Bitte um Bestimmungshilfe für weisses Wiesenkeulchen/Wiesenkoralle

Es gibt 14 Antworten in diesem Thema, welches 4.826 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von boccaccio.

  • Hallo an Alle,

    weils ja letzthin mit dem Saftling so gut geklappt hat, habe ich heute gleich ein weiteres Problem für Euch ;).

    Funddatum war Samstag, der 14.11.. Fundort war wieder die "Halbmagerwiese" hinter dem Haus, knapp 20 Jahre nicht gedüngt und nur zweimal im Jahr gemäht. Diesmal handelt es sich um ein kleines weisses Wiesenkeulchen, da das Pilzchen dichotom verzweigt ist könnte man auch von einer kleinen Koralle sprechen. Die Größe war knapp 2 cm, ich habe auf einem der Bilder einen Zollstock dazugelegt. Leider gibts nur Studioaufnahmen von einem Tag später.





    Sporengröße Mittelwert: 4,8 x 2,7 µm Q=1,8

    Sporen glatt, breitellipsoid




    Hyphen mit teils großen Schnallen






    Basidien mit Schnallen: es gelang mir nicht eine komplette Basidie mit freiliegendem Fuß freizuquetschen, das Ding war sehr dicht gepackt, an einigen Basidiolen konnte man die Schnallen sehen.




    Basidiengröße: 32-37 x 4-6 µm, ich habe sowohl eine zweisporige als auch viersporige Basidien gesehen



    "Stimmungsbild" ^^ mit dicht gepacktem Hymenium



    Wenn ich im Jülich bei Clavulinopsis schlüssele lande ich bei Clavulinopsis subtilis, die aber zweisporige Basidien haben soll. Kann das trotzdem C. subtilis sein? Oder bin ich vielleicht in der falschen Gattung unterwegs?

    Vielleicht könnt Ihr mir ja weiterhelfen und ich bedanke mich schon mal im Voraus.


    liebe Grüße


    Birgit

  • Beorn

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • Hallo Birgit,

    Clavulinopsis subtilis könnte passen. Die Angabe bei Jülich (2-sporige Basidien) entspricht weder der aktuellen Literatur (z.B. Funga Nordica) noch meinen bisherigen Funden. Die Art hat in der Regel 4-sporige Basidien, 2-sporige Formen sind aber nicht auszuschließen und evtl. lag der Beschreibung im Jülich eine solche vor.

    Was mich etwas stört, ist die geringe Breite der von Dir vermessenen Sporen. Durchschnittlich nur 2,7 µm und ein Q-Wert von 1,8 sind für C. subtilis doch etwas ungewöhnlich. War das ein Sporenabwurf bzw. wurden nur reife Sporen gemessen?

    Makroskopisch spricht dagegen viel für Clavulinopsis subtilis (siehe das folgende Foto)


    Clavulinopsis subtilis


    LG Ingo

  • Hallo an alle,


    auf einer der Wiesenpilztage hatten wir 2-und 4-sporige "subtilis" gesammelt, die laut Henk Huiser wohl unterschiedliche ITS-Sequenzen hatten.

    subtilis gehört zu Ramariopsis und nicht Clavulinopsis, und hat bei starker Vergrößerung auch leicht rauhe Sporen. Mit so großen Öltropfen hatte ich unsere Funde aber nicht in Erinnerung?


    Insgesamt ist mit subtilis beim Artkonzept jedenfalls das letzte Wort noch nicht gesprochen... also trocknen und abwarten.


    Gruß,


    Wolfgang

  • subtilis gehört zu Ramariopsis und nicht Clavulinopsis, und hat bei starker Vergrößerung auch leicht rauhe Sporen


    Hallo Birgit, hallo Wolfgang,


    ja, wegen der leicht rauhen Sporenoberfläche gehört subtilis zu Ramariopsis und sie wird auch in der Funga Nordica dieser Gattung zugerechnet. Allgemein überwiegt aber immer noch die alte Bezeichnung als Clavulinopsis subtilis (z.B. auch bei pilze-deutschland.de).


