Die Kuh macht muh

Es gibt 18 Antworten in diesem Thema, welches 7.516 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von nobi_†.

  • Hallo zusammen,


    nach der beliebten Reihe "Dreierlei" vom Schaf ist es jetzt mal Zeit für einen Beitrag über die Kuh. Am 4.1. habe ich mir von den Ruhrauen in Mülheim an der Ruhr ziemlich frischen Kuhdung mit nach Hause genommen (älteres Material war leider nicht vorhanden und ich hatte nur die Wahl zwischen frischem Dung und Dung, der noch in der Kuh war :-D).


    1. Schon im Feld zeigten sich die ersten Bewohner in Form von Cheilymenia granulata, die aber entweder aufgrund der frostigen Witterung oder aber wegen der Frische des Fundes noch nicht reif waren. Zu Hause in der guten Stube reiften dann aber auch noch Fruchtkörper mit Sporen nach.


    2. Auf frischen Dung gehören am Morgen natürlich auch Pillenwerfer wie dieser Pilobolus kleinii


    3. Einen Ascobolus konnte ich auch entdecken. Insgesamt gab es zwei Fruchtkörper, von denen einer aber einen vorzeitigen Sporenerguß hatte. Der andere ließ sich dann aber bereitwillig mikroskopieren und war mit Riesensporen schnell als Ascobolus immersus identifiziert.


    4. Weiter geht es mit einem Schizothecium. Das ist zusammen mit Podospora ja nun wirklich nicht meine Lieblingsgattung...aber es hilft ja nichts. Sporen messen (25-27) µm x (14-16) µm, das Pedicel (9-10) µm x (2-3) µm. Die Perithecien waren nur mit den charakteristischen, dreieckigen Schuppen bedeckt, sonst gab es keine Haare. Damit würde ich Schizothecium conicum für einen heißen Kandidaten halten.


    5. Aktuell dann Iodophanus carneus in rauen Mengen


    6. Und heute morgen dann ganz frisch eine Sporormiella. Die Sporen messen (51-57) µm x (10-12) µm, die Keimspalten sind parallel, die Asci scheinen unten einen langen, dünnen Stiel zu haben. Insgesamt lande ich da bei Sporormiella grandispora.


    Björn

  • Hallo Björn,


    nicht nur Muh macht die Kuh, sie sorgt für Pilze noch dazu! :)

    Da herrscht ja reges Treiben auf dem Kuhfladen.

    Meiner Meinung nach sind alle Arten richtig bestimmt!:thumbup:Dennoch einige Anmerkungen.


    1. Cheilymenia granulata.

    Gelegentlich sind noch weitere Cheilymenia-Arten mit granulata vergesellschaftet. So fand ich dreimal Ch. raripila gemeinsam mit Ch. granulata, sowie zweimal Ch. pulcherrima. Diese Arten fallen zwischen granulata vor allem durch ihre geringere Größe auf.


    4. Schizothecium conicum.

    Die Sporenmaße in Verbindung mit den recht kräftigen Squamufolien lassen keine Zweifel an der Art. Allerdings können diese Squamufolien gelegentlich stark reduziert sein, und dann ist es mit der Bestimmung nicht so einfach. Sch. conicum ist eine variable Art, wo man viele Merkmale betrachten sollte.


    6. Sporormiella grandispora.

    Typisch sind neben der Sporengröße und den parallelen Keimspalten die oft leicht schräge Septierung einer, selten auch beider Mittelzellen.

    Das kann man auf Deinen Bildern sehr schön sehen. Einige dieser Septen habe ich im folgenden mal markiert.

    Ahmed & Cain zeichnen das übrigens genauso, erwähnen dieses Merkmal allerdings nicht im Text.



    Ich fand Sp. grandispora bisher mehr als 50 Mal an neun verschiedenen Dungtypen, wobei Pferd (13) und Rind (12) bevorzugt besiedelt wurden.


    Dann bin ich mal gespannt, was sich noch so alles entwickelt!


    Liebe Grüße,

    Nobi

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    Chips: 72

  • ich hatte nur die Wahl zwischen frischem Dung und Dung, der noch in der Kuh war :-D).

