Cortinarienfunde herbstlicher Exkursionen 2020 (Gebirge und Ammerseeregion), Teil 2

Es gibt 15 Antworten in diesem Thema, welches 4.028 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Tobi Lu.

  • Hallo!

    ...nach den sehr motivierenden Feedbacks zu Teil 1 des Themas, wird nun der zweite Teil gleich hinterhergeschickt.

    Zum ersten/nächsten Kandidaten:

    Hierbei handelt es sich um eine heuer in nahezu jedem Kalkfichtenwald in der Region auftretende Art, die mir bislang noch nicht aufgefallen war.

    Sie ließ sich ziemlich problemlos als Cortinarius fraudulosus schlüsseln. Es folgen Bilder von unterschiedlichen Standorten:

    Sehr auffällig an dieser Art ist das langsame Röten des Fleisches, welches später in Blau und schließlich Schwarzblau übergeht. Um sie gegen rosargutus abzugrenzen, müssen von jeder Kollektion die Sporenmaße und Q-Werte ermittelt werden. Scheinbar ist nur diese Art in der Region relativ häufig vertreten.


    Ein häufig im Kalkbuchenwald angetroffener Schleierling ist Cortinarius cliduchus. Diesen habe ich schon oft gefunden und halte ihn inzwischen für makroskopisch gut bestimmbar:


    Erfreulich prima mit FN schlüsseln ließ sich die nächste abgebildete Art, Cortinarius violaceomaculatus. Da passte eigentlich alles, der Fund stammt aus dem Münchner Raum:


    Ebenfalls häufig bis sehr häufig traten in den Nadelwäldern Cortinarius nanceiensis, der mir auch aus den Vorjahren schon bekannt ist und Cortinarius percomis auf. Mit letzterem tat ich mich zunächst schwer, da ich den Geruch absolut nicht als "Majoran" oder "Apfel" einordnen konnte. Vielleicht ein Apfel, auf den irgendwann vorher mal ein Hund gepinkelt hat...

    Über die KOH-Reaktion lässt er sich kaum von nanceiensis abgrenzen, wenn auch die Rotfärbung im Fleisch nicht überall so deutlich tiefrot herauskommt. Dann gibt es da ja auch noch mussivus, der aber noch mehr stinken soll (ach du Schreck!) und sich wohl auch in anderen Merkmalen noch ganz gut unterscheiden lassen soll.

    Zunächst der nanceiensis, von dem ich trotz der schieren Massen, die in der Region auftraten, nie ein wirklich schönes Bild gemacht habe, leider:


    ...und dann einer der von mir als percomis bestimmten Funde:


    Jetzt zu einer aufregenden Entdeckung, vergaben in hohem Gras einer Magerwiese. Es war mir irgendwie klar, dass es sich um eine Art aus der Sektion Riederi handeln müsste. Ich hatte nur nicht damit gerechnet, dass es sich dabei auch um solche Oschis handeln kann. Aufgrund des Standortes auf Kalk und wahrscheinlich Fichte als Baumpartner und vor allem der Sporengröße und -form, bin ich mit Hilfe des Artikels in J.E.C. 2019 bei fulvoochrascens gelandet. Für mich das Highlight des Pilzjahres, weil die Schwammerln echt wunderschön und irgendwie sehr besonders daherkamen:


    So, dann noch zwei bisher rein makroskopische Einordnungen, die als Exsikkate noch auf ihre weitere Begutachtung warten.

    Zunächst habe ich den, weil er so schön brav dunkellila auf Fingerkontakt wurde als Cortinarius purpurascens bestimmt:


    ...von diesem hier hätte ich mir ein besseres Bild gewünscht, der müsste aber Cortinarius bulliardii sein:


    Zum Abschluss das für mich größte Rätsel. Leider kann ich den Fund nicht mit FN schlüsseln, da dazu wenigstens ein junger Fruchtkörper notwendig gewesen wäre. Überhaupt findet man solche tollen Sachen natürlich immer dann, wenn man im Gewitterregen bis auf die Unterhose durchnässt bei 7°C auf der Flucht zu seinem Wagen ist. Gut, dass ich an Wegrandphlegmacien nicht vorbei kann, denn zu meiner Überraschung zeigte sich beim KOH-Check zu Hause folgendes:


    Die durchnässten Fruchkörper hatten optisch zunächst ansonsten wenig gut einzuordnendes. Mit Hilfe von Vergleichen in FN, Flora Photographica und dem Kompendium bin ich schließlich bei Cortinarius sulfurinus gelandet, gegen den für mich bis auf die Widersprüchlichkeiten innerhalb der vorhandenen Literatur aus meiner Sicht nicht viel spricht.


