Amanita friabilis - Erlen-Scheidenstreifling?

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  • Liebe Pilzexpert*innen,


    heute habe ich am Rande eines Niedermoores (Bogenluch) nördlich von Berlin einen einzelnen Scheidenstreifling gefunden. Er stand zwischen Birken, Weiden und Erlen.

    Erstmal die Bilder (Pilz hatte ich schon dem Boden entnommen (komplett)):




    Hutdurchmesser 6 cm

    Stiellänge 12 cm

    kein Ring (beim ersten Antippen ist allerdings gleich der obere Teil des Stiels gebrochen, daher der kleine Zacken auf den ersten beiden Bildern)

    Auffällig: die ausgedehnten Volvareste auf dem Hut, die noch über 3/4 des Huts bedecken

    Hut bis ca. 1/4 des Radius gerieft

    gesamter Stiel frisch weiß, inzwischen 1/2 Tag später hellbraun beflockt, wirkt fast wie ganz feine Natterung, oberster Teil fast glatt

    Lamellenschneiden flockig

    Stiel von oben nach unten leicht zunehmend, am Grund bei der Volva am dicksten.

    Volva/Scheide sehr wenig ausgeprägt, aber vorhanden


    Wegen der sehr großflächigen Volvareste auf dem Hut hatte ich zunächst A. submembranacea vermutet, bin dann bei der weiteren Recherche aber auf A. friabilis, den Erlen-Scheidenstreifling gestoßen, von dessen Existenz ich bis dahin nicht einmal wusste.


    Der passt, wie ich meine, ganz gut zu meinem Fund. Insbesondere die Ausprägung der Volva passt viel besser zu dieser Art als zu A. submembranacea, und der Standort sowieso. Ob die extensiven Volvareste auf dem Hut passen, kann ich weniger beurteilen. In der Nähe (wenige km entfernt) sind beide Arten bereits kartiert worden (nach Pilze-Deutschland.de)


    Ich habe den Pilz noch bei mir und könnte weitere Tests machen oder ein Exsikkat herstellen, falls notwendig.


    Könnte ich mit meiner Vermutung richtig liegen oder gibt es noch passendere Optionen, die ich übersehen habe?


    LG

    Lars

  • Servus Lars,


    Amanita friabilis hat ein sehr brüchiges Velum universale, das beim Aufschirmen in sehr viele kleine Tupferl zerreißt - da sollte es niemals einen so großflächign Volvarest auf dem Hut ergeben. Zudem sollte es schon klare Grautöne zeigen, der Stiel mehr Braun - so wie hier: Amanita friabilis = Amanita alnicola

    Dass an der Stielbasis wenig Volva zu sehen ist, wäre für Amanita friabilis typisch, hier liegt es aber wohl eher daran, dass das Velum universale am Hut festgeklebt war (trocken, Wind - so kann das passieren).


    Man müsste das Velum mikroskopieren (Innenschicht und Außenschicht) und den Aufbau analysieren. Zumindest die Konsistenz prüfen, wenn du an dem Velumlappen zupfst... Dann die K-K-Reaktion prüfen, die Sporen anschauen, Marginalzellen, Hutdeckschichtaufbau (mit Hypoderm oder ohne)...


    Nur makroskopisch ist das ziemliches Rumgerate. Müsste ich raten, würde ich an Amanita betulae tippen, auch wenn das Abreißen an der Stielbasis da untypisch wäre. Hutfarbe würde passen, Habitat auch... aber so nur geraten. Der Stiel ist auch da flockig (gerne auch mit Natterung). Aber wie gesagt: nur geraten...


    Amanita betulae wäre K-K-positiv (amyloide Reaktion an den Fleischzellen im Übergang Hut zu Stiel - am besten erstmal zum Kennenlernen an einer bekannt positiven Art testen wie dem Fliegenpilz). Am Trockenbeleg ist das oft schwierig, da die Reaktion meist Plasmabereiche betrifft und das fällt am Trockenbeleg schwer - er muss dann schonend getrocknet sein.


    Da die Art hierzulande kaum bekannt ist - sie ist genetisch bestätigt und bildet einen eigenen Subclade, ebenso wie Amanita coryli, die mit hochalpinen Streiflingen zusammenfällt - es gibt einen aktuellen Artikel im Bull. Soc. mycol. Fr., der grauhütige Scheidenstreiflinge betrifft und da sind entsprechende Stammbäume...


