Die Phlegmatien sind los!

Es gibt 9 Antworten in diesem Thema, welches 3.428 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Cortinarius.

  • Hallo,


    vergangenes Wochenende war ich in zwei sehr interessanten Gebieten unterwegs:


    Am Samstag nahm ich an einer Exkursion der Thüringen Arbeitsgemeinschaft Mykologie teil - es ging in einen Nadelwald auf Kalk. Die Artenvielfalt war überwältigend, vor allem die Cortinarien standen in hunderten Kollektionen herum. Ich hab mir einige wenige Phlegmatien mitgenommen und mich am Schlüsseln und Bestimmen versucht. Es war mein erster Versuch Phlegmatien zu schlüsseln (mit GPBaWü und FN); daher würde ich mich sehr über Bestätigungen bzw. Richtigstellungen oder sachdienliche Hinweise jedweder Art freuen.


    1)

    Dieser mutmaßliche Klumpfuß wuchs in der Nadelstreu/Moos unter Fichten. Seine eingewachsen radialfaserige Huthaut war am Hutrand auffällig grün. Die Lamellen waren jung intensiv blau-lila. Das Fleisch war creme-farben und im Stiel etwas gelblicher als im Hut und Knolle. Auf Velum an der Knolle habe ich leider nicht geachtete - später beim Schlüsseln bemerkte ich dass ich das bei den Klumpfüßen künftig immer tun sollte. Der Geruch war unauffällig. Die KOH-Reaktion brachte eine farbenfrohe Überraschung: Hutrand und Knollenrand reagierten mit einem knalligen pink-rot. Die Sporenmaße waren 12,2x7,9.

    Ich habe mich eine Weile mit dem Fund mit GPBaWü abgekämpft (das erste mal dass ich Phlegmatien geschlüsselt habe) und mich hinreichend häufig ordentlich verlaufen. Vor allem war ich bei der falschen Sektion angekommen. Dann hatte ich "etwas" Hilfe bei der Bestimmung. Mit einem Namen konnte ich dann allerdings meine Schlüsselfehler nachvollziehen und bin dann nach erneuten Versuchen auf direktem Weg beim Leuchtenden Goldstaubklumpfuß (Cortinarius aureopulverulentus) herausgekommen.




    2)

    Der zweite Fund war ein Klumpfuß mich gräulich-braunem Hut mit sehr dezentem Grünstich (Hutrand) und kräftig eingewachsen radialfaserige Huthaut. Er wuchs in einer kleinen Gruppe ebenfalls in der Nadelsreu/Moos unter Fichten. Die Lamellen waren recht gräulich mit lila Tönung. Der Stiel war hell und bläulich faserig überzogen. Das Fleisch war im Hut weißlich, in der Knolle gelblich aber im Stiel bläulich. Der Geruch war auch hier unauffällig und sehr schwach. Die Sporenmaße waren 8,4 x 5,1. KOH im Knollenfleisch war rotbräunlich; am Hutrand und Knollenrand weinrot bis rotbräunlich.

    Auch hier hatte ich Bestimmungshilfe. Die Hilfe war extrem hilfreich, um mich weiter in den Schlüssel von GPBaWü einzuarbeiten. Nachdem ich die Sporenmaße ermittelt hatte, bin in ohne Umwege in der Sektion Glaucopodes geraten. Am Ende landete ich beim Reihigen Klumpfuß (Cortinarius glaucopus). Im Buch wurde allerdings auf die schwierige Abtrennung zum Elfenringklumpfuß hingewiesen (vor allem sehr ähnliche Sporenmaße). Einen Hexenring habe ich nicht bemerkt (da der Wald aber voll mit Pilzen stand kann ich das auch leicht übersehen haben).



    3)

    Der dritte Fund war ein auffällig heller Klumpfuß: hellocker (Semmelfarben) Hut, heller Stiel, helle Lamellen, weißes Fleisch. Geruch erneut indifferent und schwach. Die Sporenmaße waren 10,1 x 6,2. KOH war im Knollenfleisch leicht rosa und am Hutrand rotbräunlich.

    Der Schlüssel führt mich zum Vergrabenen Klumpfuß (Cortinarius corrosus).



    4)

    Ein Massenpilz im Wald wa ein sehr fleischiger Cortinarius mit semmelgelbem Hut und bläulichen Lamellen. Letztere hinterlassen am Stiel eine blaue Linie wenn man sie abzupft. Der Geruch wahr angenehm würzig. Ich möchte den Fund daher Semmelgelber Schleimkopf (Cortinarius varius) nennen.