    Für mich als Hobby-Mykologen stellen sich aber folgende Fragen:

    Welche Vergrößerung bzw. welche Optik brauche ich, um die rauhe Sporenoberfläche sichtbar zu machen?

    Reicht dafür ein gewöhnliches Lichtmikroskop mit einem durchschnittlichen 100er Objektiv (Ölimmersion)?

    Ist das Sporenornament bei subtilis schon frühzeitig zu erkennen ist oder wird es erst mit zunehmenden Alter der Sporen ausgebildet?

    Gibt es irgendwo Mikrofotos von subtilis-Sporen mit erkennbar rauher Oberfläche? Ich konnte im Netz keine finden.


    Bei den bisher von mir mikroskopierten subtilis-Funden erschienen die Sporen auch bei 1000facher Vergrößerung immer glatt, während bei anderen halbwegs verbreiteten Ramariopsis-Arten wie crocea, kunzei oder tenuiramosa das Sporenornament bzw. die Stacheln zweifelsfrei zu erkennen waren.

    Hier das Foto eines Sporenabwurfs von Ramariopsis (Clavulinopsis) subtilis, von einem Fruchtkörper aus dem Vorkommen der oben (in meiner ersten Antwort) gezeigten Wiesenkeule.


    Ramariopsis (Clavulinopsis) subtilis, Sporen, 1000fach


    LG Ingo

  • Hallo Ingo,


    ich zitiere mal aus dem Cahier de la FMBDS No. 6. Dort werden bei Ramariopsis verschiedene Sporentypen definiert. R. subtilis hat Sporentyp 1 und der ist definiert als:

    "Sporen glatt bis leicht rau unter dem Elektronenmikroskop. Im Immersionsobjektiv erscheinen alle oder fast alle Sporen glatt und einige wenige vage rau."


    Björn

  • Hallo Ingo,


    ich finde leider selber nur sehr selten Keulchen und Korallen (und wenn dann meist Arten, die auch ohne diesen Band zu bestimmen sind). Von daher habe ich das jetzt selbst eher selten in aktiver Benutzung. Ich denke aber, daß es trotzdem eine lohnenswerte Anschaffung ist. Es gibt zunächst einen Schlüssel zu den Gattungen und anschließend entsprechende Gattungsschlüssel. Im Anschluß sind dann die meisten Arten mit guten Fotos dargestellt. Bei den Ramarias gibt es neben dem Makrofotos auch noch immer ein Foto der Sporen. In Verbindung mit dem günstigen Preis würde ich da also auf jeden Fall eine Kaufempfehlung aussprechen.

    Die drei Bände über Ascomyceten kann ich auch empfehlen. Da gibt es jeweils eine detaillierte Beschreibung der Arten und Skizzen der mikroskopischen Details sowie dann hinten Farbfotos der Pilze.


    Björn

  • Hallo zusammen,


    da es gerade um die Sichtbarkeit der rauen Oberfläche von R. subtilis geht, ich hab da vor kurzem einige Bilder gemacht, da ich die Art im eigenen Garten gefunden habe. Insgesamt ist die hier nicht allzu selten in mageren Rasenflächen. Jedenfalls hab ich frische Sporen aus einem Abdruck fotografiert und wie oben von Björn aus der Literatur zitiert sind die meisten Sporen im Lichtmikroskop komplett glatt, aber bei einigen sieht man, dass die v.a. im Umriss nicht ganz eben sind. Beim Durchfokussieren ist das noch etwas deutlicher als auf dem Bild, in dem ich mal ein paar der irgendwie rau scheinenden zusammengestellt habe:


    Viele Grüße,

    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.

  • Hallo Matthias,


    Ornamentation prüft man gewöhnlich in 3% KOH und bei schiefer Beleuchtung, also einen Finger einseitig in den Strahlengang halten, so dass ein "3D-Effekt" entsteht. Die Blende etwas weiter aufmachen als bei Dir im Bild.


    Das Ornament soll cyanophil sein - kannst Du mal ein Präparat in Baumwollblau machen und auf die Sporen-Oberfläche (nicht den Durchmesser) fokussieren?


