Chalciporus pseudopiperatus? - Pfefferröhrlinge sind spannend!

Es gibt 11 Antworten in diesem Thema, welches 3.579 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Jikela.

  • Servus beinand,


    kürzlich haben Wolfgang Klofac und Irmgard Krisai-Greilhuber mit Chalciporus pseudopiperatus einen neuen Pfefferröhrling beschrieben. Die Beschreibung selbst stellt die Art nur dar, eine ausführliche Diskussion (mit DNA-Stammbäumen) wird folgen - darauf bin ich schon sehr gespannt.


    Der Hintergrund: es gibt Kollektionen mit jung auffallend gelben Röhren/Poren, die auf Druck blauen, später dann aber rostfarbene Röhren bekommen. Die Abgrenzung zu Chalciporus hypochryseus ist da natürlich das erste, was einem in den Kopf käme, was zu prüfen sei. Der fleckt aber (wenn ich es gerade richtig im Hirn habe) nicht auf Druck.

    Es gibt aber auch rostfabrig-röhrige Pfefferröhrlinge, die auf Druck auf die Poren flecken. Das muss aber nicht blau sein, es kann auch schmutzig braun sein. Ist das dann alles dasselbe?


    Fleckt der echte Pfefferröhrling nicht? Ist Chalciporus hypochryseus nur ein Synonym des "Echten" und beide können jung (bis alt) gelbe Röhren haben?


    Bis die Folgepublikation erscheint, werden wir alle uns wohl gedulden müssen. Im Moment kann man aber wohl den Pfefferröhrling nur per DNA-Sequenzierung sicher bestimmen. Und so wie es aussieht, gibt es wohl noch mehr kryptische Arten.


    Vielleicht ist der Wirt eine Möglichkeit. Pfefferröhrlinge stehen ja im Verdacht, zu parasitieren. Auf anderen Röhrlingen und/oder auf dem Fliegenpilz. Mich würde nicht überraschen, wenn die DNA und ökologische Einnischungen korreliert wären.


    Der Typus von Chalciporus pseudoparasiticus stammt jedenfalls von einem Fliegenpilzfundpunkt.


    Jeder kennt solche Kollektionen. Ich habe eine im November bei mir ums Eck im Ochsenfilz (bei Dettenschwang) gemacht - direkt bei einer Fliegenpilzgruppe.




    Klassische Pfefferröhrlinge. Bei dem unteren, halbierten sieht man schon die Druckstellen.


    Das gelbe Pigment des Stieles ist übrigens das gleiche, was Sclerdoderme gelb färbt, also Kartoffelboviste. Aus Kolumbien kenne ich Kartoffelboviste, die genauso intensiv leuchten


    Auch das Basismyzel ist intensiv gelb.



    Und hier sieht man schön die Druckreaktion.


    Ich will jetzt nicht behaupten, dass das hier Chalciporus pseudopiperatus ist, aber möglich wäre es. Ich habe einen Beleg gemacht - obwohl es was "banales" war. Heutzutage gibt es aber kaum noch was Banales. Im kommenden Jahr schaue ich mal nach sehr jungen Fruchtkörpern - vielleicht sind die ja sogar gelbröhrig?! Und ich warte natürlich erst über die Chalciporus-Überarbeitung von Wolfgang Klofac. Dann muss man mal schauen, ob man ausgewählte Funde sequenzieren lassen sollte.


    Ach, ist Mykologie spannend!


    In diesem Sinne,


    liebe Grüße,

    Christoph

  • Hallo Christoph,


    vielen Dank. Momentan werden ja viele Gattungen überarbeitet. Bei Tricholoma und Russula ist ja auch einiges los. Es ist gar nicht so lange her, da wurde das Ganze als sinnfreie Splitterei a la Bon abgetan.

    Mykologie ist tatsächlich spannender denn je. Und es lohnt sich, auch bei angeblich klaren Arten genauer hinzuschauen.


    Gruß Ingo

  • Hi.


