Biber oder Bär - Lentinellus castoreus oder ursinus?

Es gibt 9 Antworten in diesem Thema, welches 2.770 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Beorn.

  • Hallo, liebe Pilzfreunde,


    gestern fand ich an einem Fichtenstubben wunderschön gefärbte, bis 9 cm breite, seitlingsähnliche Pilze.

    Von weitem dachte ich ja zuerst an den Muschelkrempling (Tapinella panuoides).

    Aber da passten weder Farbe noch Form und Konsistenz! Seht selbst.




    Hatte ich jedenfalls nie zuvor gesehen.

    Ein Blick auf das Hymenium offenbarte dann gezähnte Lamellenschneiden.




    Dazu kam eine filzige Hutoberseite. Im folgenden zwei Nahaufnahmen.



    Die Sporen waren mit ca. 4 x 3 µm winzig.

    Besonders auffällig waren dickwandige, geschlängelte und stark amyloide Hyphen in der Lamellentrama.



    Vor allem letzteres Merkmal, die filzige Hutoberseite sowie das Wachstum an Nadelholz führten mich zu Lentinellus castoreus, dem "Biberzähling".

    Inwieweit der "Bär", Lentinellus ursinus, abgrenzbar ist, wird wohl nur über die Genetik gehen.

    Oder gibt es da neue Erkenntnisse?

    Für mich sind momentan jedenfalls Nadelholz und die kräftige Amyloidreaktion der Lamellenhyphen gute Argumente für den "Biber".


    Unabhängig davon wie der Pilz nun wirklich heißt, ist es für mich ein sehr erfreulicher persönlicher Erstfund! :)


    Liebe Grüße vom Nobi

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  • Servus Nobi,


    das Substrat ist nur untergeordnet wichtig - so geht der Bär auf Laub- und Nadelholz und mich würde nicht wundern, wenn ich mal den Biber an Nadelholz sehe.

    Ich gehe bei Lentinellus nach Petersen (2004) - der vorläufigen Weltmonographie. Er hat genetisch und mit Kreuzungstests die Arten definiert und auch anatomisch viel getan. Er diskutiert die beiden recht ausführlich. Im Schlüssel geht er primär über die Form der jungen Fruchtkörper (pseudostipitat beim Biber). Lentinellus castoreus hat die schwach, aber gut erkennbar amyloiden bis deutlich amyloiden Skeltthyphen, die zudem deutlich breiter als die generativen Hyphen sind (letzteres sieht man auf deinem Foto nicht). L. ursinus hat inamyloide bis nur stellenweise amyloide (abewr nicht durchgehend amyloide) Skeletthyphen, die weniger dick sind. Das Substrat ist wie gesagt nicht entscheidend - L. ursinus nimmt Laub- und Nadelholz.


    L. ursinus müsste auch direkt scharf schmecken, L. castoreus kommt mit Verzögerung (hast du reingebissen?). Es gbt aber von beiden einige beschriebene Formen und es gibt wohl auch Biber, die gleich scharf sind?! Hatte ich aber nich nicht...


    Hauptunterschied sind die Amyloidität der Skeletthyphen und die Fruchtkörperforkm jung. Moser hat die beiden Arten genau anders herum definiert, weshalb so viel Veriwrrung besteht. Genetisch gehen sie sehr gut auseinander.


    Liebe Grüße,

    Christoph

    • Offizieller Beitrag

    MoinMoin!


    Das Problem aus meiner Beobachtung ist nur leider, daß auch die nach Peterson relevanten Merkmale (Amyloidität der Skeletthyphen + Fruchtkörperform), sowie Geschmack, Knubbeligkeit der Skeletthyphen (unud Farben des Hutfilzes) nicht immer korrelieren.
    Daß es da in dem Bereich mehrere Arten gibt, ist klar, aber zumindest nach meinen bisherigen Funden kann ich die nach momentanem Stand nciht konstant trennen.



    LG; Pablo.

  • Danke für Eure Antworten, Christoph und Pablo!

    Inzwischen habe ich mir die Monografie von Petersen & Hughes besorgt.


    Danach könnte ein Unterscheidungsmerkmal die Größe der Fruchtkörper sein. Wobei das sicher kein gutes Merkmal ist.

    So geben sie für castoreus bis 60 x 40 mm und für ursinus bis 100 x 60 mm an. Meine Maße: 90 x 50 mm.