    ...so, das wärs. Viel Spaß beim Anschauen!

    liebe Grüße,

    Tobi

  • Tobi Lu

    Hat den Titel des Themas von „Cortinarienfunde herbstlicher Exkursionen 2020 (Gebirge und Ammerseeregion), Teil zwei“ zu „Cortinarienfunde herbstlicher Exkursionen 2020 (Gebirge und Ammerseeregion), Teil 2“ geändert.
  • Hallo Tobi,

    danke für Teil 2. Ich hab schon sehnsüchtig drauf gewartet. Deine Schleierlings-Exkursio war ja diesmal mit echtem Körpereinsatz verbunden. Hoffentlich hast du dich nicht erkältet. Aber manch einer hat schon wegen deutlich unwichtigerer Sachen einen Schnupfen riskiert.==Gnolm13

    Lieben Gruß


    Claudia


    ...leben und leben lassen... ;)


    Hier im Forum gibt es grundsätzlich keine Verzehrfreigaben.

    Pilzsachverständige findest du hier.

  • Hallo Tobi,

    Wieder schöne Funde.

    Bis auf den letzten habe ich mit der Bestimmung keine Probleme

    Von deinen Fulvochrascens hatte ich dieses Jahr in der Schweiz eine sehr ähnliche Kollektion , auch mit diesen dicken und lange Stielen und der speziell gerandeten Knolle.

    Standort ebenfalls eine Waldwiese im hohen Grass und bei Fichte

    Der Fund mit der starken KOH Doppelreaktion am Hut und Knolle sieht schon speziell aus

    Die Waldbilder zeigen violette Lamellen und einen fasst bläulich wirkenden Hut

    Die Indoor Bilder dann einen Grüngelb durchgefärbten Pilz

    Ich wäre nie darauf gekommen dass das daselbe sein soll

    Da du die Pilze als sulfurinus bestimmt hast gehe ich mal davon aus dass im Orginal keine Blautöne zu sehen waren oder etwa doch ?

    Kam denn die Rotreaktion schnell und wie stark war das KOH ?

    Hast du auch Micro Bilder dazu ?

    Gruß

    Uwe

  • Hallo Tobi,

    danke für Teil 2. Ich hab schon sehnsüchtig drauf gewartet. Deine Schleierlings-Exkursio war ja diesmal mit echtem Körpereinsatz verbunden. Hoffentlich hast du dich nicht erkältet. Aber manch einer hat schon wegen deutlich unwichtigerer Sachen einen Schnupfen riskiert.==Gnolm13

    Vielen Dank für die nette Rückmeldung. Tatsächlich bin ich seit dem krank :lightning:.

  • Hallo Uwe,

    erstmal herzlichen Dank für deine Rückmeldungen. Ich bin ziemlich happy, dass es mir mittlerweile scheinbar deutlich besser gelingt einige Cortinarien einzukreisen.

    Zu dem letzten Fund:

    Es liegt schon an den unguten Lichtverhältnissen, dass die Farben weder im Feld (da war es durch den Gewitterregen fast dunkel) noch in meinem Keller (mit Katastrophenlicht) so richtig gut darstellbar sind/waren. Allerdings kommt die "Kellerversion" besser ans Original, soll heißen: Keine Violettöne in den Lamellen, kein Blauton im Hut. Dafür schon ziemlich deutlich gelbgrüne Durchfärbung im Fleisch.

    Ich ergänze hier mal noch folgendes:

    Zunächst noch KOH am (sehr schleimigen) Hut (hatte ich vergessen)...fällt eher schwach aus.

    ..und Sporen:

    ...die Maße reiche ich später noch nach. Da muss ich erst nochmal suchen.

    Liebe Grüße!

  • Servus Tobi,

    was mich noch interessieren würde:


    C. fraudulosus hab ich auch erst vor kurzem unter Fichte/Kiefer gefunden der roch sehr unangenehm muffig.

    War das bei deinem Fund auch so ?


    Es soll ja einen C. fraudulosus/ argutus geben der größere Sporen hat, ebenfalls aufdringlich riecht und dessen Fleisch beim Trocknen schwärzt.


