EDIT: Graphis scripta agg.

Es gibt 10 Antworten in diesem Thema, welches 3.960 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von nupharlutea.

  • Hallo zusammen,


    hier mal wieder ein Flechtenbeitrag von mir. Ich war am letzten Samstag in der Umgebung der Krickenbecker Seen unterwegs und bin dabei an der kleinen Renne im Wald auf einen Haselstrauch gestoßen, an dem eine Krustenflechte saß. Eigentlich ignoriere ich sowas ja komplett, aber aus irgendeinem Grund habe ich hier dann doch noch mal einen Schritt hingetan und genauer hingeschaut. Das hat sich dann auch gelohnt, denn die Flechte zeigt hübsche Schriftzeichen:

    Leider kann ich kein Chinesisch und konnte folglich den Flechtennamen nicht einfach direkt ablesen :D Also mal "Die Flechten Deutschlands" rausgeholt und geschaut, was es da so gibt. Hauptkandidat war natürlich Graphis, aber es gibt auch noch andere Gattungen mit ähnlichen Arten. Davon ist Graphis aber die einzige Gattung, bei der die Sporen in Lugol blau werden - und das war bei meinem Exemplar der Fall. Der Graphis-Schlüssel will dann aber Details zur Struktur des Excipulums wissen. Das ist bei so harten und spröden Flechten aber alles andere als leicht zu betrachten. Zum Glück steht im Einleitungskapitel auch, daß es in Deutschland nur noch zwei Graphis-Arten gibt: Graphis scripta s.l. (sind wohl mittlerweile vier Arten) und Graphis elegans. Die sind aber leicht über die K-Reaktion zu trennen. Da mein Exemplar mit K erst gelb und dann orange-rot färbte, lande ich also bei G. elegans.

    EDIT: Das war wohl nur eine vorgetäuschte Reaktion. Mikroskopisch gab es keine nadelartigen Kristalle mit K und die P-Reaktion war negativ. Also wohl doch G. scripta agg.


    Hier noch ein paar Mikrobilder. Im ersten Anlauf nicht sonderlich gut geworden:

    Heute im zweiten Anlauf dann etwas besser. Da habe ich die Flechte nämlich großzügig gewässert, so daß sich die Apothecien-Schlitze öffnen und ich ganz bequem mit der Nadel das Innenleben extrahieren konnte.

    Hier noch der Versuch eines Apothecien-Querschnitts


    Björn

  • Is ja'n Ding, und ich dachte die ist eindeutig und habe die einfach als Graphis scripta abgelegt, übrigens auch auf Haselnuss. Aber Deine hat 'ne schickere Umrandung, da ist das elegans verständlich :D

    LG, Bernd

  • Hallo Bernd,


    was ist heutzutage schon noch eindeutig :D Im Wirth-Schlüssel tauchen auch noch etliche weitere Arten aus, die in Deutschland aber wohl nicht vorkommen. Inwiefern es die in Litauen gibt, weiß ich nicht... Flechten sind halt noch mal die Steigerung von Pilzen, wenn es um Schwierigkeiten bei der Bestimmung geht :D


    Björn

  • Das hat sich dann auch gelohnt, denn die Flechte zeigt hübsche Schriftzeichen:

    Graphisch sehr elegant, Björn! ;)

    LG, Nobi

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    Chips: 72

  • Anhand der K Reaktion würde ich auch auf G. elegans tippen. Bei P müsste es auch gelb bis orange werden. Damit zumindest 100%

    Diese Reaktionen kommen von der Norstictinsäure, welche in der G. elegans vorkommt.


    Graphis scripta hat keinerlei Reaktionen.

  • Hallo Mike,


    bei Facebook, wo ich die Flechte auch gezeigt habe, wurde darauf hingewiesen, daß G. elegans charakteristisch dickwandige Sporen hat. Andre Aptroot hat dann angemerkt, daß die positive K-Reaktion auch einfach vom Substrat herrühren kann und daß man besser mikroskopisch das Erscheinen von nadelartigen Kristallen bei K-Zugabe beobachten sollte. Derartige Kristalle gab es aber keine. Die P-Reaktion war dann auch negativ, wobei mein P allerdings schon recht alt und lange nicht in Gebrauch war, daher kann ich nicht mit Sicherheit sagen, daß das noch gut ist. Momentan heißt es also wohl eher Kommando zurück und Graphis scripta agg.


    Björn

  • boccaccio

    Hat den Titel des Themas von „Graphis elegans“ zu „EDIT: Graphis scripta agg.“ geändert.
  • Hallo Björn,


    habe ich eben auch gelesen. Auch Robert Lücking hat dazu seine Anmerkung geschrieben. Robert und Andre sind sehr gut.

    Aber Anmerkungen habe ich dazu trotzdem:


    Ich habe mal ein wenig nageforscht, da es bei Graphis eine Arbeit gab, die ich gestern nicht gefunden hatte.


    STAPFIA_0097_0031-0035.pdf

    (PDF) Recognition of Four Morphologically Distinct Species in the Graphis scripta Complex in Europe


    Wie bei allen dingen, liegt die Wahrheit dazwischen. G. scripta hat als Photobiont Trentepohlia. Dadurch kann es sein, das die oberer Rinde durchsichtiger wird mit K und dadurch die Trentepohlia durchscheinen und es zu einer angeblichen Reaktion kommt. Also eher durch die Alge, statt wirkliche Reaktion.


    Was die K Reaktion angeht unter dem Mikroskop, da kommt es darauf an wie alt die Probe ist und wie viel Norstictin diese enthält. Da kann es schon eher zu einer orangebräunlichen Masse kommen. Danach muss man warten, bis die Kristalle sich gebildet haben. Kann ein Paar Minuten dauern. Nur wenn sehr viel Norstictin enthalten ist, hat man diese typischen Kristallbildungen sofort.


    100% gibt es bei TLC. G. scripta hat keinerlei Inhaltsstoffe. Findet man nur ein Krümel Norstictin, ist die Frage geklärt.

  • Hallo Mike,


    bei der mikroskopischen K-Reaktion konnte ich keinerlei orange-braune Masse entdecken. Da ich intensiv nach den Kristallen gesucht habe, war die Probe auch einige Minuten unter Beobachtung. TLC ist leider außerhalb meiner Möglichkeiten.


    Björn

  • Hi zusammen

    Graphis elegans ist auch makroskopisch recht deutlich von Graphis scripta (inkl. der sich hier möglicherweise verbergenden, teils umstrittenen Arten…) zu trennen, da sie Apothecienränder mit Längsrillen hat. Hinzu kommt, dass G. elegans bei uns weitgehend ausgestorben ist und nur noch wenige Restvorkommen hat; in Schleswig-Holstein ist derzeit trotz regelmäßiger Nachsuche nur ein einziger Baum mit der Art bekannt. Im Gegensatz zu ähnlich ozeanisch verbreiteten Arten mit ähnlichen Standortansprüchen wie z.B. Phaeographis inusta scheinen ihre Bestände derzeit leider auch nicht zuzunehmen.


    Graphis-Grüße

    Patrick