    Da hast du definitiv die Richtige getroffen ! :grofl:

    Liebe Grüße aus dem Vogtland

    die Schwarzhex

    :gwinken: Sandra

    (PC 100 - 10 (fürs APR 2020) = 90 - 15 (APR 21) = 75-10 (APR22) = 65 + 7 (APR 22 Auflösung) - 5 (Rätsel-Gedicht)= 67 - 10 (APR 23) = 57 + 5 Gnanzierung = 62 - 10 (Ast-Wette gegen Björn) = 52 )

  • Hallo zusammen,


    aktuell tut sich auf dem Kuhfladen zwar pilzmäßig jede Menge... nur schade, daß es halt kiloweise Iodophanus carneus ist :D Aber jetzt stehen ein paar Tintlinge in den Startlöchern, die dann hoffentlich im Laufe der nächsten Tage reif werden. Ansonsten gab es auch großflächig eine Anamorphe, die nach Vergleich mit Beiträgen von Matthias und Thorben für Oedocephalum pallidum halte:



    Björn

  • Hallo zusammen,


    es geht munter weiter auf der Kuh und die Tintlinge starten durch:

    Die Sporen erinnern ein bißchen an Wärmflaschen und messen (10.4+-0.5) µm x (9.3+-0.4) µm, Q=1.1+-0.1 bzw. (9.3-11.3) µm x (8.6-10.1) µm, Q=1.0-1.2

    Das Velum auf dem Hut besteht aus globosen, glatten Zellen

    Basidien habe ich zwar nicht viele gesehen, aber die wenigen, die vorhanden waren, waren 2-sporig


    Mit den globosen, glatten Velumszellen lande ich bei den Nivei. Mit eckigen Sporen unter 12 µm und ohne Ring sind dann noch C. cordispora und C. patouillardii im Rennen, die sich über die Cheilozystiden trennen lassen sollen. Leider konnte ich keine Zystiden entdecken.


    Björn

  • Mit eckigen Sporen unter 12 µm und ohne Ring sind dann noch C. cordispora und C. patouillardii im Rennen, die sich über die Cheilozystiden trennen lassen sollen. Leider konnte ich keine Zystiden entdecken.

    Wenn Du sicher sein willst, solltest Du den Tintling Coprinopsis patouillardii s.l. nennen, wenn Du mutig bist kannst Du auch Coprinopsis cordispora zu ihm sagen.;)

    Das direkte Wachstum auf Dung, die kleinen Fruchtkörper und großen Sporen passen jedenfalls sehr gut zu letztgenannter Art.

    Wir haben den Artenkomplex mehrfach im Forum diskutiert, u.a. in diesem Beitrag von 2015.


    LG, Nobi


    Wenn es nach unserem Schwammer-Dieter und Andreas Melzer geht (Myc. Prog. 2020/19) heißen die Arten nun Narcissea patouillardii und N. cordispora.=O

    Ob sich das durchsetzen wird?

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    Chips: 72

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  • Hallo Nobi,


    nachdem ich mir den Beitrag von 2015 durchgelesen habe und dann auch mal einen Blick in die Funga Nordica geworfen habe, wo die mögliche Zweisporigkeit von C. cordispora erwähnt wird, bin ich mal mutig und sage Coprinopsis cordispora zu ihm. Und jetzt heißt es erstmal warten, was aus diesen unförmigen Gebilden hier werden will:


    Björn

  • Nachdem ich mir den Beitrag von 2015 durchgelesen habe und dann auch mal einen Blick in die Funga Nordica geworfen habe, wo die mögliche Zweisporigkeit von C. cordispora erwähnt wird, bin ich mal mutig und sage Coprinopsis cordispora zu ihm.

    Nichts anderes hatte ich erwartet! :)

    Und jetzt heißt es erstmal warten, was aus diesen unförmigen Gebilden hier werden will:

    Hmmm. Zumindest eine Idee habe ich. Bin gespannt, ob sie sich als richtig erweist.

    Mikroskopisch wäre das ganz einfach zu klären!

