Blasshütige Rotkappe oder doch nicht

Es gibt 41 Antworten in diesem Thema, welches 12.678 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von EmilS.

  • Habt ihr einen Beleg gemacht (damit das Vorkommen belegt ist und kartiert werden kann)?


    Danke schön Christoph, die hier gezeigten Fotos habe ich mit meiner Poketkamera gemacht. Ein Forumsmitglied machte mit seiner Profiausrüstung viele schöne Fotos. Ein Schnittbild wird demnächst noch folgen, mein Akku war alle. Du warst übrigens im Geiste und im Gespräch heute Nachmittag mit bei den Rotkappen :)


    ein Beleg, mhm ja, was ist das? Klär mich mal auf. Ein Exemplar ist jetzt auf den Weg nach Bayern, wird eventuell noch weiteruntersucht. Laboruntersuchung wäre eine gute Möglichkeit, ist aber alles eine Kostenfrage.


    Ich freu mich einfach, dass ich heute zwei Männer (Pilz) glücklich machte und diesen Fund anhand der Fotos mit euch hier teilen kann. Liebe Grüße kso

  • Servus kso,


    das Exemplar, das auf dem Weg nach Bayern ist, wird vermutlich ein Beleg werden. Darunter versteht man eine getrocknete Probe der Art (z. B. ein oder mehrere Fruchtkörper, länge aufgeschnitten und schonend auf einem Dörrex getrocknet), damit man nachträglich sowohl die Anatomie als auch die DNA auch jahre später nachuntersuchen kann. Im Idealfall kommt sowas später in eine öffentliche Sammlung, damit Wissenschaftler freien Zugriff auf die Probe haben. Bei sehr seltenen Arten dient das dem Nachweis, dass die Bestimmung richtig war. Nur so kann man dann z. B. die Myzelien auch schützen, da man ja belegen kann, welche Seltenheit man da gefunden hat (z. B. wenn es um Bauprojekte, Abholzung des Bestands usw. geht).


    Liebe Grüße,

    Christoph

    (und falls du noch Kontakt zu den Unterfranken hast, auch liebe Grüße - ich vermute, ich kenne die beiden)

  • Hallo Christoph,


    ich denke ich kenne die beiden auch ^^


    Und so wie ich die beiden kenne, klappt das sicher auch mit dem Weiterleiten eines Beleges an eine öffentliche Sammlung.


    kso: Nochmals großes Dankeschön fürs Zeigen (und vorheriges Überwachen) :thumbup:



    Das Stielfleisch verfärbte übrigens nach mehreren Stunden komplett blaugrün, ähnlich wie das auch L. variicolor gelegentlich macht.


    Grüße, Jürgen

  • Vielen Dank an alle, die sich in diesem Thema beteiligt haben oder einfach die Geschichte der "schneeweißen Raufüsse" verfolgten. Heute noch ein paar Fotos vom 18. - 20.10.20 . Langsam lösen sich die Röhrlinge auf.


    Ich wünsche euch ein schönes Wochenende. Liebe Grüße kso










  • Ich hab die schönen weißen vor 2 Jahren auch gefunden, im Allgäu bei einer Tagung der BMG.

    Christoph hat sie mir da bestimmt.

    Leccinum percandidum | Pilzseite


    LG Rudi

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    wp.markones.de

  • Ich hab die schönen weißen vor 2 Jahren auch gefunden, im Allgäu bei einer Tagung der BMG.

    Christoph hat sie mir da bestimmt.

    Leccinum percandidum | Pilzseite


    LG Rudi



    Hallo rudi,


    ist es nicht schön diese Pilze in der Natur zu finden und zu sehen? Danke für deinen Link. Christoph hat sie ja, hier im Thema, auch bestimmt. Er ist wirklich ein Experte auf diesen Gebiet. Vielen Dank noch mal!


    LG kso

  • Hallo Rudi,


    ich bezweifle, dass Dein Fund dieselbe Art ist. In der Sektion Leccinum, also bei den Rotkappen, sollte auch (bzw. gerade) das Hutfleisch im Schnitt in Richtung Violett-Schwärzlich umfärben, wenigstens nach längerem Liegen. Davon ist aber auf Deinen Fotos nichts zu sehen. So wie es aussieht, steht die Huthaut auch nicht über.


    Grüße, Jürgen

  • Servus Jürgen,


    das 4.Bild auf der pilzseite hast du gesehen?

    Außerdem hab ich noch andere Bilder vom Fund. Vielleicht sollte ich die auch noch auf meine Seite einstellen.


    LG Rudi

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  • das 4.Bild auf der pilzseite hast du gesehen?

    Außerdem hab ich noch andere Bilder vom Fund.

    Sehr schöner Fund Rudi. Das Einzige was mich irritiert ist die Art der Verfärbung beim Anschnitt. Meine weißen Röhrlinge wurden sofort nach dem Anschnitt schwärzlich, grau violett, bis auf ein Exemplar, dieses sieht deinem schon sehr ähnlich! Aber alle meine weißen Röhrlinge zeigten Verfärbungen im Hut.



    Deiner wurde ja auch später schwärzlich im Anschnitt. Christoph hat deinen klasse Fund als Leccinum percandidum bestimmt, er ist ein Experte auf diesen Gebiet. Daher werden wir beide hier den selben Pilz zeigen.


    Schönes Wochenende wünscht kso

  • Hallo Rudi,


    du wirst ja bei den Standortfotos die Schnittbilder nicht sofort gemacht haben (was man bei Leccinen nie tun sollte), sondern einige Minuten zugewartet.


    Und da sieht man bei deinen Exemplaren (Bilder 2 und 3 auf pilzseite.de) fast keine Verfärbung, allenfalls ein schwaches Röten im Stiel.