    Danke und Gruß,



    Wolfgang


    P.S.: die Zuordnung zu Ramariopsis ist aufgrund von Sequenzierung (BIRKEBAK 2013), wie sollte es anders sein...


    P.P.S.: ich war vom Cahiers eher enttäuscht. Der Schlüssel enthält nicht mal die Hälfte der in Europa nachgewiesenen Keulchen-Arten. Der Großteil des Buches beschäftigt sich mit Ramaria, wofür ich immer den CHRISTAN vorziehen würde (nicht nur wegen meiner fehlenden Französisch-Kenntnisse). Ein gutes Buch für Wiesenkeulen kenne ich nicht, und seit ich eines schreiben will, finde ich keine mehr...

    Im Kibby sind vergleichsweise viele Arten abgebildet.

  • Danke an Ingo und Wolfgang für Eure Tips. Ingo, die Sporen sind aus einem Abwurf, einige Sporen sehen da schon zylindrisch aus, von subglobos kann keine Rede sein. Deswegen war ich da ja auch im Zweifel. Mir ist aufgefallen, dass unter den unreifen Sporen, wie sie ja auf den anderen Mikrobildern zu sehen sind weniger dieser langen, dünnen Sporen zu sehen sind. Aber ich hänge nochmal ein anderes Sporenbild bei 1000-facher Vergrößerun an, da sieht man die zylindrischen auch. Insgesamt sehen bei allen Sporenbildern, die ihr zeigt, die Sporen im Vetgleich kürzer und runder aus als bei meinem Pilz.



    Ich habe heute auch nochmal mit Ölimmersion versucht rauszubekommen, ob die Sporen glatt oder rauh sind, ich fand keinerlei Unebenheiten, für mich sehen die Sporen glatt aus.


    Was meint ihr, welchen Namen könnte ich dem Pilzchen denn nun geben?


    Birgit

  • @ Birgit,


    an Ramariopsis subtilis glaube ich bei deinem Fund nicht mehr und ohne spezielle Literatur kommt man hier wohl nicht weiter. Eventuell kann die viel zitierte Monographie von Corner helfen:


    Corner EJH. 1950. A monograph of Clavaria and allied

    genera. Ann Bot Mem 1:1–750.

    Corner EJH. 1970. A monograph of Clavaria and allied genera.

    (Suppl.) Beihefte Zur Nova Hedwigia 33:1–299.


    Ich verfüge nicht über dieses umfangreiche Werk, aber bei dem ein oder anderen Hobby-Mykologen wird es vorhanden sein.


    Die Sporen sind bei deinem Fund schon sehr charakteristisch (mit unter 5µm Länge recht klein, überwiegend zylindrisch und wohl auch glatt), da wird es nicht viele Arten geben, die dazu passen. Wer hat denn hier den Corner oder andere spezielle Literatur und könnte mal nachschauen, was da in Frage kommt?



    @ Björn und Wolfgang,


    vielen Dank für eure Ausführungen zum Cahiers. Bin jetzt schwer am Überlegen, ob ich diesen Band „haben muss“.


    LG Ingo

  • Was meint ihr, welchen Namen könnte ich dem Pilzchen denn nun geben?

    Hi Birgit,


    leider keinen. Näher als "aff. subtilis" kommst Du nicht ran.


    Vielleicht kannst Du das Exsikkat an Slavomir Adamcik schicken (Bratislava), der an einer monographischen Bearbeitung von Ramariopsis arbeitet.

    Anschrift per PN.


    Gruß,


    Wolfgang


    P.S.: der Corner (1950) steht als Dauerleihgabe bei mir im Schrank, hilft aber nicht mehr wirklich weiter.

  • Hallo zusammen,


    den Corner von 1950/67 habe ich gestern Abend im Internet gefunden und mit etwas Frickelei runterladen können. Wenn jemand an einem pdf in exzellenter Qualität (~500 MB groß) interessiert ist,möge er oder sie sich melden.


    Björn