    Nobi

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    Chips: 72

    Einmal editiert, zuletzt von nobi_† ()

  • Hallo zusammen,


    die mysteriösen Gebilde sind noch weiterhin im mysteriösen Stadium. Aber dafür ist ein ganz dicker Tintling im Anmarsch, den ich dann wohl morgen schlachten kann. Und ich hatte heute morgen auch ganz winzigen Pilz. Hutdurchmesser 1-2 mm, Stiel entsprechend noch viel dünner, mit Caulozystiden. Insgesamt hatte der Pilze stolze 6 Lamellen. Ein Makrofoto ist mir da leider nicht mehr gelungen, aber unters Mikro hat er es gerade noch so geschafft. Die Sporen sind elliptisch und messen (9.2+-0.7) µm x (4.9+-0.3) µm, Q=1.9+-0.1, (8.2-10.6) µm x (4.6-5.6) µm, Q=1.7-2.0. Basidien sind 4-sporig. Auf dem Hut sind zugespitzte Pileozystiden vorhanden. Das bringt mich zu den Setulosi. Da stellt sich dann die Frage, ob Sphaerozysten vorhanden sind. Also es gab im Präparat, das den ganzen Hut beinhaltet, schon runde Zellen. Aber sind das dann automatisch Sphaerozysten oder kann es auch sonst noch runde Zellen geben?



    Björn

  • Also, die kugeligen Zellen zwischen den Setae sehen schon sehr nach Sphaerozysten aus, Björn.

    Sie sollten fein genoppt (inkrustiert) sein.

    Die Sporen passen von der Größe und mit dem exzentrischen Keimporus perfekt zu Coprinellus pusillulus, den wir erst kürzlich diskutiert haben.

    Die Diskussion wirst Du sicherlich kennen, aber ich verlinke dennoch nochmals dahin.


    LG, Nobi

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    Chips: 72

  • Hallo Nobi,


    den Beitrag zu Coprinellus pusillulus hatte ich gesehen und mußte da natürlich auch dran denken. Was mich aber dann doch etwas irritiert hat, war, daß mein Fund so viel kleiner war. Im Vergleich dazu nehmen sich die Funde von Marco ja fast wie Parasole aus :D Wenn sich noch ein weiterer dieser Winzlinge zeigt, werde ich mal nach Noppen suchen.


    Björn

  • Hallo zusammen,


    es geht weiter auf der Kuh. Aktuell kommen immer mal wieder Tintling, da fehlt aber meistens die Zeit und Ruhe, um die gescheit zu beobachten und zu dokumentieren. Einen habe ich aber dann doch erwischen können.


    Ein ziemlicher haariger Zeitgenosse, der war auch schon länger nicht beim Friseur. Aber kein Wunder, ist ja Lockdown :D

    Velum aus länglichen Zellen, keine Setae beobachtet. Das Velum ist reichlich vorhanden, abwischbar und die Velumselemente sind nicht verzweigt. Damit lande ich bei den Lanatuli

    Basidien sind 4-sporig, die Sporen messen (14.7+.0.7) µm x (7.9+-0.5) µm, Q=1.9+-0.1, bzw. (13.5-15.7) µm x (7.3-9.0) µm, Q=1.7-2.0

    Hier noch Impressionen vom Stiel

    Insgesamt lande ich damit bei Coprinopsis radiata. Paßt das?


    Das dürfte ein Kollege sein, der im Doveri fehlt. Winzige Perithecien und darinnen Unmengen an 8-sporigen Asci mit kleinen, hyalinen Sporen von (4.2-5.3) µm x (2.4-2.8) µm. Mit Watling bin ich bei Phomatospora gelandet und dann dank diverser Forumsbeiträge mit den schräg im Ascus liegenden Sporen und Kuh als Substrast bei Phomatospora minutissima