    So aus Interesse, wieso wurde denn nicht gleich eine komplette Beschreibung mit den entsprechenden Sequenzen veröffentlicht? Ich hatte den Artikel gelesen aber war dann hinterher nicht wirklich schlauer, was die Abgrenzung angeht weil ja alles doch noch recht hypothetisch was die Konsistenz der Merkmale angeht. Wäre schön gewesen das übersichtlich in einem Artikel beisammen zu haben (und zu wissen wie sehr sich die Sequenzen unterscheiden).


    Klar, dass das vlt seine Zeit braucht ordentlich zu sequenzieren und Bäumchen zu bauen aber so wirkte das ein wenig wie Stückwerk.


    Lg.

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  • Servus Schupfnudel,


    ich vermute, dass die Autoren die neue Art als erstes beschrieben haben, damit sie das schonmal formal hinter sich gebraht haben und niemand anderes parallel die Art beschreibt. Es dauert länger, den ganzen Komplex zu diskutieren und durchzuforsten, als diesen Teilaspekt vorzupublizieren. Ich kann aber auch nur mutmaßen.

    Ich weiß, dass Wolfgang sich schon seit längerem mit diesem Chalciporus beschäftigt.

    Die Sequenzen kann man sich auf GenBank anschauen, aber klar, es wäre für den Leser leichter, wenn das im Artikel aufbereitet worden wäre. Deshalb bin ich auch schon auf den Folgeartikel gespannt, wo dann (davon gehe ich aus) ausführlich diskutiert wird.


    Letzten Endes ist die Beschreibung so eine Art "Sneak Preview".


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Hi.


    Danke für die Antwort. So in der Art hatte ich mir das schon gedacht. Die Sequenzen sind bei Genbank immer noch nicht online, da hatte ich schon immer mal geschaut:

    "This record has not yet been released."


    Na gut, dann heißt es wohl abwarten. :)


    LG.

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  • Hi Christoph,


    lt Auskunft von Irmgard Greilhuber bei European Boletes werden einige Arten aus dem Komplex macro- und mikroskopisch unterscheidbar sein. Schön ist es, daß auch ein Key inc Chalciporus hypochryseus dabei sein wird. Auch bei der vorgestellten Art Chalciporus pseudopiperatus ist ja ein Widerspruch in der Beschreibung ;)


    "Die Art kann nur mit Hilfe der Sequenzierung eindeutig identifiziert werden. Dieser dem eigentlichen Pfefferröhling täuschend ähnlich schauende Röhrling ist vor allem durch die jung gelben Röhren und Poren und das Blauen gekennzeichnet. Die seltene, jedoch beim Typus augenscheinliche Blauverfärbung ist sehr variabel, bisweilen sind die Röhren auch schmutzig rosa/bräunlich-rostig verfärbend, mit teil-weise ockerbleibenden Teilen, ohne jede Blautöne. Auch bei Vergleichen mit den Abbildungen von ROSTKOVIUS (1844), der oft Arten mit abweichenden Merkmalen darstellt,konnte kein ähnlicher Pilz aufgefunden werden. "

    OZP28_Klofac_Chalciporus_pseudopiperatus.pdf?fbclid=IwAR3VZSoZi9qZ3U5q289d4fq0cBsaZvGnxXJ4UklcWVlKL1-RRTwAvxwvGcE


    VG Jo

    • Offizieller Beitrag

    MoinMoin!


    Dann darf man ja mal gespannt sein. "Chalciporus piperatus" nach altem verständnis ist ja in der Tat eine sehr wandelbare "Art", da überrascht es wenig, wenn das nun aufgedröselt wird. Sollte nachher noch rauskommen, daß die einzelnen Sippen sogar morphologisch abgrenzbar sind: Umso besser. Ansonsten wird man halt fragliche Kollektionen als "s.l." stehen lassen, was auch nicht schlimm ist.

    Danke auch an Jo für den Link zur Beschreibung!



    LG; Pablo.