    5)

    Ein sehr düsterer Schleierling ohne Knolle und auffälligen düsteren Lamellen auch schon in jungem Zustand. Die Huthaut ist beim anlecken bitter und schmeckt scheußlich bitter bei Kostprobe. Für mich ist das der Bittere Schleimkopf (Cortnarius infractus).



    Die folgenden Pilze fand ich am Sonntag in einem von Buchen dominierten Mischwald auf Kalk. Am Fundort standen mehrheitlich Buchen und kaum Nadelbäume.


    5)

    Ein Klumpfuß mit knallig gelber Farbe, aber einem eher schmächtigen Wuchs. Hut, Lamellen, Stiel und Fleisch waren durchgehend knallig gelb; der Hut wies eine schorfig aufgerissene bräunliche Zeichnung auf. Der Geruch war erneut unauffällig. Die KOH-Reaktion auf dem Hutrand war ein schmutziges dunkelbraun mit leicht grünlicher Note; im Knollenfleisch dagegen mit einer schwachen rötlichen Reaktion. Sporenmaße: 10,7 x 5,9.

    Bei der Bestimmung war ich dieses mal auf mich gestellt. Ich habe GPBaWü udn FN mehrfach gestresst und bin mehrfach beim Leuchtendgelben Klumpfuß (Cortinarius splendens) herausgekommen. Die rötliche KOH-Reaktion im Knollenfleisch und die fehlende grünliche Reaktion auf dem Hutrand verwirren mich aber. Also doch etwas anderes?

    Achtung: die Bilder im Wald enstanden mit dem Handy - hier stimmen die Farben überhaupt nicht. Die späteren Bilder mit der KOH-Reaktion sind dagegen viel farbechter, wenngleich sie etwas zu grünstichig sind.


    Nachtrag:

    eine weitere sehr ähnlich aussehende Kollektion fand ich 50m entfernt. Der Wuchs war noch schmächtiger, die Hutmitte auffällig braun und das Fleisch nicht ganz so durchgefärbt wie beim ersten Fund. Ich habe das für die gleiche Art gehalten - jetzt kommen mir Zweifel. Doch was anderes?




    6)

    Ein weiterer Klumpfuß bei Buche hatte einen hellgelben bis cremefarbenen Hut, einen weißlichen Stiel mit blauem Schimmer und cremefarben-bläulichen Lamellen. Das Stielfleich war auffällig blau, so dass ich glaube dass der bläuliche Schimmer des Stiels einfach das durchschimmernde Fleisch sein könnte. Sporen 10,5 x 6,9. Geruch wieder einmal unauffällig. KOH auf dem Knollenrand war schwach gelb-orange-lich (siehe Bilder).

    An diesem Fund habe ich mir die Zähne ausgebissen. Ich lande zügig in der Sektion Calochroi, aber dann war es schwierig. Ich habe mich anfangs zu sehr vom Blauschimmer des Stiels leiten lassen und bin mehrfach beim Violettstieligen Amethyst-Klumpfuß (Cortinarius hasii) gelandet. Der wiederum ist eine Nadelwaldart - mein Fund hingegen war bei Buchen. Ich gehe also schwer davon aus, mich verschlüsselt zu haben. Hat jemand einen Hinweis für mich?



    7)

    Erneut ein düsterer Schleierling ohne Knolle und auffälligen düsteren Lamellen und bitterer Huthaut. Ich möchte den Fund erneut Bitterer Schleimkopf (Cortnarius infractus).



    Vielen Dank fürs Ansehen und Kommentare :)

  • Hallo

    Schöne Funde - 1. bis 5. sind richtig bestimmt, da gibt's nichts zu ergänzen


    Die 5.b also der zweite gelbe, wäre für mich C.citrinus , mit mehr grün-gelben Farben und einer meist fast schwarzen Mitte


    Die Nr. 6 ist C.anserinus, der Buchenklumpfuss

    Ockergelber Hut, blauer Stiel, rundlich geruandete Knolle, ockergelbes Velum, bittere Huthaut


    7. C.infractus agg.

    Die ca. 14 infractus Arten sind makro/mikroskopisch kaum zu trennen, da es noch keinen Schlüssel dafür gibt


    Deine Laubwald Arten hatten wir beim Altmühl Cortinarien Treff auch alle. Die Woche zuvor beim Cortinarienkurs in Hornberg auch die Nadelwaldarten


    Gruß

    Uwe

  • Hallo Thomas, da habe ich ja wirklich viel verpasst. Barbara hat zwar ein paar Bilder gepostet, aber natürlich keine Details. Zu ärgerlich, dass ich Sonnabend nicht konnte. Danke fürs Zeigen.