    So einen Einzelfruchtkörper durch die Mangel zu nehmen, ist recht aufwändig. Ich würde mir die Stelle merken und im nächsten Jahr eine Kollektion abwarten/erhoffen, wo die Volva dann vielleicht normal abreißt.


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Hallo Christoph,


    Wow, das scheint ja ein spannender Fall zu werden. Die Stelle habe ich jedenfalls genau registriert ( in der MeinePilze-App ;-)), und werde im nächsten Jahr unbedingt wieder nachsehen, wie Du vorschlägst. Zu A. betulae finde ich nur im Gröger eine kurze Notiz, da muss man wohl schon an Originalliteratur ran.


    Der Wuchsort war in der Tat näher an Birken als an Erlen. Letztere standen ein paar Meter weiter und auch noch etwas tiefer, also nasser.


    Von den Bildern her würde ich meinen Fund aber als deutlich grauer einordnen, mehr grau als braun. Sonst könnte es in die Richtung gehen.


    Gerne würde ich zumindest noch die KK-Reaktion testen. Aber was ist das, habe ich noch nie gehört?


    Werde auch versuchen, den Pilz schonend zu trocknen. Vielleicht bringt er ja noch mal was.


    Lg

    Lars

  • Hallo Christoph,


    ich versuche gerade die KK-Reaktion zu verstehen, damit ich sie in Zukunft (vielleicht nächstes Jahr, wenn ich frische Exemplare des möglichen A. betulae finden sollte) richtig anwenden kann. Ich habe auch schon den zugehörigen Originalartikel gelesen, aber ich fürchte, mir fehlt da noch etwas Grundwissen und hoffe, Du kannst mir da schnell weiterhelfen:


    Wie sollte denn eine positive K-K-Reaktion genau aussehen?

    Stimmt es, dass eine positive Reaktion zu einer Blauverfärbung führen sollte? Und wenn ja, dann schnell und langsam, dauerhaft oder vorübergehend?


    Ich hatte die K-K-Reaktion durch Aufbringen von Melzers am Übergang Hut/Stiel meines fraglichen Scheidenstreiflings getestet, und heute auch noch an zwei frischen Exemplaren von A. gemmata (der ja stark KK-positiv sein soll) und einem aus dem Garten gegriffenen mutmaßlichen Rauchporling.


    In allen Fällen bekam ich immer nur eine orange-braune Verfärbung, die genau die gleiche Farbe wie die Tinktur an sich hat. Mit der Zeit wird daraus ein dumpfes Braun. Ich nehme an, das wäre dann eine negative Reaktion, oder?


    Falls das also eine negative Reaktion ist, wie erklärt sich das bei A. gemmata? Was könnte ich falsch gemacht haben (außer Fehlbestimmung der Art, was ich hier mal ausschließen würde)? Meine Melzer-Reagenz habe ich vor mind. 1,5 Jahren gekauft - ist also nicht ganz frisch. Könnte das eine Rolle spielen? Oder ist nicht unbedingt jedes einzelne Exemplar einer KK-positiven Art wirklich positiv? Oder habe ich zuviel oder zuwenig Melzers aufgebracht?


    Wäre toll, wenn Du die Zeit fändest, meine Fragen zu beantworten - eilt aber nicht.


    Beste Grüße,

    Lars

  • Hallo,


    die KK-Reaktion lässt sich nur mikroskopisch testen, nicht makroskopisch.

    Einige Hyphensepten aus der Trama am Hut-Stiel-Übergang zeigen eine schwach bläuliche Verfärbung, die ein klein wenig von der Septe weg in die Zelle reicht.

    Ich tu mir da ziemlich schwer mit, zumal es ja auch immer nur ein gewisser Prozentsatz der Septen sein soll der reagiert.


    Zwei Bilder vom Fliegenpilz, bei dem das relativ deutlich sichtbar sein soll.


    Das Merkmal wird als wichtig angesehen und viel genutzt neuerdings unter den Amanitologen, aber wie gesagt ich habe etwas Schwierigkeiten damit bisweilen ....


    beste Grüße,

    Andreas

  • Ah, alles klar, vielen Dank, Andreas!

    Das ist dann also erstmal nichts für mich ohne Mikro, aber immerhin hat meine Vermutung mit der Blaufärbung bei positiv gestimmt, und es ist klar, warum ich sonst nix gesehen habe.


    Ich werd's mir aber merken und bei Bedarf jemanden mit Mikro für die Untersuchung einspannen.