-gelb-grau, Hutrand leicht höckrig gerippt, Hutmitte trichterförmig vertieft, heller
4) Lamellen ockergelb mit orangem Schimmer, entfernt stehend
5) Lamellen meist gleich lang, wenig kurze Zwischenlamellen
6) Stiel rein weiss, wie leicht bepudert mit ockerfarbenen Flecken an der Basis, leicht keulig
7) die Huthaut entgegen der Beschreibungen zum Pilz (2/3+) nur zu 1/3 abziebar, darunter weisslich
8) Hutfarbe fast unverändert nach dem Sporenabwurf am nächsten Tag
9) und jetzt orange-gelbe Verfärbung der Lamellen
10) Stieloberfläche mit bräunlich-gelber Verfärbung, kein grau (re ob KOH-Fleck)
11) Sporenpulverfarbe war für mich eher IVc
12) KF, keine Inkrustationen festgestellt
13) SV, Dermatozystiden dagegen zahlreich vorhanden
14) Kongo, Pileozystiden meist keulig, auch kopfig und Schlangenkopf artig, wenig oder auch mehrfach septiert, aber trotz intensiver Suche keinerlei Divertikel an den DZ festzustellen.
15) Kongo, einzig die Haare, die verzweigt, knorrig, verformt oder einzelne Auswüchse hatten, meist apikal rundlich, kopfig, manchmal schnabelartig.
16) Wasser, die Sporenform mehrheitlich breit oval, auch rundlich
17) Melzer, die Sporenwarzen über 1my, einzeln bis 1,5my erreichend, teilweise nicht amyloid, stumpfkeglig und auch krumm
18) Melzer, Sporen überwiegend isoliert-stachelig mit einzelnen gratigen Verbindungen
19) Melzer, primitiver Stack, ausgesuchter Bereich mit einer ab und zu gratig / perlschnurartig vorkommenden Spore
20) Messprotokoll Sporen
Im Grossen und Ganzen passt die Mikroskopie auf meinen Pilz ganz gut, ein Restzweifel bleibt aber vor allem wegen der Schärfe, des Habitus und der fehlenden Divertikel bestehen. Oder einfacher gesagt, vielleicht doch verkehrt abgebogen oder doch noch im Rahmen.
Da das ein Erstfund war hoffe ich ja nicht, dass da jetzt jemand kommt und sagt: " ei, Russula nauseosa sieht doch immer so aus..."
Ich danke für eure Aufmerksamkeit und wenn ihr dazu eine Meinung habt, raus damit ich würde mich freuen.
Bis bald... (dann aber das Gegenstück Russula cessans mit Kiefer)
Grüsse aus der Rhön
claus