Cortinarius balteatocumatilis

Es gibt 11 Antworten in diesem Thema, welches 2.850 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Sebastian_RLP.

  • Hallo zusammen,


    habe heute auf einem alten Judenfriedhof in der Nähe von Birke (entfernt auch Koniferen) einen großen Hexenring von Cortinarien offenbar aus der Sektion variecolores gefunden. Bin mir recht unschlüssig ob es sich um largus oder vielleicht balteatocumatilis handelt (oder noch etwas anderes).


    Der Hut eher Lila, insbesondere am Rand jüngerer Fruchtkörper, mit braunen Velumresten?.

    Auch die jüngsten Fruchtkörper die ich finden konnte hatten eher weiße als Lila Lamellen. Auch Stiel und Fleisch wirkt weiß ohne Lilatöne (Das spricht ja irgendwie gegen Largus). Das Velum ist jung aber violett und hinterlässt daher einen violetten Schleier an der oberen Stielhälfte eines jüngeren FK.

    Deutlich leuchtendgelbe KOH Reaktion am Fleisch mit deutlich gelber Umrandung. Nach 15 min hellbräunlich umfärbend. Auf Ammoniak chromgelb im Hutfleisch (das wiederum für balteatocumatilis beschrieben, wie auch die Lamellen und der Standort, die da gut passen).


    Die Sporen sind 11x6 subzitriform, isoliertwarzig.

    Schneide wirkt auf mich weitestgehend steril.


    Vielleicht habt ihr noch einen Hinweis?

    KOH nach anderthalb Minuten

    Ammoniak (Hutfleisch nach Sekunden) und KOH (nach 10min)


    • Offizieller Beitrag

    Hi,


    ich kenn die Art mit recht dunkelbraunem Hutzentrum und deutlich violettem Rand und jung weißen Lamellen. Hier mag ich da nicht so daran glauben.


    l.g.

    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.


    PSV-Prüfungstemine 2024: hier

    • Offizieller Beitrag
  • Hallo Stefan, danke für deine Einschätzung


    ja, so ist das im Grunde auch bei Ludwig beschrieben, "nur kurze Zeit violett, zuletzt einheitlich braun". Also "Kremplingsfarben" haben die definitiv nicht, auch nicht die älteren. Es ist eher so ein Mischmasch aus Violett und Braun. Schade, alles andere hätte doch gut gepasst || ... Dann bleibe ich schon wieder ratlos. An C. largus mag ich auch net so recht glauben, wegen den fehlenden Lilatönen in den Lamellen. bzw. auch am Stiel/im Stielfleisch.

    Aber die chemische Reaktion weißt ja eindeutig in die Sektion. Alle anderen Cortinarien der Sektion zu denen mir auch Bilder und Beschreibungen vorliegen, passen jedoch noch weniger.


    Tja, vielleicht weiß noch jemand eine Alternative bzw. kann noch Hinweise geben, was man noch an Merkmalen heranziehen kann.


    LG Sebastian

  • Hallo,


    ich würde das variicolor nennen, bzw. früher hätte man den wohl nemorensis genannt. Also die Laubwaldfunde von variicolor.

    Gegen balteatcumatilis spricht die faserig-strähnige Hutoberfläche (der wäre nämlich glatter) und das violette Velum.

    C. largus ist blasser mehr graublau und entfärbt kartoffelfarben. Wenn die Farben des Fotos echt sind, dann ist es jedenfalls nicht largus.

    Es gibt noch weitere Arten in den variicolores die in Frage kämen, z.B. lividoviolaceus. Da muss man dann unter anderem auch Sporenmaße mit heranziehen - ich hab die aber nicht im Kopf und kann grad nicht nachschauen.

    Die von dir gezeigt Spore ist mandelförmig, aber nicht subzitriform.


    beste Grüße,

    Andreas

  • Hallo Andreas,


    super, vielen Dank für den Hinweis auf nemorensis, den hatte ich so nicht auf dem Schirm und Vergleichsbilder könnten tatsächlich in diese Richtung weisen. C. variecolor hatte ich ausgeschlossen, weil ich auch bei den jungen Fruchtkörpern keinerlei lila in den Lamellen gefunden habe. Vielleicht hätte ich dann aber noch ein Babystadium finden müssen für das Lila? Den jüngsten Fruchtkörper den ich dort finden konnte war der auf Bild 4, wo man das Velum noch schon sieht. Der hatte aber keinerlei Lila in den Lamellen. Eher Cremefarben, auch am Hutrand. Deswegen wäre die Frage an die Gattungsspezialisten: Ist es wahrscheinlicher das nemorensis (in diesem Stadium) mit solchen Lamellen daherkommt oder das C balteatocumatilis mit solchen Hutfarben daherkommt. Ich denke es wird dann auf C. nemorensis hinauslaufen, die Hutfarben und Strukturen passen da schon sehr gut. Und der gezeigte in dieses Aggregat (das man das hier so sagen - also in diesen "Kreis" in dieser Sektion) gehört, ist glaube ich unbestritten. Dafür sind die chemischen Reaktionen ja ganz deutlich.