    Lieben Gruß


    Claudia


    ...leben und leben lassen... ;)


    Hier im Forum gibt es grundsätzlich keine Verzehrfreigaben.

    Pilzsachverständige findest du hier.

  • Hallo Thomas,


    Vielen Dank für die schöne Dokumentation und deine Beschreibungen. C. anserinus hätte ich für 6 auch getippt, den hatte ich neulich auch erstmals bestimmt. Die meisten anderen hatte ich selbst auch noch nicht in der Hand. Toll!


    LG Sebastian

    • Offizieller Beitrag

    MoinMoin!


    Schöne Kollektionen!
    Der nanceiensis im Altmühltal sah nis auf die Knolle tatsächlich wie ein Abziehbildchen von deiner Kollektion aus.

    Versuch neben der KOH - Reaktion auch mal den Geruch nachzuvollziehen, der ist auch ganz lustig. :)



    LG; Pablo.

  • Hallo Thomas!


    Deine Nummer 7 sieht meiner gestrigen Kollektion sehr ähnlich:


    Cortinarie mit sehr dunklen Lamellen


    Daher würde mich interessieren, ob deine Exemplare auch einen nur schwach bitten Geschmack haben und der Geruch würzig-angenehm (etwas holzartig) ist. NaOH war bei meinen Exemplaren am Stiel nach einiger Zeit orangegelb, auf dem Hut zunächst türkis, dann aber orangegelb wie auf dem Stiel.


    Grüße,


    Frank

  • Die Nr. 6 ist C.anserinus, der Buchenklumpfuss

    Ockergelber Hut, blauer Stiel, rundlich geruandete Knolle, ockergelbes Velum, bittere Huthaut

    Hallo Uwe,


    vielen Dank für Deine Expertise und die Bestätigung! Über Nr. 6 ärgere ich mich etwas - ich bin beim Schlüsseln mehrfach über C.anserinus gestolpert und dachte immer: "Ne, den kennst Du - das ist er nicht". Hätte ich doch mal gleich am Hut geknabbert, dann wär mir die Bitterkeit sofort aufgefallen. Mich hat die sehr helle Hutfarbe irritiert, der bei meinem Fund jegliche Grüntöne gefehlt haben. Ich kannte C.anserinus bis dato immer mit olivlichen Farben.
    Mit GPBaWü kann man C.anserinus übrigens kaum schlüsseln, mit FN kommt man aber gut hin.


    Muss noch was verbessern

    5b. Hab nochmal genau nachgeschaut, und bin mir ziemlich sicher, das es C.nanceiensis ist

    Falls du die Pilze noch hast gib mal KOH aufs Stielfleisch in der Knolle

    Sollte dann nach einer Minute deutlich blutrot werden

    Leider habe ich die Funde heute entsorgt. Zumindest habe ich aber noch die Sporen gemessen: 10 5 5,8. Ich kann mich an keine blutrote KOH-Reaktion erinnern - ich bin mir aber auch nicht sicher, ob ich überhaupt KOH auf die Funde appliziert hatte. Den Geruch habe ich hingegen als unauffällig abgespeichert. Wenn ich es einrichten kann schaue ich am Fundort noch einmal nach weiteren Fruchtkörpern.


    P.S.: Ist dir die teils weinrote Reaktion im Knollenfleisch bei C.splendes aufgefallen (letztes Bild)?

  • Deine Nummer 7 sieht meiner gestrigen Kollektion sehr ähnlich:


    Cortinarie mit sehr dunklen Lamellen


    Daher würde mich interessieren, ob deine Exemplare auch einen nur schwach bitten Geschmack haben und der Geruch würzig-angenehm (etwas holzartig) ist. NaOH war bei meinen Exemplaren am Stiel nach einiger Zeit orangegelb, auf dem Hut zunächst türkis, dann aber orangegelb wie auf dem Stiel.

    Meine Exemplare waren heftig bitter.