    Nur bei dem - etwas unterbelichteten - Foto auf der Tischplatte (Bild 4 auf pilzseite.de) ist die (vorher rötliche) Stielfleischverfärbung bei einem Exemplar stärker nachgedunkelt. Aber wie lange war denn das nach Anschnitt? Mehrere Stunden? Und trotzdem ist im Hutfleisch so gut wie keine Verfärbung in diese Richtung zu sehen! Das ist für die Sektion Leccinum (und Fumosa) vollkommen untypisch.


    Und man sieht auf den Detailbildern sehr deutlich, dass die Huthaut nicht übersteht, im Gegensatz zu dem Fund, den kso hier vorgestellt hat.


    Ehrlich gesagt wundert es mich, wie Christoph da (ohne Fragezeichen?) auf L. percandidum kommt. Vielleicht kann er sich ja hierzu äußern.


    Grüße, Jürgen


    P.S.: Im Netz ist hier noch ein sehr treffendes Foto aus Skandinavien. Das ist bei allem guten Willen doch wirklich nicht das, was ihr im Allgäu hattet.

  • Servus Rudi, servus Jürgen,


    das Fleisch hatte beim Liegen klar geschwärzt. Ich hatte den aber nur als L. "cf." percandidum bestimmt (wollte ihn noch mikroskopieren als Winterbeschäftigung, wozu ich noch nicht kam). Aufgrund des Habitus kann das auch das sein, was in Nordamerika als Leccinum holopus var. americanum läuft - ein weißes Leccinum aus sect. Scabra, das stark rötet und dann im Fleisch schwärzt.

    Da Amerikaner in Europa aber unwahrscheinlich sind und ich wenig weiße Arten kenne, die im Fleisch deutlich schwärzen, Leccinum roseotinctum ausschließen kann (makroskopisch), habe ich ihn Leccinum cf. percandidum genannt. Ich werde den Fund spätestens dann aufgearbeitet haben, wenn ich meine angedachte Artikelreihe über Leccinum s.l. soweit habe, dass ich diese weißen Arten bespreche.


    Liebe Grüße und danke für die Anmerkungen,

    Christoph

  • Hallo Christoph,


    in die Richtung würde ich mitgehen. Im Grunde passt ja, wenn man die Beschreibungen bei Lannoy & Estades und ergänzend bei Both (var. americanum) heranzieht, alles bis auf die kräftigere Wuchsform und das Nachdunkeln des Stielrots. L & E erwähnen bei holopus zudem gilbendes Hutfleisch: Das würde bei Rudis Schnittbildern auch passen. Eine interessante Aufsammlung ist das in jedem Fall.


    Grüße, Jürgen


    P.S.: Bei Rudis geschnittenem Exemplar wurde, wie es aussieht, im Stielbereich ein erheblicher mechanischer Druck ausgeübt, um die Fleischverfärbung zu evozieren. Das ist methodisch zwar legitim, wird bei Leccinen teilweise auch empfohlen, aber bei der vergleichenden Beurteilung macht es schon einen (nicht nur graduellen) Unterschied, ob sich eine Verfärbungsreaktion schon spontan beim Schnitt (= leichte Verletzung der Tramahyphen) innerhalb kurzer Zeit oder erst bei starker äußerer Einwirkung und/oder nach längerem Liegen ausprägt. Infolge Verdichtung/Quetschung von Hyphen ergibt sich ja zwangsläufig ein Dunkelungseffekt. Und in den nicht angekratzten/eingedrückten Tramabereichen (Hut, Stielbasis) bleibt die Verfärbung quasi null.

  • Servus beinand, servus rudi, Jürgen,


    als Update: Ich habe den weißen Leccinum, der so schön geschwärzt hat, mittlerweile sequenzieren lassen. ITS bringt ja nichts, weshalb ich tef1alpha, RPB2 und LSU habe machen lassen. Die LSU zickt noch rum, da habe ich kein Ergebnis, wohl aber die anderen beiden Gene. Und da ist es spannend - RPB2 passt zwar auf Leccinum holopus (knapp über 99% Ähnlichkeit mit einer Kollektion, die Kuo als Leccinum holopus s.str. definiert), aber tef1alpha (was ein gutes Gen für Röhrlinge zu sein scheint) weicht deutlich ab. Kuo nutzt die drei genannten Gene kombiniert, um bei Leccinum was zu reißen.

    Langer Rede kurzer Sinn: es scheint etwas Neues zu sein (in Bezug auf bekannte Sequenzen bei Leccinum). Die Ähnlichkeit von tef1alpha mit Leccinum holopus liegt unter 97%, da sind L. scabrum und L. roserofractum mit knapp über 97% näher, aber auch noch weit weg. "Rotkappen" liegen bei um die 94% Ähnlichkeit, Leccinellum bei um die 91%.


    Es ist also etwas aus dem normalen Birkenpilzformenkreis, keine "Rotkappe" wie Leccinum chioneum oder L. percandidum. Es ist aber sicher auch nicht Leccinum holopus/nucatum und passt auch sonst auf nichts.

    Auch die Mikroskopie passt auf nichts - die Sporenmaße sind spannend: im Mittel 17,6 x 5,0 µm, Qm = 3,5 (schwankt zwischen 2,6 und 4,3) - 93 Sporen vermessen, der Fruchtkörper ist wunderbar reif.


    Ich warte noch auf die LSU-Sequenz. Jedenfalls ist es wohl eine noch nicht beschriebene Art. Sprich: es kommt Arbeit auf mich zu, den Fund nochmal sauber zu dokumentieren.


    Liebe Grüße,

    Christoph