    Und dann gibt es da schon seit über eine Woche immer wieder eine Podospora. Die Perithecien sind richtig dicke Kugeln, oben am Hals mit dünnen, hyphenartigen Haaren. Leider waren bis jetzt alle Fruchtkörper, die ich geerntet habe, nicht reif. So ganz gar waren die Funde von gestern dann auch noch nicht, aber vielleicht gelingt es ja mit dem Nobi-Joker trotzdem, einen Namen zu vergeben. Die Sporen messen (31.5-39.4) µm x (22.3-26.5) µm, das Pedicel (30-35) µm x (4.5-5.5) µm. Oben am Sporenkopf waren mehrere Anhängsel zu erkennen, unten am Stiel des Pedicels waren auch welche. Da tue ich mich aber immer schwer mir, weil die Anhängsel ohne Tinte ja nur schwer sichtbar sind und die Tinte leider oft nicht da hin will, wo die Sporen sind. Ich äußere mal eine vorsichtige Tendenz zu Podospora communis.


    Björn

  • Insgesamt lande ich damit bei Coprinopsis radiata. Paßt das?

    Wie die Faust aufs Auge, sage ich mal ganz salopp, lieber Björn!:thumbup:

    Das dürfte ein Kollege sein, der im Doveri fehlt.

    Die Gattung fehlt übrigens nicht nur im Doveri sondern auch in meinem provisorischen Schlüssel der Dung-Pyrenos. :(

    Mit Watling bin ich bei Phomatospora gelandet und dann dank diverser Forumsbeiträge mit den schräg im Ascus liegenden Sporen und Kuh als Substrast bei Phomatospora minutissima

    Exakt!:thumbup:

    aber vielleicht gelingt es ja mit dem Nobi-Joker trotzdem, einen Namen zu vergeben.

    Da braucht es keinen "Nobi-Joker".;)

    Ich äußere mal eine vorsichtige Tendenz zu Podospora communis.

    Auch den hast Du richtig erkannt!

    So schwer sind die Coprophilen doch gar nicht, oder?


    Liebe Grüße und gern weiter so,

    Nobi

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  • Hallo Nobi,


    Zitat

    So schwer sind die Coprophilen doch gar nicht, oder?

    Sieht ganz so aus. Dieses mal lief es auf jeden Fall ganz flüssig und ich hatte die Hosen umsonst voll ;)


    Die seltsamen Objekte, die ich am 2.2. hier gezeigt hatte, sind übrigens immer noch da. Irgendwie tut sich da wenig (oder einzelne von denen verschwinden über Nacht - das würde dann ja für Tintlinge sprechen).


    Björn

  • Die seltsamen Objekte, die ich am 2.2. hier gezeigt hatte, sind übrigens immer noch da. Irgendwie tut sich da wenig (oder einzelne von denen verschwinden über Nacht - das würde dann ja für Tintlinge sprechen).

    Hmmm. Ich hatte eher in Richtung Thecotheus pelletieri gedacht.?(

    Leg' doch mal so eine "unreifes Etwas" unters Mikro.


    LG, Nobi

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    Chips: 72

  • Das würde ich mit den runden Zellen dann schon eher für einen Tintling in ganz jung halten.

    Ich spekuliere gern ein wenig mit, Björn.

    Die runden Zellen könnten ebensogut Elemente einer textura globulosa sein.;)

    Und die schlanken, haarförmigen und septierten Zellen scheinen eher Paraphysen als Basidien oder Zystiden zu sein.

    Vergleiche mal das Äußere mit den Bildern bei 123 Pilze (dieses mal seriös, da vom Schwammer-Dieter).


    Auch wenn wir es wohl nicht klären können, spannend allemal!


    LG, Nobi

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  • Also mein Eindruck ist, daß der Pilz bei mir außen schon etwas "flockiger" ist, was ich als Velumsstruktur interpretieren würde. Aber warten wir mal ab und trinken Tee. Wie lange braucht so ein Thecotheus denn, bis er reif ist?


    Björn

  • Also mein Eindruck ist, daß der Pilz bei mir außen schon etwas "flockiger" ist, was ich als Velumsstruktur interpretieren würde. Aber warten wir mal ab und trinken Tee. Wie lange braucht so ein Thecotheus denn, bis er reif ist?

    Das kann dauern! :D

    Normalerweise allerdings nur wenige Tage. Aber manchmal bleiben die einfach im Wachstum stecken - nennen wir es Feuchtkammer-Effekt.


    LG, Nobi

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