    Und nach Moser noch einen C. fraudulosus der diesen Geruch nicht hat sondern süßlich nach Gebäck riecht

    - wer soll da noch durchsteigen ? Oder sieht man diese Arten alle als Synonym?

    Und

    Sehr auffällig an dieser Art ist das langsame Röten des Fleisches, welches später in Blau und schließlich Schwarzblau übergeht.

    ich konnte nur eine ganz leichte Rötung im Stielfleisch feststellen und das dauerte schon 2 Tage, wie lange muß man denn warten bis das Fleisch blau/schwarz wird ?

    Sp 12-16x6-7 warzig, Geruch muffig


    Ich hoffe ich bin nicht zu neugierig

    Grüße

    Felli

  • Servus Felli,

    also ich kann dir zumindest folgendes dazu berichten: Ein unangenehm muffiger Geruch war an meinen Fruchtkörpern nicht feststellbar. Dafür traten gerade die rötlichen Verfärbungen rasch, die Umfärbung Richtung Blau und Schwarzblau sehr langsam ein. Mag vielleicht alles dem Alter deiner Fruchtkörper geschuldet sein (?)

    So viel ich den Stand der Taxonomie einschätzen kann sind argutus, fraudulosus und rosargutus alle drei gut trennbare Arten. Mit dem argutus wird es aber nur dann problematisch, wenn nicht eindeutig ein Nadelbaum als Baumpartner zuzuordnen ist. Dann muss man Sporenmaße anschauen (ich wäre aber bei argutus von kleineren Sporen ausgegangen). Profis können den wohl auch anhand der Hutfarbe und -faserung, sowie Habitus und dünnerem Velum makroskopisch abgrenzen. Dafür fehlt es mir aber auch völlig an Erfahrung. Ich gehe davon aus, dass ich bisher nur dieser einen Art (fraudulosus) begegnet bin.

    Liebe Grüße,

    Tobi

    • Offizieller Beitrag

    Moin, Tobi!


    Wenn bei deinem letzten Fund oben im Startbeitrag in Wirklichkeit null violett / blau an Stielspitze und Lamellen gewesen war (das hatte mich auch irgendwie irritiert), könnte das dann nicht Cortinarus olearioides sein?
    Nur so ein Gedanke, muss natürlich nicht stimmen.



    LG, Pablo.

  • Moin, Pablo!

    Das halte ich in der Tat, vor allem was die Sporenform und die KOH-Reaktion anbelangt, für eine sehr gute Idee. Allerdings stelle ich mir olearioides farblich etwas anders vor - was ein eher vages Argument sein mag. Mein Fund hatte jedenfalls farblich absolut nichts warmes/leuchtendes an sich. Schwerwiegender dürfte zudem sein, dass dann die Sporen meines Fundes schon ziemlich deutlich zu groß geraten wären. Ich weiß nicht, ob das noch im Rahmen ist...

    Vielen Dank für die Einschätzung!

    Liebe Grüße,

    Tobi

  • Hallo zusammen,

    Also mir ist der letzte immer noch unklar

    Ich kann die Farben nicht wirklich zu Arten mit solch einer KOH Reaktion zuordnen

    C.OLEAROIDES würde ich ausschließen, diese Art durfte ich letztes Jahr bei der BMG Tagung das erste mal finden

    Der hat wirklich ein orange-gelb in den Hut und Stielfarben , das seh ich hier auf keinem der Bilder

    Was man recht sicher sagen kann , der Fund gehört in die grosse Sektion Calochroi und dort wohl zu dem was man bisher unter der Sektion Fulvi verstanden hat

    Auch citriformen bis amygdaloiden Sporen passen gut dazu

    Die Art Zuordnung wird bei nur einem Exemplar und in diesem Zustand schwierig

    Wenn es mein Fund wäre , wäre das für mich ein Sequenzierungskandidat und zwar aus purer Neugier

    Beste Grüße

    Uwe

  • Hallo Uwe,

    vielen besten Dank für deine Einschätzung. Ich hatte mir ohnehin vorgenommen diesen neu entdeckten, überaus Cortinarien-reichen Standort nächstes Jahr genauer zu überwachen. Da hoffe ich, dass er mir wieder ins Netz geht. Mit einer besseren Kollektion lässt sich da hoffentlich etwas machen.

    Liebe Grüße,

    Tobi