    -> Das spricht für ursinus!


    Ein weiteres Merkmal sind die Skeletthyphen, die nur bei castoreus deutlich breiter als die generativen Hyphen sind.

    Ich habe soeben nochmals nachmikroskopiert und konnte diese speziellen Skeletthyphen nicht finden.

    -> Auch das spricht für ursinus!


    Ein möglicherweise wirklich wichtiges Merkmal scheint der Geschmack zu sein.

    So schreiben Petersen & Hughes zu castoreus: nicht scharf, etwas unangenehm, leicht aber anhaltend betäubend.

    Zu ursinus heißt es: sofort bis bald scharf.

    Ich habe also den Geschmackstest gemacht und ein größeres Stück gekaut. Es war nach einem kurzen Moment scharf wie die Hölle!

    Um die Schärfe zu neutralisieren, musste ich danach ganz schnell in ein Stück trockenes Brot beißen!

    -> Dieser Punkt geht ganz eindeutig an ursinus!


    Fazit: Möglich, dass eine Trennung der beiden Arten nicht in jedem Fall nachvollziehbar ist.

    Aufgrund der genannten Merkmale halte ich die von mir gefundene Art entgegen meiner ersten Annahme für Lentinellus ursinus.


    LG, Nobi

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    • Offizieller Beitrag

    Ahoi!


    Auf die Breite der Skeletthyphen habe ich vielleicht zu wenig geachtet. Das muss ich mal nachholen. So ein paar Belege müsste ich noch irgendwo rumliegen haben, weil die mich schon bisweilen ziemlich genervt haben, die beiden (drei?) Arten aus der Gruppe.
    Was übrigens auch gut zu ursinus passen würde, Nobi: Deine Fruchtkörper machen schon so einen ziemlcih pseudostipitaten Eindruck, sind jedenfalls zur Ansatzstelle am Substrat hin ganz schön straff zusammengezogen.



    Lg; Pablo.

  • Was übrigens auch gut zu ursinus passen würde, Nobi: Deine Fruchtkörper machen schon so einen ziemlich pseudostipitaten Eindruck, sind jedenfalls zur Ansatzstelle am Substrat hin ganz schön straff zusammengezogen.

    Und genau das würde nach der Monografie eben nicht zu ursinus, sondern zu castoreus passen, lieber Pablo!

    Um wieder etwas Verwirrung in diesen Thread zu bringen. :/

    Allerdings sprechen Petersen & Hughes von gaaanz jungen FK, die noch kein Hymenium ausgebildet haben. Wörtlich heißt es bei L. castoreus:

    "Very immature basidiomata pseudostipitate, without lamellae". Nun, so junge Pilzchen habe ich nicht entdeckt.


    Hmmm. Ich bleibe vorerst beim "Bären"!


    LG, Nobi

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  • Inzwischen habe ich mir die Monografie besorgt

    GriasDi Nobi,

    ich hab da bestimmt 5 Kollektionen im Herbar, die allesamt scharf waren, mal mehr mal weniger stark behaart, mal auf Nadel-, mal auf Laubholz.

    An dieser Monografie, oder bestimmungsrelevanten Auszügen davon, wär ich sehr interessiert. Du hast das nicht zufällig digital und darfst es auch weiterleiten?

    An liabn Gruaß,

    Werner

  • An dieser Monografie, oder bestimmungsrelevanten Auszügen davon, wär ich sehr interessiert. Du hast das nicht zufällig digital und darfst es auch weiterleiten?

    Die gibt es im Netz, lieber Werner.

    Zwar nicht Topp-Qualität, aber man kann alles lesen.

    Hier ist der link.


    LG, Nobi

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    • Offizieller Beitrag

    Salve!


    Gnach, schon wieder wwas vertauscht...
    Vor ein paar Jahren hatte ich mir mal eine Tabelle gebastelt, mit Vergleich einiger Bearbeitungen der Arten dieser Gruppe (u.A. Peterson / Hughes, FN, Gröger, Ludwig).
    Ich glaube, die Tabelle muss ich nochmal überprüfen. :gzwinkern:


    Mal sehen, vielleicht komme ich im Januar auch dazu, mal noch ein paar eigene Kollektionen vorzustellen.



    LG; Pablo.