    Bei der Sporenform muss ich mich in deinem Sinne korrigieren, tatsächlich gibt es vereinzelt Sporen die eher zitriform daherkommen, habe aber heute morgen nochmal Cortina vom Stiel (und damit reife Sporen) unters Mikroskop gelegt. Und da kann man im Überblick sehen das der weit überwiegende Teil amygdaliform daherkommt. Letztlich schließt das aber auch nichts aus. Ludwig beschreibt das genauso für Largus beispielsweise: "mandelförmig, vereinzelt sublimoniform". Finde die Abgrenzung zwischen sublimoniform und subfusoid (das wiederrum ist für variecolor beschrieben) ziemlich schwierig.


    Also, die Sporenform finde ich zur Abgrenzung schwierig, dann eher Sporengröße (reife hier regelhaft 11x6, gelegentlich 10x5,5), die hier eigentlich auch balteatocumatilis ausschließt. Da sollten sie etwas kleiner sein (regelhaft 9-10,5 nach Ludwig).



    @ Günther: zum Vorkommen hatte ich ja oben beschrieben "in einem großen Hexenring". Das wirklich sehr viele Fruchtkörper, die dann immer wieder auch an manchen Stellen mit mehreren Fruchtkörpern zusammenstanden in diesem deutlichen Hexenring.


    Geruch fand ich schwierig. Erdig würde ich den jedenfalls nicht nennen. Am Fundort war der Geruch eigentlich gar nicht zu erkennen, weil die "kalten" Fruchtkörper nichts hergeben (das Phänomen kenne ich aber). Nach antauen war ein leichter, für mich aber schlecht zu definierender Geruch vorhanden. Heute ist der aber auch kaum noch nachzuvollziehen, nach einem Tag liegen eher muffig.


    Herzliche Grüße

    Sebastian

  • Hallo Sebastian,

    meiner Meinung nach kommt hier am ehesten C. eliae infrage.

    Den nannte man auch mal lividoviolaceus, dessen Typus sich allerdings als ein banaler largus entpuppt hat. Largus scheidet aus, der kommt fast ausschließlich in Buchenwäldern auf Kalk vor. Der Laubwald-nemorensis heißt heute squamosocephalus, wächst büschelig (meist unter Eiche/Hainbuche auf Kalk) und hat einen starken Erdgeruch ähnlich variecolor.

    Leider fehlen in der FN (2012) die erst 2014 erschienenen Ergebnisse der Phlegmacien-Typusstudie. Diese zeigt, dass es in ME doch mehr Arten in der Sektion Phlegmacioides(Variecolores gibt als gedacht, nämlich 31! Diese lassen sich allerdings nach den Kriterien: Habitat, Bodenbeschaffenheit, Breitengrad, Geruch und auch Sporenmerkmale einigermaßen trennen. Allerdings sind einige Arten aus der Sektion noch sehr wenig bekannt und die Merkmalsvariabilität vieler Arten noch ungenügend ausgeleuchtet.

    Die KOH(>20%) Reaktion ist bei allen Arten recht deutlich, aber auch von verschiedenen Faktoren wie Alter der Fruchtkörper und deren Durchfeuchtung abhängig.

    Im Zweifelsfall ist natürlich die Sequenzierung zielführend.

    schöne Grüße

    Günter

    • Offizieller Beitrag

    [..]

    Die KOH(>20%) Reaktion ist bei allen Arten recht deutlich, [..]

    Hallo Günter,


    eine Nachfrage zu obiger Aussage: sollte man die KOH-Reaktion bei den Phlegmatien generell mit 20%er Lösung testen? Ich habe bisher immer 3% genutzt.

    Auf jeden Fall 20% bzw, darüber; bis 40%. Das hat uns Andreas Gminder auf meinem Cortinarienkurs 2015 so gesagt. ;)


    l.g.

    Stefan

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  • Hallo Günther,


    vielen vielen Dank für deinen sehr informativen und aufklärenden Beitrag, dass ist wirklich sehr spannend wie da die Entwicklung voranschreitet. Da bleibt mir glaube ich fürs erste mal nur die Kapitulation und die Erkenntnis, dass ich zumindest schon mal in die richtige Sektion und den entsprechenden Kreis komme. Ein anderes Mitglied der APV hat übrigens in der Eifel heute auch unter Birke ebenfalls eine Cortinarie gefunden, welche die selbigen Makromerkmale wie meine aufzuweisen scheint. Das fand ich jetzt schon auch nochmal interessant.


    Für interessante Fälle muss man sich wohl mal eine Möglichkeit des Sequenzierens erschließen. Da gibt es ja einige Adressen, die das für einen überschaubaren Betrag anbieten.


    Beste Grüße Sebastian