  • Servus beinand,


    oh, die Sequenzen sind noch nicht einsehbar - ja, das sieht sehr danach aus, dass das Paper schnell raus sollte. ;)


    Lucky: Danke für die Info. Den Artikel hatte ich schon überflogen/gelesen. Ich habe ja recht engen Kontakt zu beiden und hätte vermutlich jetzt irgendwann selber nochmal nachgefragt. Ich kenne aber einige Diskussionen zu der neuen Art dank gemeinsamer Exkursionen und verbundenem Small Talk. Ich wusste aber selber noch nicht, dass sie vorab veröffentlicht wird.


    ja, oft zeigt sich dann, wenn man genügend Kollektionen einbezieht und sich die Mühe macht, die alle zu sequenzieren, dass es doch Merkmalskorrelationen gibt. Vielleicht nicht zu 100%, aber oft vielleicht zu 95%... Und wenn es dann ein zweites Merkmal ist (z. B. Ökologie), dann kann man auch wieder klassisch bestimmen.


    Ich freue mich schon auf die Chalciporus-Revision. Ich bin vor allem auch neugierig, wie Ch. hypochryseus interpretiert wird. Ich kann im Moment nur sagen, dass ich eigentlich fast nur auf Druck fleckende Pfefferröhrlinge finde. Nur dachte ich dabei nie an eine unbeschriebene Art. Es wäre ja auch lustig, wenn (wieder mal) eine neu beschriebene Art häufig ist und die klassische Art sich als sehr selten herausstellt.


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Hallo Christoph,

    bei Meixner "Chemische Farbreaktionen bei Pilzen" ist der "Pfefferröhrling" ausdrücklich als auf Druck nicht verfärbend aufgeführt.

    Ich habe auch noch nie Pfefferröhrlinge gefunden, die verfärbten.

    Das will nichts heißen, denn die Anzahl der Myzelien, die ich kenne, ist begrenzt.

    Ich vermute schon länger, das das mehrere Arten sind, allerdings aus völlig anderem Grund:

    In den alten Büchern finde ich den Pfefferröhrling als Würzpilz. Zum Beispiel bei Paetzold wird der aber gekocht als fade bezeichnet.

    Ich verwende den aber als Würzpilz und der schmeckt auch nach Zubereitung deutlich pfeffrig.

    Gruß,

    Marcel

  • Servus Marcel,


    das ist ja interessant. Ich kenne sie nur fleckend. Auch das folgende Bild zeigt das klare Bräunen auf Druck an den Poren.



    Und gegart verlieren sie m.M.n. die Schärfe (der Geschmacksstoff geth sehr leicht in duie Gasphase über, das ist von Chemikern geklärt worden). Ich esse aber sehr gerne sehr scharf und noch leicht schwarfe Pfefferröhrlinge sind für mich vermutlich mild. ;)

    Vielleicht variiert aber die Menge des Gescheschmacksstoffs von Kollektion zu Kollektion (oder von Taxon zu Taxon)?


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Hi.


    Also blauende Pfefferröhrlinge habe ich noch nie gefunden, scheint's aber zu geben. Junge Exemplare mit gelben Röhren auch nicht aber da gibt's auch Bilder.. Meine haben mit Druck auf die Röhren eigentlich immer gebräunt oder ich habe nicht ordentlich geguckt - bei meinen Fotos konnte ich nix auffälliges finden, knipse die Dinger aber auch nicht so oft. Ich futtere sie lieber. :haue:

    Als Einzelgericht kommt da schon etwas mehr Würze durch, aber scharf würde ich es auch nicht nennen.


    Muss ich mal genauer hinschauen, wenn mir mal wieder welche über den Weg laufen.


    LG.

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  • Liebe Pfeffer-Freunde,

    ich habe die Ausführungen mit großem Interesse verfolgt, da ich auch ein Freund der kleinen Würzpilze bin. Hier schließe ich mich ganz Schupfnudel an, was Geschmack und auch die Funde betrifft. Habe bis jetzt noch nie genau auf die Verfärbung der Röhren geachtet, waren m. E. aber bis jetzt immer bräunlich.

    Da in unserer Gegend diese aber relativ häufig und auch manchmal in großer Zahl auftreten, werde ich in Zukunft mal besser acht geben. Falls mir aber doch mal ein blauender oder junger gelber mit unterkommt, würde ich mich sofort melden.

    LG aus der Lausitz

    Ute